Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, Qualifikation ist ein Schlüssel zur Zukunft. Und weil wir wissen, dass Qualifikation ein Schlüssel zur Zukunft ist für den Einzelnen wie für das ganze Land, hat sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, dass jeder Jugendliche, der will und kann, in Mecklenburg-Vorpommern einen Ausbildungsplatz angeboten bekommt. Das ist und bleibt unser Ziel und dieses Ziel haben wir auch für die Ausbildungsjahrgänge 2000 und 2001 wieder erreicht. Jugendliche, die keine betriebliche Lehrstelle erhalten, werden außerbetrieblich ausgebildet. Dabei halfen der im Bündnis für Arbeit beschlossene landesweite Ausbildungskonsens, das Bund-LänderLehrstellen-Sonderprogramm und das Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit.
Für die einzelnen Jugendlichen, für die aus den verschiedensten Gründen gegenwärtig oder erneut ein Ausbildungsbedarf besteht, haben wir noch genügend Plätze im Lehrstellensonderprogramm und im Jugendsofortprogramm, um allen ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Ausbildungsplatzangebot zu machen. Diejenigen Jugendlichen, die nach Einschätzung der Arbeitsverwaltung noch nicht über die erforderliche Ausbildungsfähigkeit verfügen, werden in berufsvorbereitende Maßnahmen vermittelt.
Dass wir unseren Jugendlichen genügend Ausbildungsplätze anbieten können, dafür ist an erster Stelle der Wirtschaft des Landes zu danken. Die Ausbildungsleistung unserer Betriebe kann sich sehen lassen. Mecklenburg-Vorpommern ist bei der betrieblichen Ausbildung bundesweit die Nummer 1. Mit einer Ausbildungsquote von 7 Prozent liegen wir 2000 deutlich vor Rheinland-Pfalz mit 6,6 Prozent, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit 6,4 Prozent oder Thüringen mit 6,1 Prozent und Sachsen mit 5,6 Prozent. Aber nicht nur bei den betrieblichen Ausbildungsplätzen halten wir den ersten Platz. Mecklenburg-Vorpommern lag im Jahr 2000 im Vergleich aller Bundesländer ebenfalls an der Spitze, wenn wir uns die abgeschlossenen Ausbildungsverträge insgesamt ansehen – betriebliche und außerbetriebliche. Bei uns wurden 1.022 neue Ausbildungsverträge je 100.000 Einwohner abgeschlossen. Bremen lag mit 877 Ausbildungsverträgen an zweiter Stelle. An dritter Stelle lag Thüringen mit 860 Ausbildungsverträgen und im Durchschnitt lagen die deutschen Bundesländer bei 757 Ausbildungsverträgen pro 100.000 Einwohner.
Das zeigt, wir tun viel im Land und dennoch können wir damit natürlich noch nicht zufrieden sein. Auch in den Jahren 2000 und 2001 lag die Nachfrage nach betrieblichen Ausbildungsplätzen deutlich über dem Angebot, selbst wenn man natürlich sehen muss, dass diese Nachfrage bei uns wesentlich höher ist als beispielsweise in Hamburg oder Schleswig-Holstein. Unsere Bewerberzahlen liegen um rund zwei Drittel über den Hamburger Zahlen und im Vergleich mit Schleswig-Holstein haben wir immerhin ein Drittel mehr Bewerber. Doch wie dem auch sei, wir dürfen nicht nachlassen, für betriebliche Ausbildung zu werben. Wir dürfen nicht nachlassen, auch weil sich die Situation bald grundlegend ändern wird. In einigen Jahren – etwa in den Jahren 2006/2007 – werden die Bewerber für Lehrstellen knapp. Die jetzige Situation verkehrt sich in ihr Gegenteil. Darauf müssen wir uns vorbereiten und das müssen wir heute tun.
Jeder Unternehmer weiß, qualifizierte Fachkräfte kommen nicht aus der Retorte, sondern müssen langfristig ausgebildet werden. Deshalb müssen sich unsere Betriebe genau überlegen, ob sie nicht die Möglichkeit haben, für ihre eigene Zukunft auszubilden und damit unseren jungen Menschen Zukunftsperspektiven zu geben. Dabei geht es nicht nur um die Zukunft junger Menschen, es geht dabei auch um die Zukunft der Unternehmen.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass noch mehr Betriebe als bisher ausbilden, und das wollen wir den Unternehmen auch leichter machen, zum Beispiel durch die Möglichkeit der Ausbildung im Verbund. Das ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen interessant, die sich für sich allein die Ausbildung eines Lehrlings nicht in vollem Umfang leisten können. Die Ausbildungsinhalte, die die Untenehmen nicht abdecken können, vermittelt ein Bildungsträger. Dieser kümmert sich auch um die
Organisation der Verbundausbildung und entlastet damit die Unternehmen. Ich meine, das ist eine gute Idee und deshalb übernimmt das Wirtschaftsministerium auch die Finanzierung des Ausbildungsanteils beim Bildungsträger. Kleine und mittlere Unternehmen erhalten so passgenau und bedarfsorientiert ausgebildetes Fachpersonal und die Jugendlichen erhalten eine qualifizierte Ausbildung.
Dass die Ausbildung im Verbund ein Erfolg versprechender Weg ist, das zeigen die Erfahrungen mit der Multimedia-Verbundausbildung. Die Multimedia-Verbundausbildung gibt es seit Ende 2000 und die Resonanz bei den kleinen Betrieben ist ausgesprochen gut. Bisher gibt es im Bereich Multimedia 12 Verbünde mit insgesamt 1 3 1 Lehrlingen und 109 beteiligten Betrieben. Diese 1 3 1 Ausbildungsverträge – das muss man ganz klar sehen – wären ohne dieses Modell nicht zustande gekommen. Wir wollen deshalb die erfolgreiche Mudimedia-Verbundförderung noch in diesem Jahr auf weitere Branchen und Berufe ausweiten. Auch Biologie- und Chemielaboranten, Mikrotechnologen und Fluggeräteelektroniker, aber auch Kaufleute im Gesundheitswesen oder Sport- und Fitnesskaufleute sollen im Verbund ausgebildet werden können. Insgesamt wollen wir 17 Berufe neu aufnehmen. Wir wollen uns dabei nicht nur auf die Technologiebranche konzentrieren. Wir brauchen zum Beispiel auch qualifizierte Arbeitskräfte in der Tourismusbranche, um weiterhin erfolgreich sein zu können. Auch dort gibt es viele kleine Betriebe, die nicht allein in der Lage sind, qualifiziert auszubilden. Die Zahl der Ausbildungsverträge hat in der Tourismusbranche und ihrem Umfeld zugenommen. Koch oder Köchin waren bei den Ausbildungsverträgen die Nummer 1 in Mecklenburg-Vorpommern. Auch Hotelfachleute und Restaurantfachleute werden verstärkt ausgebildet.
Meine Damen und Herren, ich meine, das sind Schritte in die richtige Richtung. Doch nicht nur die Zahl der Ausbildungsplätze, auch die Qualität der Ausbildung ist wichtig, denn unsere Tourismusbranche muss hohe Qualität bieten und das erreichen wir nur mit qualifizierten Fachkräften.
Auch in den IT-Berufen ist die Zahl der betrieblichen Ausbildungsverträge deutlich gestiegen auf über 400 und das ist eine Steigerung um rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gesundheitsberufe, technologieorientierte Berufe – hier ist Potential, dieses Potential müssen wir nutzen und das tun wir auch.
Meine Damen und Herren, wir werden auch in den kommenden Jahren auf außerbetriebliche Ausbildung nicht verzichten können. Die Schultern unserer Betriebe allein werden die Ausbildungsaufgabe nicht tragen können. Dazu sind sie noch zu schmal. Deshalb müssen wir aber die Konditionen in der außerbetrieblichen Ausbildung, beispielsweise der Lehrstellensonderprogramme, exakt auf den künftigen Fachkräftebedarf zuschneiden. Wir beraten zurzeit mit dem Bund und den anderen neuen Ländern, welche Konsequenzen in dieser Hinsicht in den Lehrstellensonderprogrammen gezogen werden müssen. Alles das machen wir, aber alles das muss sich auch am Fachkräftebedarf der Zukunft orientieren. Da sind wir uns einig mit dem Landesausschuss für Berufsbildung, und nicht nur in dieser Frage. Der Landesausschuss hat dem
vorliegenden Berufsbildungsbericht zugestimmt und der Landesregierung Empfehlungen gegeben, die wir dem Bericht beigefügt haben. Wie wir die Empfehlungen am besten umsetzen, soweit wir da nicht schon dran sind, darüber wollen wir gemeinsam beraten. Ich will mich an dieser Stelle für die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten ausdrücklich bedanken.
Man kann sagen, dass in Mecklenburg-Vorpommern in der wichtigen Zukunftsfrage Berufsausbildung Konsens besteht. Alle Beteiligten, ob Arbeitgeber oder Gewerkschaften, leisten gute und sachorientierte Arbeit, damit wir den jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern eine qualifizierte Berufsausbildung bieten können und unsere Wirtschaft ihren Fachkräftebedarf decken kann, damit unser Land weiter vorankommt. Qualifikation ist der Schlüssel zur Zukunft auch in Mecklenburg-Vorpommern. Wir wissen das und wir handeln danach. – Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Berufsbildungsbericht 2000/2001 liegt nun eine detaillierte Zustandsbeschreibung über die Ausbildungs- und Arbeitsplatzsituation der unter 25-Jährigen im Land vor. Für mich lassen sich allerdings die wichtigsten Dinge nur zwischen den Zeilen herauslesen. Ein Bereich, der mir dabei besonders am Herzen liegt, ist die Schaffung von Zukunftsfähigkeit für das Land, Zukunftsfähigkeit, die es jungen Menschen ermöglicht, eine Perspektive im Land zu sehen, und für die die Suche nach einem Beruf nicht gleichbedeutend mit dem Wegzug aus Mecklenburg-Vorpommern ist. Was Sie in Ihrem Bericht ja nicht erwähnen, ist die Tatsache, dass viele Ausbildungsplatzsuchende ihre Chance gar nicht mehr in Mecklenburg-Vorpommern sehen, sondern gleich in anderen Ländern ihr Glück versuchen. So waren das 1999 im Wanderungsminus 1.451 Unter-20-Jährige und zwischen 20 und 25 waren es 3.772. Also waren es weit über 5.000 junge Menschen im Altersbereich zwischen 15 und 25, die aus diesem Land wegzogen.
Wir stehen in Mecklenburg-Vorpommern vor der grotesken Situation, dass auf der einen Seite eine Arbeitslosenquote von nahezu 20 Prozent auf dem Land lastet, auf der anderen Seite aber in vielen Unternehmen qualifiziertes Personal fehlt, händeringend gesucht, aber häufig nicht gefunden werden kann. Herr Minister Ebnet, zu diesem Fakt kein Wort von Ihnen.
Insbesondere bei der Gruppe der Unter-25-Jährigen sehen wir uns mit der Tatsache konfrontiert, dass einerseits im Land eine sehr hohe Ausbildungsquote vorherrscht, auf der anderen Seite aber aufgrund der fehlenden breiten wirtschaftlichen Basis auch die Arbeitslosigkeit in dieser Altergruppe besonders hoch ist. Im Dezember des vergangenen Jahres waren 17.869 junge Menschen unter 25 Jahren ohne Job. Dabei ist insbesondere die Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen überdurchschnittlich hart von Arbeitslosigkeit betroffen.
Meine Damen und Herren, und was die im Land überdurchschnittlich hohe Ausbildungsquote angeht, das ist in erster Linie den Unternehmen zu verdanken, dass sie sich ihrer Verantwortung für die jungen Menschen trotz schwieriger wirtschaftlicher Situation nicht entziehen und trotz angespannter wirtschaftlicher Gesamtsituation ein großes Ausbildungsengagement an den Tag legen. Wichtigste Voraussetzung und Aufgabe höchsten Ranges der Landesregierung müsste also die Schaffung wirtschaftsfreundlicher Rahmenbedingungen sein. Stattdessen wird mit Programmen wie „Jugend baut“ und ÖBS nur Scheinbeschäftigung hervorgerufen. Es sollten endlich alle Anstrengungen auf den ersten Arbeitsmarkt konzentriert und in zukunftsträchtige Bereiche gelenkt werden.
Die Empfehlungen des Landesausschusses für Berufsbildung sprechen da eine klare Sprache. Demnach wird die Landesregierung aufgefordert, die Anstrengungen auf Berufsgruppen und Berufe zu konzentrieren, das heißt auf Beschäftigungsfelder mit einem künftigen Neubedarf an Arbeitskräften. Für Mecklenburg-Vorpommern werden Bedarfe insbesondere im Dienstleistungsbereich und in der Metallbe- und -verarbeitung prognostiziert. Der wirtschaftliche Strukturwandel ist also eindeutig gekennzeichnet von einer Verlagerung hin zur nachgefragten Qualifikation besonders im Dienstleistungsbereich. Ein zunehmend deutlicher Schwerpunkt liegt dabei auf wissensintensiven Tätigkeiten. So liegen die neuen Berufe, die nach 1996 geschaffen wurden, vor allem im Bereich der Informationsund Kommunikationstechnologie sowie im Bereich Multimedia. Der Trend zu wissensintensiven Dienstleistungen wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Mecklenburg-Vorpommern hat auch hier noch große Potentiale und Nachholbedarfe, die es sich zu erkämpfen gilt.
Meine Damen und Herren, erfreulicherweise war beispielsweise der Ausbildungsberuf des Fachinformatikers im Jahr 2000 erstmals unter den 20 am stärksten besetzten Berufsgruppen. Allerdings erfreuen sich auch Ausbildungsberufe wie in der Baubranche weithin großer Beliebtheit. Diese waren 2000 gleich dreimal unter den ersten 20 vertreten.
Der Berufsbildungsbericht offenbart aber auch einmal mehr die Schattenseiten der Berufsausbildung. Er offenbart die Schwächen unseres Bildungssystems, das offenkundig nicht in der Lage ist, junge Menschen in einer größer werdenden Zahl zu Leistungsbereitschaft und Leistungswillen zu erziehen und anzuhalten. Schon zum Berufsbildungsbericht 1999 machten wir auf die hohe Zahl der Abbrüche aufmerksam, auf die, die ihre Ausbildungsverträge vorzeitig lösten. 28 Prozent dieser Jugendlichen müssen wir mit staatlichen Förderprogrammen mit einem erheblichen Kostenmehraufwand auf den ersten Arbeitsmarkt zurückbringen. Zwar liegen wir mit den Vertragslösungen im Jahr 2000 noch im Schnitt der neuen Bundesländer, was mich aber mehr an der Statistik verblüffte, im Berufsbildungsbericht auf Seite 48 nachzulesen, ist, dass alle CDU-geführten Bundesländer eine niedrigere Vertragslösungsrate vorweisen als alle SPD-geführten Bundesländer. Das mag Zufall sein, aber da ich an Zufälle nicht so gerne glaube, bin ich mir sicher, dass dies auch etwas mit Kontinuität, Stringenz und Konsequenz von Bildungspolitik zu tun hat.
Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Auflösungsrate der
Ausbildungsverträge gegenüber 1999 im Jahr 2000 noch einmal gestiegen ist. Ich finde es sehr löblich, Herr Wirtschaftsminister, dass Sie zu diesem Komplex eine spezielle Befragung durchführten. Ich hätte nur erwartet, dass Sie dann hier auch auf dieses Thema eingehen – ein sicher schwieriges, ein diffiziles Thema. Auch diese Befragung lässt interessante Rückschlüsse zu. Wir müssen uns dabei fragen, inwieweit es sinnvoll ist und war, die Zahl der Abiturienten seit 1994 fortlaufend in die Höhe zu treiben, da diese verstärkt auf den Ausbildungsmarkt drängen und gerade, meine sehr verehrten Damen und Herren, man höre und staune, zu 82 Prozent selbst – ich wiederhole – vier Fünftel selbst ihre Ausbildungsverträge vorzeitig auflösten. Das heißt, 80 Prozent der Abiturienten sagen: Ich beende meine Ausbildung, aus welchen Gründen auch immer, nicht. Und keine andere Gruppe löst in diesem Umfang ihre Ausbildungsverträge vorzeitig auf. Ich will gar nicht beschreiben, wozu dieses in Betrieben führt, in kleinen, die dann sagen, ich nehme das nächste Jahr niemanden mehr, oder auch dann, dass dieser ja nun offene Ausbildungsplatz über ein halbes oder ein Dreivierteljahr in dem Ausbildungsjahr nicht wieder besetzt werden kann.
Interessant ist die Statistik mit den Gründen für den Ausbildungsabbruch. Nicht die abweichenden beruflichen Vorstellungen stehen in der Liste der Gründe ganz oben, sondern das Betriebsklima, und das ist aus meiner Sicht auch zur Kenntnis zu nehmen von Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Unternehmensverbänden und vielen anderen Institutionen, die sich für die Wirtschaft zuständig finden. Und wenn wir über einen Berufsbildungsbericht reden, dann gehören auch diese Fakten in die Debatte mit hinein. Das ist für mich ein Indiz dafür, dass unser Bildungssystem, zumindest teilweise, nicht zur charakterlichen Festigung der jungen Menschen beiträgt. Wir schulen sie nicht darin, Konflikte auszutragen und beschrittene Wege konsequent zu Ende zu gehen. Das ist auch ein gesellschaftliches Problem. Beliebigkeit gefährdet in diesen Größenordnungen in diesem Alter die Entwicklung der Persönlichkeit, ohne damit sagen zu wollen, dass wir den jungen Menschen eine gewisse Variabilität in der Gestaltung ihres Lebensweges vorenthalten wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn, Herr Minister, Sie von Qualität bei der Ausbildung reden, dann, denke ich, gehört auch mit dazu, wirklich deutlich zu machen, dass aufgrund der immer schlechter werdenden Qualität der schulischen Ausbildung eben Fakten im Raum stehen, gerade bei Leistungswettbewerben der Handwerkskammern, der Industrie- und Handelskammern, die zum Beispiel dazu führen, dass nur noch sehr wenige Lehrlinge – egal in welchem Beruf, ob im gewerblichen oder im kaufmännischen Beruf – die Zulassung finden, um an Leistungswettbewerben der Kreishandwerkerschaften oder der Landesinnung teilzunehmen. Es kann Sie doch nicht zufrieden stellen – Kollege Müller aus dem Landkreis Ludwigslust sitzt mir gegenüber –, dass im letzten Jahr die Kreishandwerkerschaft Ludwigslust keinen im Heizungs- und Sanitärgewerbe mehr gefunden hat, der in der Praxis die Note 2 hatte und in der Theorie die Note 3. Herr Müller, es ist leider eine Tatsache, dass beim Landesinnungswettbewerb des Bäckerhandwerkes nur noch wenige, teilweise nur zwei oder drei eben teilnehmen konnten, weil nur noch zwei oder drei, in einem Segment nur noch einer, die Zugangsvoraussetzungen hatten. Meine Damen und Herren, dieses sollte uns alle
zumindest dazu bewegen, die Fakten zu benennen und darüber nachzudenken, wie wir eine qualitative Verbesserung erreichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Lösung dieser Probleme, die ich aufgezeigt habe, liegt nicht nur bei den Berufsschulen. Das wäre viel zu kurz gegriffen. Die Lösung liegt auch nicht nur bei den Ausbildungsbetrieben. Wenn mir engagierte Handwerksmeister, Geschäftsführer von Hotels sagen, Herr Rehberg, wir müssen die Azubis erst mal wieder zur Dienstleistungsbereitschaft erziehen, dann ist das ein Signal an die ganze Gesellschaft. Die Lösung liegt in den Kindergärten, in den Grundschulen und in den weiterführenden Bildungsgängen und liegt nicht – und dies sage ich ganz bewusst zum Schluss – zuletzt auch bei funktionierenden Elternhäusern. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg feststellen, dass der vorliegende Bericht viel konzentrierter und fachkundiger als der letzte Bericht 1999 ausgefallen ist. Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern ist die fachliche Durchdringung Dank der Vorarbeit von SÖSTRA und hier insbesondere Herrn Professor Wahse vorbildlich. Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Zahlen sind ermittelt. Die Arbeit, aus diesen Zahlen und diesen Fakten politische Schlussfolgerungen zu ziehen, müssen wir hier alle gemeinsam leisten. So haben wir für die politische Diskussion nicht nur eine sehr gute Beschreibung des Ist-Zustandes, der Bericht beschreibt auch die Herausforderungen der nächsten zehn Jahre, insofern auch heute wieder ein Beitrag zur Befassung mit den Herausforderungen durch die demographische Situation.
Der Bericht ergänzt sehr eindrucksvoll und solide beispielsweise die Ergebnisse der Anhörung im Wirtschaftsausschuss zur Situation der Berufsschulen. Seine Erstellung geht aber auch auf den Beschluss des Landtages zum Antrag zur Volksinitiative „Der Jugend eine Zukunft – Berufliche Erstausbildung und Beschäftigung für Jugendliche“ zurück. Der vierte Punkt dieses Beschlusses betrifft die Ausfertigung jährlicher Berufsbildungsberichte zur Kontrolle der Umsetzung der sonstigen Beschlusspunkte. Dieser, kurz rekapituliert, betraf zum Ersten die Versorgung von Jugendlichen mit Ausbildungsplätzen, zweitens die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und drittens eine solidarische Umlagefinanzierung.
Zu verzeichnen ist gerade in unserem Land ein Saldo durch die Abwanderung junger Menschen. Darüber brauchen wir nicht mehr zu streiten und sollten es uns auch gegenseitig nicht vorwerfen, wenn man nicht in jeder Rede diesen Punkt zu seinem ersten macht. Einige der Ursachen und möglichen Lösungsansätze werden aber durch das gründliche Studium des Berufsbildungsberichtes deutlich und schon deshalb lohnt sich ein genaues Studium dieses Berichtes, auch wenn Herr Rehberg das
Gegenteil behauptet. Der Bericht erbringt zu vielen Fragen auch Antworten, beispielsweise den Beweis, dass die Prämienförderung vergangener Jahre eben keine statistisch nachweisbaren Ergebnisse erbracht hat. 3.000 DM sind vielleicht eine Form der Belobigung, zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze bedarf es anderer Mittel.
Wir haben schon oft über die qualitativen Herausforderungen für die Berufsausbildung gesprochen. Mit dem Modell der Multimedia-Verbundausbildung wurden 131 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze geschaffen, weil eben dieses Modell das wichtigste Problem ausbildungswilliger kleiner und mittelständischer Betriebe anpackt. Für Betriebe, die die ganze Breite der Ausbildung nicht leisten können, werden hier neue und Erfolg versprechende Lösungen gefunden. Ich denke, der Minister hat sie ausführlich erläutert.
Die PDS-Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dieses Modell auf weitere Berufe auszuweiten. Hier wird für Qualität und auch Quantität etwas getan, indem tatsächliche Hilfe geleistet wird für die Jugendlichen und für die Unternehmen in diesem Land. Der Weg von der Prämie weg sollte weiter beschritten werden hin zu Qualität. Hier hat, auch das möchte ich erwähnen, die AG 1a des Bündnisses für Arbeit in der Zusammenarbeit von Wirtschaft, Gewerkschaften und Regierung wirklich eins a Arbeit geleistet.
Wir haben aber auch mit genug ungelösten Problemen zu tun, vor allem die Bugwelle der Jugendlichen ohne Berufsausbildung der vergangenen Jahre fordert Antworten und entschlossenes Handeln.
Der Anteil der Altnachfrager – schöner oder unschöner technischer Begriff – wird größer und ist inzwischen bei 40Prozent der gesamten Nachfrage angelangt. Insbesondere die Analysen über die Gründe der vorzeitigen Vertragslösungen müssen erörtert werden, da gebe ich Herrn Rehberg völlig Recht.
Oft hören wir in der öffentlichen Diskussion die Klage der Arbeitgeber beziehungsweise Ausbilder über die Bildungsbereitschaft und Motivation der jungen Menschen. Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, dass Ausbildungsabbrecher die Regel seien. Allerdings müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass von 5.000 Vertragslösungen 1.400 ohne eine konkrete Perspektive abbrechen. Dies sind und waren 2000 immerhin drei Prozent der Auszubildenden. Alle anderen Abbrecherinnen und Abbrecher hatten eben konkrete andere Vorhaben. Mit einer Vertragslösungsrate von 26 liegen wir zwar 0,9 über dem Deutschlanddurchschnitt, aber noch weit vor Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin oder Schleswig-Holstein, dem Spitzenreiter. Seit 1994 pendeln die Zahlen in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 5.183 – übrigens im Jahre 1994 – und 3.752.
Auch der Zeitpunkt der Vertragslösungen ist differenziert zu betrachten. Entfielen im Bereich Industrie und Handel 52 Prozent der vorzeitigen Vertragslösungen auf das erste Ausbildungsjahr, so waren es im Handwerk nur 38 Prozent. Im dritten Ausbildungsjahr wurden im IHKBereich nur noch 13 Prozent der Ausbildungsverträge gelöst, im Handwerk dagegen immerhin 26 Prozent. Auch unterscheiden sich die Vertragslösungsraten in den einzelnen Berufsgruppen erheblich. Deutlich über dem Durchschnitt von 26 Prozent liegen die Hochbaufachwer
kerinnen, die Restaurantfachfrauen und -männer und die Steuerfachangestellten. Zumindest das Letzte kann ich persönlich gut nachvollziehen.
Dies wird aber für eine Analyse nicht ausreichen. Eine Umfrage der SÖSTRA gibt Aufhellungen über die wichtigsten Gründe für Vertragslösungen und sie sind dezidiert aufgelistet und abgefragt worden. Auf Seiten der Arbeitgeber wurden verhaltensbedingte Kündigungen mit 3 8 Prozent und Konkurs des Unternehmens mit 28 Prozent angegeben. Auch das dürfen wir nicht vergessen. Die Auszubildenden geben mit 30 Prozent als Grund das Betriebsklima an, 18 Prozent andere Berufsvorstellungen. Immerhin noch 8 Prozent geben an, wegen Unterforderung – wegen Unterforderung! – die Ausbildung abzubrechen, und 4 Prozent geben knallhart finanzielle Gründe an. Auch das ist eigentlich nicht so hoch, wie man es vermuten könnte nach der Diskussion.
Die Analysen zeigen uns also sehr gut die Stellschrauben zur Verbesserung der Berufsausbildung auf. Und da ist zum einen sehr wichtig die Frage von Motivation. Wer in der Schule bereits gescheitert ist, wer die Schule verlässt mit negativen Erlebnissen und Erfahrungen, wird in der Regel in schulischer Berufsvorbereitung mit denselben Erfahrungen konfrontiert werden. Daraus folgt eigentlich fast logisch der Schluss, die Berufsvorbereitung dual zu organisieren, in den Betrieben. Diesen Weg zeigt beispielsweise das Modellprojekt von Nordmetall und I G Metall Küste „QUAS Plus“ auf. Diese Form der dualisierten Berufsvorbereitung ist bisher erfolgreich und sollte als Modell auch verbreitet werden. Und wir sollten hier ganz genau gucken, ob diese Erfahrung auch in anderen Bereichen umgesetzt werden kann.