Protocol of the Session on April 10, 2003

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist die vorläufige Haushaltsführung, Herr Riemann!)

und eine bessere Regierung verdient. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Riemann.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben alle unseren Beitrag geleistet, um das Ziel zu erreichen und den Nachtragshaushalt heute zu verabschieden. Und dieses ist uns trotz eines sehr engen Terminplanes gelungen. Dafür möchte ich mich im Namen der SPD-Fraktion bei allen Beteiligten bedanken. Ich nutze auch die Möglichkeit, mich einmal bei denen zu bedanken, die eher sonst nicht so im Mittelpunkt stehen. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Sekretariaten der Fachausschüsse, in den Ministerien und in den Fraktionen, die hier ihren Beitrag geleistet haben, dass wir heute

den Nachtragshaushalt beschließen können. Meinen ausdrücklichen Dank möchte ich auch den Ministerinnen, den Ministern und den Staatssekretären sagen, die durchweg in den Sitzungen des Finanzausschusses anwesend waren, die mit ihren Fragen beziehungsweise den Antworten auch zur Entscheidungsfindung in den Ausschüssen beigetragen haben. Und, nicht zu vergessen, ich bedanke mich für die faire und konstruktive Zusammenarbeit im Finanzausschuss. Ich muss mich allerdings wundern – eigentlich aber auch nicht mehr, denn man kennt das ja schon von den Vorjahren –, dass dann hier im Plenum doch etwas andere Töne angeschlagen werden.

(Egbert Liskow, CDU: Von mir nicht!)

Nicht von Ihnen, Herr Liskow, aber ich glaube, das gehört wohl auch mit dazu. So ein bisschen Schaulaufen, Herr Riemann, das kennen wir ja schon. Ich glaube, damit können wir inzwischen auch umgehen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, in der Ersten Lesung zum Nachtragshaushalt am 19. Februar hat Herr Rehberg ja seine Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass wir im Umgang mit dem Nachtragshaushalt möglicherweise überfordert wären. Heute bleibt festzuhalten, Herr Rehberg, dass wir, und damit meine ich auch die neuen Mitglieder unseres Landtages, durchaus dazu in der Lage waren, obwohl, das will ich gerne zugestehen, es nicht immer einfach war. Schließlich war es das erste Haushaltsrechtsanpassungsgesetz zu einem Doppelhaushalt, gleichzeitig verbunden mit der Einführung der Personalausgabenbudgetierung. Probleme oder besser gesagt Irritationen gab es auch, weil zum Beispiel nicht angepasste Erläuterungen bei veränderten Haushaltstiteln fehlten. In diesen Fällen hat dann allerdings das Finanzministerium sehr schnell reagiert und mit entsprechenden Austauschseiten, die wir dann auch noch lesen durften und mochten, nachgebessert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was haben wir nun in den Beratungen zum Nachtragshaushalt erreicht? Ich möchte nur ganz kurz noch einmal die Ausgangslage zitieren. Wohlgemerkt, es ging um einen Nachtragshaushalt: 408 Millionen Euro Steuerausfälle (Nettokreditauf- nahme 826 Millionen Euro), das heißt zusätzlich 570 Millionen Euro und damit ein Gesamtschuldenstand unseres Landes Mecklenburg-Vorpommern von fast 9 Milliarden Euro. Das heißt zum Beispiel auch, dass wir im Haushalt 2003 allein nur für Zinszahlungen fast eine halbe Milliarde Euro einsetzen müssen.

In einer solch dramatischen Haushaltssituation sind Handlungsspielräume in einem Nachtragshaushalt so gut wie nicht vorhanden. Das hat schließlich für uns Sozialdemokraten bedeutet, uns sehr ernsthaft die Frage zu stellen, wo wir bei diesen engen Spielräumen Prioritäten setzen wollen. Das haben wir getan, wir haben punktuell Ausgabensätze verändert, um in ausgewählten Bereichen die Arbeit zu sichern, insbesondere in den Bereichen Jugend, Prävention und soziale Beratungsdienste. In Zahlen ausgedrückt heißt das, dass wir circa 1,1 Millionen Euro umgeschichtet haben. Im Verhältnis zum Gesamtetat bei 7,4 Milliarden Euro, gebe ich zu, bei 0,01 Prozent nur marginal. Aber ich bin schon der Meinung, dass man 1,1 Millionen Euro nicht zu gering schätzen sollte. Dieses Ergebnis an der einen oder anderen Stelle, glaube ich, ist durchaus beachtenswert und auch lobenswert, weil man auch mit relativ kleinen Summen manchmal wirklich große Wirkungen nach sich ziehen kann.

Wenn Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, nun allerdings meinen, dass einige Ansatzveränderungen aus dem Bereich der Verstärkungsmittel als der ideale Weg betrachtet werden, dann kann ich Ihnen sagen, das ist durchaus nicht so. Wir betrachten dieses Mittel dann auch wirklich als letzten Rettungsanker. Ich muss auch deutlich sagen, und daraus mache ich auch keinen Hehl, dass an dieser Stelle vor allen Dingen die gute Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium nicht ganz unwichtig war.

Ich möchte deutlich machen, dass wir die Ausgabenreduzierung im Nachtragshaushalt im vollen Umfang nur in wenigen Fällen zurücknehmen konnten. Herr Riemann, da haben Sie völlig Recht. Im Bereich nachwachsende Rohstoffe, da ging es um Investitionen, im Bereich der freiwilligen Straffälligenhilfe, für die Sucht- und Drogenprävention und auch bei einigen Maßnahmen des Umweltschutzes ist es uns gelungen, Kürzungen im vollen Umfang zurückzunehmen, also nicht draufzupacken, sondern Kürzungen im vollen Umfang zurückzunehmen und damit auf den Ansatz des Ursprungshaushaltes 2003 zurückzuführen.

Meine Damen und Herren, in den parlamentarischen Beratungen zum Nachtragshaushalt brachten die Koalitionsfraktionen und auch die Oppositionsfraktion zahlreiche Änderungsanträge ein. Meine Vorredner haben es bereits gesagt und ich möchte es auch noch einmal deutlich machen. Wir lagen bei vielen Sachthemen sehr eng beieinander, um nicht zu sagen, wir hatten da auch Übereinstimmungen, wenn es um die Frage ging, wie und wo müssten wir Mehrbedarfe haben. Aber bei den Deckungsvorschlägen gab es dann natürlich die erwarteten Unterschiede bei den Lösungsmöglichkeiten. Ich möchte hier nur kurz noch einige Beispiele nennen. Im Bereich der Frauen- und Mädchenhäuser, Beratungsstellen und Interventionsstellen ist es uns gelungen, nur eine Minderausgabe von 41.300 Euro zuzulassen. Das Gleiche gilt für die Musikschulen in Höhe von 150.000 Euro, bei der Schuldner- und Insolvenzberatung und auch bei der Sucht- und Drogenprävention.

Kontrovers ging es bei der freiwilligen Straffälligenhilfe zu. Hier gestatten Sie mir doch einmal aus dem Bericht zu zitieren. Wir haben hier als Koalitionsfraktion 55.000 Euro beantragt, das heißt praktisch wieder den alten Ansatz. Ich zitiere die Abgeordneten der CDU-Fraktion. Sie haben erklärt, dem Antrag nicht zuzustimmen, und zwar mit folgender Begründung: „Wenn man schon eine freiwillige Straffälligenhilfe im Haushalt vorsehe, sollte man auch an die Opfer dieser Straffälligen denken. Es sei eine verwerfliche Entwicklung im Land, dass man sich mehr um die Täter als um die Opfer kümmere. Man sollte besser etwas für den Weißen Ring tun.“

Und an dieser Stelle, meine Damen und Herren von der CDU, muss ich sagen, muss ich das ganz entschieden zurückweisen und klarstellen, dass insbesondere natürlich gerade diese Aufstockung in diesem Bereich freiwillige Straffälligenhilfe auch etwas mit Opfer zu tun hat, weil Prävention, und zwar gute erfolgreiche Prävention, auch wohl nicht ganz unwichtig ist im Interesse von zukünftigen möglichen Opfern. Ich möchte darauf verweisen, dass gerade der Täter- und Opferausgleich, der ebenfalls zur freiwilligen Straffälligenhilfe gehört, nicht nur im Interesse der Täter ist, sondern auch im Interesse der Opfer sein kann und sollte. Das müssten eigentlich zumindest Fachpolitiker durchaus begriffen haben.

(Volker Schlotmann, SPD: Das ist ideologisch geprägt!)

Also von daher noch einmal mein Unverständnis. Ich muss deutlich sagen, dass wir – insbesondere natürlich gerade auch durch die Arbeit unseres Justizministers Erwin Sellering

(Wolfgang Riemann, CDU: Unser guter Pommernminister!)

und des Innenministers Gottfried Timm – gerade auch im Interesse der Opfer hier im Land bereits sehr viel bewegt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte noch einmal konkret auf die Situation bei den Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen eingehen. Herr von Storch hat ja richtigerweise auch noch einmal die Notwendigkeit begründet. Ich möchte in diesem Zusammenhang insbesondere noch einmal auf die Presseinformation von Herrn Riemann eingehen und noch einmal eines klarstellen: Es ging ja hierbei um den Titel „Zuschüsse an Vereine, Verbände sowie an soziale oder ähnliche Einrichtungen für familienfördernde Beratungen.“ Innerhalb dieses Titels gibt es praktisch einen Untertitel „Schuldner- und Insolvenzberatung“.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ist mir bekannt!)

Insgesamt sollte der Titel um 566.000 Euro gekürzt werden. Wir haben Folgendes gemacht: Wir haben zweckgebunden – und das ist ganz wichtig – die geplante Absenkung bei der Schuldner- und Insolvenzberatung von 241.000 Euro, praktisch zumindest, zum größten Teil zurückgeholt und auf 71.200 Euro vermindert. Ich glaube, damit, das heißt mit insgesamt 120.000 Euro mehr zum geplanten Absenken, ist es durchaus möglich, die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen hier im Land für uns im Moment erst einmal auf dem notwendigen Niveau zu finanzieren.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sind die Erläuterungen verbindlich?)

Ich will aber gerne zugestehen, dass wir in diesem Bereich durchaus zukünftig auch noch mehr machen müssen.

(Egbert Liskow, CDU: Das können wir sofort!)

Ich glaube, das ist auch in der gemeinsamen Anhörung der Ausschüsse, des Innenausschusses, des Wirtschaftsausschusses und des Finanzausschusses zum Thema Zahlungsmoral noch einmal deutlich geworden.

Naja, Herr Riemann, wir haben des Öfteren bei Ihnen schon den Eindruck, dass Sie die Grenze zwischen Dichtung und Wahrheit miteinander verwischen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das trifft aber auch auf die Musikschulen zu!)

Von daher ist diese Klarstellung, glaube ich, hier an dieser Stelle auch noch einmal richtig plaziert gewesen.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat sich maßgeblich dafür eingesetzt, dass die bundesweit viel beachtete und historisch wertvolle Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ noch in diesem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt werden kann.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Unsere Fraktion sieht eine hohe politische Bedeutung in der aktiven Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, gerade auch unserer Jugendlichen. Dazu wird diese Ausstellung einen besonderen Beitrag leisten. Wir begrüßen den Ausstellungsort Peenemünde, der von einem breiten regionalen Bündnis getragen wird. Wir sind der Meinung, dass Peenemünde sehr gut zur Präsentation dieser Exposition geeignet ist und dem Charakter als authentischen Ort für die Wehrmachtsausstellung, glaube ich, auch eine besondere Note gibt. Und deshalb haben wir auch aufgrund der Anregungen aus dem Bildungsausschuss direkt noch einmal 75.000 Euro in den Verhandlungen zum Nachtragshaushalt für dieses Vorhaben einstellen und somit für die Gesamtfinanzierung einen wesentlichen Beitrag leisten können.

An dieser Stelle gestatten Sie mir aus dem Bericht sehr kurz ein zweites Zitat, ein Zitat, das mich doch in der Ausschusssitzung sehr betroffen gemacht hat und heute während der Aussprache noch einmal. Deshalb muss ich darauf unbedingt noch einmal eingehen. Ich zitiere Seite 29 des Berichts, bezogen auf die Wehrmachtsausstellung in Peenemünde – die Abgeordneten der Fraktion der CDU lehnen hier den Antrag ab, 75.000 Euro dort einzusetzen. Jetzt zitiere ich aus Sicht der CDU-Fraktion wörtlich: „Die Ausstellung sei überflüssig, außerdem könne der Millionär Reemtsma diese selbst finanzieren, wenn er sie betreiben wolle.“ Und an dieser Stelle muss ich schon sagen, ich richte mich ausdrücklich an die CDU und bitte noch einmal um Klarstellung und um Richtigstellung: Ist das jetzt wirklich die Meinung der CDU oder ist das die Meinung eines einzelnen Abgeordneten?

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hat er hier vorne klargestellt.)

Wenn das denn so ist, dann möchte ich die Gelegenheit nutzen und ebenfalls mit einem Zitat von Regine KloseWolf, Sprecherin der Hamburger Stiftung für Sozialforschung, antworten. Zitat: „Es ist schon erstaunlich, mit welchem Beharrungsvermögen einige wenige Menschen Wissen um die Vergangenheit ignorieren und ihren Protest personalisieren.“ Dem gibt es aus meiner Sicht nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Meine Damen und Herren, nach dem ernsten Thema vielleicht wieder etwas zur Auflockerung. Mancher mag ja denken, mit dem Antrag von SPD und PDS zur Einrichtung des Leertitels „Bewirtung bei Anhörungen im Landtag“ haben wir uns einen Spaß erlaubt.

Dem ist nicht so, weit gefehlt. Bisher bestand bei Anhörungen im Landtag leider nicht die Möglichkeit – und die können sich ja über mehrere Stunden hinziehen –, anzuhörende Mitglieder des Landtages und geladene Gäste mit Erfrischungsgetränken, Kaffee und so weiter zu versorgen. Das gab bisher der Einzelplan des Landtages nicht her. Aber ab heute, wenn denn das so im Nachtragshaushalt beschlossen wird, wird dieses zukünftig möglich sein. Ich glaube, diesem Punkt werden wir dann mit besonderer Freude zustimmen, zumal er ja auch nicht so viel Geld kostet.

(Wolfgang Riemann, CDU: Herr Borchert, wir sind ja auch so arm, dass wir unsere Gäste nicht einmal einladen können.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, mit Ergänzungen zum Haushaltsgesetz ermächtigt der Etatgeber die

Landesregierung an drei wesentlichen Punkten zu handeln, und zwar:

Erstens möchte ich noch einmal hervorheben, dass wir in Anlehnung an das Lehrstellensonderprogramm des Bundes flexibel und kurzfristig mit mindestens 10 Millionen Euro

(Wolfgang Riemann, CDU: Bis zu, bis zu, nicht mindestens!)

auf die Schließung einer im Herbst möglichen Lehrstellenlücke für circa 3.000 Jugendliche reagieren können. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Maßnahme, um das abzusichern, was von dem einen oder anderen CDU-Politiker in Frage gestellt wird, und zwar, dass wir allen Jugendlichen, die das können und möchten, auch einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen, und dass wir dazu stehen, dieses Versprechen dann auch einzulösen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die Gelegenheit nutzen, das Finanzministerium und dort insbesondere die Kreativabteilung einmal besonders zu loben, und zwar an zwei Stellen. Erstens finde ich das durchaus eine gute Idee.

(Wolfgang Riemann, CDU: Frau Keler, haben Sie schon wieder eine neue Abteilung? – Heinz Müller, SPD: Die fehlt der CDU! – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Wolfgang Riemann, CDU)

Wir sind uns doch alle einig, dass die jetzige Annahme im Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts mit einem Prozent zurzeit schon Makulatur ist.