Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, möchte ich dem heutigen Geburtstagskind gratulieren. Der Innenminister hat Geburtstag und wir gratulieren alle sehr herzlich.
Von den Fraktionen der SPD, CDU und PDS liegt Ihnen auf Drucksache 4/585 ein Dringlichkeitsantrag vor. Das Thema ist „Handwerksordnung“. Auf Wunsch des Antragstellers soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.
Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sieht, wie das Handwerk selbst, die Notwendigkeit für eine Reform der Handwerksordnung und fordert die Landesregierung auf, im Bundesrat bei der Beratung des ,Dritten Gesetzes der Handwerksordnung und anderer gewerberechtlicher Vorschriften‘ auf folgende Punkte hinzuwirken:
2. das Inhaberprinzip aufzuheben, um eine Gleichstellung von Kapital- und Personengesellschaften aufzustellen,
3. die Einstufung von Berufen in die Anlage A nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gefahrengeneigtheit, sondern auch dem der Ausbildungsstärke und dem des Schutzes wichtiger Gemeinschaftsgüter zu überarbeiten,
4. die Dynamik des deutschen Handwerks zu verstärken, indem – der Erwerb des Meisterbriefes erleichtert wird; – die Anreize für alle Handwerker gestärkt werden, sich weiter zu qualifizieren; – die Voraussetzungen erleichtert werden, neue Existenzen zu gründen und – dem Meisterbrief gleichwertige Qualifikationen leichter anerkannt werden können,
5. die EU-Konformität der Handwerksordnung so herzustellen, dass – sie den Erfordernissen der verschiedenen Handwerksberufe entspricht, – die duale Ausbildung zukunftsfähig sichert und – Übergangsfristen vorsieht.
Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern fordert die Fraktionen des Deutschen Bundestags auf, das ,Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen‘ zurückzustellen und in den Gesetzentwurf der Bundesregierung ,Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer gewerberechtlicher Vorschriften‘ unter Berücksichtigung folgender Punkte zu integrieren:
1. Die Eintragung der Unternehmen, die ,nicht wesentliche Tätigkeiten‘ anbieten, soll nach Maßgabe der Länder bei den Handwerkskammern erfolgen.
2. Die Definition der ,nicht wesentlichen Tätigkeiten‘ soll durch eine Positivliste von Tätigkeiten (gegebenenfalls durch Rechtsverordnung) ersetzt werden. Eine Zerstückelung aller handwerklichen Tätigkeiten in ,nicht wesentliche Tätigkeiten‘ ist damit auszuschließen.
5. Bei unzulässiger Kumulierung ,nicht wesentlicher Tätigkeiten‘ sind Sanktionsmöglichkeiten vorzusehen.
7. Für die ,nicht wesentlichen Tätigkeiten‘ sollen Ausbildungsmodule entwickelt werden. Dadurch soll es Betrieben bzw. Selbständigen ermöglicht werden, durch Weiterqualifikation ihr Tätigkeitsspektrum zu erweitern und sich zum Vollhandwerker weiterbilden zu können.
8. Auch für die Ausbildungsverordnung der Anlage B und für die Ausbildungsmodule der ,nicht wesentlichen Tätigkeiten‘ soll die Zuständigkeit bei den Handwerkskammern und Fachverbänden liegen.“
In der bisherigen Debatte um die von weiten Kreisen geforderte Modernisierung der Handwerksordnung wurde schon viel Porzellan zerschlagen, so dass ein positives Votum des Landtags für das Handwerk eine wichtige psychologische Funktion für unsere Betriebe, Beschäftigten und Auszubildenden hätte. Gerade angesichts der äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation und den daraus resultierenden Problemen, Ausbildungsplätze bereitzustellen, wäre eine solche Entschließung des Landtags von unschätzbarem Wert. Wir können daher die parteiübergreifende Entschließung des Schleswig-Holsteinischen Landtags zur Handwerksordnung inhaltlich voll unterstützen. Es wäre ein großer Gewinn, wenn auch der Landtag unseres Landes entsprechend votieren könnte.
Ein zentraler Punkt ist die Aufforderung an den Bundesgesetzgeber, den Gesetzentwurf zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen zurückzustellen und stattdessen in den Entwurf eines „Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer gewerblicher Vorschriften“ unter Berücksichtigung der unter 1 bis 8 aufgeführten Punkte zu integrieren. Mit der anstehenden isolierten Verabschiedung des Kleinstunternehmergesetzes im Bundestag droht dem Handwerk auch und gerade in MecklenburgVorpommern ein Verlust an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Die Handwerksorganisationen selbst fürchten bei
rund 18.000 Handwerksunternehmen und 130.000 Arbeitnehmern sowie 14.000 Auszubildenden einen Verlust von 10.000 Arbeits- und 1.000 Ausbildungsplätzen. Es liegt daher im vitalen Interesse unseres Landes, dieses abzuwenden und darauf hinzuwirken, dass hier ein einheitlicher Gesetzentwurf beraten und verabschiedet wird. – Vielen Dank.
Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Kann ich davon ausgehen, dass wir diese Vorlage am Schluss der heutigen Sitzung behandeln? – Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Mittelstandsfinanzierung sichern – finanziellen Spielraum für Wachstum und Innovation vergrößern, auf Drucksache 4/535.
Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Mittelstandsfinanzierung sichern – finanziellen Spielraum für Wachstum und Innovation vergrößern – Drucksache 4/535 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche Entwicklung in MecklenburgVorpommern ist Ergebnis solider Arbeit kreativer Unternehmen, die risikobereit sind, innovativ und qualifiziert. Sie ist das Ergebnis soliden Wirkens von Ingenieuren, Handwerkern, Freiberuflern, die für sich und viele Arbeiter und Angestellte eine Unternehmensidee mit Leben erfüllen. Doch neben den auszeichnenden Eigenschaften der handelnden Personen und der Geschäftsidee ist die Kapitalausstattung des Unternehmens die grundlegende Voraussetzung für ein erfolgreiches Wirken.
Untersuchungen belegen, dass die Eigenkapitalausstattung des deutschen Mittelstandes heute oftmals unter zehn Prozent liegt und damit im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich ist. Diese Bewertung verschärft sich weiter, wenn wir die mittelständischen Betriebe unseres Landes betrachten. Die Abhängigkeit der Unternehmen von den Finanzbedingungen der Kreditinstitute ist für viele existenzbestimmend. Das Versagen von Finanzierung vor einer Unternehmensgründung verhindert die Umsetzung Erfolg versprechender Ideen. Auch die Erweiterung des Produktionsprofils ist häufig nicht möglich. Betriebsaufgaben wegen fehlender finanzieller Reserven sind kein Einzelfall. Eine im April dieses Jahres vorgelegte Untersuchung der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern nennt drei Hauptgründe für das unzureichende wirtschaftliche Wachstum:
2. die geringe Investitionsbereitschaft bei den Unternehmen und die es dadurch zum großen Teil verursacht,
Nach Schätzung der Unternehmensverbände Mecklenburg-Vorpommern liegen derzeit für Neu- und Ausbaupläne unserer Firmen über 4 Milliarden Euro auf Eis. Das heißt, Ideen gibt es genug, aber wir brauchen Unterstützung. Kapitaleinbrüche im neuen Markt und europäische Rahmenbedingungen durch Basel II spiegeln sich im deutlich veränderten Verhalten der Banken wider. Dem internationalen Trend folgend werden die Betriebe einem umfangreichen Rating unterworfen. Der Bearbeitungsaufwand ist sowohl für die betroffenen Betriebe als auch für die Banken enorm hoch. Ziel ist eine Risikominimierung und dafür sind umfangreiche Prüfungen notwendig.
Selbstverständlich ist der Aufwand für die Bank vergleichbar groß, unabhängig davon, ob das Unternehmen, das finanziert werden möchte, 5 Millionen Euro Kredite benötigt oder nur 500.000. Daraus erklärt sich schließlich eine Bevorzugung großer Unternehmen. Da im Osten 45 Prozent der Unternehmen im Umsatz diese Grenze nicht erreichen – im Vergleich dazu sind es im Westen nur 21 Prozent –, ist das Finanzierungsproblem in unserem Land besonders groß. Wir alle können mit konkreten Fällen in unseren Kreisen diese Situation belegen. Bei jedem zehnten Unternehmen wurden in den letzten drei Jahren Kredite aufgekündigt oder Kündigungen in Aussicht gestellt. Umlaufmittelkredite wurden in tilgbare Kredite gewandelt, der unternehmerische Spielraum wurde dadurch eingeengt, Marktchancen wurden verhindert.
Der Zugang zu Krediten in Mecklenburg-Vorpommern ist deutlich erschwert. 36,1 Prozent der Kreditanträge wurden abgelehnt. In Westdeutschland sind es im Vergleich lediglich 16,6 Prozent. Diese Situation ist unbefriedigend und behindert das wirtschaftliche Wachstum im Land. Die Koalition hat deshalb unter anderem vereinbart, durch die Weiterentwicklung und Optimierung der vorhandenen Förderinstrumente die Durchleitung von Förderkrediten des Bundes zu verbessern sowie den Zugang der Unternehmen zu Beteiligungskapital zu erleichtern.
Das durch die Landesregierung vorgelegte Konzept zur Zukunft der Unternehmensfinanzierung ist eine Antwort auf Fragen, die Unternehmen bewegen. Es berücksichtigt die Qualifizierung der Unternehmer für ein gutes Finanzmanagement. Im Ratingverfahren der Banken müssen unsere Unternehmer eine größere Souveränität erlangen. Das ist besonders wichtig, weil aus der Mentalität des Bittstellers einfach eine Resignation erwächst.
Risikokapitalbereitstellung zur Erhöhung der Eigenkapitalausstattung, die Aufstockung des Existenzgründerprogramms auf 4 Millionen Euro, Gewährung von Liquiditätshilfen zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze, all das sind Antworten auf die Probleme im Bereich der Unternehmensfinanzierung im Land. Das vorliegende Konzept ist schlüssig, kurzfristig umsetzbar und wirksam. Stimmen Sie diesem Konzept zu!
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor allem kleine und mittlere Unternehmen in ganz Deutschland haben Schwierigkeiten, von Banken Kredite zu bekommen. In Mecklenburg-Vorpommern ist es besonders schwierig für unsere Wirtschaft, weil wir fast nur kleine und mittlere Unternehmen haben und weil die Banken auch in der Vergangenheit hier manchmal etwas schlechtere Erfahrungen gemacht haben mit dem Kreditrisiko als in anderen Bundesländern.