Protocol of the Session on November 14, 2001

Danke schön, Herr Abgeordneter Albrecht.

Ums Wort gebeten hat die Sozialministerin des Landes Frau Dr. Bunge. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mecklenburg-Vorpommern ist nicht nur Urlaubsland, sondern es entwickelt sich zum Gesundheitsland. Es ist klar, mit seinen natürlichen

Gegebenheiten wie Wasser, Luft, natürlichen Reizen, klimatischen Reizen ist das Land prädestiniert, sich der Umweltmedizin – und hier meine ich vor allem der Behandlung von umweltgeschädigten Menschen – umfassend zuzuwenden.

Umweltmedizin hat in Mecklenburg-Vorpommern eine lange Tradition. Bereits 1888 wurden beispielsweise an der Greifswalder Universität Lehrveranstaltungen über die Untersuchung von Boden und Luft eingeführt.

Es ist eine Binsenweisheit, dass Umwelt und Gesundheit in engem Zusammenhang stehen. Aber es gibt in dieser Beziehung keine einfachen kausalen Ketten, sondern es gibt häufig multikausale Wirkungen. Das macht es auch schwierig. Angesichts dessen, Herr Albrecht, stimme ich Ihnen voll zu, dass es sich hier um eine sehr junge Disziplin der Medizin handelt.

Die Umweltmedizin, die Infrastruktur dafür im Lande zu entwickeln, wenn wir das Land als prädestiniert dafür ansehen, bedarf meines Erachtens, Kompetenz vieler zu bündeln. Es sind viele im umweltmedizinischen Sektor engagiert, und es ist nicht nur ein neues, sondern vor allen Dingen ein interdisziplinäres Fachgebiet – eine Konstellation, die geradezu ruft nach Kooperation.

Deshalb hat sich die Landesregierung, speziell das Sozialministerium und das Umweltministerium, zur Entwicklung eines umweltmedizinischen Kompetenzzentrums als Kern eines Netzwerks für Umweltmedizin politisch bekannt. Und Umweltmedizin als einen wichtigen Faktor zu sehen heißt nicht, sich von anderen Bereichen – wie dem von Ihnen, Herr Albrecht, angesprochenen, der Geriatrie – abzuwenden. Auch hier muss ein Schwerpunkt angesichts der demographischen Entwicklung liegen.

Wachsen kann dieses Netzwerk nur von unten. Vorliegender Antrag, eine Übersicht zur Entwicklung der Umweltmedizin in Mecklenburg-Vorpommern zu erstellen, kann denen, die sich für ein Kompetenzzentrum engagieren, meines Erachtens auch hilfreiche Unterstützung sein.

(Beifall Dr. Manfred Rißmann, SPD – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich kann Sie darüber informieren, dass sich über 30 interessierte Vertreter des umweltmedizinischen Bereichs im engeren wie im weiteren Sinne Ende Oktober in Dierhagen zu einem Werkstattgespräch eben in dieser Sache zusammengefunden haben. Die Landesregierung kommt in eine komfortable Situation, wenn sie sich einen kompetenten Ratgeber an ihre Seite stellt beziehungsweise er sich von allein an ihre Seite stellt und sie sich damit beim enormen Zuwachs der wissenschaftlichen Erkenntnisse mit ihm beraten kann, Handlungsstrategien ableiten kann.

Wenn sich im Land ein Netzwerk entwickelt, ein Netzwerk aus Wissenschaft, öffentlichem Gesundheitsdienst, Präventionstherapie und Reha-Einrichtungen, wird es darauf ankommen, zu diskutieren und auch zu klären, wer, wo, was tun sollte und vielleicht auch lassen sollte. Es existieren Euphorie, aber auch Bedenken, es gibt viele Fragen, vielleicht mehr Fragen als Antworten. Die Landesregierung ist bereit, sich an der Antwortfindung zu beteiligen, und ich sehe die Umsetzung dieses Ersuchens als einen Baustein dafür. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort erhält jetzt Herr Dr. Rißmann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute reden wir über Umweltmedizin. Vor 15, 16, 18 Jahren war das ein schwarzes Loch, vergleichbar mit der Situation der Arbeitsmedizin vor 30, 35 Jahren. Das Gebiet der Arbeitsmedizin hat sich in Deutschland erfreulicherweise zu einem sehr verlässlichen Partner für die Gesunderhaltung am Arbeitsplatz entwickelt.

Umweltmedizin stellt sich die Aufgabe: Erforschen, Erkennen, Behandeln, Vorbeugen von umweltbedingten gesundheitlichen Störungen oder auf den Menschen einwirkenden Belastungen. Daraus ergibt sich eigentlich schon, dass man es hier weniger mit ganz typischen Krankheiten zu tun hat, sondern mit einem Gemisch, mit einem Komplex an Einflussfaktoren und Reaktionen des menschlichen Organismus. In den letzten Jahren haben die Zunahme umweltbedingter Erkrankungen und immer wieder einmal Berichte in den Medien dazu geführt, dass dieses Thema doch ein breites Interesse gefunden hat. Und immerhin muss man wohl davon ausgehen, dass zwischen 25 und 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland in irgendeiner Weise mit umweltbedingten Belastungen zu tun haben.

Es gibt nun eine ganze Reihe von Hypothesen, wie was auf welche Weise zusammenwirkt und mit welchen Effekten, ob es jeden betrifft oder vielleicht nur genetisch Vorbelastete, oder nur Kinder, oder nur Frauen, oder nur Männer oder ältere Bürger. Ein wissenschaftlicher Konsens zu einer Vielzahl von Hypothesen ist bisher nicht erreicht worden. Die Diagnose zu objektivieren ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Dann stehen sich plötzlich Schulmedizin – also das, was der Arzt in seinem Studium und in seiner Praxis gelernt hat – und Alternativmedizin – die sich anhört, was der Betroffene berichtet, vielleicht mit dem Anhören, Wahrnehmen und Ernstnehmen der Probleme schon einen ersten heilenden Effekt oder günstigen Effekt auf den Betroffenen ausübt – scheinbar unversöhnlich gegenüber.

Die Rolle der Mediziner vielleicht dabei einmal kurz erwähnt: Es ist sicher sehr unterschiedlich, der Kenntnisstand über diese Problematik bei den niedergelassenen Ärzten, unterschiedlich auch das Interesse in einzelnen Kliniken, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Auf der anderen Seite steht aber das Kausalitätsbedürfnis des Betroffenen. Also der kommt zum Arzt, weil er festgestellt hat, dass irgendetwas in seiner Umgebung neu ist und vielleicht Ursache einer Erkrankung sein könnte oder von Beschwerden, die er jetzt vorträgt. Der Arzt bemüht sich dann, ihn ernst zu nehmen, als Erstes nach Schädigungsfaktoren, nach anderen Ursachen für das Unwohlsein oder für die Belastung zu suchen. Er findet nichts Fassbares. Dann kommt eine Situation, die für den Patienten, für den Betroffenen, sehr problematisch werden kann: Ich finde nichts, es tut mir Leid. Vielleicht gehen Sie noch zu diesem oder jenem Kollegen. Eigentlich sind Sie organisch gesund. Und wenn der Patient die Tür von außen zumacht, hinter vorgehaltener Hand: Der spinnt. Das ist eine sehr problematische Situation, weil das Nicht-ernstgenommen-Werden und Nicht-in-Kalkül-Ziehen von Faktoren, die nicht zur typischen Schulmedizin gehören, sondern in der Umgebung, in der Arbeitswelt, im Freizeitbe

reich, im Verhalten insgesamt des Betroffenen liegen können, einfach außen vorgelassen wird.

Das Problem Arbeitsmedizin hat auch in der DDR eine Reihe von Ergebnissen und Einflussmöglichkeiten, die ich nur kurz erwähnen möchte, gehabt. Schon 1981 gab es Untersuchungen zur Zunahme der durch Asbest verursachten Erkrankungen, einen Asbestkatalog. Es gab arbeitsmedizinisch wichtige Ergebnisse, welche chemischen Verbindungen, welche Typen körperliche und neuropsychische Belastungen hervorrufen können, arbeitshygienische Komplexanalysen. Es gab gesundheitliche Gefährdungsanalysen aus der Arbeitswelt 1980, 1976, 1981, 1978, die sich mit Schadstoffen – auch in der Atmosphäre in Richtung Krebserzeugung – beschäftigt haben. Es gibt eine sehr umfangreiche Studie, die die Ergebnisse von Untersuchungen in der ehemaligen DDR zwischen 1949 und 1989 beinhaltet, die von Klemm 1996 veröffentlicht worden ist. Das ist eine sehr interessante Zusammenstellung, die ich nur empfehlen kann, auch bei der Suche nach möglichen Ansätzen bei uns.

Zwei Dinge lassen Sie mich in dem Zusammenhang noch erwähnen. Auch zwei der Kinderkliniken in unserem Land, die Greifswalder und die Stralsunder, haben speziell Kinderbelastungen untersucht, auch zu DDR-Zeiten schon. Und jemand, der heute in einer leitenden Stellung in einem unserer Landesämter tätig ist, hatte die schädlichen Einwirkungen der Umwelt im Bitterfelder Raum untersucht. Das Ergebnis war zu DDR-Zeiten topsecret. Wir haben es nach der Wende genutzt für das bestehende Untersuchungsmanagement für Hunderte von Kindern, die aus Tschernobyl sich drei bis vier Wochen in Mecklenburg-Vorpommern aufhalten konnten, um sie zu untersuchen, in der Ausgangssituation und nach vier Wochen des Aufenthaltes bei uns in Mecklenburg-Vorpommern. Dieser Erholungseffekt in unserem Bundesland hat bei diesen Kindern, kontrolliert durch die Kollegen aus der Region um Tschernobyl, neun Monate – am Blutbild nachweisbar – Bestand gehabt. Das ist ein erfreuliches Ergebnis seinerzeit gewesen.

Nun lassen Sie mich etwas sagen zu der Frage: Wie geht man an diese Belastungen oder eventuellen Schadstoffanalysenfeststellungen heran? Für gewöhnlich das monokausale Beurteilen, das monokausale Denkmodell: Man nimmt einen Stoff, kontrolliert die Wirkung im Tierexperiment, verdünnt solange, bis kein Effekt mehr nachweisbar ist, man sucht nach dem NOEL – Non Observed Effect Level. Ein Tausendstel dieses Levels wird dann zugrunde gelegt, um die akzeptable tägliche Zufuhr, die gestattet ist, zu definieren. Auf die Weise gelingt es leider nur – und das ist Folge der monokausalen Denkweise –, für einzelne Substanzen eine genügende Sicherheit zu schaffen im Umgang mit ihnen. Man schafft es nicht, die addierende oder vielleicht sogar potenzierende Wirkung von Kombinationen ins Auge zu fassen. Man schafft es auf die Weise nicht, Organschäden, die vorhanden sein können, auf eine Einzelsubstanz oder auf mehrere Substanzen beziehen zu können. Man schafft es nicht, Immunsystemschäden, Schäden am Erbgut, Krebsrisiko oder embryonale Störungen zu erfassen, die durch Kombination von Schadstoffen ausgelöst werden können.

Das einfachste Beispiel, was jedem aus der Schule, wenn er das erste Mal mit Pinsel und Farbe hantiert, geläufig ist, ist, wenn man zufällig mit dem blauen Pinsel in einen gelben Farbtopf langt, dass man dann plötzlich eine grüne Farbe vor sich hat – zwei aneinander ge

gensätzlich beeinflussende Farben, die dann eine dritte ergeben. Es erscheint logisch, dass diese Bedingungen auch bei minimalen Substanzmengen biologische Störungen, Störungen biologischer Systeme auslösen, hervorrufen können. Die kombinierten Möglichkeiten sind also im Grunde unendlich, wissenschaftliche Aussagen noch nicht oder nur lückenhaft vorhanden. Und, meine Damen und Herren, die Anpassungsvorgänge des Menschen sind nicht unerschöpflich. Sicher ist es richtig, dass, wenn man bei der Ernährung die zwei Millionen Jahre Mensch zurückverfolgt, eine erstaunliche, eine enorme Anpassung seitens des menschlichen Organismus erfolgt ist.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Wie bei Mac Donald.)

Wenn sich die ersten Jäger und Sammler etwa 60 bis 80 Prozent pflanzlich ernährt haben und wenn sie dann mal das eine oder andere Tier erlegt oder gefangen haben,

(Zuruf von Georg Nolte, CDU)

vielleicht 20, 30 bis 40 Prozent tierische Ernährung Grundlage vor 2 Millionen Jahre gewesen sein dürfte, dann hat sich das vor etwa 6.000 Jahren entschieden dadurch verändert, dass Getreideanbau erfolgte und fast 90 Prozent aus pflanzlicher Ernährung sichergestellt worden ist. Allein das stellt eine erhebliche Anforderung an die Anpassungsfähigkeit der menschlichen Verdauungssysteme dar.

In den letzten 200 Jahren sind dann Einflussfaktoren hinzugekommen, mit denaturierten Nahrungsquellen, über Zusätze mit Geschmackskorrektoren, mit Farbsubstanzen, mit Emulgatoren, mit allen möglichen Dingen. Und wir brauchen uns heute eigentlich nicht zu wundern, warum wir bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen von Zivilisationskrankheiten reden. Und eines der Beispiele, worüber wir uns nicht zu wundern brauchen, ist die Volkskrankheit Diabetes. Wir haben heute etwa die 20fache Zuckerzufuhr in unserer Ernährung im Vergleich zu den Zeiten, als es noch keine synthetische Herstellung beziehungsweise Herstellung aus der Zuckerrübe gab. Oder wir haben heute das 2,5fache an Energiezufuhr und Fettzufuhr, das 5fache an tierischen Nahrungsmitteln. Wenn man in dem Zusammenhang dann auch noch die Bewegungsarmut der Kinder berücksichtigt, kann einem Angst und Bange werden, was sich denn in der Perspektive noch entwickeln kann durch Ernährung, durch Zivilisation, durch umweltbedingte Belastungen und Erkrankungen.

Nun, welche Aufgaben, welches Ansinnen hat ein solcher Antrag? Wir möchten gerne damit zunächst einmal eine Art Bestandsaufnahme, eine Analyse vorgelegt haben, wie die Situation zurzeit mit der Umweltmedizin im Lande ist. Daraus kann sich ergeben, Belastungssituationen in der Lebens- und Arbeitswelt genauer zu analysieren. Es reicht nach unserer Ansicht nicht, wenn wir damit werben, dass wir eine umwelt- und gesundheitsorientierte Landschaft anzubieten haben. Man braucht zusätzlich zur Badewasserqualität weitere Faktoren, über die man informiert sein muss. Und man braucht nach dieser IstAnalyse Wege und Möglichkeiten, politische Entscheidungen zu treffen, die in der Richtung nur liegen können, dass wir nicht nur verbal als Gesundheitsland werben, sondern meinetwegen mit einen Atlas, auf dem genau verzeichnet ist, wo welche Belastungen in unserer Landschaft vorliegen, wo welche besonderen gesundheitlichen Vorzüge liegen. Das kann für die Landwirtschaft, das kann

für den Tourismus, das kann für den älteren Bürger, das kann im Grunde für jeden ein Riesenvorteil sein, wenn wir uns diesem Thema ganz gezielt zuwenden. Ich denke, ich habe mit dem, was ich vorgetragen habe, genügend Argumente geliefert, um die Zweifel von Herrn Albrecht oder der CDU-Fraktion ein bisschen beiseite zu schieben und darum zu werben, dass wir gemeinsam nach solchen Aspekten suchen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Dr. Rißmann.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Schwebs von der PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Albrecht! Wir haben diese Form des Antrages gewählt, weil wir öffentlich Prioritäten setzen wollen für die Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und weil wir Diskussionsprozesse der Parlamentarier öffentlich machen wollen. Uns scheint es, Transparenz ist so eher zu erreichen, als wenn wir die Antworten von Kleinen Anfragen an die Presse geben.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Jawohl.)

Meine Damen und Herren! Wie wir aus eigener Erfahrung wissen, sind die Auswirkungen umweltverursachender Belastungen allgegenwärtig. Wir alle registrieren im persönlichen Umfeld die deutliche Zunahme von Allergien, vermuten oder wissen genau um die negativen Auswirkungen von Elektrosmog oder Lärm. Es reicht aber eben nicht aus, die negativen Auswirkungen zu erkennen. Es kommt darauf an, ihre Ursachen zu diagnostizieren und deren Beseitigung zu versuchen.

In jüngster Zeit wurde dieses Thema aus verschiedenen Gründen nur zurückhaltend diskutiert und medizinisch bearbeitet. Das lag nicht allein am fehlenden Geld, denn wir wissen es doch alle: Erst wenn gesundheitsschädliche Wirkungen eingesetzter Werkstoffe,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Baumaterialien oder sonstiger Zusätze...

Herr Riemann, Sie verwechseln schon wieder etwas.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Vielleicht war es auch die Rückenschule.)

... nicht mehr zu leugnen waren, wurden deren Gebrauch und die Folgen öffentlich diskutiert und im besten Falle verboten. Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang nur an das Formaldehyd, das jahrzehntelang in der Möbelindustrie Verwendung fand. Eine derartige öffentliche Debatte bleibt aber vor allem angesichts vermeintlicher wirtschaftlicher Verluste und auch der Imageverluste der Hersteller die Ausnahme.

Was dabei so ganz nebenbei auch noch auf der Strecke bleibt, ist das öffentliche Problembewusstsein, das Wissenwollen um die Probleme und daraus resultierendes präventives Verhalten. Um Sie aber, meine Damen und Herren, etwas mehr für dieses Thema zu sensibilisieren, möchte ich mich der Statistik bedienen.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Die Grundlage ist der Gesundheitsbericht für Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 1999. Dieser macht für die verschiedenen umweltmedizinischen Bereiche einiges deutlich. Am Beispiel der chronischen Lungenerkrankungen möchte ich dazu einige Ausführungen machen. In der Altersgruppe der über 65-jährigen Männer stieg die Zahl der Krankenhausfälle in Mecklenburg-Vorpommern innerhalb von drei Jahren von 1.265 auf 1.399 Fälle je 100.000 Einwohner im Jahr 1999. Bei Frauen belief sich der Anstieg im selben Zeitraum von 571 auf 588 Fälle.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Bei Kindern im Alter bis 14 Jahre liegt die Häufigkeit neuer Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich über dem Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland – und das, obwohl es bei uns noch eine saubere Luft gibt. Nach den Ursachen dafür gilt es zu suchen.

Eine besondere Bedeutung im Komplex der umweltverursachten Erkrankungen kommt dabei der Qualität der Luft zu. Die natürlichen Bestandteile der Luft sind – ich weiß natürlich, dass Sie das alle auch wieder ganz genau wissen, aber auch hier gilt eben, Wiederholung ist die Mutter der Weisheit – zu 78 Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, dann sind da noch Gase wie Argon, Kohlendioxid, Helium, Ozon und so weiter und so fort. Alles, was darüber hinaus in der Luft zu finden ist, gilt als Verunreinigung. Zu den wichtigsten gasförmigen Schadstoffen in der Luft gehören beispielsweise Kohlenmon- und -dioxid, Stickoxide, Fluor, Kohlenwasserstoffe und natürlich, das weiß inzwischen auch jedes Kind, Ozon. Außerdem können in der Luft feste Teilchen wie Asche und Ruß Stäube mit metallischen, organischen oder mineralischen Bestandteilen sowie radioaktive Stäubung und Gase enthalten sein. Diese wiederum können so fein sein, dass sie über die Lunge in die Blutbahn aufgenommen werden können.

Eine spezielle Gefährdung, meine Damen und Herren, Sie wissen es theoretisch auch alle, geht vom so genannten Smog aus. Dieser Begriff wurde aus den Wörtern „Smoke“ und „Fog“ zusammengesetzt. Man unterscheidet den Sommersmog, der im Sommer durch Autoabgase und Sonneneinstrahlung entsteht, und den Wintersmog, der auch London-Smog genannt wird. Er entsteht im Winter durch die Verbrennung schwefelhaltiger Brennstoffe. Smog kann erhebliche Gesundheitsgefährdungen mit sich bringen und sogar für viele, besonders für ältere Menschen, den Tod bedeuten.