Protocol of the Session on May 29, 2002

Bitte schön, Herr Born.

Herr Minister Holter, können Sie bestätigen, dass wir im Jahre 2001 zum ersten Mal mit rund 605 im Saldo mehr Gewerbeabmeldungen als Anmeldungen hatten und dass die Zahl der Insolvenzen um rund 3.100, also um 30 Prozent gestiegen ist und dass deshalb die erfreulichen Neuanmeldungen, die Sie genannt haben, in den Schatten gestellt werden von den Insolvenzen und Abmeldungen?

Herr Born, ich kann die Zahlen jetzt nicht bestätigen, weil ich kein wandelndes Statistisches Jahrbuch bin. Ich gehe mal davon aus, dass die Zahlen, die Sie nennen, exakt sind. Ich gehe davon aus, dass diese Entwicklungen tatsächlich so stattgefunden haben. Ich meine aber, wenn wir Optimismus verbreiten wollen in Mecklenburg-Vorpommern und auch darüber hinaus und einladen wollen mit den Offensiven und konkreten Beispielen, die hier im Parlament genannt wurden, dann geht es doch darum, deutlich zu machen, was Politik – und jetzt einmal Politik im weitesten Sinne, nicht nur Regierungspolitik –, was Politik leisten kann, damit Menschen sich selbstständig machen können, um bei dem Thema zu bleiben. Natürlich ist es in einer Marktwirtschaft

so, dass dabei auch welche auf der Strecke bleiben. Das ist bedauerlich. Aber wenn es eine Quote von fast 65 Prozent erfolgreicher Existenzgründungen gibt, von Menschen, die sonst von Arbeitslosigkeit bedroht wären und die dadurch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, dann, glaube ich, kann auch die statistische Angabe, die Sie jetzt gebracht haben, diesen Erfolg nicht schmälern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Also es ist immer die Frage, aus welcher Sicht ich konkret Entwicklungen beurteile. Ich meine schon, es ist wichtig, auch Beispiele aus Mecklenburg-Vorpommern deutlich zu machen, wo es erfolgreiche Existenzgründungen gibt, wo es erfolgreiche Ansiedlungen gibt, um deutlich zu machen, es lohnt sich, sich hier in MecklenburgVorpommern zu engagieren, kommt hierher, macht euch hier selbstständig, siedelt euch hier an, wir sind ein Land, das attraktiv ist, das einlädt zum Mitmachen, um das Land nach vorne zu bringen. Und das wünsche ich mir auch von der CDU, dass die CDU in diesen Chor eintritt – Sie sind ja Chorsänger, Sie wissen, wie das geht –

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

und deutlich macht, wir, wir als Landespolitik, unabhängig von den einzelnen politischen Konzepten, wollen, dass dieses Land vorangebracht wird, dass über Konzepte, Ansiedlungskonzepte, Selbständigenquote erhöhen und andere Fragen tatsächlich Wirtschaftswachstum entsteht, aber nicht nur Wirtschaftswachstum, sondern auch nachhaltige Beschäftigungspolitik vorangetrieben wird.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wir haben im Moment ein negatives Wirtschaftswachstum.)

Darüber lassen Sie uns doch streiten und nicht, wer hat den schwarzen Peter, weil hier – wie sagen Sie, Herr Glawe? – jährlich 10.000 junge Leute das Land verlassen!

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Harry Glawe, CDU: Das ist ja! Seit vier Jahren ist das so!)

Es geht doch nicht darum, den schwarzen Peter zuzuweisen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist schon seit vier Jahren so.)

Es ist nicht seit vier Jahren so,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist seit 1990 so.)

sondern es ist eine Tatsache, die Mecklenburg-Vorpommern Jahrhunderte begleitet und ganz konkret seit 1990 hier auf der Tagesordnung steht. Das hat doch Kollege Schoenenburg hier sehr deutlich gemacht.

(Harry Glawe, CDU: Die Statistik spricht gegen Sie. – Wolfgang Riemann, CDU: Vorher konnten sie auch nicht weg, weil Sie die Mauer drum herum gezogen haben.)

Deswegen meine ich, lassen Sie uns, Herr Riemann,

(Wolfgang Riemann, CDU: Genau so ist das.)

darüber reden, was Mecklenburg-Vorpommern ausmacht – das will ich jetzt im Einzelnen gar nicht ausführen, weil mir dafür keine Redezeit zur Verfügung steht –, lassen Sie uns doch darüber reden, was die Stärken Mecklenburg-Vorpommerns sind und was unser Land attraktiv

macht für wirtschaftliches Engagement! Dann wird auch die Debatte eine ganz andere, als wir sie gegenwärtig führen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich habe einfach keine Lust, dieses Land, und jetzt sage ich das mal bewusst als Mecklenburger, mein Land Mecklenburg-Vorpommern schlechtreden zu lassen, weil Ihnen bestimmte politische Konzepte in Mecklenburg-Vorpommern nicht passen. Das dient nicht dem Lande.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Die Politik ist schlecht, nicht das Land ist schlecht.)

Sie reden mit Ihrer Politik und mit Ihrer Strategie nicht die Politik schlecht,

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie ma- chen schlechte Politik in diesem Land.)

sondern Sie reden die Leute in diesem Lande schlecht, die sich in diesem Lande engagieren wollen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und das haben Sie am Beispiel Professor Klinkmann eben sehr deutlich gemacht. Das, glaube ich, kann man auf Mecklenburg-Vorpommern und denjenigen, die sagen, wir wollen das Land voranbringen, einfach nicht sitzen lassen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sehen Sie sich doch die Unterschiede zwischen den Bundesländern an!)

Herr Riemann, Sie haben doch gar nicht zugehört, worüber wir gesprochen haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Doch, ich habe zugehört. Ich habe Ihre Rede sogar gelesen.)

Wenn Sie zugehört hätten, dann könnten Sie sich mal angucken, was in Sachsen konkret abläuft

(Harry Glawe, CDU: Wir sind hier in Mecklenburg-Vorpommern.)

und wie sich der Ministerpräsident Sachsens Herr Milbradt genau zu diesem Thema äußert.

(Harry Glawe, CDU: Wir wollen vorankommen.)

Das unterscheidet sich von dem, was also hier in Mecklenburg-Vorpommern läuft.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Es hat nie jemand gegen den Initiativfonds gesprochen, den wir im Bereich der Arbeitsmarktförderung aufgelegt haben, um also dort fördern zu können, wo andere Förderinstrumente nicht mehr greifen, um Unternehmensansiedlungen und -planungen voranzutreiben. Niemand kritisiert die Berufsfrühorientierung. Ich erlebe eine bundesdeutsche Debatte, wir müssen Berufsfrühorientierung machen. Das ist in Mecklenburg-Vorpommern seit drei Jahren gang und gäbe.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das sind Sachen, die wir hier eingeführt haben.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Seit fünf Jahren.)

Nehmen Sie das doch mal zur Kenntnis, dass wir Menschen motivieren, hier in diesem Lande auch eine berufliche Entwicklung aufzunehmen!

(Wolfgang Riemann, CDU: Berufs- frühorientierung gab es schon vorher.)

Ich kann Ihnen noch ein Beispiel nennen: Wir haben in Güstrow gemeinsam mit der Wirtschaft, mit der Industrieund Handelskammer zu Rostock, gemeinsam mit dem Arbeitsministerium und weiteren Beteiligten eine IT & Business School aufgebaut, eine private Schule, wo Wirtschaft und Politik gemeinsam

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

junge Leute an die Wirtschaft und an dieses Land binden und ausbilden. Das sind doch Projekte, die sich sehen lassen können und die konträr genau dem entgegenstehen, wo man sagt, diese Politik tut nichts. Ich kann nur sagen, meine Damen und Herren, wir handeln, wir haben Visionen. Über Visionen wird in der Denkwerkstatt 2020 gesprochen. Das wird am nächsten …

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Rainer Prachtl, CDU: Ach nee!)

Jaja, Herr Prachtl, jaja, reden Sie mal mit Herrn Blüm!

(Rainer Prachtl, CDU: Ja, ja, ja, Herr Hegemann hat Hunderte von Arbeitsplätzen in Mecklenburg- Vorpommern vernichtet. Mit solchen Leuten machen Sie die Werkstatt 2020!)

Herr Prachtl, wissen Sie, was Sie machen? Sie beleidigen einen gestandenen Unternehmer aus MecklenburgVorpommern.