Laut geltender Pflanzenschutzanwendungsverordnung besteht in Deutschland alt seit 1988 ein vollständiges Anwendungsverbot, in Deutschland neu seit 1990, wobei Restbestände bis 1994 aufgebraucht werden konnten. Nitrofenhaltige Herbizide sind in besagter Malchiner Halle, übrigens in meinem Wahlkreis, gelagert worden, haben vielleicht durch beschädigte Verhältnisse den Fußboden durchtränkt und konnten so anscheinend mit BetonGetreide-Staub beim Umschlag größerer Chargen Getreide kontaminieren, die dann im Rahmen der Handelsbeziehungen weiterverbreitet wurden. Der ökologisch wirtschaftende Landwirt wie der konventionelle haben die Futtermittel eingesetzt, ohne ahnen zu können, was diese außer auf den Beipackzetteln angegebenen Inhaltsstoffe noch enthalten. Die Bauern sind also die Opfer.
Ich wollte Sie mit diesen allseits bekannten Vorgängen nicht langweilen. Aber sind es nicht diese alltäglichen Abläufe, die Risiken in sich bergen? Vor einem Jahr hatten wir den BSE-Skandal, der die Agrarwende und das Wort von der „gläsernen Produktion“ hervorbrachte. Eine grüne Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist es, die in der ökologischen Landwirtschaft den Heilsbringer schlechthin sieht, die Herkunftsnachweise vom Stall bis zur Ladentheke, vom Feld bis zum Müsliriegel verspricht. Also eine gläserne Produktion, in der nichts, aber auch gar nichts verborgen bleibt, vielleicht letztendlich noch ein „gläserner Bauer“, der sein Innerstes nach außen kehren muss, und das zu jeder Zeit.
Nicht dass ich missverstanden werde: Herkunftsnachweise, kontrollierte Produktion, zertifizierte Betriebe sind wichtige Bestandteile einer gesunde Nahrungsmittel herstellenden Land- und Ernährungswirtschaft. Nur – und dieses „nur“ wird medienträchtig immer vergessen – eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, die kann es
auch nicht geben. Die Schwachstelle Mensch, das menschliche Versagen ist nicht kalkulierbar. Kein Programm, keine Wende, kein Gesetz kann diesen Unsicherheitsfaktor ausschalten. Wenn den Verbrauchern vorgegaukelt wird, dass gläserne Produktion und Agrarwende einem Netz mit doppelten Boden gleichen, dann kann – wie jetzt geschehen – dieser umso schmerzlicher, weil unvorbereitet, schwanken, das Netz kann reißen, der Boden morsch werden, auch trotz Grünstempel „ÖkoPrüfstelle“. Das sollte man der Ehrlichkeit halber dem Verbraucher auch sagen.
Lassen Sie mich, Frau Gramkow hat mich dazu angeregt, sonst wäre ich vielleicht jetzt fertig, aber lassen Sie mich noch kurz etwas zum Verbraucherinformationsgesetz sagen.
Frau Künast hat vollmundig behauptet, die Ablehnung des Verbraucherinformationsgesetzes im Bundesrat durch die Union sei mit ursächlich für den Nitrofenskandal.
da am Beispiel Nitrofen eine wichtige Lücke in Bezug auf Informationspflichten geschlossen werden kann. Dies kann man auch einfacher haben, ist ja auch geschehen im Januar per Organisationserlass. Man hat hier nur die Untersuchungen nach privaten Aufträgen vergessen, sonst hätte es dieses Problem überhaupt nicht gegeben, und zwar nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz. Und man kann auch warnen bei Verdacht über das Produktionssicherheitsgesetz. Also Lücken in den Informationspflichten gibt es wohl, wie wir gesehen haben, aber mit Verlaub, genau diese zu schließen regelt das Verbraucherinformationsgesetz nicht.
Beim Nitrofenskandal geht es ja nicht darum, dass die Behörden die Bürger nicht informiert hätten, sondern darum, dass die Überwachungsbehörden über kritische Untersuchungsergebnisse bei Eigenkontrollen von den Herstellern nicht unterrichtet wurden.
Wir wollen, wir die CDU, eine bessere und umfassendere Information des Verbrauchers. Dies aber ist mit dem Künast-Gesetz nicht zu bekommen.
Ein Verbraucherinformationsgesetz, das seinem Namen gerecht wird, muss europäisch abgestimmt und so formuliert sein, dass Rechtsunsicherheiten auf diesem sensiblen Gebiet von vornherein ausgeschlossen sind.
Nur wenn die gewerblich mit der Herstellung und dem Verkauf von Lebensmitteln befassten Unternehmen festgestellte Risiken unverzüglich an die Behörden weiterleiten müssten, bekommt der Verbraucher die Sicherheit,
die er erwartet. Aber wenn da noch eine staatliche Behörde, nämlich die Bundesanstalt für Fleischforschung, kritische Untersuchungsergebnisse nicht an das Bundesministerium weiterleitet, obwohl diese rechtzeitig bekannt waren und ein rasches Handeln ermöglicht hätten, bleibt mir zum Abschluss nur festzustellen: Verbraucherinformationsgesetz – eine Mogelpackung, Verbraucherschutzministerium – Fehlanzeige, Agrarwende – dreht sich im Kreise. – Vielen Dank.
Lieber Kollege Brick, waren das schon Friedensangebote an den Minister? Ich nehme mal an, das war nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, spätestens das Thema Nitrofen sollte jedem, aber auch wirklich jedem deutlich gemacht haben, dass es richtig war und ist, dem Verbraucherschutz Vorrang auch bei den Neuorientierungen in der Agrarpolitik einzuräumen.
Und damit das nicht vergessen wird: Es ist die SPD an der Spitze im Bund und im Land, die das Interesse der Verbraucher hier vertritt.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Reinhard Dankert, SPD: Genau. – Zurufe von Martin Brick, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)
Meine Damen und Herren, ich will zu Beginn etwas zum Verhalten einiger Unternehmer der Futter- und Lebensmittelwirtschaft, aber auch einiger Verbände sagen. Die Tatsache, dass wir es mit einem Kartell des Verschweigens und Vertuschens zu tun hatten und vielleicht immer noch haben, diese Tatsache zeigt uns, dass für einige wenige der Gewinn immer noch über das Wohl der Menschen geht, und das zu Anfang des 21. Jahrhunderts, meine Damen und Herren, das ist erschütternd!
Deshalb fordern wir, deshalb fordert die SPD-Fraktion, dass alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, und zwar ohne Ausnahme. Die dazu notwendige Aufklärung durch die Behörden und Staatsanwälte geschieht mit allem Nachdruck und wir unterstützen dies.
Meine Damen und Herren, was wir nicht unterstützen, ist das unsinnige Gerede von Verbandsfunktionären – wie leider zum Beispiel Herrn Sonnleitner –, man verlange rückhaltlose Aufklärung, im Folgenden dann aber die Konsequenzen nicht wirklich mit ziehen und tragen will. Die teilweise klammheimliche Freude mancher Leute, jetzt ginge es diesen vermaledeiten Ökobauern an den Kragen, war fast unerträglich und leider hat diese Schadenfreude die konventionellen Produzenten dann auch wieder eingeholt.
Meine Damen und Herren, deshalb sei an dieser Stelle ausdrücklich gesagt, das entscheidende und entschiedene Handeln unseres Agrarministers und obersten Verbraucherschützers, Dr. Backhaus, verdient die uneinge
Der Verbraucher in diesem Lande konnte und kann volles Vertrauen in das Engagement von Till Backhaus setzen und ist nicht enttäuscht worden.
Wenn jetzt der Bauernpräsident dieses Landes, den wir als SPD-Fraktion sehr schätzen, öffentlich kritisiert, dass aus seiner Sicht so viele Betriebe vorsorglich gesperrt wurden, dann, meine Damen und Herren, ist das doch etwas kurzsichtig. Wir sagen als SPD-Fraktion, Dr. Backhaus hat genau richtig gehandelt.
Denn, meine Damen und Herren, jeder nicht gesperrte Betrieb, bei dem positive Proben gefunden worden wären, hätte erstens für weitere negative Schlagzeilen über Mecklenburg-Vorpommern gesorgt und zweitens wären Verbände unisono mit der Opposition über die Landesregierung hergefallen, ganz zu schweigen von unserer gemeinsamen Verantwortung für die Verbraucher.
Zum Abschluss, meine Damen und Herren: Wie ernst die Union es tatsächlich mit dem Verbraucherschutz nimmt, hat sie am 21.06.2002 im Bundesrat bewiesen. Aus lobbytaktischen Gründen hat sie sich dem neuen Verbraucherschutzgesetz verweigert. Ich sage Ihnen, das ist dumm, das ist töricht und, meine Damen und Herren, ein schwarzer Tag für den Verbraucherschutz und ein Offenbarungseid für die Union. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verbraucherschutz hat in Mecklenburg-Vorpommern allerhöchste Priorität.
Die Landwirte sind leider, leider einmal wieder zum Opfer geworden und nicht zum Täter. Auch dieses gehört zur ganzen Wahrheit dazu und deswegen will ich es auch noch mal deutlich unterstreichen.
Dioxin im Futter, Tiermehl im Futter, die Folge war BSE, oder jetzt Pflanzenschutzmittel im Futter – die Konsequenz war, dass die Landwirtschaft in Deutschland, in Europa oder zum Teil auf der Welt unter diesen Dingen leiden muss. Nitrofen ist der Stoff, aus dem in den letzten Wochen so mancher Albtraum entstanden ist, ein Stoff, dessen Existenz in Lebensmitteln Verbraucher wieder einmal verunsichert hat, und dieses ganz massiv, ein Stoff, der die Landwirtschaft wieder zum Opfer werden lässt – man kann es gar nicht oft genug sagen –, ein Stoff, der das Denken und Handeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums absolut bestimmt hat. Mit der Gefahrenabwehr und der Aufklärung im Zusammenhang mit Nitrofen waren insgesamt 150 Mitarbei
terinnen und Mitarbeiter, Einsatzkräfte mit Unterstützung der Polizei befasst, und das beinahe Tag für Tag, Nacht für Nacht und an den Wochenenden bis an die Belastungsgrenzen.