Protocol of the Session on June 26, 2003

Wenn ich sage, wir haben zusätzliche Stunden für Deutsch und Mathematik über die Jahre von Klasse 1 bis 4 eingeführt, dann sind das 6,5 Millionen zusätzlich. Wenn ich sage, wir haben die Orientierungsstufe aufgebaut, indem auch im Gymnasium etwas auf die Stundentafel kam, dann sind das 8 Millionen. Wenn wir den Ausbau der Ganztagsschule schon betreiben über zusätzliche Lehrerstellen, dann sind das 2,5 Millionen.

Wir müssen feststellen, dass die Einführung des Abiturs zurück zu 12 Jahren uns auch zusätzliche Mittel kostet, nämlich wir müssen von Anfang an Stunden hineingeben, 1,8 Millionen zurzeit.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ich komme summa summarum auf 53 Millionen nur für die Verbesserung pädagogischer Standards.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Und 65 Millionen geben Sie für unsinnige Gutachten aus.)

Ich will hier keine Detaildebatte aufmachen, aber ich denke, bei einigen Dingen wird man generell fragen müssen. Eine nenne ich schon mal, die kleine Grundschule auf dem Lande. Für uns war sie damals wichtig, soweit ich weiß, 1996 eingeführt als Projekt, um Kindern kurze Wege zu ermöglichen. Man muss darüber nachdenken, denn die Finanzrahmen sind mittlerweile so gestrickt. Und da können wir auch nicht grundsätzlich sagen, wir nicht, bitte nur bei den anderen. Man muss über vieles nachdenken. Man muss darüber nachdenken, ob Schüler einer Klasse 9 h acht Stunden Wahlpflicht die Woche brauchen für ihre Persönlichkeitsentwicklung, oder ob man nicht lieber sagt, rein in die Kernkompetenzen die Stunden

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

und was man da noch sparen kann, das ist prima. Das schadet anderen nicht.

Ich denke also, an dieser Stelle wird es noch eine Menge Aufgaben geben und ein Antrag hätte auch so aussehen können, dass wir diesen Prozess begleiten. Ich definiere ihn so, dass wir genau dies tun werden, gemeinsam mit dem Ministerium, im Ausschuss, im Parlament, wie es gerade gebraucht wird.

Nur ein Wort sei mir jetzt noch gestattet, bevor ich zu unserem Abstimmungsverhalten komme. Das Lehrerpersonalkonzept wird in der Tat zurzeit viel gescholten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Mit Recht.)

Auch ich habe diese Anhörung erlebt. Und auch sonst ist mein Kontakt zur Schule ja doch ziemlich eng. Ich sage aber, die Debatte ist sehr verkürzt. Man vergisst immer, dass das, was zurzeit kritikwürdig ist, nur eine Säule der ganzen Maßnahmen beinhaltet. Wir haben in dieses Lehrerpersonalkonzept mehrere Säulen eingebaut, die meisten kosten das Land nur Geld, und ich habe von den Betroffenen noch nie eine Beschwerde gehört.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Ich sage es mal. Wir haben über den Vorruhestand seit 1995 3.310 Stellen abgebaut. Die Kollegen sind nicht ungern herausgeschubst worden, sondern sie haben im Prinzip für sich das auch als Lebensperspektive gesehen. Genauso sieht es aus mit den Abfindungen. Über diesen Weg haben wir seit 1995 1.088 Kräfte abgebaut und das Land hat mittlerweile 175 Millionen Euro hineingesteckt, um ganz einfach die Personaldecke zu entlasten. Ich denke, das ist auch etwas, was zur ganzen Wahrheit gehört, denn wir realisieren ja das Problem,

(Wolfgang Riemann, CDU: Und wie viel hat es dadurch eingespart seit 1995?)

wir haben zu viele Lehrer für diese Schüler, nicht nur dadurch, dass wir Teilzeit organisieren.

(Zuruf von Gabriele Schulz, PDS)

Der zweite Bereich, die zweite Säule: Im Grundschulbereich ist Teilzeit ja seit einigen Jahren angesagt. Und ich sage auch hier, wenn man davon absieht, dass natürlich ein Teil des Einkommens eines Grundschullehrers dadurch zurückgeht und das nicht helle Freude auslöst, aber diese Komplikation wie im Sekundarbereich I gab es dort nicht.

Es hat sogar im Gegenteil dazu geführt, dass wir heute sagen können, alle Grundschullehrer haben eine Mindestverpflichtung von zwei Dritteln ihres Arbeitsvertrages und das Ende ist absehbar. Ich denke, das ist eine durchaus tolle Botschaft,

(Wolfgang Riemann, CDU: Das Ende ist absehbar. Da hat sie mal Recht.)

und ich meine auch sagen zu können, dass in dem Zusammenhang schon nachgewiesen ist, dass im Grundschulbereich Ausfall von Unterricht signifikant zurückgegangen ist, weil die Lehrer an der Schule natürlich auch flexibler einsetzbar sind, wenn sie nicht 27 Stunden unterrichten. Das ist einfach schulplanerisch logisch. Die wirklichen Probleme tauchen jetzt auf im Sekundar-I-Bereich durch die Fachlehrerproblematik. Auch wir haben das aufgenommen, was dort gekommen ist.

Ich sage aber an der Stelle auch noch mal ganz deutlich: Auch auf meine Nachfragen hin gab es nicht einen Vertreter in dieser Runde – weder Herrn Scriba noch irgendjemand von den Verbänden –, der gesagt hat, das Lehrerpersonalkonzept muss weg. Keiner hat es gesagt. Sie haben alle nur gesagt, an dieser Stelle muss es modifiziert werden. Ich verweise darauf, das ist nicht das erste Mal so, wir schreiben es fort. Und ich denke, man muss viele Anregungen auch aufnehmen. Aber deshalb das Konzept insgesamt in Frage zu stellen?! Da sage ich jetzt einfach mal selbst: Frau Fiedler, wenn Sie die Chance hätten, als Bildungsministerin das zu regeln, das kündigen Sie an dieser Stelle schon deshalb nicht mehr auf, weil dann in jedem Jahr tausend Lehrer abgebaut werden müssen mangels Bedarfskündigung.

(Rudolf Borchert, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD: Entlassungen!)

Ja, richtig, Entlassungen. Ganz knallhart, und das aufgrund dieses Levels, den Sie jetzt haben in der Teilzeit. Das bekommen Sie vor Gericht nicht mal durchgesetzt, wenn Sie es wollten, und sozial lehne ich es nach wie vor ab.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Danke. Ich möchte nur noch mein Abstimmungsverhalten zum Schluss begründen. Wir werden also Ihrem Ursprungsantrag zustimmen. Den Änderungsantrag betrachten wir schon aufgrund der Kurzfristigkeit der Einreichung wirklich als nebensächlich

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU)

und wirklich als zusätzlichen Zündstoff hier,

(Wolfgang Riemann, CDU: Das sagen Sie mal den Schülern! Das sagen Sie mal den Schülern an den Realschulen, an den Gymnasien!)

und das außerdem noch...

Ich mache noch mal darauf aufmerksam, die Redezeit ist wirklich schon erheblich überschritten. Bitte kommen Sie jetzt zum Schluss!

Wir lehnen ihn ab.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Torsten Koplin, PDS: Das war eine gute Rede.)

Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Professor Metelmann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gleich zum Mittelpunkt, zum Gegenstand unserer Überlegungen kommen. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern in den öffentlichen Schulen in diesem Jahr 256.365 Schülerinnen und Schüler und wir haben im kommenden Jahr in den allgemein bildenden Schulen 11.505 Lehrerinnen und Lehrer. Wir wissen seit sechs Wochen, dass wir mit dieser Zahl von Lehrern, die wir haben, nicht in der Lage sein werden, die Schüler zu unterrichten. Wir haben Mehrbedarf. Wie geht man mit dem Mehrbedarf um? Die erste Möglichkeit: Wir stellen mehr Lehrer ein, und zwar aus dem Geld, was der Landtag uns zur Verfügung gestellt hat aus unserem Ressort. Das können wir nicht mehr. Wir können nicht, ich sage mal, auskämmen im Kulturbereich oder im Wissenschaftsbereich.

(Heike Polzin, SPD: So ist es.)

Die zweite Option ist, wir müssen die Organisation des Unterrichts verändern. Dazu haben wir ein Paket vorgeschlagen, einen Weg vorgeschlagen, der ganz offensichtlich zu steil war. Dieser Vorschlag, dieses Konzept hat uns ungefähr einen Zentner unangeforderter Zuschriften eingebracht.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Torsten Koplin, PDS – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Das hat uns noch mal deutlich gemacht, wo überarbeitet werden muss, und viele von Ihnen haben in ähnlicher Weise diesen Prozess, diesen Denkprozess gespürt. Und deshalb ist es ja auch zu einer Entwicklung gekommen, und ich sehe heute, dass wir mit einem doch großen Anteil von Stellen wenigstens im Bereich der Förderschulen eine Entlastung schaffen können.

Wo stehen wir jetzt? Wir können die Änderungsverordnung als gegenstandslos betrachten,

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

und wir müssen die Unterrichtsorganisation in den Regionalschulen und in den Gymnasien als Aufgabe prüfen. Wir müssen sie als Aufgabe formulieren, denn an dieser Stelle geht es darum, für die Schülerinnen und Schüler bedarfsgerechten Unterricht aufzubauen. Das Ganze – dieses Konzept – kann nichts anderes sein als eine Atempause. Es ist nicht die Lösung unserer Probleme in den Schulen. Wir müssen an die Überarbeitung unserer Unterrichtsorganisation herangehen. Die Gremien sind dafür alle benannt. Auch das ist eine Aufgabe des Bündnisses. Wir müssen in mindestens drei Bereichen an die Überarbeitung dieser Unterrichtsorganisation herangehen. Der erste Bereich – ich will ihn noch mal ganz deutlich nennen – sind die Förderschulen. Es geht nicht, dass wir so viele Förderschüler haben

(Eckhardt Rehberg, CDU: Man kann auch nicht einfach sagen, das geht nicht. Das kann nicht sein.)

wie kaum ein anderes Bundesland, und es geht auch nicht, dass die Zahl stabil bleibt, obwohl die Zahl der Schüler insgesamt sinkt, und es geht auch nicht, dass die Zahl der Förderschüler sogar ansteigt. Dort muss etwas getan werden. Das ist eine Aufgabe, die wir unter das Stichwort „Integration“ gefasst haben.

Zweite Aufgabe: Wir müssen über die gymnasiale Oberstufe schon deshalb nachdenken, weil wir im nächsten Jahr die ersten Schüler haben, die in der 10. Klasse eine Prüfung machen, und wir gehen zu auf die erste Gruppe von Schülern, die ihr Abitur nach zwölf Jahren machen soll. Das bedeutet, dass wir an dieser Stelle überarbeiten müssen mit zwei Perspektiven, zwei politischen Linien. Die eine ist, wir müssen die Kernfächer stärken,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

die zweite Linie ist, wir müssen das Abitur wieder richtig als die zentrale Schulabschlussprüfung darstellen. Dazu gehört, dass wir den Deutschunterricht auch wieder in das Obligo des Abiturs hineinnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ein drittes Feld. Wir müssen in der Sekundarstufe I – also für die Schülerinnen und Schüler in den Klassen 7, 8, 9 und 10 – ebenfalls die Kernfächer stärken und den Unterricht stärker strukturieren.