Herr Ministerpräsident, wenn Sie zwei über dem Bundesdurchschnitt liegen, sage ich Ihnen voraus, dann könnten die Kommunen wieder leben und Sie könnten den Kommunen eine ordentliche Finanzausstattung bieten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sieht das im Detail aus? Allein die Landeshauptstadt Schwerin hat Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich von 92 Millionen Euro im Jahr 1998 auf 69 Millionen Euro im Jahr 2002 einstecken müssen.
Sie können doch nicht davon ausgehen, dass wir die Zahl vom Jahr 2000 nehmen, wo Sie den Deckel obendrauf gezogen haben. Was glauben Sie, Frau Keler, was die Kommunen sagen würden, wenn sie so Personalpolitik gemacht hätten, wie Sie in den letzten Jahren. Aber das Motto scheint bei der Landesregierung zu sein: Erst werden die Kreise und kreisfreien Städte kaputtgespart und dann stellt die Landesregierung ungerührt fest, „die gegenwärtige Struktur der Landkreise und kreisfreien Städte entspricht nicht mehr den Anforderungen. Kaum ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt kann heute allein wichtige Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Problem ist doch nicht die Struktur der kommunalen Ebene, das Problem ist doch die Einnahmesituation, wozu Sie auch im Gewerbesteuerbereich erheblich beigetragen haben. Das Problem ist die Ausgabensituation.
Allein die Sozialleistungen sind in den letzten Jahren von 538 Millionen Euro auf 601 Millionen Euro gestiegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen ist es zwingend geboten, dass die Landesregierung für sich selber festhält, dass sie zu viel Personal hat, dass die Anzahl der Landesbehörden zu hoch ist und dass der räumliche Geltungsbereich der Landesbehörden untereinander nicht deckungsgleich ist.
Notwendig ist in erster Linie nach der notwendigen Aufgabenkritik eine Reform der Landesverwaltung. Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind noch genügend Sparpotentiale. Deswegen fangen Sie beim Sparen zuerst mit sich selber an. Ich sage Ihnen eines voraus, falls Sie Ihre Politik im kommunalen Bereich so weitertreiben: Wir brauchen fast 10.000 Kommunalvertreter. Das kommunale Ehrenamt, das ist die Basis für die aktive Bürgergesellschaft vor Ort, ob in einer kleinen Gemeinde mit 250 Einwohnern, ob in meinem Landkreis oder in der größten kreisfreien Stadt in Rostock. Wenn Sie heute mal hinausgehen und Bürger fragen, ob Parteilose, CDU-Mitglieder, SPD-Mitglieder oder wen auch immer, dann fragen sich viele: Was bringt es mir denn noch, mich in der Gemeindevertretung zu engagieren? Ich habe doch nichts mehr zu gestalten, sondern nur noch zu verwalten.
Da ich seit Jahren auch ehrenamtlich in der Stadtvertretung bin, fragen Sie mal meine 16 Kolleginnen und Kollegen, wie es ihnen geht, wenn sie in drei Jahren über 1 Million DM an Schulden abgebaut haben und jetzt merken, dass sie eigentlich nichts erreicht haben und nur noch weiterhin streichen und sparen müssen. Das macht schlichtweg keinen Spaß mehr. Ich muss dazu eines sagen: Es muss nicht nur Spaß machen, sondern man trägt auch ein Stück Verantwortung! Verantwortung kann man nur wahrnehmen, wenn man auch gestalten kann. Geben Sie den Kommunen das Geld, damit man überhaupt noch gestalten kann! – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in schwierigen Zeiten. Hans Eichel hat es nicht einfach, den Bundeshaushalt ins Lot zu bringen, die Finanzministerin und Finanzminister der Länder ebenso wenig und die Kämmerer in den Kommunen genauso wenig. Auch denen geht
es schlecht. Das heißt, die Finanzspielräume in Bund, Ländern und Gemeinden sind sehr eng geworden. Die Parteien, die vor den Wahlen Steuersenkungen verkünden, bekommen Beifall, insbesondere die CDU,
noch viel mehr die FDP, die zum Glück nicht im Landtag ist. Herr Rehberg, wenn man Steuersenkungen will, dann kann man nicht beklagen, dass die öffentlichen Kassen leer sind. Das ist der zentrale Punkt.
Und Ihre Äußerung von heute früh, dass das Steuervergünstigungsabbaugesetz eine Steuererhöhungsorgie gewesen sei, so haben Sie sich geäußert, ist schlimm,
weil nämlich nach Vorschlag des Bundestages nach diesem Steuervergünstigungsabbaugesetz bis 2006 6,5 bis 7 Milliarden Euro in die Kassen der Kommunen geflossen wären, 15 Milliarden Euro insgesamt pro Jahr.
Das heißt, wir haben eine schwierige Lage. Keiner weiß genau, wie es in den nächsten Jahren mit der Einnahmesituation der öffentlichen Hand insgesamt weitergehen wird. Und deswegen ist es aus meiner Sicht erforderlich, dass man auch mit dem Bürger offen und transparent über die Frage, wie der Staat seine Aufgaben finanzieren kann, reden muss.
Das ist ein entscheidender Punkt, sonst sind wir alle miteinander, und nicht nur das kommunale Ehrenamt, Herr Rehberg, handlungsunfähig, und das, glaube ich, kann keiner wollen und verantworten.
Wenn Sie sagen, das Ehrenamt, und ich komme jetzt auf Ihren Antrag zu sprechen, muss gestärkt werden, das ist ja eine durchschlagende Erkenntnis, die Sie uns hier unterbreiten,
wenn Sie das in diesem Zusammenhang sagen, dann meinen Sie, dass politische Handlungsspielräume – und das sind finanzielle Handlungsspielräume – geschaffen werden müssen. Die können aber nur geschaffen werden, wenn der Staat auch Einnahmen hat,
und nicht nur die Kommunen. Deswegen sage ich noch mal, wir müssen gerade in schwierigen Zeiten mit den Bürgerinnen und Bürgern offen und fair über die Frage sprechen, welche Aufgaben der Staat insgesamt auf allen Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden – wahrnehmen soll
und welche nicht, und die müssen dann auch finanziert werden wollen, nämlich durch den Bürger, und das muss politisch gewollt sein. Ich halte es für ganz gefährlich, wenn man diese Debatte umgeht, oder ich sage mal, wie Sie es machen, Herr Rehberg, aus dem kommunalen Haushaltsbericht meines Hauses vorlesen. Ich bedanke mich herzlich dafür, darin steht ja auch alles Wichtige. Aber das allein wird nicht reichen, da muss man auch dem Bürger gegenüber richtungsweisende, schwierige Entscheidungen kundtun.
Nun wollen wir uns aber mal ansehen, was in anderen Bundesländern in einer so schwierigen Zeit wie heute gemacht wird. Wir leben in einem Finanzverbund – Bund, Länder und Gemeinden – und da lohnt es sich schon einmal nachzusehen, wie die Finanzausgleichsmassen jeweils in den anderen Bundesländern, wie die Finanzausgleichsbeträge für die Kommunen in den anderen Bundesländern gestaltet werden. Fangen wir bei SachsenAnhalt an: Sachsen-Anhalt hat 1,78 Milliarden DM in 2002 im Finanzausgleich gehabt, 2003 1,66 Milliarden DM. Das sind 1,2 Millionen DM minus.
Der Innenminister gehört dort übrigens der CDU an und nicht der SPD. Brandenburg, unser Nachbarland, hat von 1,7 Milliarden Euro auf 1,56 Milliarden Euro abgesenkt.
Kommunalminister dort ist Herr Schönbohm, Mitglied der CDU. Niedersachsen 2,66 Milliarden Euro in 2002, 2003 sind es 2,22 Milliarden Euro.