Und wir diskutieren nicht nur monatlich, sondern fast in jeder Kabinettssitzung über die Situation und auch über Maßnahmen, um aus dieser Situation herauszukommen.
Wenn man aber darüber spricht, was für Kräfte eine Landesregierung hat, dann muss man sich aber auch darüber informieren, wie es in der Welt und in Deutschland ganz konkret aussieht, um von der Einschätzung wegzukommen, dass die Situation tatsächlich hausgemacht sei.
Fakt ist eins: Die Bundesanstalt für Arbeit verzichtet 2003 auf den Bundeszuschuss. In Nürnberg sitzen Unternehmerverbände, Gewerkschaften und die öffentliche Hand mit am Tisch und entscheiden über diesen Bundeshaushalt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist dabei nicht vertreten. Dieser faktische Verzicht auf aktive Arbeitsmarktpolitik führt dazu, dass uns weniger Geld zur Verfügung steht. Hinzu kommt noch, dass der Verteilungsschlüssel zwischen Ost und West so verändert wurde, dass die ostdeutschen Länder benachteiligt wurden. Insgesamt fehlen uns für die aktive Arbeitsmarktpolitik 124 Millionen Euro in diesem Jahr im Vergleich zu 2002. Das ist mehr, als das gesamte Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm finanziell zur Verfügung hat.
Hinzu kommt, dass aus dem Topf für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht nur Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, sondern auch Strukturanpassungsmaßnahmen und außerdem noch die Maßnahmen für die Personal-ServiceAgentur zu finanzieren sind, also mit weniger Geld mehr Maßnahmen finanzieren, was natürlich Folgen haben muss auf die Anzahl der beschäftigungspolitisch erlassenen Maßnahmen am Arbeitsmarkt. Das heißt, im Ergebnis dieser Umsteuerung haben wir es mit den negativen Folgen zu tun, über die hier schon gesprochen wurde.
Wie sieht es konkret aus? Bei den Qualifizierungsmaßnahmen im Vergleich zum Vorjahr minus 27,3 Prozent, Platz 1 aller deutschen Länder. In Sachsen fiel der Rückgang mit 7,5 Prozent wesentlich moderater aus. Bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist ein Rückgang um 35,1 Prozent zu verzeichnen, auch hier Platz 1.
Sachsen hat einen Rückgang von 9,8 Prozent. Bei den Strukturanpassungsmaßnahmen gibt es einen Rückgang um 22,3 Prozent. Auch hier haben wir eine vordere Position. Leider ist es so, dass die Langzeitarbeitslosigk e i t zunimmt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind es 2 0 , 2 Prozent mehr. 67.740 Personen in Langzeitarbeitslosigkeit sind bedenklich genug.
Jetzt kommen wir zu einer Debatte, die wir hier schon geführt haben, die ich in der Arbeitsministerkonferenz und auch im Bundesrat geführt habe. Das Job-AQTIV-Gesetz sieht eine dreijährige Wartefrist vor. Damit wird Langzeitarbeitslosigkeit provoziert und herausgefordert. Und wenn ich jetzt höre, dass der Bezug von Arbeitslosengeld auf
eine Zeit von 12 bis 18 Monaten begrenzt werden soll, dann möchte ich hier in diesem Raum die Frage stellen, wie denn das soziale Gefüge in der Bundesrepublik und ganz konkret auch in Mecklenburg-Vorpommern zukünftig aussehen soll. Deswegen ist es umso mehr notwendig, …
Ich habe schon Signale von Herrn Schlotmann gehört, dass die Fraktionsvorsitzenden der SPD sehr wohl gesagt haben, dass hier eine Korrektur notwendig ist. Ich erwarte also hier ganz konkrete Maßnahmen,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Der Bundesrat hat dazu einen Beschluss gefasst! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)
(Harry Glawe, CDU: Dazu haben wir einen Beschluss gefasst! – Dr. Ulrich Born, CDU: Sie sind aufgefordert worden zum Handeln!)
Ja, Herr Glawe, begleiten Sie mich, kommen Sie mit, dann werden Sie erleben, wie wir auf Bundesebene über diese Fragen diskutieren!
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Herr Minister, Sie sind doch Mitglied der Landesregierung. Das können Sie doch auch im Kabinett behandeln!)
Das Jugendsofortprogramm – Frau Strenz und die anderen Kolleginnen und Kollegen haben die Jugendarbeitslosigkeit angesprochen – wurde im Vergleich zum vergangenen Jahr derart gekürzt, dass jetzt nur noch 59,1 Prozent der Teilnehmer, die im vergangenen Jahr in diesen Maßnahmen waren, hier tätig sind. Wir haben gegengesteuert.
Und nun möchte ich Sie wirklich mal fragen, Frau Strenz, auch wenn Sie in der vergangenen Legislaturperiode nicht dabei waren: Was wäre denn gewesen, wenn wir als Landesregierung, wenn ich als Arbeitsminister mit dem Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm nicht rechtzeitig auf die zu erkennende Situation reagiert hätte? Dieses Programm – Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm – steht in Mecklenburg-Vorpommern nach meiner und sicherlich auch nach Ihrer Kenntnis nicht unter Kritik,
sondern erfährt eine breite Unterstützung in den vielen Maßnahmen, die Kollegin Lück hier dokumentiert hat. Das betrifft auch die Maßnahmen des Programmes „Jugend, Arbeit, Zukunft“.
Sicherlich sind das Maßnahmen, die nicht das kompensieren können, was auf Bundesebene zusammengestrichen wurde. Wenn aber über Jugendbetriebe 30 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen wurden, wenn über das Programm DUO 70 Prozent der Teilnehmer tatsächlich vermittelt wurden, werden wir nach der Jugendbauhütte in Wismar jetzt unter der Leitung des Oberbürgermeisters Herrn Lastovka in Stralsund die nächste Jugendbauhütte aufbauen lassen.
(Harry Glawe, CDU: Das reicht doch punktuell nicht aus, um Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen!)
Wenn über das Programm „Enterprise“ 13 Jungunternehmer unterstützt werden und damit Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn über dieses Programm 4. 5 0 0 Schülerinnen und Schüler an dem Programm Berufsfrühorientierung teilgenommen haben, dann sind das Zahlen, die für diesen Teil „Jugend, Arbeit, Zukunft“ tatsächlichen stehen. Und nicht sie alleine stehen dafür. Da gibt es noch viel, viel mehr.
Nun hat niemand dazu aufgerufen, aber ich will etwas dazu sagen: Auch die Kontaktagentur „mv4you“ steht für sich und ich halte es nach wie vor für richtig. Es gibt da eine kontroverse Debatte, aber es gibt viel Unterstützung dafür, um mit denen, die heute aus bekannten Gründen gehen, Kontakt zu halten und sie zu motivieren, auch wieder nach Mecklenburg-Vorpommern zurückzukommen. Es ist uns gelungen, über diese Agentur Fachkräfte nach Mecklenburg-Vorpommern zurückzuholen
(Harry Glawe, CDU: Sehen Sie das mal im Verhältnis zwischen Abwanderern und Rückkehrern, Herr Minister!)
Wir sind der Auffassung, dass es darum geht, Strukturen zu verändern. Das ist wahr. Und deswegen brauchen wir keine Schuldzuweisungen, sondern wir brauchen eine strategische Allianz aller Akteure, um aus dieser Situation herauszukommen.
Wir haben sehr wohl darüber gesprochen, wie es in einzelnen Regionen Europas aussieht, und haben untersucht, wie einzelne Regionen aus schwierigen und Krisensituationen herausgekommen sind. Ein Rezept heißt: Es bildeten sich regionale strategische Allianzen,
die die Einzelinteressen ihrer Verbände und Parteien hintangestellt haben, das Problem bestimmt haben