Die Bundesgesundheitsministerin verlangt im Interesse der Patienten jetzt zu Recht von den Ärzten eine Verbesserung der Qualitätssicherung einschließlich der hierfür erforderlichen Nachweise. Der Aufschrei des Entsetzens, den wir von Herrn Professor Hoppe vernommen haben, sollte uns dabei nicht schrecken. Ein nichtstaatliches, unabhängiges Zentrum für Qualität in der Medizin einzurichten halte ich für sehr vernünftig.
Viel zu sehr war die Selbstverwaltung in der Vergangenheit gelähmt durch die sie beherrschenden Eigeninteressen.
Wir hier in Mecklenburg-Vorpommern haben durch unsere Universitäten gute Voraussetzungen für ein solches Qualitätszentrum. Ich habe mich deshalb zusammen mit Herrn Minister Professor Metelmann und der Universität Greifswald in den letzten Tagen an die Bundesgesundheitsministerin mit dem Vorschlag gewandt, dieses Zentrum in unserem Bundesland zu installieren.
Aus meiner Sicht wäre das ein gutes Signal für Mecklenburg-Vorpommern, aber auch für die gesamten neuen Länder, zumal in Greifswald mit dem Forschungsschwerpunkt Community Medicine umfangreiche Erfahrungen vorliegen.
Ärztliche Weiterbildung sollte in Zukunft überprüfbar und transparent gemacht werden. Die Kenntnisse in der Medizin schreiten so schnell fort, dass mit der Ausübung des Arztberufes eine Fortbildungspflicht einhergehen muss. Das ist einfach an dieser Stelle zu betonen.
Wesentlicher Bestandteil einer Gesundheitsreform muss darüber hinaus für die neuen Länder aber eine möglichst rasche Ost-West-Anpassung der ärztlichen Honorare sein. Wir haben keinen Notstand bei der ärztlichen Versorgung. Dramatisch ist jedoch die absehbare Entwicklung in den nächsten Jahren. Mehr als ein Drittel der niedergelassenen Hausärzte wird in den nächsten fünf Jahren die Altersgrenze erreichen. Bei den Fachärzten sieht es ähnlich aus. Natürlich vollzieht sich diese Entwicklung in den städtischen Gebieten und auf dem Lande mit unterschiedlicher Intensität. Gerade im ländlichen Bereich mit der dort oft noch ungünstigeren Altersstruktur der Bevölkerung ist jedoch in den nächsten Jahren mit erheblichen Schwierigkeiten zu rechnen. Wir brauchen deshalb ein Signal, bis zu welchem Zeitpunkt die OstWest-Angleichung bei den Honoraren vollzogen ist. Wir brauchen bis zum Jahr 2007 die vollständige Angleichung zwischen Ost-West!
Die Gesundheitsreform muss sich auch den eklatanten Problemen bei der Arbeitszeit von Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern stellen. Die so genannte Budgetdeckelungspolitik hat in den Krankenhäusern bundesweit zu einer fast schon schamlosen Ausnutzung insbesondere jüngerer Ärzte und Ärztinnen geführt. Die Probleme haben sich bei uns besonders verschärft, denn in den alten Ländern stimmen doch zumindest noch die Tarifgehälter. Unsere Häuser haben da schon Mühe, noch Schritt zu halten.
Die Nullrunde im Jahr 2003 stellt für das Gesundheitswesen der neuen Länder eine besondere Verzichtrunde dar. Sie kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Politik von den Beschäftigten in den Krankenhäusern die Einführung eines neuen Entgeltsystems verlangt. Die Einführung der Fallpauschalen steht damit unter keinem guten Stern.
Wir müssen jetzt deshalb das Problem der Arbeitszeit lösen, wenn wir nicht fahrlässig mit der Vorsorgung unserer Menschen in den Krankenhäusern umgehen wollen. Wir brauchen menschenwürdige Arbeitsbedingungen, auch für Ärztinnen, Ärzte, Pfleger und Schwestern.
Nach dem jüngsten Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zu dem Thema Bereitschaftsdienst in Krankenhäusern
wird die Bundesregierung nicht um eine kurzfristige Novellierung des Arbeitszeitgesetzes herumkommen. Bereitschaftsdienst, Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit. Dem muss endlich Rechnung getragen werden, auch durch das deutsche Arbeitsrecht. Das alles muss aber für die Krankenhäuser auch bezahlbar bleiben.
Verbesserungen bei der Arbeitszeit sollten mit finanziellen Anreizen verbunden werden. Diesen Weg ist die Bundesregierung für das Jahr 2002 gegangen. Hier konnte immerhin ein Aufschlag von 0,2 Prozent auf das Gesamtbudget für solche Verbesserungen mit den Kassen verhandelt werden. Eine Reihe von Häusern, auch in Mecklenburg-Vorpommern, haben davon Gebrauch gemacht. Diesen Weg eines gezielten finanziellen Anreizes sollte die Bundesregierung jetzt auch weitergehen. Gesundheitsförderung und Prävention müssen auch in unserem Land einen völlig neuen Stellenwert erhalten und dürfen nicht einseitig auf medizinische Maßnahmen und das Zurückdrängen individuellen Fehlverhaltens reduziert werden. Prävention und Gesundheitsförderung bleiben im Kern eine staatliche Aufgabe. Neue Ansätze und Wege sind gefragt und sollten auch mit Steuermitteln gefördert werden.
Die Einrichtung einer Bundesstiftung Prävention und Gesundheitsförderung wäre aus meiner Sicht ein richtiger Weg, denn nur wenn hier Geld in die Hand genommen wird, sind auch zählbare Erfolge zu erzielen. Ich sehe hier allerdings auch für meine Tätigkeit in Mecklenburg-Vorpommern einen besonderen Schwerpunkt, den ich im Übrigen mit den anderen Tätigkeitsfeldern meines Ministeriums, wie Kinder-, Jugend- Familien-, aber auch Sportund Seniorenpolitik, stärker verzahnen werde.
(Rainer Prachtl, CDU: Frau Ministerin, wir haben eine Aktuelle Stunde und keine Vorlesestunde. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)
Ansatzpunkte für eine Zusammenführung dieser unterschiedlichen Politikgebiete sind durchaus reichlich vorhanden. Mit der Gesundheitsberichterstattung haben wir eine wertvolle Grundlage, um hier auf dieser Basis dann die Probleme zu diskutieren. Ich möchte noch erwähnen, dass wir im Rahmen dessen an der Erarbeitung von Gesundheitszielen arbeiten.
Die Gesundheitsziele sind ein wertvolles Steuerungsmittel für eine effektive Gesundheits- und Sozialpolitik.
Lassen Sie mich noch auf die Gestaltung der Ausgabenpolitik, die ja auch von Ihnen angesprochen wurde, hier eingehen.
Die Einnahmeseite – das hat die Fraktionsvorsitzende der PDS sehr ausführlich dargelegt – ist durch die GKVBeitragssätze stabil zu halten. Wenn wir die Versicherung, so, wie es hier angesprochen wurde, für alle öffnen, für
alle diejenigen, die ein eigenes Einkommen haben, ist es möglich, die gesetzliche Krankenversicherung auch in der Perspektive als eine solidarisch unparitätisch finanzierte Versicherung für die gesamte Bevölkerung zu erhalten.
Wir haben gegenwärtig eine Situation, dass bei der gesetzlichen Krankenversicherung eine gewisse Fluktuation zu verzeichnen ist, das heißt, wir haben Wanderungsverluste von knapp 740 Personen. Das sind etwas mehr als ein Prozent. Man könnte also einwenden, diese Wanderungen sind unproblematisch, weil sie eben etwa nur ein Prozent betragen. Da es aber im Wesentlichen junge Gutverdienende sind, die geringen Behandlungsbedarf haben,
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass der Paragraph 66 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung doch Beachtung finden sollte.
Die gesetzliche Krankenversicherung sollte in der Perspektive geöffnet werden für alle Bürgerinnen und Bürger mit einem eigenen Einkommen. Sie sollte den Grundsatz der solidarischen und paritätischen Finanzierung auch künftig weiter beibehalten. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema ist: Gesundheitspolitik in Mecklenburg-Vorpommern – „Solidarität rechnet sich“. Bei dem Thema stellt man natürlich gleich folgende Fragen: Für wen rechnet sich die Geschichte? Wie rechnet sich die Geschichte? Und in welcher Höhe rechnet sich die Geschichte? Und, meine Damen und Herren von der PDS, diese Antworten sind Sie im Großen und Ganzen schuldig geblieben.
Ich will das mal an einem ganz profanen Beispiel deutlich machen. Also wenn Sie sich hier mal bei den Betrieben umhören, sowohl bei den Arbeitgebern als auch bei den Arbeitnehmern, dann werden Sie Folgendes feststellen. Sie sind unzufrieden, und zwar beide Seiten sind unzufrieden. Die Arbeitgeber sind unzufrieden,
weil jetzt durch die Beitragssteigerung ihre Kosten in die Höhe gedrückt werden, und die Arbeitnehmer sind genauso unzufrieden, weil sie für ihre Krankenversicherungsgeschichten mehr Geld auf den Tisch legen müssen. Also mir stehen Zahlen eines mittelständischen Unternehmens mit 65 Leuten zur Verfügung und da sind
das im Monat auf der Arbeitgeberseite Kostensteigerungen von 500 bis 600 Euro, ohne dass sich die Erlöse erhöht haben,
Und ich habe mit dem Kollegen Koplin einen Termin gemacht, zu dem wir mal bei einer großen Krankenkasse waren. Er hat gesagt, also Leute, wegen dieser Beitragsgeschichten ist die Wechselstimmung bei den Menschen unheimlich groß. Er machte zum Beispiel darauf aufmerksam, dass kurz nach Jahresanfang durch so eine entsprechende Internetseite, wo Vergleiche zwischen Krankenkassen dargelegt worden sind, innerhalb kürzester Zeit 500.000 Besucher auf dieser Homepage waren. Das heißt im Grunde, auch da ist das mit dem Rechnen so eine Sache.