Protocol of the Session on December 13, 2001

Zurzeit hat das Klinikum 7 Millionen Euro Bilanzverluste. Die Gründe der enormen Defizitentwicklung liegen sicher zum überwiegenden Teil bei der ambulanten und stationären Krankenversorgung – dort sind sie entstanden –, aber es wird im Ministerium auch eingeschätzt, dass die Wirtschaftsführung des Klinikums den objektiven Veränderungen im Gesundheitswesen nicht angepasst wurde, und zusätzlich sind einfach Mehrbedarfe hauptsächlich im medizinischen Bedarf, in der Instandhaltung und im Personal im Bewusstsein der nicht gedeckten Finanzierung bedient worden. Das sind also ganz wesentlich auch hausgemachte Gründe, und das auch unter den Bedingungen, die im Gesundheitswesen in der Bundesrepublik derzeit bestehen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Dass ein Klinikum, Universitätsklinika und andere, auch kostenneutral funktionieren kann, Herr Glawe, zeigt die vorpommersche Universität Greifswald, deren Klinikum jetzt mit der gleichen Rechtsform Gewinn erwirtschaftet.

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

Nun, Paragraph 6 steht im Zusammenhang mit der Zahnmedizin. Die Mittel, die bei der Schließung des Studiengangs Zahnmedizin freizusetzen wären, sollten in der Universität verbleiben. So ist das in der letzten Legislaturperiode beschlossen worden und das ist auch richtig, um die finanzielle Situation der Medizinischen Fakultät zu verbessern und die Schulden des Klinikums schrittweise abzutragen. Diese Mittel werden nun für den neuen Studiengang, den Modellstudiengang Zahnmedizin, benötigt. Da dieser aber kostengünstiger sein soll als der bisherige, sind die Raten für den Abbau der Defizite auf jährlich 1 Million Euro zumutbar, denn in dieser Höhe werden nach den Angaben der Universität Mittel freigesetzt.

Das sind also die Beratungspunkte, die heute hier anstehen. Ich behandle in meinen Ausführungen nur die Position der Sicherung der Kostenneutralität für das Land. Und ich muss gestehen, dass mich einige Haltungen und Verlautbarungen des Rektors und einiger Vertreter der Universität hierzu in zunehmendem Maße beunruhigen. So hat es erheblicher Anstrengungen in den Verhandlungen bedurft, die Definition zur Kostenneutralität und die Gewährleistung derselben auf die Inhalte zu bringen, mit

denen die Ausschüsse dieses Hauses und die Landesregierung wiederholt in Anhörungen und durch Konzeptpapiere befasst worden sind und die letztlich auch einen Ausgangspunkt für die Volksinitiative gebildet hatten. Zum anderen hat mir der Rektor neulich am Rande der ersten Anhörung zum Hochschulgesetz in Anwesenheit Dritter – ich hoffe, Sie erinnern sich noch alle daran – gesagt, der Studiengang würde gleich wieder abgemeldet, wenn er sich als nicht kostenneutral erweisen würde. Wenn ein Anliegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit solcher Vehemenz betrieben wird wie die Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin seit den letzten eineinhalb Jahren oder noch länger,

(Angelika Gramkow, PDS: Fünf.)

muss man sehr nachdenklich werden, wenn gewissermaßen noch vor der Einrichtung bereits die Möglichkeit einer Abmeldung in Aussicht genommen wird. Ist das ernst gemeint? Sind die Konzepte überhaupt ausgereift? Welche Auswirkungen hätte ein solches Vorgehen für die Glaubwürdigkeit der Beteiligten, für das Ansehen der Universität und des Landes in Deutschland

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Rede hat Ihnen doch Herr Schwabe geschrieben.)

in Anbetracht der inzwischen sehr breiten und sehr differenzierten – sehr differenzierten! – Wahrnehmung dieses Vorhabens? Werden auch Studenten verunsichert? Und warum, wenn einerseits für den Eintritt des Risikofalls die Abmeldung vorgesehen wird oder wenn andererseits die Kostenneutralität für sicher gehalten wird, ist es ein so unüberwindliches vertragsschädliches Hindernis für die Universität, wenn die Landesregierung ihrer Pflicht nachkommt und wasserdichte Verbindlichkeiten vorsieht? In einer Pressemitteilung der Universität heißt es, dass bei dem vorliegenden Vertragsangebot von Autonomie nicht mehr die Rede sein könnte. Das finde ich ganz und gar nicht. Autonomie ist kein Spiel und auch kein Wunschbriefkasten. Wer autonome Entscheidungen will, muss selbstverständlich gegebenenfalls bereit sein, für Risiken einzutreten. Entscheidung, Kompetenz, Verantwortung, Risiko, Haftung gehören zusammen.

Der Senat, dem alle Fakultäten angehören, hat sich einstimmig für die Zahnmedizin ausgesprochen. Ich möchte sehr dafür plädieren, der Universität noch Zeit zu geben, sich mit dem Vertragsangebot anzufreunden. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Bartels von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Bartels.

(Wolfgang Riemann, CDU: Jetzt wollen wir mal hören. – Harry Glawe, CDU: Tag der Wahrheit.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Leben ist schon manchmal seltsam und es gibt die verschiedensten Seltsamkeiten – zum einen das zunehmende Engagement der CDU für die Zahnmedizin Rostock, je näher der Wahltermin rückt.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Reinhard Dankert, SPD: Na, sie hat eben größere Zahnschmerzen.)

Ich erinnere mich sehr wohl an die Debatten hier in diesem Haus zur Volksinitiative vor zwei Jahren.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Da hörte sich vieles noch ganz anders an von Seiten der CDU. Da wusste die CDU auch noch, dass sie in der vergangenen Legislaturperiode Anträge der damaligen Opposition gegen die Schließung der Zahnmedizin immer mit Vehemenz abgeschmettert hatte. Es hat sich geändert. Ich gestehe ja zu, auch die CDU kann durchaus mal lernfähig sein.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wir sind doch lernfähig.)

Ich habe ja nur festgestellt, dass ich das doch mit Verwunderung vernehme.

Eine zweite Verwunderung ergibt sich für mich, weil der hier öffentlich ausgetragene Dissens zwischen der CDU und Herrn Wilken doch auch ein interessanter und neuer Aspekt ist.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Vielleicht hat sich Herr Wilken auch gewundert, das weiß ich nicht. Aber eins will ich Ihnen sagen, Herr Rehberg, Ihre Einschätzung der Äußerungen von Herrn Wilken, so, wie Sie sie zitiert haben – ich kenne sie nicht –, die würde ich dann allerdings teilen, die sind hochschulpolitisch überaus bedenklich.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das sind ja seltsame Allianzen hier. – Heiterkeit bei einzelnen Abge- ordneten der CDU – Barbara Borchardt, PDS: Nicht nur in dem Punkt.)

Und eine dritte Feststellung, Herr Rehberg, zu Ihrer Rede. Es ist ja sicher richtig, dass wir seit Jahren in intensiven Debatten und Auseinandersetzungen mit dem Finanzministerium im Zusammenhang mit Budgetierungen stehen. Aber auch da hilft dann am Ende die große Keule nicht, denn dass sich in diesen Debatten auch das Finanzministerium bewegt hat, wenn vielleicht auch manchmal langsamer, als ich mir das wünsche,

(Wolfgang Riemann, CDU: Wir auch, wir auch.)

das sollte man dann doch der Fairness halber auch zugestehen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Wir hätten uns auch mehr Bewegung gewünscht. – Angelika Gramkow, PDS: Lediglich so ein Stückchen fehlt noch. – Wolfgang Riemann, CDU: Genau.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich zum Thema komme, fällt mir ein, dass mir von Freunden und von politischen Gegnern gelegentlich immer mal wieder politische Blauäugigkeit unterstellt wird.

(Wolfgang Riemann, CDU: Gucken Sie mich mal an!)

Und wenn ich mir heute dieses Thema angucke, habe ich die arge Befürchtung, dass da sogar was dran sei, denn ich hatte ehrlich gesagt wirklich die Hoffnung, dass dieses Thema nach den sehr anstrengenden, aber meiner Meinung nach ergebnisreichen Beratungen, Sondersitzungen von Bildungsausschuss und Finanzausschuss im Sommer und nach der anschließenden Beschlussfassung im September auf Landtagsebene nun endlich gegessen sei. Es war wohl doch sehr blauäugig.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich einige kurze Anmerkungen machen. Es wird immer wieder gesagt, der Landtag mischt sich in Regierungshandeln ein. Ja, es ist so. Nach dem gültigen Landeshochschulgesetz ist die Entscheidung über Studiengänge Aufgabe der Landesregierung, ist Regierungshandeln. Aber dieser Studiengang Zahnmedizin ist Gegenstand von, ich sage mal, zweieinhalb Volksinitiativen gewesen und die Entscheidung über Volksinitiativen, die gültig sind, obliegt nun einmal dem Landtag.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Der Landtag muss zum Umgang mit Volksinitiativen Beschlüsse fassen. Und wenn diese Volksinitiativen sich mit einem Studiengang befassen, muss der Landtag eben auch Beschlüsse über Studiengänge fassen. Das lässt sich nicht verhindern.

Der Landtag muss, wenn er sich ernst nimmt, seine Beschlüsse hinsichtlich der Realisierung natürlich auch kontrollieren. Ein Ergebnis dieser selbstverständlichen und notwendigen Kontrolle ist der Beschluss auf der Drucksache 3/2208 vom September mit den hier schon zitierten Aufforderungen an die Landesregierung. Der Landtag hat nicht mehr, aber auch nicht weniger getan, als die Regierung aufzufordern, den politischen Willen des Parlamentes im Umgang mit einer Volksinitiative in aktives Handeln und entsprechende Festlegungen zu setzen. Ich habe das im September gesagt an dieser Stelle und ich habe es auch bei anderen Gelegenheiten gesagt: Gegenstand dieses Landtagsbeschlusses ist nicht die Frage, ob die Zahnmedizin wieder eingerichtet wird, sondern dass und wie.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Wolfgang Riemann, CDU)

Und an dieser Beschlusslage, die von allen drei Fraktionen in diesem Landtag getragen wurde, ist bis heute kein Deut zu rütteln.

(Wolfgang Riemann, CDU: Herr Ringstorff hat uns aber Opportunisten genannt.)

Sehen wir uns unter diesem Gesichtspunkt die Realisierung an, so ist erst einmal festzustellen, der Auftrag des Landtages an die Regierung ist nicht erfüllt. Es liegt kein abgeschlossener Vertrag vor, also muss die Regierung weiterarbeiten.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Und wenn ich mir unter diesem Gesichtspunkt die heute verteilte Aktivitätenliste des Bildungsministeriums auf der Drucksache 3/2561 angucke, fallen mir zwei Dinge auf, und ich will diese auch sehr deutlich benennen:

Die Datenliste beginnt im April 2001 und geht bis in diese Tage. In diesem Zeitraum sind vier Gespräche zwischen verschiedenen Ministerien und der Universität verzeichnet. Ich stelle fest, der Minister hat vorhin hier von Verhandlungen gesprochen. Wenn ich mir die Darstellung der Abläufe in der Unterrichtung angucke, glaube ich, die Darstellung in der Aktivitätenliste ist schon richtiger. Und vielleicht liegt hier eine Freud’sche Leistung vor, dass eben in dem Papier nicht von Verhandlungen, sondern von Gesprächen die Rede ist.

Natürlich ist es so, dass diese ganze Situation sehr schwierig ist. Wenn aber ein klarer Auftrag zu erfüllen ist,

etwas zu verhandeln ist, muss so lange verhandelt werden, bis ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis vorliegt. Und dann reichen vielleicht vier Gesprächsrunden eben doch nicht.

In diesem Zusammenhang, Herr Rehberg, muss ich Sie noch einmal ein bisschen korrigieren. Der Staatssekretär des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat in der von Ihnen zitierten Ausschusssitzung, die ich selbst geleitet habe, nicht vollmundig erklärt, dass es am 06.12. eine Überraschung gibt. Er hat die Hoffnung ausgedrückt, dass das erfolgen kann und dass es erfolgen wird. Und da er ein sehr optimistischer Mensch ist, wie Sie vielleicht wissen, war er voll guten Mutes, das ist richtig. Er hat aber gesagt, er garantiert nicht, dass das passiert. Und auch in dieser Beziehung sollten wir fair miteinander umgehen.

Wenn ich mir das bisherige Ergebnis angucke, habe ich ein Problem. Ich halte es nicht für gut – und das habe ich in der letzten Landtagssitzung, als das hier schon mal wieder eine Rolle spielte unter einem ganz anderen Tagesordnungspunkt, schon mal deutlich gemacht – und betrachte eine Einmischung in inhaltliche Punkte in die Verhandlungen von Seiten Dritter als störend. Es gibt zwei Verhandlungspartner, die sich gegenseitig ernst nehmen müssen als Verhandlungspartner und die einen Vertrag aushandeln müssen. So ist der Auftrag des Landtages.

Trotzdem möchte ich zwei Anmerkungen machen, weil solche Verhandlungen natürlich immer verbunden sind mit Kompromissfindung. Und so konstatiere ich, dass die Regierung im Zusammenhang mit der Definition der Kostenneutralität im Paragraphen 3 Kompromissbereitschaft und Kompromissfähigkeit bewiesen hat,

(Beifall Dr. Manfred Rißmann, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)