Protocol of the Session on April 24, 2002

Ihrer Ansicht nach hätte nämlich diese Lösung das geringere Übel für die wertvolle und empfindliche Flora und Fauna in der Wakenitzquerung bedeutet. Schließlich hat Justitia entschieden: Die Klage wurde abgewiesen. Der Autobahnabschnitt wird in den nächsten Monaten gebaut.

Halten wir also fest: Allein die Tatsache, dass Naturschützer den Klageweg wählen und diesen auch gewährt bekommen im Interesse des Naturschutzes, verhindert nicht automatisch Investitionen, auch wenn Sie es immer wieder behaupten.

(Lutz Brauer, CDU: Aber Verzögerungen!)

Es bleibt die Frage der Zeitverzögerung, die führen Sie ja auch immer wieder an.

In der Tat, es hat einige Zeit gedauert, bis das Vorhaben geprüft und die Entscheidung getroffen wurde. Natürlich wünscht sich jeder, dass bei Verwaltungsentscheidungen ein höheres Tempo vorgelegt wird, ganz klar. Aber halten Sie es denn wirklich für eine unzulässige Verzögerung, wenn man sich Zeit nimmt, die Folgen derartiger massiver Eingriffe in die Natur zu beurteilen? Mit der Versiegelung der Erde durch etliche Quadratkilometer Autobahnbeton werden Lebensräume von Pflanzen und Tieren zerstört, die über Jahrtausende gewachsen und danach unwiderruflich zerstört sind.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Gucken Sie sich mal an, wie das in Leuna aussieht, was da unwiderruflich zerstört ist!)

Ist somit nicht eine sorgfältige Prüfung das Mindeste, das Mindeste, was wir leisten müssen? Und in dem Sinne ist die Klage richtig.

(Zurufe von Lutz Brauer, CDU, und Renate Holznagel, CDU)

Meine Damen und Herren, die Regelung zur Verbandsklage ist die auffälligste in diesem Gesetz. Darüber hinaus, der Minister verwies darauf und auch der Vorsitzende des Ausschusses, gibt es viele andere Bestandteile, zu denen wir uns verständigt haben. Und ich bin froh, dass wir einige Anregungen aus der Anhörung aufgenommen haben, zum Beispiel die des Landesjagdverbandes. Das wurde auch inzwischen auf der Delegiertenversammlung gewürdigt, siehe Horstschutzzonen, siehe Schonfristen und Horstschutz.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ob sie jemals in Leuna gewesen ist?)

Zum Kompensationsflächenkataster – wir hätten es uns alle gewünscht, denke ich. Nun aber sage ich Ihnen:

(Renate Holznagel, CDU: Die Zeit hätten wir uns nehmen sollen!)

Wenn die Zeit noch nicht reif war, um entsprechende finanzielle Regelungen auch klar beurteilen zu können oder Auswirkungen, der nächste Landtag kommt bestimmt. Der nächste Landtag wird dieses Gesetz weiter modernisieren, so, wie wir es in dieser Legislatur auch in Bezug auf die letzte gemacht haben. Und dabei wünsche ich den zukünftigen Abgeordneten viel Spaß. Vielleicht sind sie bis dahin ja noch ein Stück klüger als wir und werden noch modernere Regelungen finden. In dem Sinne war also die Regelung zum Kompensationsflächenkataster beziehungsweise die Aussetzung kein Grund, die Verbandsklage und andere moderne Regelungen zum maritimen Schutz auszusetzen.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

In diesem Sinne hoffe ich auf Zustimmung zu diesem Gesetz.

Ein Letztes noch zu Ihrem Änderungsantrag zum Schaalsee: Ich will da inhaltlich nicht noch mal auf Ihre Fragen eingehen. Der Minister hat es eben ausführlich begründet. Ich denke, Frau Holznagel, Sie sollten einfach akzeptieren, dass der Umweltminister dieser Regierung keine Umweltpolitik über die Köpfe der Menschen hinweg realisiert, sondern mit den Leuten vor Ort spricht. Diese Signale gibt es überall im Land. Akzeptieren Sie die Ergebnisse daraus und machen Sie nicht das, was Sie anderen vorwerfen: pure Ideologie im Naturschutzbereich. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Muth.

Jetzt hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Herr Klostermann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es reizt mich sehr, noch mal das aufzugreifen, was eben debattiert wurde, aber ich meine, es ist seitens des Umweltministers ganz klar entgegnet worden und hier ist nichts hinzuzufügen.

Mit der heutigen Einbringung der Novelle zum Landesnaturschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern hat es die Landesregierung nach elfeinhalb Jahren zum dritten Mal geschafft, Hausaufgaben in Sachen Naturschutzgesetz abzuliefern. Es war, um ein Bild zu gebrauchen, ein steiler Anstieg zu des Berges Höhen. Aber das lässt sich auch wieder so ausdrücken: Per aspera ad astra haben wir den Gipfel fast erreicht. Dass noch Bedarf ist, hat Frau Muth eben ankündigen können.

Zur Abstimmung steht heute ein Gesetzentwurf, der in wesentlichen Punkten dem Anspruch gerecht wird, ein modernes zukunftsfähiges Naturschutzrecht zu verkörpern. Künftige Generationen werden uns daran messen, wie wir unsere Verantwortung gemäß Artikel 20 a Grundgesetz wahrgenommen haben, in Erfüllung der Pflicht die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Und Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Es war ein hartes Stück Arbeit, einzubringen und durchzusetzen, was heute mit der Gesetzesnovelle zur Abstimmung gelangen soll. Kaum ein Gesetz ist so lange und ausführlich in den Ausschüssen beraten worden. Wenn Sie, meine Damen und Herren der CDU, an die Presse lancieren, dieses Gesetz sei durchgepeitscht worden, dann ist das einfach unwahr. Es ist auch unredlich und falsch zu behaupten, wie im „Sonntagsblitz“ vom 17.03.2002 abgedruckt, dass Ihre acht Anträge ohne Begründung abgelehnt worden sind. Es wurde darüber beraten und abgestimmt. Man möge die Begründungen im Ausschussprotokoll nachlesen.

Gesetze, meine Damen und Herren, sind keine statischen Gebilde. Sie müssen sich den Realitäten, die sich ändern, anpassen und es wird auch weiterhin neue Erkenntnisse geben, die später einzuarbeiten wären. Doch heute ist zu konstatieren, meine Damen und Herren von der CDU: Das langjährige Konzept Ihrer Verzögerungstaktik bei der Novellierung des Naturschutzrechts im Land und im Bund ist nicht aufgegangen.

Man sollte sich erinnern, dass über Jahre hinweg eine Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinien und andere Anpassungen angestrebt wurden. Ich erinnere an die Namen Töpfer, Merkel und natürlich unter der Egide des Herrn Kohl. Das ist immer wieder verhindert worden durch CDU/FDP-geführte Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerien. Man soll das nicht so schnell vergessen. Erst die rot-grüne Bundesregierung hat es nunmehr geschafft, die längst überfällige Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes zu realisieren, und diese Landesregierung kann es sich zugute halten, den Entwurf der Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes noch vor der Bundesgesetzesnovelle auf den Tisch zur Beratung in den Ausschüssen des Hohen Hauses gelegt zu haben.

Meine Damen und Herren, endlich – und darauf wurde ja nun schon hitzig eingegangen – ist das Verbandsklagerecht im Gesetz verankert worden. Bis zum Schluss hat die Union in diesem Landtag in früherer Regierungsverantwortung und heutiger Opposition versucht zu blockieren, wo immer die Verbandsklage zur Sprache kam.

(Volker Schlotmann, SPD: Aus Ideologie.)

Ich komme darauf noch. Geredet wurde viel darüber und ich bin mir ziemlich sicher, meine Damen und Herren der Opposition, die meisten von Ihnen haben bis heute den tieferen Sinn dieser Rechtssetzung nicht verstanden

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, Volker Schlotmann, SPD, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

und sich meinem Eindruck nach auch nie richtig mit den Inhalten des Klagerechts beschäftigen wollen. Sie haben Schlagzeilen in die Welt gesetzt – auch heute wieder – und sind Unterstellungen aufgesessen. Sie haben die Verbandsklage als Phantom für wirtschaftlichen Niedergang an die Wand gemalt und Investoren sollten damit verunsichert werden.

Aber ich sage Ihnen ohne Häme, Sie sind mit Ihrer populistischen Auslegung, mit Ihrem unentwegten Lamento aufs Abstellgleis geraten. Sie mussten den Kürzeren ziehen, weil die Vernunft am Ende gesiegt hat.

(Reinhardt Thomas, CDU: Siegt denn die Vernunft?)

Um es noch einmal zu sagen: Die Klage war und ist kein Vetorecht. Kein Investor kann Vorhabensanträge, kein Planer muss eine Verbandsklage befürchten, wenn er verantwortungsvoll und sorgfältig, vor allem aber – das betone ich ausdrücklich – in Kenntnis der sensiblen geschützten Gebiete der Natur und unter Akzeptanz der Naturschutzgesetzgebung und der lokalen und globalen Verantwortung handelt. Dann hat er nichts zu befürchten.

Beispiele: Unter den 2 Millionen Klagen an deutschen Verwaltungsgerichten im Zeitraum von 19 Jahren zwischen 1978 und 1997 befanden sich 210 Verbandsklagen, das sind 0,01 Prozent. Selbst im Land Hessen, das seit 50 Jahren ein schärferes Naturschutzrecht hinsichtlich von Einschränkungen als das jetzige Bundesrecht aufweist, verzeichnete in dieser Zeit, in den 50 Jahren, 20 Verbandsklagen, von denen drei Viertel im Sinne des Naturschutzes endeten.

Es geht, meine Damen und Herren Abgeordnete, das sei hier noch einmal deutlich unterstrichen, um die präventive Wirkung dieses demokratischen Instruments. Es ist aber weder ein Zaubermittel zur Beschleunigung von Investitionen, noch genauso wenig ein Zaubermittel, um Investitionen, darunter auch Vorhaben der Landwirtschaft, zu verhindern. Auch wenn ich bei der Opposition in diesem Hohen Hause in Sachen Verbandsklagerecht offenbar tauben Ohren predige. Wir Menschen auf diesem Planeten können es uns doch nicht leisten, von dem natürlichen Kapital, den Gratisfaktoren unserer Umwelt – Boden, Wasser, Luft, Klima und Naturlandschaft – zu zehren. Umweltpflegeprinzip, dem auch unser novelliertes Landesnaturschutzgesetz folgt, ist es, mit den Zinsen dieses uns zugefallenen natürlichen Kapitals verantwortungsvoll umzugehen.

In dem Zusammenhang will ich noch einmal auf den Ideologievorwurf eingehen. Was bisher möglich ist zu kla

gen und zu beklagen, geht nur auf persönliche Betroffenheit Einzelner ein. Damit haben wir einen Flickenteppich und nicht die Möglichkeit, die gesamte geschützte Natur, alles das, was in unsere Hände gelegt ist, die gesamte Schöpfung, wie es manchmal heißt, in Verantwortung auch in einem Verfahren zu behandeln. Das geht nur, wenn wir stellvertretend Verbände als Anwälte der Natur einsetzen. Dazu ist das Klagerecht da und damit sind wir flächendeckend auch für die Natur in einer Verantwortung vor Gericht, Entscheidungen prüfen zu lassen. Also das ist ein demokratisches Instrument, was jetzt erst richtig vollkommen wird, um den Flickenteppich zu schließen. Insofern hat das mit Ideologie überhaupt nichts zu tun. Dann wäre die Bibel in dieser Passage der Bewahrung der Schöpfung auch reine Ideologie. Und das, denke ich, möchten Sie von der CDU-Fraktion wohl nicht sagen wollen.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, in den Gesetzesteil auch den marinen Naturschutz mit einem zusätzlichen Paragraphen einzubringen. Marine Lebensräume – Tiere, Pflanzen und der gesamte Bereich der Küstengewässer sowie Haffe und Wieke – werden nunmehr ausdrücklich in die Verpflichtung des Landes gestellt. Und auch der Tourismus wird davon profitieren können.

Abschließend ist anzumerken, dass mit der Novellierung nicht alle Blütenträume in Erfüllung gegangen sind, was jetzt das Interesse der Naturschützer betrifft. Die Einrichtung eines Kompensationsflächenkatasters war im Ansatz sehr gut – das ist heute auch mehrfach so gesehen worden –, leider ließ sich aber die Frage nach der Konnexität zunächst nicht beantworten. Das ist bedauerlich, doch ich bin zuversichtlich, dass es sich hier um eine Frage der Zeit handelt und wir in einer nächsten Novellierung diesen Lapsus dann noch ausbessern können.

Damit bin ich am Schluss meiner Ausführungen. Bezüglich des Änderungsantrages kann ich nur hinzufügen: Was dazu von Frau Muth gesagt wurde, was dazu von Herrn Minister gesagt wurde, ist voll die Meinung der SPD. Wir werden diesen Antrag ablehnen. Im Übrigen ist im Ausschuss darüber auch debattiert worden. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Caterina Muth, PDS)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen damit zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes auf Drucksache 3/2042. Der Umweltausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 3/2750, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung seiner Beschlussempfehlung anzunehmen.

Wir kommen zur Einzelabstimmung.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Nummern 1 bis 4 in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit sind in Artikel 1 die Nummern 1 bis 4 in der Fassung der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Nummern 5 bis 8 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit sind in Artikel 1 die Nummern 5 bis 8 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Nummer 9 in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich ums Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist in Artikel 1 die Nummer 9 in der Fassung der Beschlussempfehlung mit demselben Stimmverhalten beschlossen.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Nummern 10 und 11 in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit sind in Artikel 1 die Nummern 10 und 11 in der Fassung der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Nummer 12 in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist in Artikel 1 die Nummer 12 in der Fassung der Beschlussempfehlung mit dem gleichen Stimmverhältnis angenommen.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Nummern 13 und 14 in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit sind in Artikel 1 die Nummern 13 und 14 in der Fassung der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.