Protocol of the Session on May 22, 2003

Ich habe gestern Abend in Berlin den Leiter der Landesvertretung, Staatssekretär Dr. Freund, auf die Terminfrage angesprochen. Er hat mir daraufhin erstens erklärt, dass Herr Rehberg als Fraktionsvorsitzender bereits eine Antwort auf seinen Brief mit der Beschwerde erhalten habe, wo er dazu Stellung nehme. Und zweitens hat er darauf hingewiesen, dass diese Abende natürlich nicht in erster Linie für die Abgeordneten in Schwerin, sondern für die Bundestagsabgeordneten und die Bundespolitik veranstaltet werden und man sich natürlich nach Sitzungsperioden des Bundestages richten müsse. Dass sich da häufig Überschneidungen zwischen Landtagssitzungen und Bundestagssitzungen ergeben, sei leider nicht zu vermeiden. Ich will nur darauf hinweisen, um hier nicht den Eindruck entstehen zu lassen oder stehen zu lassen, dass man sich um solche Fragen nicht kümmert.

Die zweite Vorbemerkung, die ich machen möchte, Frau Lochner-Borst, ich hätte es mir eigentlich noch eine

Nummer größer gewünscht: Farbe bekennen, Stellung beziehen, große Dramatik. Ganz so dramatisch ist es denn doch nicht, glaube ich.

Und lassen Sie mich noch eine dritte Vorbemerkung machen. Wir haben hier, das finde ich gut, schon sehr oft über ITER im Speziellen und Fusionsforschung im Allgemeinen geredet, der Wichtigkeit des Themas durchaus angemessen. Ich will jetzt aber keine inhaltliche Debatte führen und die Dinge, die ich hier schon mehrfach im Namen der Fraktion gesagt habe, nicht wiederholen. Ich sage das nur stichpunkthaft. Ich habe mehrfach dargestellt, dass es eine prinzipielle Zustimmung der Mehrheit der PDS-Fraktion im Landtag zur Fusionsforschung im Allgemeinen und zum Fusionsforschungsstandort Greifswald im Besonderen gibt.

Ich habe darauf hingewiesen, dass es bei einem Teil der Mitglieder der PDS-Fraktion durchaus nachvollziehbare Probleme mit der Fusionsforschung im Allgemeinen und nicht mit der in Greifswald im Speziellen gibt.

(Vincent Kokert, CDU: Ist das der Grund?)

Ich habe darauf hingewiesen, dass natürlich eine positive Entscheidung für Mecklenburg-Vorpommern und Greifswald/Lubmin eine große Bedeutung beim Zumessen hat. All das gilt nach wie vor. Und ich will hier auch sagen und dazu weiter gar nichts ausführen, dass ich dem Bildungsminister dankbar bin für die Darstellung der Zusammenhänge und der Perspektiven sowie der notwendigen Aktivitäten, die die Fusionsforschung in Mecklenburg-Vorpommern betreffen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Ich stimme auch ausdrücklich dem Kollegen Sellering zu, wenn er hier darauf hinweist, dass wir die Gefährdung der Fusionsforschung in Greifswald, Wendelstein 7-X, nicht außen vor lassen dürfen, dass wir das wissen und agieren müssen. Ich komme darauf nachher noch einmal zurück.

Ich will deshalb etwas tun, was mir der Bildungsminister gestern schon mal empfohlen hat in einem Gespräch am Rande: Ihr Parlamentarier macht mal das Parlamentarische! Ich will mich also dem Antrag und seiner Bedeutung zuwenden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Würden wir ja gerne, wenn die Regierung das macht, was sie tun muss.)

Viele werden es gelesen haben, dass in einer Zeitung im Zusammenhang mit einer Presseerklärung meinerseits davon geredet wurde, dass ich einen großen Spagat machen müsse, und das endete dann mit dem Kommentar „Armer Bartels“. Ich sage dazu nur, ich hatte in meinen Jahren hier als Mitglied des Landtages schon weitaus schmerzhaftere Spagatübungen zu absolvieren als die, die jetzt in diesem Zusammenhang vor mir steht.

Ich sehe durchaus eine positive Seite des Antrages, die lautet: Wir geben nicht auf, wir nutzen die letzte Chance, wenn sie auch unwahrscheinlich ist. Und ich möchte sagen, das kann mensch so machen. Ich als Sportler neige dazu, auch in ausweglosen Situationen weiterzukämpfen, bis das Spiel wirklich zu Ende ist. Lassen Sie mich da auf Verfahrensweisen im Sport hinw e i s e n.

(Norbert Baunach, SPD: Nachspielzeit.)

Zurzeit laufen die Play-offs in den Basketballligen und dort wird eine Serie dann beendet, wenn rechnerisch der Sieger feststeht, ohne dass alle Spiele gespielt sind, und auf der anderen Seite im Daviscup werden auch dann, wenn eine Mannschaft 3:0 führt, die letzten beiden Spiele noch durchgeführt, obwohl sich am Gesamtergebnis nichts mehr ändert.

Beide Verfahrensweisen sind möglich und es gibt gute und logische Begründungen dafür. Entscheidend sind immer die Spielregeln. Die Spielregel muss man sich angucken. Auch in der Politik gibt es Spielregeln. Ich will einmal darauf hinweisen, eine sollte eigentlich sein, auch wenn sie es nicht immer ist, dass man die Meinung der anderen respektiert, denjenigen, der eine andere Meinung hat, nicht unbedingt von vornherein als dumm kritisiert oder darstellt, und wenn man diese anderen Meinungen in seine Überlegungen und Kalkulationen einbezieht.

Die reale Situation ist so – der Minister hat auch darauf hingewiesen –, dass die Entscheidungsfindung in Europa schon sehr weit fortgeschritten ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass im Bundestag ein Antrag der FDP vorliegt, der die Fusionsforschung unterstützt, aber einen Standort des ITER in Frankreich fordert. Das ist auch nicht ganz uninteressant. Das aber nur am Rande.

Ich gehe davon aus, dass allen bekannt ist, das hat heute auch schon eine Rolle gespielt, dass Bündnis 90/ Die Grünen eine sehr ablehnende Haltung zur Fusionsforschung haben. Das muss man nicht teilen und ich teile diese Sicht nicht. Aber man muss es zur Kenntnis nehmen. Und auch wenn ich gestern Abend den Vortrag des forschungspolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erlebt habe, der sehr einseitig, sage ich mal vorsichtig, und sehr polemisch war, und ich diese Sehweise in vielen Sachfragen als einfach falsch bewerten muss, sage ich, ich muss diese Haltung, auch wenn sie von meiner abweicht, zur Kenntnis nehmen und muss sie in die Realitäten einbeziehen.

Eines ist doch auch klar, Herr Sellering hat schon darauf hingewiesen: Angesichts der Haushaltslage und angesichts einer vorhandenen Bundestagsmehrheit besteht für diesen Antrag, der hier heute vorliegt, praktisch keine Aussicht auf Erfolg.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was hat das mit der Bundestagsmehrheit zu tun?)

Wir können nun, wie im Daviscup üblich, die letzten Runden spielen. Ich habe gesagt und das meine ich auch ehrlich, dass man das tun kann, dass es dafür Gründe gibt. Mensch kann auch …

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was hat das denn mit der Bundestagsmehrheit zu tun?)

Herr Born, hören Sie doch mal zu!

(Dr. Ulrich Born, CDU: Tue ich, ja. Ich verstehe das aber nicht, was Sie da erzählen. Deswegen frage ich: Was hat das mit der Bundestagsmehrheit zu tun?)

Dafür bin ich doch nicht zuständig, ob Sie das verstehen oder nicht.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Doch, wenn Sie das sa- gen, hat das mit der Bundestagsmehrheit zu tun.)

Lassen Sie mich mal bitte weiterreden!

Mensch kann aber auch, wie im Basketball üblich, das aussichtlose Spiel beenden und sich um die Gefährdung kümmern.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Einfach aufhören!)

Auch das ist möglich. In der Politik gibt es auch Spielregeln und darauf will ich einmal hinweisen. Mensch muss das nicht gut finden, aber die Spielregeln sind vorhanden. Ich will Ihnen mal das Szenarium skizzieren, das mit diesem Antrag im Zusammenhang steht. Wenn dieser Antrag heute hier angenommen wird, dann organisiert Rot-Rot aus Schwerin eine schwarze Mehrheit im Bundesrat gegen Rot-Grün in Berlin.

(Kerstin Fiedler, CDU: Das wäre ja noch was.)

Eine interessante Konstellation,

(Andreas Petters, CDU: Ja. – Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

wobei ich einfügen möchte, ob Herr Stoiber und Herr Koch eine rot-rote Initiative mittragen werden, weil sie damit Rot-Grün ärgern können, wäre zumindest eine spannende Frage, deren Beantwortung ich durchaus ganz gern erleben würde.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Kindereien!)

Aber wer so tut, dass auf der Grundlage dieses Antrages eine echte Chance besteht, die rot-grüne Koalition in Berlin zu stürzen, denn das ist Voraussetzung, wenn Sie sich den Koalitionsvertrag angucken, weil die schwarze Mehrheit auf Initiative von Rot-Rot in Schwerin das so will, der ist entweder naiv oder unehrlich. Das sollte man dann ehrlicherweise sagen und man sollte auch ehrlicherweise sagen, dass der Bundesrat natürlich in solch einer Frage eine Entschließung verabschieden kann. Aber der Bundesrat kann die Regierung nicht zwingen, eine Bewerbung in Brüssel abzugeben.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Auch das sollte man der Ehrlichkeit halber immer mit dazusagen. Es wird immer anderes getan. Deshalb kann ich nachvollziehen – ich sage ausdrücklich, ich spreche jetzt im Konjunktiv –, dass der Verdacht entstehen könnte, dass es sich hier um einen Fensterantrag handelt, an dessen reale Umsetzungsmöglichkeit selbst der Antragssteller nicht glaubt.

(Vincent Kokert, CDU: Sie suchen doch nach Argumenten, Herr Bartels! – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

„Könnte“ habe ich gesagt.

Wer deshalb diesen Antrag ablehnt, für den habe ich durchaus Verständnis.

(Beate Schlupp, CDU: Ich nicht.)

Aber ich will auch deutlich sagen, die Schlussfolgerung aus den ganzen Diskussionen innerhalb der PDS-Fraktion ist sehr unterschiedlich. Das werden Sie auch am Abstimmungsverhalten merken.

(Vincent Kokert, CDU: Aha!)

Ich habe die Hoffnung, dass wir, wenn dann diese Diskussionen erledigt sind, uns wirklich den wichtigen Problemen der Weiterführung und der Sicherung des Wendelstein-Projektes in Greifswald zuwenden können. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Dr. Bartels.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Liskow von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Professor Metelmann, Herr Dr. Bartels und Herr Abgeordneter Sellering, aber auch Herr Ministerpräsident! Meine Fraktionskollegin Frau Lochner-Borst hat schon in der Einbringung darauf hingewiesen, dass es traurig ist, dass zum wiederholten Male das Thema „Bewerbung des Standortes Greifswald/Lubmin“ auf der Tagesordnung des Landtages stehen muss. Sie können uns glauben, Herr Ministerpräsident, es geht der CDU nicht um kleinliches Nachhaken, weil wir die letzte Abstimmung hier im Parlament verloren haben, nein, es geht uns um eine Vision, um die Hoffnung einer ganzen Region – der Region Vorpommern.

(Beifall bei der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig!)

Ich habe mir nicht vorstellen können, Herr Ministerpräsident, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, und so geht es vielen Bürgern Vorpommerns, dass Sie sich mit so wenig Herzblut für die Region, für die Zukunft Vorpommerns einsetzen.