Protocol of the Session on March 13, 2003

(Kerstin Fiedler, CDU: Reden Sie doch mal über das Thema!)

wo die Koalitionsfraktionen sich sehr deutlich erklärt haben. Der Bildungsminister hat es eben für die Regierung noch einmal getan. Trotzdem möchte ich noch ein

mal, ohne die Rede zu wiederholen, die Position, die ich namens meiner Fraktion auch im vergangenen Sommer hier vertreten habe, in Stichworten zusammenfassen.

Wir treten ein für die Kernfusionsforschung, trotz aller Probleme und trotz allem Verständnis für die einen oder anderen Bedenken der Kritiker. Und es sei auch darauf hingewiesen: So sicher, dass das am Ende wirklich funktioniert, kann heute niemand sein. Es ist eine tragfähige Hypothese, von der viele Leute hoffen – ich auch –, dass sie tatsächlich einmal funktionieren wird, aber sicher kann kein ernsthafter Wissenschaftler heute sagen, das wird einmal funktionieren. Es ist Forschung auf der Basis einer vernünftigen und logischen Hypothese.

Der zweite Grund, den ich sagen will, ist, es ist gut für die Wissenschaftslandschaft Mecklenburg-Vorpommern und es wäre hervorragend für den einzigartigen Plasmaphysikstandort Greifswald, wenn wir ITER hätten. Ich denke, der Wirtschaftsminister wäre auch sehr dafür. Es wäre auch Wirtschaftsförderung für Mecklenburg-Vorpommern im Allgemeinen und für Vorpommern im Besonderen. So weit noch einmal in aller Kürze zu den inhaltlichen Ansätzen, die ich, wie gesagt, im Sommer des vergangenen Jahres etwas ausführlicher dargestellt habe.

Nun zu der Frage des vorliegenden Antrages. Dieser Antrag läuft ins Leere. Nun kann ich verstehen, dass die Opposition nicht immer so genau über das Regierungshandeln unterrichtet ist. Dafür gibt es Möglichkeiten, die Möglichkeit der Anfragen im Ausschuss und auch die Möglichkeit der Kleinen Anfrage. Und wenn die CDUFraktion oder ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete eine Kleine Anfrage gestellt hätte, hätten sie sicher das zur Antwort bekommen, was der Bildungsminister eben hier vorgetragen hat. Sie hätten sehen können, dass die Regierung arbeitet an diesem Punkt und dass sie das einmütige Votum des Landtages im vergangenen Sommer sehr wohl zur Kenntnis genommen und als Bestärkung ihres eigenen Tuns verstanden hat.

Der zweite Teil Ihres Antrages ist auch nach dem Änderungsantrag schlicht falsch. Denn selbst wenn wir uns alle einig sind, können wir hier nicht sicherstellen, wie der Antrag auch immer noch lautet, dass die Bundesregierung etwas tut. So weit reicht die Kraft des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern auf keinen Fall.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ich zitiere einmal die neue Fassung, die sich aus Ihrem Änderungsantrag ergibt: „Die Landesregierung wird aufgefordert,“ – dann lasse ich etwas weg – „umgehend sicherzustellen, dass diese Bewerbung durch die Bundesregierung der Europäischen Kommission übermittelt wird.“ Wie, bitte schön, soll unsere Landesregierung das tun? Wie soll sie das sicherstellen? Dieser Teil des Antrages ist auch nach dem Änderungsantrag einfach sachlich falsch. Ich bitte Sie: Unterstützen wir gemeinsam weiterhin die ITER-Bewerbung Greifswalds, aber bitte schön nicht mit solchen Anträgen! – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Herr Bartels, ich weise Ihre unparlamentarischen Bemerkungen zurück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Vierkant von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mir eine sehr schöne und verbindende Rede hier zurechtgelegt,

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)

weil ich davon ausgegangen bin, dass wir hier heute einen interfraktionellen Antrag besprechen und debattieren.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das Thema ist ja auch interfraktionell positiv.)

Denn ich denke, gerade auch die schon angesprochene energiewirtschaftliche Dimension der Fusionstechnologie muss vielen noch näher gebracht werden, vor allem aber auch die Verantwortung für unsere Urenkel und Ururenkel. Die Beiträge von SPD und PDS stimmen mich jedoch eher sehr bedenklich, was dies anbelangt.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Müssen sie nicht.)

Irgendwie fällt mir da auch ein Zusammenhang zur gestrigen Aktuellen Stunde ein. Ich bin an dieser Stelle der Auffassung, dass sich SPD und CDU wieder einmal in der Sache näher sind als SPD und PDS, aber es kam die große Stunde des Einknickens. In Berlin knickt Rot vor Grün ein, in Schwerin knickt die SPD vor der PDS ein und innerhalb der PDS knickt Herr Dr. Bartels vor Frau Schwebs ein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Abgeordneten der PDS – Karsten Neumann, PDS: Das können Sie nicht ernsthaft glauben!)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage?

Natürlich.

Bitte, Herr Abgeordneter Bartels.

Ich habe mich nicht aufgeregt, Herr Vierkant.

Herr Vierkant, gestatten Sie die Frage: Haben Sie dem Minister zugehört und haben Sie zur Kenntnis genommen, was er an Aktivitäten aufgelistet hat und welche Entscheidung der Regierung er hier vorgetragen hat?

Also, Herr Dr. Bartels, Sie haben sich jetzt aufgeregt. Ich gehe davon aus, dass Sie auch eingeknickt immer noch in gewohnter Weise Frau Schwebs überragt haben, aber den Knicks haben Sie dort gemacht. Vielleicht hören Sie …

Das ist keine Antwort auf meine Frage.

Richtig, dazu komme ich ja jetzt. Sie hätten aber auch warten können, bis ich meine Rede beendet habe, denn ich gehe speziell noch darauf ein.

Dass, was der Herr Minister uns hier zur Kenntnis gab, klingt erst einmal sehr optimistisch. Und ich gehe auch davon aus, dass es richtig ist, dass Gespräche stattgefunden haben. Ich muss aber an dieser Stelle dann auch noch einmal darauf verweisen, wenn – und hier geht es um die Bewerbung – die Landesregierung eine Bewerbung im Wortlaut an die Bundesregierung abgeschickt hat, so, wie Sie es auch sagten, das soll im Juli 2002 geschehen sein, ich habe es jetzt nur zwischen Tür und Angel und gerüchteweise gehört, also unverbindlich, dann gibt es eine Berichtspflicht der Landesregierung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das Parlament ist darüber aber nicht informiert worden, wir haben keine Unterrichtung bekommen.

Die CDU-Fraktion hat am 28.02.2003 einen Informationsbesuch in Greifswald im Max-Planck-Institut und bei der EWN gehabt. Auch dort – das ist sehr erstaunlich – hat der Vorsitzende des Fördervereins, Herr Professor Gomolka, keine Kenntnis gehabt von etwaigen Aktivitäten der Landesregierung. Auch das Professorenkollegium – Professor Wagner war zugegen vom IPP – hatte davon keine Kenntnis und das ist schon erstaunlich. Das ist auch eine Frage des Standings unserer Landesregierung, wenn es denn dieses Schreiben gegeben hat, dass Berlin ein dreiviertel Jahr lang kein Feedback gibt und keinen Rücklauf in Richtung Schwerin abschickt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

(Beate Mahr, SPD: Ihre Frage ist nicht beantwortet worden, Herr Dr. Bartels.)

Ich hatte gesagt, dass dort die Stunde des Einknickens da war. Vielleicht ist aber auch der Koalitionsvertrag die Ursache dafür, denn beide Fraktionen haben sich hier irgendwo in Richtung Ökologie oder aus sonstigen unerfindlichen Gründen wieder einmal aus der Verantwortung gestohlen. Ich denke, Sie sollten Ihren Koalitionsvertrag, der ja gerade an dieser Stelle eine geradezu urzeitliche Vereinbarung vorsieht, an dieser Stelle schleunigst öffnen und verändern. Wir, die CDUFraktion, werden jedenfalls nicht nachlassen, Sie an Ihren hochgestochenen Begrifflichkeiten zu messen. Mir fällt da sofort immer ein, dass Sie ständig die Begriffe „Denkwerkstätten“, „Technologie“ und „Zukunftsoffensiven“,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sonderdenkwerk- stätten! – Zuruf von Minister Helmut Holter)

„Sonderdenkwerkstätten“, „Kompetenz-“ und „Exzellenzzentren“ im Munde führen. Toll, also richtig toll, aber wie man heute wieder sieht, nur heiße Luft – Ablehnung von SPD und PDS.

Ich lege am besten die alte Rede beiseite und hoffe, dass ich durch einige sachliche Anmerkungen vielleicht den einen oder anderen Regionalpolitiker und den einen oder anderen Realisten doch noch zum spontanen Nachdenken anregen kann.

(Beifall Torsten Renz, CDU)

Meine Damen und Herren, Drucksache 1/3014, Antrag der Fraktionen der CDU und F.D.P.: Förderung des ITERProjektes. Um sich daran zu erinnern, muss man schon seit der 1. Legislaturperiode Mitglied dieses Hohen Hauses sein. Es war jedenfalls lange vor meiner Schweriner Zeit, nämlich fast auf den Tag genau vor zehn Jahren, als sich der Landtag erstmals mit der energiepolitischen Zukunft, genauer gesagt, mit der Fusionstechnologie auseinander gesetzt hat. Meine Damen und Herren, der damalige Antrag forderte die Landesregierung dazu auf, sich bei der Bundesregierung mit Nachdruck dafür einzusetzen, die Bewerbung um das internationale Großforschungsprojekt ITER zu unterstützen und eine schnellstmögliche Entscheidung für den Standort Greifswald/Lubmin zu treffen. Zehn Jahre ist das nun her und wir beschäftigen uns heute erneut mit ein und demselben Thema.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Gab es dazwischen nicht sieben Jahre einen CDU-Ministerpräsidenten?)

Allerdings hat sich mittlerweile einiges verändert. Das MPI, also das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, ist unter anderem dank des damaligen Bundesforschungsministers Dr. Paul Krüger mit einem Teilinstitut der Mutter in Garching, in Bayern, nach Greifswald geholt worden. In der Hansestadt werden mit dem Fusionsprojekt „Wendelstein 7-X“ Maßstäbe in der Grundlagenforschung gesetzt. Dieses Projekt ist als ein direkter Vorläufer des internationalen Großprojektes ITER zu sehen.

Wenn man sich nun die Presse der letzten Wochen und Tage anschaut, dann wird deutlich, dass der Wettbewerb um einen etwaigen Standort sehr zugenommen hat. Seit 1985 wird das Projekt in einer so beispielhaft internationalen Kooperation gefördert, dass sogar die zeitweiligen Skeptiker USA und China mit großem Engagement wieder in den Forschungsverbund zurückkehrten, und zwar unter erheblicher finanzieller Selbstbeteiligung von jeweils zehn Prozent. Das macht also jeweils 500 Millionen Dollar aus. Das ist doch wohl ein sehr deutliches Signal, ein Signal dafür, dass die großtechnische Energiegewinnung in Fusionskraftwerken als eine realistische, sichere und aus heutiger Sicht schier unerschöpfliche Option anzusehen ist, die Energieprobleme in einem abschätzbaren Zeitfenster bis Mitte des jetzigen Jahrhunderts zu lösen.

Vorstellungen, meine Damen und Herren, die mich nicht nur als Mathematik-, Physik- und Astronomielehrer faszinierten: Ein einziger Kubikkilometer Wasser – und davon haben wir bekanntlich ein paar wenige in den Ozeanen – würde ausreichen, um durch einfachste Fusion von Deuterium zu Tritium so viel Energie zu gewinnen, wie sie derzeit in sämtlichen bekannten Ölvorräten der Welt gespeichert ist, und das bei fast 100 Prozent Effizienz gegenüber knapp 15 Prozent bei der Windkraft. Auch Photovoltaik, Geothermik, Gezeitenkraftwerke oder sonstige alternative Energiequellen wie nachwachsende Rohstoffe oder Ähnliches lösen das Versorgungsproblem der Zukunft nicht wirklich, als Einspeisung vielleicht, aber als Grundversorgung nie.

Meine Damen und Herren, noch einmal zu einigen Fakten, die unserem Land und bei 5 Milliarden Euro Investitionen international ganz ausdrücklich nicht nur für Vorpommern eine einzigartige Chance auf Zukunftsfähigkeit und Arbeit für zig Jahre eröffnen.

Durch die Vorlesungen des späteren Nobelpreisträgers Johannes Stark an der Universität Greifswald zur Gasentladungsphysik ist Vorpommern bereits 1907 quasi zur Heimat der Plasmatheorie geworden. Mit dem Rückbau des ehemaligen Kernkraftwerkstandortes Lubmin auf dem Betriebsgelände der Energiewerke Nord, EWN, und den zwei geplanten, weltmodernsten Gas- und Dampfturbinenkraftwerken ist ein Paradebeispiel für gelungenen Strukturwandel vorzeigbar. Hochqualifiziertes wissenschaftliches und technisches Personal ist vor Ort und es wird dann eventuell auch weiter zuziehen in unser Land.

Wie Professor Wagner vom Institut für Plasmaphysik, Professor Schempp als Rektor der Fachhochschule in Stralsund und Professor Meyer-Fujara als Prorektor bestätigten, würden sich auf der Grundlage bestehender Kooperationen weitreichende Perspektiven für junge Doktoranten, für Diplomingenieure der Elektrotechnik, aber auch für Konstrukteure, Handwerker bis in die Nebenge

werke hinein eröffnen – ein Wahnsinnsschub für den Arbeitsmarkt in Vorpommern, in Mecklenburg-Vorpommern, für unser Land insgesamt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, ich bin mir absolut sicher, dass alle erdenkliche Unterstützung aus der kommunalen Politik, aus den Verwaltungen und von den Bürgern zu erwarten ist. ITER wäre ein Leuchtturm für das gemeinsame Oberzentrum Greifswald/Stralsund und die nordöstlichen Landkreise mit Kegelmindestreichweite von 3 0 0 Meilen und mehr. Aber nicht dort, sondern hier bei uns ist Handeln gefordert.