Protocol of the Session on October 17, 2001

(Sylvia Bretschneider, SPD: Inhaltlich kommt doch da nichts.)

Deshalb würde ich gerne einen Beitrag zur Aufklärung leisten und etwas entwirren, damit auch die Wahrheit stärker zum Tragen kommt.

(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung will, dass beim Thema Tariftreueerklärungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge – nur um diese Aufträge geht es –

(Dr. Ulrich Born, CDU: Na ja.)

die Tarife am Sitz des Unternehmens gelten sollen, nicht die Tarife am Baustellenort.

(Siegfried Friese, SPD: Richtig.)

Da sind wir uns doch einig, oder?

(Barbara Borchardt, PDS: Ja, nicht so richtig.)

Dann frage ich mich, warum wir hier streiten.

Mecklenburg-Vorpommern hat der Einbringung, der Überweisung des Gesetzentwurfes von Nordrhein-Westfalen in den Bundesrat zugestimmt, nicht dem Gesetzentwurf selbst, der kommt ja erst wieder in den Bundesrat. Das heißt, hier ging es nur um das Verfahren,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Warum stimmen Sie denn einem solchen Unfug zu?!)

ob man einen Antrag überweist oder nicht.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Zugestimmt wurde der Überweisung und nicht dem Inhalt. Und der Inhalt wurde deutlich gemacht durch eine Protokollerklärung des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh, jaja, da haben sich die anderen aber furchtbar erschrocken.)

Ich zitiere jetzt aus dieser Protokollerklärung, Sie können es nachlesen im Protokoll des Bundesrates. Lesen bildet manchmal auch.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Dort heißt es: „Deshalb ist es unerlässlich, dass sich die tarifliche Entlohnung am Ort des handelsrechtlichen Sitzes des Unternehmens orientiert,“

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

„nicht an der tariflichen Entlohnung am Ort der Ausführung.“

(Beifall Siegfried Friese, SPD: Richtig.)

Jetzt frage ich mich: Wo sind wir denn da auseinander?

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja, warum stimmen Sie dann überhaupt erst der Überweisung zu? – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff)

Und die Protokollerklärung, um Ihnen das Lesen zu ersparen, zitiere ich weiter: „Der Gesetzgeber wird daher aufgefordert, auf eine ausgewogene wirtschafts- und sozialpolitische Entwicklung aller, insbesondere der strukturschwachen Regionen in der Bundesrepublik hinzuwirken und somit den Zugang aller Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen unter Berücksichtigung der tariflichen Entlohnung zu ermöglichen. Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern“ – und jetzt hören Sie bitte wieder zu – „werden ihre Zustimmung im weiteren Verfahren davon abhängig machen, inwieweit diesem Gesichtspunkt“, den ich anfangs geschildert habe, „Rechnung getragen wird.“

So, jetzt sind wir im Verfahren und die Zustimmung des Landes Mecklenburg-Vorpommern wird erst noch erfragt werden, die fand nicht statt.

(Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)

Das heißt, Sie tun also so, als ob hier über ein Gesetz entschieden worden wäre, das überhaupt noch nicht zur Entscheidung anstand. Und das ist genau das bewusste Missverständnis, das Sie zu erzeugen versuchen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff und Volker Schlotmann, SPD)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf wird im Bundesrat beraten werden. Dort werden wir uns weiterhin deutlich positionieren, wie wir es bisher schon getan haben. Wir werden das Thema im Übrigen auch auf der Wirtschaftsministerkonferenz in der nächsten Woche in Berlin besprechen. Und es wird in dem Sinn auch besprochen werden unter den ostdeutschen Wirtschaftsministern, wie es von den ostdeutschen Ministerpräsidenten schon besprochen worden ist, nämlich genau so, wie der Antrag von Mecklenburg-Vorpommern und SachsenAnhalt im Bundesrat gelautet hat.

Für uns ist klar, das Baustellenprinzip ist ein Prinzip zum Schutz der westdeutschen Wirtschaft vor ostdeutscher Konkurrenz. Da sind wir uns doch auch wieder einig. Dieser Marktabschottung werden wir nicht zustimmen.

(Harry Glawe, CDU: Na, wollen wir mal abwarten. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt zurück zum Ausgangsthema. Ich will keine falschen Hoffnungen wecken. Der Schrumpfungsprozess der Bauwirtschaft wird nicht von heute auf morgen aufhören und beendet sein. Es kann keine Entwarnung gegeben werden, die Überkapazitäten der Bauwirtschaft können wir nicht wegreden. Wir tun in dieser Lage, was wir können. Wir beschleunigen Investitionen und schaffen damit schnell Aufträge für unsere Bauwirtschaft. Wir halten die Investitionen des Landes trotz Haushaltskonsolidierung auf hohem Niveau.

(Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

Mecklenburg-Vorpommern stellt zum Beispiel im Vergleich zu Schleswig-Holstein ungefähr doppelt so viel Geld für den staatlichen Hochbau zur Verfügung,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

obwohl wir nur zwei Drittel der Größe und der Einwohnerzahl haben.

Meine Damen und Herren, wir können aber nicht dauerhaft Überkapazitäten durchsubventionieren. Wer das vorschlägt, verdrängt die Realität und auch seinen wirtschaftlichen Sachverstand.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Für die Infrastruk- tur ist noch lange genug was zu tun. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Meine Damen und Herren von der Opposition, ich bitte auch Sie: Stellen Sie sich der Realität!

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sagen Sie das mal Ihrem Arbeitsminister! – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Mecklenburg-Vorpommern muss auf seine Wachstumsbranchen setzen, wie zum Beispiel die Biotechnologie, gegen die Sie sich gewandt haben.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist einfach unwahr, was Sie sagen! Sie haben doch einen völlig untauglichen Versuch unternommen.)

Wir müssen auf Wachstumsbranchen setzen, um unsere Wirtschaft voranzubringen. Und auch wenn das noch schmale Schultern sind, die da eine große Last tragen müssen, einen anderen Weg gibt es nicht. – Danke sehr.

(Beifall bei der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Frau Borchardt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Wochen wird mit unterschiedlicher Intensität und auch heute hier in der Aktuellen Stunde das durch den Bundesrat auf den Weg gebrachte Vergabegesetz diskutiert. In der öffentlichen Debatte werden aus meiner Sicht vier Probleme dargestellt:

Erstens. Das Vergabegesetz wird abgelehnt, weil es rechtlich bedenklich ist.

Zweitens. Das Vergabegesetz wird abgelehnt, weil es der Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern schadet, die mit dem Gesetz von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden sollen.

Drittens. Sollte dieses Vorhaben jedoch eine Mehrheit erhalten, dann ist wiederum umstritten, ob der Tarif am Ort der Baustelle oder der des Sitzes des Unternehmens gelten soll.

Lassen Sie mich kurz aus Sicht der PDS-Fraktion dazu Stellung nehmen.