(Wolfgang Riemann, CDU: Nur die Landesregie- rung ist Gott gleich und unfehlbar, Herr Ebnet. Be- sonders die alten Mitglieder der Landesregierung.)
Meine Damen und Herren, wenn wir uns hier alle einig sind mit Ausnahme von Herrn Riemann, dann sollten wir, glaube ich, auch dieses einhellig kundtun. Ich würde mich freuen, wenn der Landtag auch einhellig diesem Antrag zustimmen würde.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist im Landtag in diesen beiden Tagen sehr viel von Kultur und Innovation die Rede gewesen. Für beides steht das deutsche Handwerk seit Jahrhunderten.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass zu dieser späten Stunde Handwerker hier in den Landtag gekommen sind. Sie zeigen damit, wie wichtig dieses Thema für sie ist. Und, Herr Minister, es gibt hier nicht einen Gegner des Handwerks im Landtag, insbesondere nicht in Form des Fraktionsvorsitzenden der CDU.
Sie wissen das ganz genau, dieses Thema ist viel zu ernst, als dass Sie eine solche Polemik hier an den Tag legen sollten.
Sie wissen ganz genau – und ich sage es jetzt, weil die Handwerker auch hier sind –, es hat einen Artikel vor zwei Jahren gegeben, der ausdrücklich nicht autorisiert war von Herrn Rehberg, und das weiß der Wirtschaftsminister.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Glocke des Vizepräsidenten – Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist bewusst die Unwahrheit zu verbreiten, was Sie machen!)
Ich unterbreche die Sitzung für fünf Minuten und bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer zu mir.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Debatte ist notwendig, weil es der Bundeswirtschaftsminister ist, der in einer nicht zu verantwortenden Weise mit einem Schnellschuss Gesetzentwürfe vorgelegt hat, die das deutsche Handwerk in höchstem Maße gefährden, und deshalb müssen wir hier tätig werden, um das Schlimmste zu verhindern.
Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass es keineswegs darum geht, sich in irgendeiner Art und Weise der Modernisierung der Handwerksordnung zu widersetzen, sie wird ja sogar vom Handwerk selbst gefordert.
Aber das Handwerk eignet sich nicht für gesetzgeberische Schnellschüsse, hier ist größte Sorgfalt angesagt. Lösungen können nur im Zusammenwirken mit dem Handwerk selbst erfolgen und nicht etwa gegen das Handwerk.
Die bisherigen Gesetzesvorlagen führen stattdessen zu einem Kahlschlag, dem wir auf keinen Fall zustimmen können. Folgende wichtige Punkte sind hier nochmals hervorzuheben:
Erstens. Neue Handwerksberufe entwickeln sich vielfach zunächst in Marktnischen und über Teiltätigkeiten, die dann im dynamischen Marktgeschehen zunehmend Bedeutung erhalten. Handwerkliche Teiltätigkeiten müssen unbedingt weiter zum Handwerk gehören. Das Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmen muss deshalb entsprechend geändert und mit der Novelle zur Handwerksordnung in einem Gesetz integriert werden.
Zweitens. Als Kriterium für Berufe mit Meisterpflicht ist nur deren Gefahrengeneigtheit vorgesehen. Dies greift
entschieden zu kurz. Zusätzlich müssen mindestens Gesundheits- und Umweltschutz und vor allem auch die Ausbildungsleistungen der Berufe einbezogen werden.
Wir brauchen nicht geringere, sondern höhere Qualifizierungen, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.
Viertens. Für die 57 handwerksähnlichen Gewerke fehlt mit Ausnahme der bereits vorher geregelten Berufe – Kosmetiker, Bodenleger, Bestatter – völlig die Schaffung von Ausbildungsgängen mit höherer Praxisorientierung und teilweise auch kürzeren Ausbildungszeiten, die insbesondere für lernschwächere Jugendliche dringend erforderlich sind.
Fünftens. Die Entwürfe beinhalten eine weitreichende Liberalisierung. Vor diesem Hintergrund muss es dann aber auch dem Handwerk ermöglicht werden, neue Tätigkeitsgebiete und neue Berufe zu entwickeln. Da es im Rahmen dieser Liberalisierung für die betreffenden Berufe und Gewerke keine Vorbehaltsbereiche mit Meisterpflicht mehr gibt, kann es kein Argument dafür geben, dass die Vorschläge der Bundesregierung keine neuen Tätigkeitsgebiete und Berufe mehr vorsehen. Die Novelle zur Handwerksordnung muss deshalb eine entsprechende Öffnung für die neuen Berufe enthalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ebenso wie der Landtag von Schleswig-Holstein sich darin einig ist, dass wir hier alles tun müssen, dass dieser unverantwortliche Unfug, der jetzt in dieser Form vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegt wird, nicht Gesetz wird. Der Schaden, der angerichtet wird, ist nicht wieder gutzumachen. Deshalb bitte ich, dass alle Möglichkeiten seitens der Landesregierung genutzt werden, und hier appelliere ich insbesondere an die Koalitionsfraktionen, auf ihre Abgeordnetenkollegen im Bundestag zuzugehen und ihnen zu verdeutlichen, dass das Handwerk von so hoher Bedeutung für die weitere Entwicklung unseres Landes ist und dass es eines der Pfunde ist, mit denen wir in Deutschland noch wuchern können, dass es nicht hingenommen werden kann, dass hier experimentiert wird und dass Gesetzentwürfe eingebracht werden, die nicht mit dem Handwerk wirklich vorher abgestimmt sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Richard Wagner hat in seinem Meisterstück „Die Meistersinger“ zu Recht gesagt: „Verachtet mir die Meister nicht!“. Das sollte auch für den Bundeswirtschaftsminister und die Bundesgesetzgeber gelten. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Zuschauerbänken! Die Handwerksordnung der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit 1953, fünfzig Jahre, ein halbes Jahrhundert. Es besteht also grundlegender Reformbedarf. Das ist unbestritten.