Protocol of the Session on January 31, 2002

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Holznagel von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, schon wieder das Bundesnaturschutzgesetz. Obwohl es schon den Bundestag passiert hat und die Bundesregierung der Auffassung ist, dass eine Zustimmung des Bundesrates nicht notwendig ist, verwies der Bundesrat das Gesetz zur Neuregelung des

Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften zur Beratung in den Vermittlungsausschuss. Eigentlich liegt wohl schon eine Einigung vor, aber es ist noch nicht abgestimmt und deshalb will ich es eben doch noch mal versuchen.

(Präsident Hinrich Kuessner übernimmt den Vorsitz.)

Am 20. Dezember 2001, sozusagen als vorweihnachtliches Geschenk, wurde ein Prestigeprojekt der rot-grünen Bundesregierung mit der Stimme unseres Landes blockiert.

(Caterina Muth, PDS: Hinterfragt und nicht blockiert.)

Das finde ich gut. Und sehr gut würden ich und meine Fraktion es finden, wenn Sie es auch durchhalten.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU – Peter Ritter, PDS: Endlich mal ein Lob von Ihnen!)

Laut Presseberichten stimmte die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern der Überweisung der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes in den Vermittlungsausschuss des Bundesrates zu, da sie gravierende Einschränkungen der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land durch die Einführung von so genannten Rechtsbehelfen von Vereinen im Paragraphen 61 befürchtete. Ich zitiere: „Besonders umstritten ist ein Verbandsklagerecht, von dem Mecklenburg-Vorpommern wegen des geplanten Baus der Küstenautobahn A 20 Nachteile befürchtet.“ Diese Befürchtungen der Landesregierung teilt natürlich auch meine Fraktion. Aus diesem Grunde möchten wir die Landesregierung noch einmal darin bestärken, sich im Vermittlungsausschuss dafür einzusetzen, dass mit dem Gesetz erstens keine zusätzlichen Belastungen der Haushalte des Landes oder der Kommunen, zweitens keine zusätzlichen Belastungen der Landwirtschaft und drittens keine Gefährdung wichtiger Infrastrukturvorhaben und Investitionen einhergehen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade die im Gesetzentwurf geplanten Regelungen zur Umweltbeobachtung und Landschaftsplanung führen zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Kommunen und Länder. So sollen im Paragraphen 12 des Gesetzentwurfes zusätzliche Monitoringprogramme festgesetzt werden, die ein zusätzliches bürokratisches und kostenträchtiges Instrumentarium schaffen. Die in den Paragraphen 13 bis 17 vorgesehene flächendeckende Landschaftsplanung führt dazu, dass in Zukunft die gesamte Landschaft mit Verboten, Geboten, Festsetzungen, Pflege- und Entwicklungsplänen für jedermann verbindlich überplant wird. Die Kosten hierfür trägt die öffentliche Hand. Dieses Geld fehlt den Kommunen und Ländern dann wieder an anderer Stelle, so dass sie nicht einmal mehr in der Lage sind, Fördermittel in Anspruch nehmen zu können.

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung lehnt es nach wie vor ab, einen Ausgleich für Nutzungseinschränkungen zu übernehmen. Sie will diese Regelung den Ländern überlassen. Diese sind vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation nicht in der Lage, einen Ausgleich für Einschränkungen zu gewähren. Betroffen hiervon sind insbesondere die Landwirte, die per se die größten Grundeigentümer und Nutzer sind.

Mit der in Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes verankerten Sozialpflichtigkeit des Eigentums sollen Restriktionen ohne Ausgleich durchgesetzt werden. Die Länder werden gezwungen, angesichts ihrer Haushaltslage vom Vertragsnaturschutz Abstand zu nehmen und Naturschutz per Gesetz oder Verordnung durchzusetzen. Ein wirksamer, von Akzeptanz und Verständnis geprägter Naturschutz wird so meiner Meinung nach sehr stark untergraben. Gleichzeitig werden durch gesetzliche Festlegungen Fördermittel der EU in Frage gestellt und somit wird ein Wettbewerbsnachteil der heimischen Landwirtschaft in Kauf genommen.

Meine Damen und Herren! Wenn bisher Nutzungseinschränkungen im Rahmen von Umweltprogrammen und Vertragsnaturschutz ausgeglichen wurden, so wird dies mit der Umsetzung des Bundesnaturschutzgesetzes in diesem Maße nicht mehr möglich sein. Die auf vertraglicher Grundlage basierenden Umweltprogramme der EU greifen nur dann, wenn die Nutzungseinschränkungen nicht gesetzlich oder per Verordnung schon zwingend vorgeschrieben sind. Das ist ein Problem, was wir in den Ausschüssen, im Landwirtschafts- und Umweltausschuss, schon diskutiert haben.

Meine Damen und Herren! Leider weiß ich noch nicht genau, ob das nächste Thema vom Tisch ist oder nicht. Ich will es deshalb noch einmal benennen. Die durch die Bundesregierung beabsichtigte Verankerung der guten fachlichen Praxis der Landwirtschaft im Bundesnaturschutzgesetz wird meines Erachtens zwangsweise zur Doppelgleisigkeit von gesetzlichen Regelungen führen. Allein der systematische Ansatz präjudiziert den Vorrang des Naturschutzes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon heute ist die ordnungsgemäße und nachhaltige Bewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Flächen auf der Grundlage bestehender Gesetze und Verordnungen gesichert. Neben dem bestehenden Bundesnaturschutzgesetz wären da noch das Tierschutzgesetz, das Bundesbodenschutzgesetz, das Pflanzenschutzgesetz, das Wasserhaushaltsgesetz und das Düngemittelgesetz. Ich denke schon, zweckdienlicher hingegen wäre ein Agrargesetzbuch, welches die Gesetze und Verordnungen, die Einflüsse auf die Landwirtschaft haben, zusammenfasst. Stattdessen will die Bundesregierung im Bundesnaturschutzgesetz mittels undefinierter Rechtsbegriffe weitere Regelungen festschreiben.

Meine Damen und Herren! Vorausschauende Umweltpolitik muss unsere Landschaften und Naturschönheiten als wichtigen Standortvorteil erhalten und die Heimat für die Generationen nach uns sichern. Der Interessenausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie ist von einem sorgsamen Umgang mit der Schöpfung geprägt. Wirtschaftswachstum, soziale Sicherheit und stabile Arbeitsplätze sind auf Dauer nur dort gesichert, wo die natürlichen Lebensgrundlagen intakt sind. Das ist nur mit dem Grundsatz der Nachhaltigkeit zu erreichen. Aus diesem Grunde fordere ich Sie auf, dem Antrag meiner Fraktion zuzustimmen, um im Interesse des Landes durch ein klares Votum im Bundesrat

(Caterina Muth, PDS: Wie sieht denn der aus?)

weiter Ihren Standpunkt durchzuhalten.

(Caterina Muth, PDS: Unseren Standpunkt werden wir schon durchhalten.)

Zeigen Sie uns durch die Zustimmung zu unserem Antrag und durch die Ablehnung der Bundesnaturschutzgesetznovelle im Bundesrat, dass Sie im Interesse des Landes handeln! – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat das Wort der Umweltminister Professor Methling. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das politische Credo der Landes-CDU ist offensichtlich und seit langem gekennzeichnet – zumindest durch entsprechende Stellungnahmen, auch durch die jetzt gehörte – von einer nicht zu übersehenden Aversion gegen ein Mehr an Naturschutz. Und ich finde es schon sehr eigentümlich, Frau Kollegin Holznagel, dass gerade Sie jetzt wieder über die Wahrung der Schöpfung gesprochen haben. Ich finde, es ist eine sehr eigentümliche Interpretation, die Sie hier vornehmen. Das hat schon einmal eine andere Rolle gespielt im so genannten konziliaren Prozess und in den Beschlüssen der Ökumene der Kirchen und der Christen der DDR im Jahr 1989.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Und da wir hier vorhin Selbststudienanregungen empfangen haben von Herrn Albrecht, würde ich Ihnen gerne empfehlen, auch dort mal hineinzuschauen,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

was Zielstellung der christlichen Bewegung in der DDR gewesen ist, wie wir mit der Schöpfung umzugehen haben.

(Reinhardt Thomas, CDU: Was sollen diese Belehrungen?)

Sie haben sich dabei ein Hauptkampffeld gesucht...

Ja, Sie werden auch Literaturhinweise gerne entgegennehmen.

Sie haben sich dabei ein Hauptkampffeld gesucht, nämlich eine Vereinsklage, egal ob auf Bundes- oder auf Landesebene, in jedem Fall zu verhindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie erinnern sich sicherlich, im April forderte die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag auf der Drucksache 3/1997 von der Landesregierung, die Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes auszusetzen und auf die Verkündung des Bundesnaturschutzneuregelungsgesetzes zu warten. Dieser Antrag hatte nach meiner Einschätzung das Ziel, die Landesnovelle für diese Legislaturperiode zu blockieren und so die Vereinsklage auf Landesebene zu verhindern. Selbst die vergleichsweise moderaten Regelungsinhalte zur Vereinsklage in Mecklenburg-Vorpommern gingen der CDU gegen den Strich. Zwischenzeitlich hat der Bundestag die Neuregelung des Bundesnaturschutzgesetzes in Zweiter und Dritter Lesung beschlossen. Es bedarf allerdings vor der Veröffentlichung des Gesetzes noch der abschließenden Befassung im Bundesrat, womit – ich bin optimistisch – noch im Februar zu rechnen ist. So wird voraussichtlich die V ereinsklage unmittelbar bundesweite Gültigkeit erlangen. Insofern ist es nur folgerichtig, wenn die CDU uns

heute quasi in letzter Angst und in letzter Minute einen Antrag vorlegt, der die Landesregierung auffordert, im Vermittlungsausschuss des Landestages und im Bundesrat gegen das neue Bundesrecht vorzugehen und, wie könnte es anders sein, explizit die Vereinsklage zu verhindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohl niemandem verborgen geblieben, dass die vorgesehene Vereinsklage des Bundes in vielen Punkten überraschend weitgehend ist und den in Mecklenburg-Vorpommern gefundenen Kompromiss, den Sie in Erster Lesung bereits behandelt haben, ins umweltpolitische Abseits stellt. Sofern diese Bundesregelung Bestand hat, muss durch den Umweltausschuss des Landtages vor der Zweiten Lesung des Landesnaturschutzänderungsgesetzes notwendigerweise der dortige Paragraph 65 a an die dann geltende Rechtslage angepasst werden. Damit müssten die Ausnahmeregelungen und die einschränkenden Passagen entfallen, was auch durch einige meiner Ressortkollegen, weniger durch mich, bedauert wird. Allerdings ist unabhängig davon, wie man nun die Lage bewertet, Bundesrecht nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern umzusetzen. Gleichwohl ist es nicht so, dass die Landesregierung nicht versucht hätte, gegenüber dem Bund im Vorfeld spezielle Landesinteressen durchzusetzen. Und wenn Sie erst nach Aufforderung der CDU damit angefangen hätte, wäre sowieso alles vorbei gewesen, wären alle Messen gesungen gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Caterina Muth, PDS: Wohl wahr, wohl wahr!)

Die Bemühungen der Landesregierung liegen viel weiter zurück. Sie begannen bereits in den Ausschusssitzungen des Bundesrates. Schon dort und bei allen weiteren Befassungen des Bundesrates war es das Bemühen der Landesregierung, den im Land gefundenen Kompromiss zur Vereinsklage, der seinen Niederschlag in dem dem Landtag vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung gefunden hat, möglichst mit dem Bundesrecht kompatibel zu machen. Das ist mit verschiedenen Anträgen, zum Beispiel im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates, versucht worden.

Auch wenn ich als Umweltminister nicht mit allen Aktivitäten der Akteure Mecklenburg-Vorpommerns im Agrarund im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates konform gegangen bin, wie Ihnen auch bekannt ist, bleibt zu konstatieren, dass bereits dort spezifische Landesinteressen artikuliert wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Am 20. Dezember hat sich das Bundesratsplenum das zweite Mal mit dem Gesetz befasst und es hat – auch auf Betreiben Mecklenburg-Vorpommerns – den Vermittlungsausschuss angerufen. Ein Anrufungsgrund verfolgte das Ziel, landesspezifische Regelungen für die Vereinsklage zuzulassen, was der Bundestag nicht vorgesehen hat. Für dieses Agieren Mecklenburg-Vorpommerns im Bundesrat bin ich als Umweltminister von verschiedener Seite, von den Umweltverbänden, ja, auch von Umweltpolitikern meiner Partei und auch vom Bundesumweltminister heftig kritisiert worden. Das habe ich zur Kenntnis zu nehmen. Jeder Ressortminister hat sich allerdings dem Votum des Kabinetts zu beugen, das sich nach seiner Gesamtabwägung der Belange entsprechend positioniert hat. Um es deutlich zu sagen: Ich persönlich fürchte nicht die Vereinsklage, denn wenn alle Behörden ihre Verwal

tungsakte rechtssicher durchführen, kommen sie zu unanfechtbaren Genehmigungen.

(Caterina Muth, PDS: Genau.)

Nur wenn sie versuchen, Bürgerrechte zu umgehen oder unsachgemäße Abwägungen zuungunsten von Natur und Landschaft vorzunehmen, geben sie den Naturschutzverbänden die Chance, mit Klagen Investitionen zu verzögern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Gegebenenfalls können die Vereine dann auch den Investor und die Behörde zu einer Änderung der Planung, respektive der Genehmigung zwingen. Es liegt also an der Verwaltung selbst, wie hinderlich eine Vereinsklage für das Land ist. Das ist übrigens auch die Position der meisten Länder, die bereits seit Jahren die Verbandsklageregelung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen – Frau Holznagel hat es auch berücksichtigt –, am Dienstag dieser Woche hat nunmehr der Vermittlungsausschuss getagt. Er hat sich auf ein Vermittlungsergebnis verständigt und dieses dem Bundestag als Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/8095 zur Beratung zugeleitet. Es wird vorgeschlagen:

erstens bei der guten fachlichen Praxis der Landwirtschaft in einigen Punkten offenere Formulierungen zu wählen. Darüber wird sich mein Kollege Backhaus sicherlich freuen.

Zweitens. Aus der Liste der klagebewährten Verwaltungsakte sollen Bebauungspläne, die Planfeststellungsverfahren ersetzen, gestrichen werden.

Mit diesem Ergebnis hat sich die Bundesregierung bei den strittigen Punkten weitgehend durchgesetzt und das Vermittlungsergebnis hat in keinem Punkt dazu geführt, dass so genannte Essentials, wie manche neudeutsch formulieren, des Gesetzes entfallen sind.

Ich gehe davon aus, dass der Bundestag und der Bundesrat diesem Vermittlungsergebnis zustimmen und noch im Februar das Gesetz verkündet wird. Die Vereinsklage wird dann unmittelbar geltendes Recht im gesamten Bundesgebiet. Das heißt, Mecklenburg-Vorpommern ist nicht besser und nicht schlechter gestellt als alle anderen Bundesländer in Deutschland auch. Unter dieser Prämisse halte ich es nicht für hilfreich, über einen angeblich besonderen Investitionsstau hierzulande zu debattieren, als ob die Frage des Autobahnbaus nur in Mecklenburg-Vorpommern stünde. Sie steht auch in den anderen neuen Bundesländern. Auch in den anderen östlichen Bundesländern werden Autobahnen und bedeutende Investitionsvorhaben geplant.

Im Übrigen gelten nach wie vor das so genannte Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz und das Gesetz zur Beschränkung von Rechtsmitteln in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diese beiden Gesetze haben einzig und allein dem Zweck gedient, in den neuen Bundesländern Investitionen zügig voranzubringen. Insofern haben wir zur Kenntnis zu nehmen, dass im Bundesrat die Mehrheit der Länder – ich betone das, wir sind ein föderaler Staat, es geht um Mehrheiten – die Einzelinteressen Mecklenburg-Vorpommerns nicht so hoch gewertet hat und diese folglich nicht mehrheitsfähig waren.

Deshalb ist zu Ziffer 3 des CDU-Antrages zusammenfassend festzustellen: Es wird in Mecklenburg-Vorpom