Protocol of the Session on May 29, 2002

Herr Prachtl, wissen Sie, was Sie machen? Sie beleidigen einen gestandenen Unternehmer aus MecklenburgVorpommern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Rainer Prachtl, CDU: Der Hunderte Arbeitsplätze vernichtet!)

Und wenn das Unternehmer hören, dann werden sich diese Unternehmer und andere Unternehmer fragen, warum soll ich denn in ein Land gehen, wenn aus dem Lager der CDU solche Worte kommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Rainer Prachtl, CDU: Solche Arbeitsplatzvernichter brauchen wir hier nicht.)

Nein, also wissen Sie, ich lasse auf Unternehmer – bei aller Kritik, die ich auch an dem einen oder anderen Unternehmer aufgrund seiner Geschäftspolitik habe –, aber Unternehmer wie Hegemann, die sich engagieren in diesem Land, …

(Rainer Prachtl, CDU: Die fast 1.000 Arbeitsplätze vernichtet haben.)

Ich weiß, was in der Baubranche vor sich gegangen ist, Herr Prachtl, und ich kenne auch die konkrete Situation in Neubrandenburg, das weiß ich alles, aber ich muss sagen, ich lasse auf Detlef Hegemann nichts kommen, weil er ein Mann ist, der sich für dieses Land stark gemacht hat, der einen Beitrag leistet, auch im Bereich der Innovation dieses Land voranzubringen.

(Rainer Prachtl, CDU: Welche Innovationen sind denn das?)

Und ich bin froh, dass ich mit solchen Leuten wie Professor Klinkmann, Detlef Hegemann

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

und anderen, auch Norbert Blüm – ja, ich kann Ihnen jetzt mehrere aufzählen –, tatsächlich diskutieren kann, damit wir auch Visionen entwickeln. Wir brauchen doch beides: Wir brauchen konkrete Taten, die dann ihre Ergebnisse zeigen, und wir brauchen Visionen.

(Harry Glawe, CDU: Taten sind ja keine zu sehen.)

Und bei Visionen, Herr Glawe, gut, da geht bei Ihnen das Licht aus, das ist mir vollkommen klar.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Harry Glawe, CDU: Sie sind kein Praktiker. Das sind Sie nicht.)

Ich möchte, dass wir auch im Jahre 2020 nach wie vor ein junges Land sind, so wie 2002. Und deswegen sind alle Bemühungen, die ich und die Landesregierung und die Koalition insgesamt entwickeln, darauf gerichtet, dieses Land voranzubringen, dass es jung bleibt,

(Harry Glawe, CDU: Das merkt nur niemand.)

dass es engagiert ist, dass es einlädt zum Mitmachen.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

Aber nicht mit solchen Äußerungen, wie sie eben hier getan wurden! – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was? Noch einmal?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wer die letzten fast zwei Stunden verfolgt hat, der muss sich fragen, wie wirklichkeitsnah ist das, wie nimmt der eine oder andere, der hier am Pult gestanden hat, eigentlich noch Realitäten auf.

(Zuruf von Irene Müller, PDS)

Und da ist, wenn es um Daten und Fakten geht, die zentrale Zahl für Mecklenburg-Vorpommern in der Entwicklung der Jahre 1998/99 bis heute die Anzahl der Beschäftigten, die sozialversicherungspflichtig sind.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Niemand, weder der Ministerpräsident, der Arbeitsminister noch einer aus den Regierungsfraktionen, hat sich nur anhand dieser Zahl wirklich mit den Problemen beschäftigt, die einen Rückgang – und, meine Damen und Herren, Dezember 1998, also Jahreswechsel, 604.176, Jahreswechsel 2001/2002 545.900, also ein Minus von 58.000 – deutlich machen. Das heißt: Was hat das für Auswirkungen auf die Solidarsysteme? Was hat das für Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens in Mecklenburg-Vorpommern?

(Harry Glawe, CDU: Auf die Kassen, AOK-Kassen.)

Oder hat jemand einmal anhand dieser Zahl überprüft, wie denn die Hineinrechnung der 630-DM-Beschäftigungsverhältnisse in diese Statistik wirkt, dass hier noch erheblich weniger Vollzeitbeschäftigte dabei sind, als es die Zahl von 545.900 überhaupt ausdrückt? Experten sagen, noch mal 25.000 wenigstens runter. Dann sind wir, meine Damen und Herren, bei 520.000.

Und ich nenne jetzt mal einen ganz zentralen Punkt: Wer hier Kritik übt, wer hier Probleme benennt, der redet nicht schlecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn wir so weit kommen, wenn wir so weit kommen in der parlamentarischen Demokratie, auch im Rollenspiel zwischen Regierung und Opposition, dass dann, wenn man Fakten benennt, wenn man Regierungspolitik kritisiert, nur noch ein Totschlagargument greift, nämlich, Sie reden das Land schlecht, dann muss ich Ihnen sagen, das ist mehr als ein politisches Armutszeugnis. Das ist mehr als ein politisches Armutszeugnis!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Herr Ministerpräsident, haben Sie sich denn einmal die Frage gestellt, warum seit 1998 über die Schritte 1999/2000 bis zum vergangenen Jahr das Abwanderungssaldo – ich sage noch gar nichts von der Struktur derer, die weggegangen sind – deutlich gestiegen ist und warum nach den Jahren bis 1993, 1994, 1995, 1996, auch noch 1997 hier eine Null stand oder nur relativ geringfügige Negativwerte? Hat das vielleicht auch etwas damit zu tun – sicher auch in Thüringen, Sachsen, SachsenAnhalt –, dass die Wachstumsschere zwischen Ost und West, beginnend seit 1997, nicht weiter zusammengeht, aber dramatisch auseinander geht insbesondere in den letzten beiden Jahren? Was macht denn das auf die Zukunftsperspektiven von jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern für einen Eindruck, wenn wir ein Minuswachstum haben?

Und wenn man sich diesen Problemen nicht stellt, sondern diese schönredet, wie Sie das eben wieder getan haben, mit Versatzstücken, die wir seit Monaten kennen, da müssen sich doch die Leute fragen: Hat dieser Ministerpräsident überhaupt die Realitäten wahrgenommen, die Probleme wahrgenommen? Oder warum ist überhaupt nicht thematisiert worden in Ihrer ja so generösen und seriösen Beschlussempfehlung, was hat denn das Minus an Abwanderung, nur dieses, das Minus an Abwanderung – das sind 25.000, seitdem Sie hier Regierungsverantwortung tragen – für Auswirkungen auf die Finanzzuweisungen im Länderfinanzausgleich für MecklenburgVorpommern?

Das sind doch die Themen, über die wir reden müssen. Sie, Herr Ministerpräsident, theatern ständig über den Risikostrukturausgleich herum. Haben Sie sich denn schon einmal mit den Kassen anhand dieser Beschäftigtenzahlen hingesetzt und darüber debattiert, wie wir das verändern, wie dort die Problemlagen sind? Schuldzuweisungen, wie Sie sie betreiben, in der Art und Weise, gerade gegenüber den alten Bundesländern, den großen Zahlerländern, da werden Sie überhaupt keine Ergebnisse für Mecklenburg-Vorpommern erreichen. Das sage ich Ihnen voraus.

(Barbara Borchardt, PDS: Aber mit Schuld- zuweisungen an die Bürgerinnen und Bürger.)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin mal beim Thema Bildung, auch die Übergänge, Herr Kollege Dankert, unsere Vorschläge haben wir auf 47 Seiten zur Diskussion in diesem Land gestellt.

(Angelika Gramkow, PDS: Na dann setzen Sie sich doch wieder hin, wenn Sie nichts zu sagen haben!)

Niemand in diesem Land hat bisher so detailliert, so konkret das Thema Abwanderung behandelt, auch Diskussionsvorschläge gemacht – weit über 200, sehr konkrete – und sie in die Debatte eingebracht.

(Reinhard Dankert, SPD: Also brauchten Sie keine Enquetekommission.)

Wir brauchen eine Enquetekommission.

(Barbara Borchardt, PDS: Wieso? Sie wissen doch eh alles besser.)

Da hätten wir unsere Vorstellungen mit eingebracht. Und dann hätten wir wirklich gemeinsam mit Wissenschaftlern, mit externen Experten darüber reden können.

(Heidemarie Beyer, SPD: Sie wissen doch ganz genau, dass wir heute noch über die Zusammensetzung streiten würden.)

Und Ihre gerade im Teil II dargestellte Botschaft in der Überschrift war, wesentliche Rahmenbedingungen haben sich verbessert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das ein 20-Jähriger in diesem Land in die Hand bekommt, diese Beschlussempfehlung, und das liest, der fasst sich doch an den Kopf und fragt sich: Sind die Politiker in diesem Landtag überhaupt noch an den Menschen in diesem Land dran? Die Realitäten sind doch ganz andere!

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Zum Thema Bildung. Warum sind Sie denn nicht darauf eingegangen, Qualität von Schule, Unterrichtsversorgung,

(Annegrit Koburger, PDS: Das ist darin enthalten.)

warum haben Sie sich nicht damit befasst, wirklich damit befasst, wie wir die materielle Situation für die jungen Leute verbessern?

(Zuruf von Heidemarie Beyer, SPD)