Protocol of the Session on November 14, 2001

Der Antrag der CDU enthält wohl formulierte Forderungen, geht aber wenig differenziert auf die komplizierte Thematik ein.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Aber es ist doch schon mal was, dass die Formulierungen gut sind.)

Aus Ihrem Antrag geht zum Beispiel nicht hervor, dass wir es zum einen mit der Reform einer Bundesbankstruktur und zum anderen mit der Neugestaltung der Bankaufsicht zu tun haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hat Frau Finanzministerin sofort erkannt.)

Das sollten Sie aber so deutlich sagen, weil es hierbei auch um unterschiedliche Interessenlagen geht.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Da haben aber unsere Frauen mitformuliert. Das sollten Sie beachten! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU, Peter Ritter, PDS, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Zum Ersten wird die Bundesbank im Euro-Land – das sage ich jetzt mal so – mit den anderen nationalen Notenbanken als Dienstleisterin agieren und konkurrieren. Da ist es nachvollziehbar, dass die Bundesregierung sich bemüht, die Struktur effizienter zu gestalten. Das ist ihre Aufgabe.

(Angelika Peters, SPD: Und die Männer hören jetzt auf zu kichern da vorne! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Peters, SPD: Das darf man nicht.)

Zum Zweiten will der Bundesfinanzminister eine Aufsichtsbehörde für Banken, Wertpapierhandel und Versicherungen unter einem Dach, eine so genannte Allfinanzaufsicht. Überzeugende Argumente dagegen habe ich von der CDU nicht gehört.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das werden Sie gleich hören!)

Sie haben doch auch nichts dagegen, Allfinanzkonzerne zu gründen.

(Harry Glawe, CDU: Wir haben uns so viel Mühe gegeben damit.)

Ich bin mir sicher, in dieser Frage wird es Bewegung geben müssen, ergibt sich doch das Konfliktpotential aus dem Umstand, dass der Bundesrat mit dem Vorhaben befasst ist.

Meine Damen und Herren, worum drehen sich nun die Kernpunkte der Auseinandersetzung?

Erstens. Mit der Einführung des Euro und dem Beginn der EWU sind die praktischen Entscheidungen zur Geldpolitik an den Europäischen Zentralbankrat abgegeben worden. Der Präsident der Bundesbank hat dort Sitz und Stimme. Der Zentralbankrat der Bundesbank verliert damit seine wesentliche Funktion. Das heißt auch, kein Zurück in der Frage der Entscheidungskompetenzen der Landeszentralbankpräsidentinnen und -präsidenten in Sachen Geldpolitik. Wir meinen, die Bundesbank muss jedoch in der Lage bleiben, im Wettbewerb mit den anderen nationalen Notenbanken ihre Kompetenz und Erfahrung in den Regionen zielgerichtet und überzeugend einzubringen. Insofern sind wir für einen wirklichen Meinungsbildungsprozess im Vorfeld. Dazu brauchen wir auch die Landeszentralbanken. Darüber hinaus sind wir für eine Demokratisierung der Strukturen und begrüßen jeden Schritt, der in diese Richtung geht.

Zweitens. Mit der Gründung der Bundesbank als eine Einrichtung des Bundes im Sinne einer obersten Bundesbehörde bekamen die Zentralbanken ein großes, hohes Maß an Selbständigkeit. Wir sind dafür, dass die föderale Struktur des Systems der Landeszentralbanken beibehalten wird.

(Detlef Müller, SPD: Genau.)

Unser Ansatz ist dabei, die Stellung der Regionen im weiteren europäischen Integrationsprozess zu stärken. Insofern stimmen wir diesem Anliegen zu.

Drittens. Auch wir sind dafür, die Aufgaben der Landeszentralbanken gesetzlich zu fixieren. Zugleich halten wir eine Verkleinerung des Zentralbankrates mit dieser Reform für sinnvoll. Dies wird einhergehen mit einer Reduzierung des Personals in der Bundesbankzentrale, aber auch in den Landeszentralbanken. Von einer zeitgemäßen effizienten Organisationsstruktur kann nämlich derzeit nicht die Rede sein. Die regionale Bindung der Bundesbank und ihre Verankerung in der Fläche darf hingegen nicht gelöst werden. Sie ist auch aus unserer Sicht unverzichtbar.

(Georg Nolte, CDU: Na also! Sie stimmen doch überall zu. Was haben Sie denn für Sorgen?)

Viertens. Was die Besetzung des Bundesbankvorstandes anbelangt, ist offen zu diskutieren, welche Variante den Interessen der Länder angemessen Rechnung trägt. Muss dies partout die sichernde Mitgliedschaft von allen Zentralbankpräsidentinnen und -präsidenten sein? Fachliche und regionale Zuständigkeit sollten jedoch wichtige Voraussetzungen sein. Da sind wir uns, denke ich, einig.

Frau Keler hat es sehr deutlich gesagt, die CDU bezieht sich mit Ihrem Antrag im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf und – das ist hier auch noch mal deutlich geworden – auch auf den Antrag aus Niedersachsen. Welche Position die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern bezieht, hat die Ministerin hier deutlich gemacht, und daher sehen wir Ihren Antrag als nichts Neues

(Harry Glawe, CDU: Was?)

und demzufolge auch als nicht sinnvoll an. Wir lehnen ihn deshalb ab. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Wir haben uns so viel Mühe gegeben damit. – Zuruf von Georg Nolte, CDU)

Herr Riemann, Sie sind dran.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich denn dran bin, dann will ich hier auch Rede und Antwort stehen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wir fragen Sie aber nichts. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Peter Ritter, PDS: Wir fragen nichts, aber Herr Riemann redet trotzdem.)

Erstens, Frau Finanzministerin, Sie haben unser Anliegen nicht richtig verstanden. Es geht uns in diesem Antrag und in einem weiteren Antrag am morgigen Tage um die Mitwirkung des Parlamentes bei wichtigen Entscheidungen, auch und gerade im Bundesrat,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

die Mitwirkung des ganzen Parlamentes und nicht nur Kungelrunden von Koalitionsfraktionen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das hörte ich vor vier Jahren aber ganz anders, Herr Riemann.)

Und zweitens, Frau Finanzministerin, geht es auch darum, dass dieses Parlament bei richtigen Vertretungen von Interessen unseres Landes, aber auch anderer Bundesländer, unserer Landesregierung die uneingeschränkte Unterstützung über alle Fraktionen gibt

(Beifall Georg Nolte, CDU)

und damit auch den notwendigen Rückenwind des Parlamentes, der Parlamente für die Landesregierung bei diesen Entscheidungen und damit auch gegenüber dem Bundestag sagt, so wollen wir es nicht. Und das ist eine Stärkung des Föderalismus.

Und drittens verstehe ich die Aufregung in diesem Hause und die Ablehnung nicht.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Also wenn hier jemand aufgeregt ist, dann sind Sie das.)

Denn, Herr Dr. Bartels, SPD, CDU, GAL haben in Niedersachsen gleiche Interessen vertreten im Parlament gegenüber der Landesregierung, gegenüber dem Bundesrat und auch gegenüber der Bundesregierung und dem Bundestag. Und wenn wir dazu nicht mal bereit sind, wenn wir dazu nicht mal bereit sind, uns eine solche Frage im Parteienstreit verkommen lassen, dann gute Nacht dieses Parlament.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie haben wieder mal nicht zugehört, Herr Riemann. Wir brauchen keine Eulen nach Athen zu tragen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 30. Mai hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank verabschiedet. Und in einer damit im Zusammenhang stehenden Presseerklärung lässt uns der Bundesfinanzminister Eichel wissen, sein Ziel sei es – und ich darf zitieren –, „die Rolle der Bundesbank im europäischen System der Zentralbanken zu stärken, die Landeszentralbanken als wichtige Ansprechpartner für die Kreditwirtschaft, mittelständische Unternehmen und Landesregierung zu erhalten und insbesondere den Finanzplatz Deutschland zu stärken“.

Ich kann hier für die Fraktion der CDU an dieser Stelle feststellen – und die Landesregierung hat das im Bundes

rat ja auch schon getan –, der vorliegende Gesetzentwurf zur Bundesbankstruktur verfehlt diese Ziele in Gänze. Da sind wir uns, denke ich, über alle Fraktionen hier einig. Die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Zentralisierung der Bundesbank, die Verdrängung der Landeszentralbanken aus den Leitungsgremien, die weitgehende Ausrichtung aller Entscheidungen einschließlich des Organisationsstatus auf die Person ihres Präsidenten würde vielmehr die innere und äußere Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, die als zentrale deutsche Errungenschaft Eingang in den Maastrichter Vertrag fand, untergraben. Ohne die Marktrisiken eines Unternehmensmanagers zu tragen, bekäme der Bundesbankpräsident eine Position, die weit über die Rolle eines Vorstandsvorsitzenden nach dem Aktiengesetz hinausginge.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! In dem künftigen so genannten Zentralvorstand der Bundesbank säßen dann nur noch von der jeweiligen Bundesregierung oder den Präsidenten selbst vorgeschlagene Mitglieder. Wo bleibt, meine Damen und Herren, damit die Unabhängigkeit?

(Ministerin Sigrid Keler: Das wollen wir ja gar nicht.)

Dann stimmen Sie unserem Antrag zu und nehmen Sie den Rückenwind mit bis hin nach Berlin ins Bundeskabinett und bis hin in den Bundestag!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Reinhard Dankert, SPD: Mit Ihrem Rückenwind kommen wir nicht mal 200 Meter bis vor die Tür.)

Sie senden heute das falsche Signal aus.

Wenn die Landeszentralbankpräsidenten weisungsunabhängig werden, fallen Sie aus der Unabhängigkeitsgarantie nach Artikel 108 des EG-Vertrages heraus. Und es bleibt mir unerfindlich, wie die Landeszentralbanken in einem solchen institutionellen Rahmen auf Augenhöhe mit Kreditinstituten, Unternehmen und Landesregierungen sprechen und ihnen als kompetente Ansprechpartner dienen sollten. Was der Präsident der Bundesbank nach innen auf dem Papier des Gesetzentwurfes an Macht gewönne, verlöre die Bundesbank an Stärke und Unabhängigkeit nach außen. Vielleicht ist es ja gerade das, was der Bundesfinanzminister mit diesem Gesetzentwurf bezweckt.

Aus dem Aufgabenbereich des künftigen Zentralvorstandes soll die Beschäftigung mit Vorbereitungen und Auswirkungen der Europäischen Geldpolitik schlicht und einfach gestrichen werden. Auf die Teilnahmemöglichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung an Zentralbanksitzungen und damit auf die offene, interne Diskussion wird verzichtet. Stabilitätsthemen sollten offenbar nicht mehr in den Gremien der Bundesbank, sondern, meine Damen und Herren, nur noch vom Präsidenten behandelt werden. Da das Schutzschild des föderalen Elements fehlt, kann die Bundesregierung den politischen Druck quasi punktgenau auf den Präsidenten ausüben. Wollen wir das, meine Damen und Herren? Wenn wir es denn nicht wollen, dann müssen Sie heute unserem Antrag zustimmen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das hat die CDU beschlossen.)

Denn die Autorität einer unabhängigen Bundesbank wird mit der Verankerung in den Regionen auch und gerade im Euro-System gebraucht.