Protocol of the Session on April 10, 2003

Da habe ich ja mal von Ihnen Ordnungsrufe bekommen und musste den Landtag verlassen, obwohl das schöne frische gekochte Eier waren, Herr Prachtl,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

und zwar aus der Bodenhaltung! Ökologisch!

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Mir ist das Thema wirklich sehr ernst. Ich habe mit dem Hungerstreik, Herr Jäger, weit über 100 Menschen das Leben gerettet.

(Volker Schlotmann, SPD: So was ist immer ernst, Herr Jäger.)

Darauf bin ich stolz.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Sie sehen schon ganz schön verhungert aus, Herr Backhaus!)

Sie können mir noch so oft den Vogel zeigen. Fahren Sie nach Boizenburg und gucken Sie sich dieses Krankenhaus an, denn das ist ein Beispiel, wie man im Übrigen in diesem System Kosten sparen kann.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja, ja, ja!)

Gucken Sie sich mal die Verwaltungen an! Entschuldigung, Herr Glawe, Ihr Spezialist ist doch dort gewesen.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Eckhardt Rehberg,CDU)

Wir haben dort die kürzesten...

(Harry Glawe, CDU: Das ist doch in Ordnung, das haben Sie doch gut gemacht!)

Ja, das ist überhaupt kein Labern. Wir haben doch die kürzesten Verweildauern in Mecklenburg-Vorpommern und fast für Deutschland.

Aber gut, ich komme zurück zum Thema. War es denn nicht...

(Zuruf von Renate Holznagel, CDU)

Oh, die wollen die Wahrheiten immer nicht hören, das ist ja das Schreckliche!

War es nicht die Treuhandanstalt mit den politischen Vorgaben durch die damalige Bundesregierung, die im nahezu blinden Vertrauen auf die Kräfte des Marktes, betone ich,

(Wolfgang Riemann, CDU: Wer regiert denn heute, Herr Backhaus?)

die gesamte Volkswirtschaft der ehemaligen DDR zugrunde gerichtet und abgewickelt hat? So ist es doch gewesen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dabei wurden eben viele Wirtschaftsbereiche, die ja wirklich auch aus Ihrer Sicht sanierungsfähig gewesen wären, nicht weitergeführt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wer regiert denn seit 1998, Herr Backhaus?)

Die Folgen kennen wir doch alle: riesige Beschäftigungsgesellschaften und eine Zementierung des zweiten Arbeitsmarktes. Die CDU war es doch im Lande, die eine Politik der Niedriglöhne vorangetrieben hat, meine Damen und Herren. Das Niedriglohnland Mecklenburg-Vorpommern hat aber leider auch fast keine neuen Investoren angelockt.

(Harry Glawe, CDU: Das ist doch nicht zu glauben!)

Sie haben doch immer gesagt, das ist das Allheilmittel, wenn wir hier mit Niedriglöhnen arbeiten werden.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Was ist denn daraus geworden? Damit haben Sie im Übrigen auch die jungen Menschen mit aus diesem Lande getrieben. Das muss man auch einmal sagen,

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie haben ja kräftig umgesteuert in den letzten acht Jahren, Herr Backhaus! – Angelika Peters, SPD: Er kann doch nicht.)

denn Fakt ist doch, dass Sie Spezialisten

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Heinz Müller, SPD: Sehr richtig! – Dr. Armin Jäger, CDU: Und was machen wir jetzt?)

und Fachkräfte eben nicht mit Niedriglöhnen in dieses Land holen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das funktioniert nicht. Deshalb sollten Sie, Herr Rehberg, wenn Sie die Landesregierung und die SPD wegen Abwanderung ständig kritisieren, wirklich einmal innehal

ten – einfach nur einmal ganz ruhig innehalten –, denn Sie und Ihre Partei tragen ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung an der Situation in diesem Lande.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Kerstin Fiedler, CDU: Sagen Sie doch mal, wie Sie es besser machen wollen! Sprechen Sie doch mal zum Thema!)

Übrigens, der Bevölkerungsverlust im CDU-regierten Sachsen ist nicht geringer als in Mecklenburg-Vorpommern.

(Gabriele Schulz, PDS: Da gibt es nichts zu lachen!)

Sehen Sie sich das einmal an! Da wird darüber gelacht, als ob das Thema nicht traurig genug ist. So gehen Sie mit diesem Thema um!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich sage Ihnen noch einmal wirklich ernsthaft, nehmen Sie Ihren belehrenden Zeigefinger herunter, das kauft man Ihnen draußen sowieso nicht mehr ab!

Meine Damen und Herren, ein abrupter Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik hätte drastische Folgen, nicht nur für die soziokulturelle Infrastruktur im Lande, sondern es würde leider viele, viele Familien existentiell treffen. Das würden wir nicht zulassen! Das kann und darf nicht sein! In diesem Zusammenhang werden wir nachjustieren müssen. Notwendig ist aus meiner Sicht eine Präzisierung der Hartz-Gesetze für strukturschwache Regionen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Sicher können wir, so, wie es Herr Holter formuliert hat, darüber nachdenken Sonderwirtschaftsgebiete Ost zu entwickeln. Einzelne Elemente, die ich da gelesen habe, habe ich auch bei Helmut Schmidt gelesen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vieles andere, was in dem Papier steht, mit dem kann man sich anfreunden. Es ist vielleicht auch ein wenig von Roland Koch dabei, wenn ich das Verfallsdatum von Gesetzen betrachte.

Es ist richtig, dass in den neuen Ländern besondere Aspekte berücksichtigt werden müssen. Das hat auch etwas mit der von mir geschilderten Historie zu tun, aber auch aus der Sozialisierung vieler Menschen innerhalb der DDR. Da ist oft auch noch der Glaube und die Hoffnung, der Staat müsse alles richten und der Staat hat die volle Verantwortung für jeden Einzelnen. Hier müssen wir umsteuern.

Dennoch werte Kolleginnen und Kollegen der PDS, mit der ständigen Betonung der Ostbetroffenheit kommen Sie sicherlich bei Ihrem eigenen Klientel gut an. Das erkenne ich auch an, aber eben in Deutschland bei der Mehrheit nicht mehr.

(Angelika Gramkow, PDS: Das werden wir ja sehen, Herr Backhaus!)

Und wenn wir ehrlich zueinander sind, dann wissen Sie das auch sehr genau, Frau Gramkow.