Protocol of the Session on December 13, 2001

Ja, die piesackt nicht wenig, das muss ich sagen.

(Zuruf von Heidemarie Beyer, SPD)

Und die sollte uns alle recht lange beschäftigen.

Mit diesen 94 Jahreswochenstunden, die wir im Grundschulbereich im nächsten Schuljahr erreichen, liegen wir gleich hinter Baden-Württemberg. Baden-Württemberg hat 98 Stunden, die Hessen haben 88 Stunden, Nordrhein-Westfalen 87 Stunden, in Sachsen-Anhalt sind es 93 und bei uns werden es 94 Stunden sein.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Wir haben den höchsten Stundenanteil in Deutsch und Mathematik im Vergleich mit allen anderen Vergleichspartnern, die ich hier erwähnt habe.

Ich darf noch ein anderes Vorhaben erwähnen, was seit 1998 in die Schulen, in das Schulsystem eingeführt wird, das sind die Ganztagsschulen. Auch die Ganztagsschulen sind von hervorragender Bedeutung für einen ganzheitlichen schulischen Ansatz, der geeignet ist, Defizite abzubauen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

die in der genannten Untersuchung ausgewiesen sind. Bisher haben wir 50 Ganztagsschulen,

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

14 kommen jetzt hinzu und wir werden dieses System systematisch und kontinuierlich ausbauen.

(Harry Glawe, CDU: Dann müssen Sie auch die Mittel dazu geben.)

Ja, diese Mittel werden bereitgestellt, aber schrittweise.

(Andreas Bluhm, PDS: Das ist ja auch noch nicht so lange, dass die CDU für Ganz- tagsschulen ist. Das ist ja auch was Neues. – Volker Schlotmann, SPD: Wir vernehmen, dass die CDU dafür ist. Das ist ein Ansatzpunkt.)

Ich möchte noch etwas anderes erwähnen. Medienkompetenz ist eine Grundlagenkompetenz. Medienerziehung ist ein Aufgabengebiet, zu dem die Fächer in allen Schulstufen und Schularten beizutragen haben. Der Einsatz neuer Medien im Unterricht ist ein Schwerpunkt unserer Bildungspolitik. Es liegt in der Verantwortung der Schule, die Chancengleichheit auch dahin gehend für unsere Kinder weitestgehend zu gewährleisten. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass wir beschleunigt die Lehrer in der Medienkompetenz ausbilden, und zwar in den verschiedensten Modulen bis hin zu dem Einsatz von Computern im Fachunterricht und bei der Nutzung des Internets, so dass wir zum Ende dieser Legislaturperiode auch davon ausgehen können, dass wir alle Lehrer durch die verstärkten Anstrengungen, die unternommen wer

den, auf diesen Gebieten fortgebildet haben. Sie wissen, dass wir für die allgemein bildenden Schulen von 2001 bis 2005 für die Ausstattung und Projektförderung mehr als 54 Millionen DM zur Verfügung stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Orientierungsstufe ist ein Regelungsgegenstand im Schulgesetz. Die Orientierungsstufe ist das Bindeglied zwischen der Grundschule und den weiterführenden Bildungsgängen. Sie wird mit der Schulgesetznovelle inhaltlich reformiert. Alle Schüler der Klassen 5 und 6 werden nach den gleichen Rahmenplänen und Stundentafeln unterrichtet. Wir vergrößern die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen. Auch das ist PISA-konform. In der Jahrgangsstufe 5 und 6 werden zusätzlich eine Wochenstunde Deutsch beziehungsweise eine Wochenstunde Physik geboten.

(Beifall Heike Polzin, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

Zusätzlich erhalten die bildungsgangübergreifenden Klassen erheblich mehr Förderstunden, um auf die unterschiedlichen Begabungen der einzelnen Schüler eingehen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das geht alles nicht zum Nulltarif. Eine Stunde Deutsch in Klasse 5 kostet 3,7 Millionen DM. Gleichzeitig verändern wir die Leistungsförderung auch in dieser Schulstufe. Von Klasse 5 nach Klasse 6 wird auf der Grundlage der erbrachten Leistungen versetzt und am Ende der Orientierungsstufe sollen die Schülerleistungen eine vorrangige Rolle bei der Wahl des weiteren Bildungsganges spielen. Das sind alles Änderungen, die stark reformerisch sind.

Meine Damen und Herren, die Einführung der Regionalen Schule und die Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges unter den Maßgaben der Kultusministerkonferenz sind zentrale schulpolitische Anliegen der Koalitionsregierung. Beides verträgt sich sehr gut mit den Schlussfolgerungen aus der viel zitierten Studie. Warum greifen wir nun diese Reform jetzt auf? Wir tun es, meine Damen und Herren, weil die Qualität des bisherigen Haupt- und Realschulbildungsganges verbessert werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Es muss etwas geschehen, um die Absolventen besser auf die Anforderungen der Gesellschaft vorzubereiten. Das war schon lange unsere Position, bevor diese Studie ihre Ergebnisse hervorgebracht hat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das ist der inhaltliche Punkt und diesen setzen wir jetzt um, weil die jetzt schon bestehenden Verbundsysteme mit integrierten Klassen im kommenden Schuljahr durch den massiven Rückgang der Schülerzahlen in der Jahrgangsstufe 5 explosionsartig ansteigen werden. Wir werden sehr viel einzügige Schulen und sehr viel kleine zweizügige Schulen haben.

Im laufenden Schuljahr gibt es im dreigliedrigen Schulsystem in Mecklenburg-Vorpommern 9 Hauptschulen, 68 Realschulen, 250 verbundene Haupt- und Realschulen, 16 integrierte Gesamtschulen, 5 kooperative Gesamtschulen und 84 Gymnasien. Wir erwarten einen Schülerrückgang in der Sekundarstufe I von derzeit

26.000 Schülern auf 9.000 Schüler im Schuljahr 2005/2006. Das wird also zu diesen einzügigen und kleinen zweizügigen Schulen führen und der Anteil dieser Schulen mit integrierten Klassen wird sprungartig anwachsen. Das sind Fakten. Darauf muss Bildungspolitik eine Antwort geben.

(Harry Glawe, CDU: Genau, Steigerung der Qualität.)

Die Regionale Schule ist eine geeignete Antwort darauf, denn sie trägt den Realitäten Rechnung,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Harry Glawe, CDU: Jaja, jaja.)

sie verbessert das Unterrichtsangebot für mehr Schüler und ist dabei auch bezahlbar.

Die Hauptschule findet in unserem Land nicht die Akzeptanz bei den Eltern, Schülern, Lehrern und der Wirtschaft, die bei ihrer Gründung, bei der Einführung dieses Systems sicher erwartet worden war.

(Heidemarie Beyer, SPD: Das war doch aber von Anfang an bekannt.)

Insbesondere die Ausbildungsbetriebe und die beruflichen Schulen klagen über die schwachen Leistungen der Auszubildenden im Lesen, Rechnen und Schreiben sowie im Umgang mit dem Computer und bei der Lernfähigkeit bei neuen Aufgaben über unzureichende Ergebnisse. Dabei will ich hier, meine Damen und Herren, nicht den Erfolg einzelner guter Schulen in Frage stellen, die Bemühungen aufopferungsvoller und sehr talentierter, hochgradig engagierter Lehrkräfte, die ich kennen gelernt habe.

Wir haben auch gute Hauptschulen. Aber in der Gesamtschau war das Ergebnis nicht befriedigend und dies lag nicht an der mangelnden Förderung der Hauptschüler. Zum Beispiel was die Klassenstärken anbelangt – durchschnittlich 16 Schüler –, gibt es bundesweit hervorragende Bedingungen. Die Eltern und Schüler haben mit den Füßen abgestimmt. Die Hauptschule wurde nicht anerkannt und nicht angenommen. Auch das nehmen wir zur Kenntnis und ziehen daraus unsere Schlussfolgerungen. Bei dieser Weiterentwicklung der Haupt- und Realschule zielen wir besonders auf eine inhaltliche Verbesserung des Unterrichts ab. Der Unterricht ist das Wesentliche und hier liegen die überzeugenden Argumente für die Regionale Schule. Diese Schule wird durch Stärkung der Grundlagenbildung in den Kernfächern, durch Verbesserung der Berufsorientierung, durch Stärkung der sozialen Kompetenzen der Schüler auf eine Berufsausbildung vorbereiten. Sie wird von ihren Inhalten und Möglichkeiten mit dem Gymnasium gleichwertig, in der Zielrichtung aber anders sein. Das Gymnasium soll auf ein Studium, die Regionale Schule auf eine Berufsausbildung vorbereiten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Dennoch steht den Absolventen der Regionalen Schulen jede Möglichkeit offen, vor allem an der Fachoberschule oder am Fachgymnasium das Abitur zu erreichen.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Jeder anschließende Bildungsgang wird so weit wie möglich offen bleiben. Die Schüler der Regionalen Schule werden deutlich mehr Unterricht als an den bisherigen Hauptschulen, Realschulen und verbundenen Haupt- und Realschulen erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Wir bieten mehr Unterricht in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 in den Stundentafeln an und dieser Unterricht erreicht viel mehr Schüler im Pflichtunterricht, als es zuvor in der Haupt- und Realschule der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Andreas Bluhm, PDS: So ist es.)

In der Gesamtsumme bieten wir in der Regionalen Schule von Klasse 5 bis 10 190 Unterrichtsstunden an, im Vergleich zu 181 Stunden im Realschulbildungsgang. Der Unterricht in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Arbeit-Wirtschaft-Technik, in den Naturwissenschaften und in Geschichte wird gestärkt. Das erfordert auch Umverteilungen innerhalb des Curriculums.

Mit unserem Unterrichtsangebot können wir uns bundesweit sehen lassen. Wir unterrichten mehr Mathematik als in den vergleichbaren Schulen in Sachsen, SachsenAnhalt, Thüringen oder Rheinland-Pfalz. Wir liegen an der Spitze im Fach Deutsch, der ersten Fremdsprache. Im gesellschaftswissenschaftlichen Lernbereich bietet nur Sachsen mehr Unterricht in Geschichte, Geographie und Sozialkunde an. Natürlich erfüllen wir dabei alle KMK-Vorgaben. Unsere Schule und unsere Abschlüsse sind selbstverständlich bundesweit anerkannt. Die KMK erfordert für die Jahrgänge 5 bis 10 in der Summe einen Mindestrahmen, den wir mehr als erfüllen. In Deutsch gefordert sind 22 Wochenstunden, wir unterrichten 26. In Mathematik gefordert sind 22, wir unterrichten 27 Wochenstunden. In der ersten Fremdsprache gefordert sind 22, wir haben 25 Wochenstunden. In den Naturwissenschaften sind gefordert 16, wir unterrichten 26 Wochenstunden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das sind ja alles Bienchen.)

Meine Damen und Herren, ich hatte anfangs gesagt, dass Integration eine wichtige Leitlinie unserer Bildungspolitik ist. Genauso wichtig ist mir die individuelle Förderung der unterschiedlichen Schülerbegabungen. Diesen Zielen kommen wir mit einer Differenzierung in der Regionalen Schule nach. Wir bieten von der Jahrgangsstufe 7 bis 9 auf zwei unterschiedlichen Anforderungsebenen Mathematik, Englisch, Deutsch und eine Naturwissenschaft an. Je nach Leistungsfähigkeit werden die Schüler diesen Kursen zugeordnet und erhalten eine differenzierte Förderung.

(Harry Glawe, CDU: Ja, genau.)

In den übrigen Fächern wird integriert unterricht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Der Unterricht wird inhaltlich durch neue Rahmenpläne auf die genannten Hauptziele ausgerichtet. Die Lehrkräfte erhalten gezielte Fortbildungsangebote zur Vorbereitung auf diesen Unterricht.