Protocol of the Session on May 21, 2003

Verzichtet künftig einer der für die Stichwahl zugelassenen Bewerber auf die Wahlteilnahme, tritt an seine Stelle der Bewerber mit der nächsthöheren Stimmzahl. Ich sehe das Szenario nicht ganz so, wie es Herr Jäger hier deutlich gemacht hat, weil Bewerbungen um Landräte oder Bürgermeister nicht irgendeine beliebige Sache sind, sondern hier werden wohlweislich Personen benannt. Ich denke, auch bei Entscheidungen wird sich dann letztlich der, der bei Bürgerinnen und Bürgern das meiste Vertrauen hat, durchsetzen.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS, und Torsten Koplin, PDS)

Meine Damen und Herren, aus Sicht meiner Fraktion gilt es mit der Befassung des Gesetzentwurfes nächste Schritte zu bedenken. Hier möchte ich genau die Problematik ansprechen, die Herr Jäger vermisst hat. Laut Ziffer227 des Koalitionsvertrages prüft die Landesregierung, wieweit die Überprüfung auf MfS-Tätigkeit entsprechend Paragraph 8 Absatz 4 des Landesbeamtengesetzes der Realität angepasst werden kann. Hierbei geht es mir nicht allein oder primär um die politische Bewertung dieses Sachverhaltes. Die Standpunkte dazu sind ausgetauscht. Es geht vielmehr um beamtenrechtliche Aspekte der Wählbarkeit und damit um Paragraph 61 unseres Kommunalwahlgesetzes. Jedem Kommunalpolitiker ist bekannt, dass die beamtenrechtlichen Ernennungsvoraussetzungen nach der Wahl detailliert im Rahmen der Wahlprüfentscheidung von der kommunalen Vertretung untersucht werden müssen. Dies könnte aber dazu führen, dass auch bei einem gewählten Bewerber im Nachhinein dessen fehlende Wählbarkeit und damit die Ungültigkeit der Wahl festgestellt werden kann. Diese Konfliktlage löst auch der vorgesehene Gesetzentwurf noch nicht auf.

Eine mögliche Lösung wäre allerdings die Herausnahme von Paragraph 8 Absatz 4 des Landesbeamtengesetzes, denn das Beamtenrechtsrahmengesetz sieht hierin nämlich keine zwingende Voraussetzung für die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit vor. In dieser Position weiß ich mich auch mit Auffassungen des Städte- und Gemeindetages eins.

Meine Damen und Herren, da die MfS-Überprüfung nach 15 Jahren ohnehin obsolet ist und bis dahin die Frage der Beibehaltung dieser Vorschrift in unserem Bundesland der Entscheidungsbefugnis dieses Hauses unterliegt, könnten wir ein entsprechendes Zeichen setzen und diesen kommunalwahlrechtlichen Konflikt auflösen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Der vorliegende Gesetzentwurf weist zwar expressis verbis keine Bezüge zum Vorhaben der Verwaltungsreform auf, bei näherer Betrachtung sind aber dennoch interessante Aspekte erkennbar. So werden beispielsweise im Paragraphen 6 „Wahlperiode“ – hierüber ist auch schon einmal gesprochen worden – die Absätze 4 und 5 aufgehoben. Absatz 1 hat jedoch Bestand, weil ganz klar steht, dass die Vertretungen auf fünf Jahre gewählt werden. Ich bin auch sehr froh über diese Aussage.

Sollte es aber infolge der Verwaltungsreform zu einer Gebietsveränderung auf Kreisebene kommen, ist die Beibehaltung dieser Regelung für die zeitliche Umsetzung von Bedeutung. Ich bin auch dafür, dass sie hier geregelt sein sollte. Wähler und Bewerber für die im Sommer 2004 zu wählenden Kreistage können ihren Entscheidungen eine Dauer der Wahlperiode von fünf Jahren zugrunde legen. Dem entgegenstehende Überlegungen wären verfassungsrechtlich bedenklich.

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt benennen. Die Landesregierung stellt im vorliegenden Gesetzentwurf einen Bezug zwischen der Abschaffung der 5-ProzentSperrklausel und der Einführung der Direktwahl der Landräte her. Herr Jäger hat diesen positiven Aspekt hier für sich benannt. Ich möchte aber an dieser Stelle auch sagen, dass dieses für mögliche Kreisgebietsstrukturen nach der Verwaltungsreform wirklich nur heißen kann, dass auch weiterhin Direktwahlen der Landräte möglich sind.

Und schließlich, meine Damen und Herren, zeigt der verfassungsrechtliche Hintergrund der Streichung der 5Prozent-Sperrklausel, insbesondere das entsprechende Urteil des Verfassungsgerichtshofes in Nordrhein-Westfalen, welcher rechtlichen Sorgfaltsverpflichtung Landesgesetzgeber unterliegen. Bei der Verwaltungsreform liegt es dabei an uns, dass wir nicht Urteile unseres Landesverfassungsgerichtes abwarten oder gar provozieren, sondern von vornherein anstandslose Lösungen produzieren. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Frau Schulz.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/431 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechts- und Europaausschuss sowie an den Sonderausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit wird dem Überweisungsvorschlag einstimmig gefolgt.

Es gibt jetzt einen Antrag zur Geschäftsordnung von Herrn Caffier.

Die Fraktion der CDU beantragt eine Auszeit von 15 Minuten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir unterbrechen damit die Sitzung für 15 Minuten.

Unterbrechung: 11.26 Uhr __________

Wiederbeginn: 11.53 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und PDS – Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/438.

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und PDS: Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 4/438 –

Das Wort zur Einbringung hat die Abgeordnete Frau Polzin von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir sehr sicher, dass Sie diesem Achten Änderungsgesetz schon ungeduldig entgegenfiebern. Ich muss Sie aber ein bisschen enttäuschen, denn mit spektakulären Neuerungen ist hierbei nicht zu rechnen. Aber Scherz beiseite.

Der Regelungsbedarf ergibt sich hierbei aus dem Ansatz, dass bereits die gängige Förderpraxis, wie zum Beispiel bei Volkshochschulen, oder aber auch Verwaltungshandeln nach Erlass auf gesetzliche Füße zu stellen sind. Mit anderen Worten: Dinge, die in der Praxis bereits laufen, brauchen eine sichere Basis für Planungssicherheit.

Ich bedauere es außerordentlich, das muss ich an dieser Stelle auch sagen, dass wir diese Achte Änderung mit ihren drei Schwerpunkten nicht im Zusammenhang, also quasi in einem Aufwasch, mit der Siebten Änderung regeln konnten und insofern heute noch einmal das Vergnügen haben, über das Schulgesetz zu befinden. Hier ein Kurzabriss:

Zunächst einmal geht es darum, dass wir den Sportgymnasien eine Profilierung als Eliteschulen ermöglichen wollen, indem wir auch ihre Rahmenbedingungen verbessern. Das bezieht sich auf besondere Regelungen für die Schulentwicklungsplanung und auch auf die Unterrichtsversorgung, die auf ihre Bedürfnisse modifiziert werden.

Zweitens. Es hat sich gezeigt, dass die Schulentwicklungsplanungsverordnung mit ihren gravierenden Konsequenzen für das Schulnetz dringend gesetzliche Grundlagen braucht. Da gab es Gerichtsurteile, die zumindest als Unterstützung gelaufen sind, aber wir meinen, verantwortliches Handeln ist es hier, den Verantwortlichen vor Ort in den Kommunen auch rechtliche Sicherheit zu gewähren, damit das Chaos, das teilweise im Zusammenhang mit der Umsetzung lief, sich nicht wieder wiederholen kann.

Drittens. Volkshochschulen haben in den letzten Jahren zunehmend einen erweiterten Auftrag zu erledigen. Es geht darum, dass sie auch für den Erwerb von Schulabschlüssen zuständig sind und dieser Trend hält an. An und für sich ist das eine nicht gerade erfreuliche Geschichte, weil es sich hier um eine zunehmend größer werdende Gruppe von Jugendlichen handelt, die den Schulabschluss nicht an den allgemein bildenden Schulen erwerben, sondern vorher abbrechen und dann quasi im zweiten Anlauf einen Schulabschluss bekommen. Dennoch bin ich froh, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt,

denn ich denke, es ist unbestritten, dass ein Schulabschluss schon eine ganz wichtige Voraussetzung ist, sein späteres Leben eigenverantwortlich meistern zu können.

Die finanzielle Förderpraxis lief zurzeit im Einvernehmen. Aber auch an dieser Stelle ist es dringend erforderlich, dass wir das Ganze gesetzlich auf die Füße stellen, und dem trägt der geänderte Paragraph 32 Rechnung. In diesem Sinne bitten die Koalitionsfraktionen ganz dringend darum, dass diese erneute Gesetzesänderung, die zwar nicht die Welt verändert, aber einfach nötig ist, zügig bearbeitet wird. Wir stellen uns eine ganz gezielte Anhörung in kürzester Frist vor, um dann wirklich im Juni die Zweite Lesung absolvieren zu können. Dies ist ganz dringend deshalb, weil wir den Schulen vor Ort Planungssicherheit gewähren wollen. In diesem Sinne bitte ich um Überweisung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Frau Polzin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Bildungsminister Herr Professor Metelmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat in seinen Urteilen vom 7. dieses Monats festgestellt, dass die Schulentwicklungsplanung nicht in verfassungsrechtlich geschützte oder anderweitig durch Gesetz eingeräumte Rechtspositionen der Schulträger eingreift. Insbesondere die Aufstellung von Schulentwicklungsplänen gehört daher nach der bestehenden Rechtslage nicht zu den kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden und damit hat das Oberverwaltungsgericht die bisherigen gesetzlichen Regelungen und deren Anwendung in diesen Bereichen ausdrücklich bestätigt. Ich freue mich über diese Bestätigung in einer Arbeit, die sich auch wesentlich auf Entscheidungen in diesem Hohen Hause stützt. Aber aus dieser gestärkten Position heraus müssen wir an der Modellpflege, ich will es mal so nennen, dieses Schulgesetzes arbeiten, so, wie Frau Polzin das gerade angesprochen hat, auch schnell und zügig arbeiten und deshalb auch von mir nur ein Kurzaufriss.

Drei Änderungsbereiche:

Erstens zur Schulentwicklungsplanung. Die Schulwahlmöglichkeiten der Eltern und die Schulentwicklungsplanung im Landesinteresse müssen verträglich zusammengebracht werden können. Der bisher uneingeschränkte Anspruch auf Aufnahme in eine örtlich zuständige Schule steht manchmal der Umsetzung der Schulentwicklungsplanung einfach entgegen. Das Problem liegt darin, dass die Erziehungsberechtigen ihre Kinder nach der jetzigen Rechtslage bis zum 31. März eines jeden Jahres an einer örtlich zuständigen Schule anmelden können. Und auf der Grundlage dieser Anmeldung kann dann erst über den weiteren Bestand einer Schule im Zuge einer umfassenden Schulentwicklungsplanung befunden werden, gegebenenfalls auch mit dem Resultat, dass die Schule zu Beginn des folgenden Schuljahres geschlossen werden muss.

Der Ansatz ist, wie von Frau Polzin dargestellt, die Schulentwicklungsplanung in den Paragraphen 107 und 108 neu zu regeln, und das Ziel ist, die Vorschriften über die Schulentwicklungsplanung so anzupassen, dass im Schulgesetz Aussagen über die Zügigkeit von Schulen gemacht werden können. Das bedeutet auch, dass man an dieser Stelle Schüler und Eltern mit hineinbringt in diese Gesetzmäßigkeit.

Diese Änderung wird flankiert durch die Neuorientierung des Aufnahmeanspruchs an einer örtlich zuständigen Schule, an der dann die Bedingungen einer ordentlichen Schulorganisation auch verwirklicht werden müssen. Das ist eine wichtige Verknüpfung und der Aufnahmeanspruch des Schülers besteht nur, wenn sich für die betreffende Schule genügend Schüler anmelden, um dann ein oder zwei Klassen eröffnen zu können. So viel zu diesem Punkt.

Zweiter Aspekt, angesprochen bereits – Volkhochschulen. Es geht um die finanzielle Förderung, es geht darum, dass die Volkshochschulen hinsichtlich der schulischen Abschlüsse der Berufsreife und der mittleren Reife bislang keine Förderung erhielten. Mit der Genehmigung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde können Volkshochschulen aber an der Vorbereitung und der Durchführung der schulischen Abschlüsse mitwirken. Diese Funktion müssen wir verstärken, auch das hat Frau Polzin völlig zu Recht ausgeführt.

Der dritte Punkt sind die Sportgymnasien. Hier haben wir zwei Ziele, zum einen die Sonderstellung, die diese Sportgymnasien haben, auch dadurch zu stärken, dass wir ihre finanzielle Förderungsmöglichkeit verbessern, natürlich unter dem Haushaltsvorbehalt, indem wir ihnen die Zuschüsse für Betrieb und Investitionen gewähren können, wenn das möglich ist. Der zweite Punkt, wir müssen ihnen etwas mehr Raum geben für eine mögliche Sonderstellung hinsichtlich Schulentwicklungsplanung, Unterrichtsorganisation, Unterrichtsversorgung und Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Deutlich von mir noch einmal unterstrichen sind notwendige Änderungen, die im Interesse der Schülergeneration, die jetzt in diese Schulen aufgenommen werden muss, auch bitte möglichst schnell bearbeitet werden sollten. In diesem Sinne unterstütze ich das Plädoyer von Frau Polzin für zügige Arbeit. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Fiedler von der Fraktion der CDU.

Frau Kollegin Polzin, ich muss Ihnen zunächst mal zu Beginn widersprechen. Die Änderung des Siebenten Schulgesetzes geht auf einen Entwurf unserer Fraktion zurück. Wir waren uns bei unserer letzten Lesung im Januar dieses Jahres einig, dass es hier eine zügige Bearbeitung geben muss, da dringender Handlungsbedarf besteht. Und ich habe – nur mal ganz kurz für unsere Zuschauer – in der letzten Woche gerade einen Anruf eines Schulleiters bekommen, der fragte: Was ist denn neu? Ich habe gelesen, das wird noch einmal behan

delt, ich will nämlich den Paragraphen 56 Absatz 3 zur Anwendung bringen. Wie gehe ich denn jetzt vor? Also war hier schon Eile geboten. Die achte Änderung konnte nach unserer Meinung nicht mit der siebenten Änderung verwurschtelt werden, da hier sehr weitreichende Veränderungen vorgenommen werden, die aus unserer Sicht ein geordnetes Gesetzgebungsverfahren erfordern und das wir auch einfordern.

(Beifall Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

Herr Minister Metelmann, ich mache mir schon auch Gedanken über das Verfahren dieser Gesetzesänderung. Denn wenn Sie sagen, Sie haben mit Freude vernommen, dass aus den Fraktionen diese Änderungsvorschläge gekommen sind, und Sie sehen auch die Notwendigkeit dieser Änderung, dann frage ich mich, warum solche Vorschläge nicht aus dem Bildungsministerium als administrative Institution kommen.