bevorstehende Osterweiterung um zehn neue Mitgliedsstaaten mit sehr unterschiedlichen, natürlichen und ökonomischen Produktionsbedingungen ist eine der bisher größten Herausforderungen an die Europäische Agrarpolitik. Sie ist aber auch eine Chance für die wirtschaftliche Entwicklung in einer erweiterten Europäischen Union.
Die Wirkung und die politischen Folgen aller jetzt noch auf dem Prüfstand stehenden Maßnahmen im Agrarbereich sind noch nicht abzusehen. Die neuen osteuropäischen Länder machen berechtigte Forderungen auf. Diese müssen von den europäischen Zahlmeistern mit Augenmaß und dem Blick in die Zukunft finanziert werden. Die Bundesrepublik Deutschland steht dabei als Nettozahler an vorderster Front.
Meine Damen und Herren, die agrarpolitischen Maßnahmen der Gemeinschaft sind bekanntlich nichts Statisches. Sie wurden im Laufe von Jahrzehnten immer wieder den sich ändernden Rahmenbedingungen auf dem Agrarsektor angepasst und verändert. Mit der Agenda 2000 hat sich die Europäische Kommission der gemeinsamen Agrarpolitik eine neue Richtung in einem mehrjährigen Rahmen bis 2006 gegeben. Die sich bereits jetzt abzeichnenden Ergebnisse der Beschlüsse der Agenda 2000 sind höhere Finanzstabilität in der Europäischen Union und eine Verringerung von Überschüssen auf den Agrarmärkten.
Der Preis, den der europäische Steuerzahler dafür aufbringen muss, ist hoch. Ein Drittel der Einkünfte in Europa für unsere Bauern stammt heute aus den so genannten Subventionen. Das ist gegenüber allen, die mit der Landwirtschaft und mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte nur als Verbraucher zu tun haben, immer schwerer zu begründen.
Die Halbzeitbewertung der Agenda 2000 stellt eine Zäsur dar, die in eine neue Reform mündet. Diese neue Richtung bedeutet, dass die europäischen Finanzmittel nicht im bisherigen Umfang an die Produktionssteigerung, sondern an die Entwicklung der ländlichen Räume angepasst werden soll. Die europäischen Landwirte müssen sich jedoch darauf verlassen können, dass geschlossene Verträge auch eingehalten werden. Landwirte müssen langfristig in Generationen planen. Produktion unter freiem Himmel und mit lebenden Organismen ist an Zeitläufe gebunden und lässt sich nicht wie in der Industrie in ein oder zwei Jahren umstellen.
Die von vielen Kritikern heraufbeschworenen Einschnitte durch die Agenda-Beschlüsse im Bereich der Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft sind jedoch nicht, wie befürchtet, so eingetreten. Die befürchtete Degressionsregelung bei den Flächenausgleichszahlungen ist erfreulicherweise ausgeblieben, ebenso die 90-Tier-Obergrenze. Die 300.000-Euro-Kappungsgrenze der Beihilfe konnte ebenfalls abgewendet werden.
Die Landesregierung hat auf den Ebenen, auf denen sie ein Mitspracherecht hat, erheblich dazu beigetragen, dass es durch die Agenda-Beschlüsse bisher zu den in hohem Maße befürchteten negativen Einkommensentwicklungen für unsere landwirtschaftlichen Unternehmen nicht gekommen ist. Dennoch haben sich die Gewitterwolken über unseren Landwirtschaftsbetrieben noch nicht verzogen.
hang mit der Ausstattung und der Ausgestaltung der einzelnen Reformelemente offen. Diese betreffen im Wesentlichen die Entkoppelung der Direktzahlung, die Gestaltung der Modulation, Regelungen zum Umgang mit der Flächenstilllegung und zu Fragen der Milchmarktordnung. Dazu haben wir in unserem Antrag wesentliche Punkte zusammengetragen.
Die Landwirte und alle, die von der Landbewirtschaftung und der Ernährungswirtschaft Einkommen erarbeiten müssen, erwarten von der europäischen Agrarpolitik berechtigte Lösungsansätze. Diese grundsätzlichen Forderungen erfüllen die jetzt auf dem Tisch liegenden Legislativvorschläge zur Halbzeitbewertung nur bedingt. Durchaus richtig ist der Ansatz, dass die Landwirte in Zukunft für Leistungen, die sie für das Gemeinwohl, das heißt für die Gestaltung und nachhaltige Pflege der Kulturlandschaft erbringen und damit auch für Beschäftigung im ländlichen Raum sorgen, honoriert werden müssen. Diese von der SPD immer wieder bereits gestellte Forderung beginnt nun endlich Gestalt anzunehmen.
Mit der Entkoppelung der Tier- und Flächenprämien von der Produktion wird eine Alternative zum bestehenden System angeboten. Die Europäische Kommission hat nun ein Berechnungsmodell für eine so genannte Betriebsprämie vorgeschlagen. So weit, so gut. Es würde allerdings, wenn es dabei bliebe, dazu führen, dass diejenigen, welche aufgrund ihrer Marktfruchtproduktion auf günstigen Standorten wirtschaften, auf Dauer ein hohes Prämienvolumen erhalten. Auf schwächeren Standorten wären Unternehmen dagegen dauerhaft benachteiligt. Nach jetzigen Vorstellungen der Europäischen Union sollten die von der Produktion abgekoppelten Prämienrechte sogar handelbar sein. Das kann auf keinen Fall der richtige Weg sein! Wir sind nach wie vor für eine flächendeckende Landbewirtschaftung, aber wir müssen auch erkennen, dass unter den wachsenden Zwängen des Marktes eine flächendeckende Lebensmittelproduktion nicht mehr zu leisten ist. Es müssen andere Alternativen gefunden werden wie zum Beispiel für die Energieproduktion auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Jeder Hektar sollte der Gesellschaft gleich viel wert sein. Die unternehmerische Entscheidung, was unter den Bedingungen des Marktes auf den Flächen passiert, sollte nicht vom Subventionstopf abhängen. Hier gibt es also noch Verhandlungsbedarf.
Das Gleiche gilt auch für die Vorstellung zur Modulation. Die geplante Umschichtung von Direktzahlungen für Maßnahmen der Agrarumwelt und des ländlichen Raumes ist grundsätzlich zu begrüßen. Wir sind aber auch dafür, dass die durch die Modulation freigesetzten Mittel in den Regionen verbleiben, wo sie aufgrund der Betriebsstrukturen den Direktzahlungen entzogen werden. Die Landwirte müssen die Chance haben, daraus Einkommen zu realisieren. Nach dem jetzigen degressiven Modulationsmodell ist zu befürchten, dass Deutschland zwar am meisten in die europäische Kasse einzahlt, aber aufgrund seiner Strukturen, besonders in den fünf neuen Ländern, erheblich weniger an die Landwirte in Form der Prämie mit den angedachten Kürzungen zurückfließen würde. Überlegenswert ist daher der Gedanke eines linearen Modulationsmodells mit einheitlichen Kürzungssätzen für alle Betriebsstrukturen und Betriebsgrößen.
Meine Damen und Herren, die politischen Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland müssen nach intensiver Diskussion gebündelt werden, um die deutsche Position in
der Europäischen Union zu stärken. Dieses Ziel verfolgt auch unser Antrag. Bei allem Für und Wider müssen die Forderungen lauten: mehr Marktorientierung, verstärkter Wettbewerb, mehr Lebensmittelsicherheit und -qualität, stabiles Einkommen für die landwirtschaftlichen Unternehmen unter Berücksichtigung von ganz bestimmten Umweltbelangen. Die Diskussion um den besten Weg ist in vollem Gange. Ich rufe Sie auf, besonders die Abgeordneten der Opposition, die nur sehr rar vertreten sind, unserem Antrag zuzustimmen.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor etwa gut einer Woche feierten einige das 50-jährige Ableben von Jossif Stalin.
Sein Markenzeichen war der Personenkult. Das mag – und das unterstelle ich ausdrücklich nicht den Unterzeichnern Ihres Antrages – aber den Verfassern wohl beim Schreiben dieses Antrages durch den Kopf gegangen sein.
Anders kann ich mir Ihren voluminösen und gleichermaßen kuriosen Antrag nicht erklären. Die Art der Antragstellung ist einfach peinlich.
Sicher, es ist üblich, dass die Legislative, also das Parlament, der Exekutive, der Landesregierung, so sie den Eindruck der Untätigkeit hat, mal kräftig auf den Schlips tritt. Aber das ist bei diesem hochbrisanten Thema nun völlig unnötig. Die Landesregierung in Person ihres umtriebigen Ministers handelt
und – das muss man neidvoll anerkennen – ist bislang nur wenige Antworten schuldig geblieben. Vielleicht darf ich Ihnen ins Gedächtnis rufen seine Rede vor dem Bundestag, seinen Brief an den Kanzler, sein Auftreten am 2 8. Februar vor den Bauern dieses Landes und last, but not least, hat der Herr Minister unaufgefordert ein Positionspapier (Ausschussdrucksache 4/10) dem Ausschuss zugeleitet, was dieser auch in seiner 5. Sitzung unter Tagesordnungspunkt 3 behandelt hat. Dies bot ausreichend Gelegenheit, Fragen zu stellen und zu diskutieren.
Verehrte Damen und Herren, mir geht es hier nicht unbedingt um den Inhalt dieses Antrages. Der steht nicht in Frage.
Ich kann mich irren, aber ich werde den Gedanken nicht los, dass bei der Landesmeisterschaft in Analakrobatik einige ihren Tabellenplatz beklagen.
(Heiterkeit bei Gesine Skrzepski, CDU – Minister Dr. Wolfgang Methling: Na, na, na, das war ja fäkalisch!)
Zur Tabellenspitze, meine Damen und Herren, gehört aber ausdrücklich Bemühung. Ich weiß nicht, ich vermute es mal nicht, dass Sie sich das Positionspapier der Europäischen Kommission, in Übersetzung versteht sich und ein bisschen kompliziert, mal vorgenommen haben. Falls das zu unverständlich ist, gibt es ja hilfsweise das allseits anerkannte Papier des Professors Isemeier und es hätte dann des Dolmetschers Backhaus nicht bedurft. Es zeugt schon von erlesener Dürftigkeit, wenn im Beschlussentwurf und noch deutlicher in der Begründung unzweifelhaft – und das nunmehr zum wiederholten Mal – vom Ministerpapier abgeschrieben wurde. Verehrte Damen und Herren, Sie begackern Eier, die andere gelegt haben.
Wenn Sie, wie das heute allgemein üblich ist in Regierungsfraktionen, Ihrem Minister den Rücken stärken wollen, dann hätten Sie zwei entscheidende Punkte, bei denen sich der Minister nicht durchsetzen konnte, auf die Tagesordnung gesetzt, statt ihn mit seinen eigenen Worten hier zum Handeln aufzufordern:
erstens den wettbewerbsverzerrenden deutschen Alleingang bei der Modulation, was unsere Bauern vier Jahre früher gegenüber ihren Kollegen in den übrigen Mitgliedsstaaten jährlich 7,5 Millionen kostet,
und zweitens die Durchsetzung – ich verkürze jetzt ein bisschen, es ist ein kompliziertes Thema – einer Regionalprämie pro Hektar LN statt betriebsbezogener Referenzprämie, die infolge Wertverlust über Sein oder Nichtsein von mindestens zwei Ministern dieser Landesregierung entscheiden könnte.
Der Minister sagt in seinem Positionspapier zum Midtermreview, ich zitiere: „In M-V werden dieselben Ziele verfolgt, die auch die KOM zum Ausdruck gebracht hat“, und bringt dann zum Ausdruck zahlreiche Mängel, Korrekturen und Vorschläge. Damit kann man sich durchaus identifizieren, Ausnahmen ausgenommen, sonst wäre ja auch eine Seite übrig.
Aber genug des Lobes auch für den Minister, er hat ja heute Geburtstag und herzliche Gratulation auch noch mal von diesem Podium zu einer Schnapszahl, wenn ich das richtig weiß.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Martina Bunge, PDS: Da kann er ja einen ausgeben.)
Der Antrag, verehrte Regierungsfraktionäre, ist deplaziert und Schlichtheit im Geiste. Man muss in diesem Hohen Hause die Landesregierung nicht auffordern zu Dingen, die sie ohnehin tut. Das haben Sie uns gerade mit dem vorhergehenden Antrag übrigens beweisen wollen.
Zu diesem Thema gibt es tatsächlich einen Minister, der seinem Amtseid entsprechend handelt und glaubwürdig versprochen hat, dies auch weiter zu tun. Wir werden dies kontrollieren und wir werden uns berichten lassen. Es gibt zum Thema Landwirtschaft weiß Gott Wichtigeres. Wir lehnen diesen Antrag ab. Er ist unnötig. Das Handeln der Landesregierung entspricht dem Stand der Verhandlungen und ist allen Mitgliedern des Landtages zugänglich.