Protocol of the Session on April 25, 2002

brauchen dazu nicht eine nochmalige Aufforderung von Ihrer Seite. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Ministerin.

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Rißmann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Patientenbeispiel beginnen: 1994, eine Klinik in Berlin, Information an die Verwandten: Der 77-jährige Großvater ist mit einem Schlaganfall in die Akutklinik eingeliefert worden. Sprachstörungen, Bewegungsstörungen beider Seiten, Arme, Beine, geringe, aber sichtbare Tendenz zu einer Besserung, drei Wochen stationärer Aufenthalt, danach die Information an die Verwandten: Wo wünschen Sie denn, dass Ihr Angehöriger hinkommt? Nehmen Sie die Pflege zu Hause wahr oder soll er in ein Alten- und Pflegeheim? Berlin, Sozialsenator Ulf Fink.

Es ist kein regionales, kein lokales, kein mecklenburgvorpommersches Problem. Dieser ältere Herr ist danach auf Betreiben der Angehörigen in eine Rehabilitationseinrichtung gekommen. Er ist dann in die Lage versetzt worden, in seiner eigenen Wohnung sich wieder eigenständig bewegen, beköstigen, bekochen und sogar Einkäufe

machen zu können. Sie mögen aus diesem Beispiel, das heute acht Jahre zurückliegt, entnehmen, dass es sehr wohl auch in anderen Bereichen, nicht nur in unserem Bereich, hier in Mecklenburg-Vorpommern, Schwierigkeiten in der Umsetzung, in der korrekten Wahrnehmung und dem korrekten Anfassen der Probleme gegeben hat. Ich meine, wir sind im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern auf einem Weg, bei dem das Sozialministerium sehr wohl die Verantwortung wahrnimmt, moderierend und manchmal auch mit etwas Nachdruck den berechtigten Zielen,

(Nils Albrecht, CDU: Ach!)

nämlich Wiedergewinnung, Verbesserung oder Erhalt einer möglichst weitgehenden Selbständigkeit von Patienten oder Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung von Pflegebedürftigkeit, Rechnung zu tragen.

Dazu hat es 1998 mit an der Krankenhausplanung Beteiligten, mit den Krankenkassen, dem Sozialministerium, mit den Spitzenverbänden und mit der Ärztekammer eine einvernehmlich beschlossene Konzeption für Mecklenburg-Vorpommern gegeben. Natürlich ist die Umsetzung nicht reibungslos vor sich gegangen und Probleme, die dabei aufgetreten sind, möchte ich auch nicht kleinreden. Sicher ist, die frühzeitige Sondierung, wann und in welcher Einrichtung eine Rehabilitation älterer Bürger nach Akutkrankenhausaufenthalt in Frage kommt, ist wichtig. Ein Konsil, das in Schwerin, in Rostock, in Greifswald, in Stralsund, in Neubrandenburg, am Städtischen Klinikum Wismar möglich ist, soll das aus diesen Einrichtungen heraus in die geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen sichern. Offensichtlich ist noch nicht in allen Einrichtungen diese Möglichkeit ausgeschöpft und voll wirksam geworden. Das will ich nicht in Abrede stellen.

Die Umsetzung dieses Konzepts erfolgt sicher schleppender, als man es sich wünscht. Die Bearbeitung der Antragstellung durch Ärztinnen und Ärzte, die Antragsbearbeitung durch die Krankenkassen – überall kann es mal klemmen. Damit dürfen wir uns natürlich nicht abfinden und es ist – Sie haben Recht, Herr Glawe – auch Sache des Sozialministeriums, da den Finger in die Wunde zu legen und aktiv zu werden. Die Ministerin hat hier geschildert, in welcher Weise sie das tut, dass sie längst unterwegs ist und es dieser Anregung durch den Antrag nicht bedarf.

(Harry Glawe, CDU: Was? Dr. Rißmann!)

Was in der Öffentlichkeit wichtig ist: Die Akzeptanz für die Geriatrie ist noch auf einem Weg, der mich auch nicht zufrieden stellt. Ein weiterer Aspekt: Natürlich ist es ein Recht älterer Bürger, dass eine korrekte, der Diagnose entsprechende Betreuung erfolgt, sprich auch richtige Einweisung in eine Geriatrie- oder in eine Rehabilitationseinrichtung, die zum Ziel hat, die Krankheitsursache oder die auslösende Ursache zu behandeln. Und dabei ist – auch da gebe ich Ihnen Recht, allerdings in der anderen Richtung auch, Herr Glawe – das Alter nicht das entscheidende Kriterium. Es kann durchaus ein 70-Jähriger mit einer akuten neurologischen Auffälligkeit nach Schlaganfall, nach Hirntumoroperation die gleiche Chance für eine Rehabilitation in einer neurologischen Rehabilitation haben wie ein Jüngerer,

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

denn es gibt Untersuchungen, die belegen, dass die Rehabilitationsfähigkeit, wenn man sie fachspezifisch

betreibt, nicht vom Alter abhängt. Es wäre also falsch, nur das Alter als Maßstab zu nehmen, der gehört in eine geriatrische Rehabilitation, der älter als 65 Jahre ist,

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

a priori, auch wenn er in einer Fachrehabilitation bessere Chancen zur Wiederherstellung hätte.

Und dazu noch ein Wort: Natürlich sind die finanziellen Bedingungen, die ausgehandelten 300 DM Pflegesatz, nicht das Ende der Möglichkeiten. Ich würde hier einmal zitieren, was eine Arbeitsgruppe von Rehabilitationsneurologen und geriatrisch tätigen Neurologen festgehalten hat und als wichtig und unverzichtbar herausstellen. Das Alter allein stellt keine Indikation für die Ablehnung einer neurologischen Rehabilitation dar. Das ist das, was ich eben ausführte. Die Behandlung von geriatrischen Patienten mit neurologischen Erkrankungen in geriatrischen Kliniken erfordert die neurologische Fachkompetenz mit Entscheidungsfunktionen bei der Behandlung dieser Patienten auch dort. Das hieße, neurologische Fachärzte, auch dort. Grundsätzlich: Die Rehabilitation von alten Patienten mit multiplen Fähigkeitsstörungen erfordert eine mehr als dreiwöchige Behandlungsdauer. Auch da befinden wir uns nicht weit auseinander oder gar nicht auseinander.

Ich stelle fest, dass offensichtlich die Umsetzung der Konzeption noch nicht auf dem Stand ist, den wir uns wünschen, dass die Einflussmöglichkeiten seitens des Sozialministeriums genutzt werden und dass Patienten indikationsspezifisch zu behandeln ein wichtiges Anliegen ist und bleibt, nicht nur wegen eines bestimmten Alters, dass die 300 DM, sprich 153 Euro – oder wie viel Euro? –,

(Harry Glawe, CDU: 153 Euro und 30 Cents.)

nicht das letzte Wort sein dürfen, weil eben auch in der Geriatrie neurologisch notwendige Rehabilitationsmaßnahmen apparativ in gleicher Qualität vorgehalten werden müssen.

Ein letzter Aspekt: Es kann eigentlich nicht darum gehen, nur die Patienten, die in Akutkrankenhäusern landen, unter dem Aspekt zu sehen, anschließend eine Rehabilitation von verschiedenen Belastungen und Fähigkeitsstörungen vornehmen zu wollen, sondern es muss auch in der Richtung diskutiert werden, dass auch die niedergelassenen Ärzte, wenn eine Indikation besteht, mit der Möglichkeit einer Antragstellung einer Einweisung in eine Rehabilitationseinrichtung berechtigt werden.

In diesem Sinne befindet sich also vieles hier bei uns auf einem Weg. Die Ministerin hat dazu Stellung genommen. Mit dem bin ich, weil es ab und zu klemmt an der einen oder anderen Stelle, auch nicht immer voll zufrieden. Aber eines Antrags in der Richtung, doch endlich tätig zu werden, bedarf es nun wirklich nicht.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Und es ist kein lokales, spezifisches Problem. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und darf namens meiner Fraktion sagen, wir stimmen diesem Antrag nicht zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Dr. Rißmann.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Albrecht für die Fraktion der CDU.

(Ministerin Dr. Martina Bunge: Na, nun bin ich aber gespannt, was da wieder kommt.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vieles von dem, was vorgetragen wurde, was die Bedeutung und die Aktualität dieses Antrages unterstreicht, möchte ich gar nicht wiederholen. Zentrale Botschaft – auch gerade durch den Vortrag des Kollegen Rißmann – ist, es gibt Handlungsbedarf. Und auch die Ministerin hat gesagt, dieser Antrag, der Ihnen jetzt vorliegt, kommt eigentlich etwas zu spät, der hätte viel früher da sein müssen, weil die Probleme schon längst bekannt sind. Das war Ihre Aussage. Der Antrag kommt zu spät.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nicht, weil die Probleme bekannt sind, weil die Probleme gelöst sind.)

Meine Damen und Herren, und das zeigt, dass dieser Antrag natürlich auch nicht Wahlkampfpolitik wäre, sondern er ist ganz klar das Ergebnis aus der Analyse des Bedarfes, aus der Analyse der Proteste, aus der Analyse der Situation der Betroffenen.

Lassen Sie mich nun zwei, drei Sätze sagen zur Bedeutung der geriatrischen Versorgung im Land. Frau Ministerin Bunge, gestern haben wir hier ausführlich diskutiert über das Landesseniorenprogramm und ein ganzes...

(Torsten Koplin, PDS: Das hätten Sie lesen sollen.)

Herr Kollege Koplin, Sie werden mir ja wohl zutrauen,

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

dass ich das sehr ausführlich gelesen habe.

(Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Und wenn Sie mich so fragen, dann werde ich Ihnen gerne auch noch mal die Stellen zitieren in dem Landesseniorenprogramm, im Kapitel 2.2, unter anderem Punkt 2.2.1:

(Peter Ritter, PDS: Also wir haben nicht den Eindruck, als ob Sie alles lesen würden, Herr Albrecht.)

„Ein großes Problem stellen vermeidbare Krankenhauseinweisungen durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte dar.“ Hier sind bereits die Ansätze der Probleme ganz klar beschrieben und auch eine Vielzahl von Defiziten beschrieben worden,

(Torsten Koplin, PDS: Richtig.)

die sich sehr wohl auch wieder in dem Anliegen unseres Antrages vorfinden. Der Vorwurf, wir hätten uns nicht mit dieser Unterlage beschäftigt, geht völlig ins Leere. Im Gegenteil, er dient mir gerade heute auch als Grundlage für die Argumentation zu unserem Antrag.

Auch die stattgefundenen Anhörungen in vielen Ausschüssen zur demographischen Entwicklung haben noch mal deutlich gemacht, dass wir hier vor einer großen Herausforderung stehen. Wir haben die Aufgabe, hier sehr wohl den älteren Mitmenschen das Gefühl und auch die Garantie zu geben, dass sie eine humane Sphäre finden zum Älterwerden. Das gilt natürlich für die gesunden Älteren genauso wie für diejenigen, die hilfsbedürftig sind. Und „MV tut gut“ ist eine sehr gute Werbekampagne und

sie ist genau für diejenigen, die herkommen sollen und hier sich ihren...

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das hat doch Herr Rehberg vorhin gerade bestritten. – Torsten Koplin, PDS: Wir haben das verstanden.)

Wir haben das alle sehr gut verstanden.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Rehberg hat das doch vorhin erzählt. Der hat das nicht verstanden. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber Sie wollen es vielleicht nicht zugeben, oder was?)

Wir müssen aber auch auf Details eingehen. Und es geht nicht nur um den Bereich der Wellness oder des Spaßhabens, um gesund Radfahren oder was auch immer darunter zu verstehen ist. Es ist ja eine Vielzahl von Momenten, die dazuzuzählen sind. Nein, wir müssen auch den hilfsbedürftigen älteren Menschen eine klare Antwort auf die Frage geben: Was will sich dieses Land leisten, um älteren pflegebedürftigen Menschen zu helfen? Und diese Frage ist offen.

(Harry Glawe, CDU: Pflege zu vermei- den vor allen Dingen. Das ist wichtig. – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)