Protocol of the Session on October 17, 2001

Anfang September hatten wir, der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, zu der 10. Ostseeparlamentarierkonferenz nach Greifswald eingeladen. 1991 nach der Schaffung offener politischer Grenzen im gesamten Ostseeraum fand die 1. Konferenz in Helsinki statt. Damals ging es vor allem um das persönliche Kennenlernen und den Erfahrungsaustausch von Abgeordneten im Ostseeraum. Mit der 10. Konferenz ist uns ein wichtiger Schritt bei der Zusammenarbeit der regionalen und nationalen Parlamente gelungen. Zum ersten Mal haben wir nicht nur einen Informationsaustausch durchgeführt und eine eher allgemein gehaltene Resolution verabschiedet, sondern konkrete politische Forderungen an die Regierungen rund um die Ostsee gestellt. Dies zeugt von der gewachsenen Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten.

In den letzten zehn Jahren sind im Ostseeraum enorme wirtschaftliche Entwicklungen vonstatten gegangen. Die regionalen und nationalen Parlamente dieser Region sind sich bewusst, dass diese Entwicklungen politische Begleitung und die Setzung von politischen Rahmenbedingungen benötigen.

Nach der Konferenz von Greifswald können wir sagen, dass die Parlamentarierkonferenz neben dem Ostseerat auf Regierungsebene die zweite tragende Säule der Ostseekooperation geworden ist. Für die demokratische Entwicklung in Europa halte ich dies für einen wichtigen Schritt, denn Demokratien leben davon, dass sie nicht nur gut regiert werden, sondern dass gewählte Parlamentarier den politischen Rahmen setzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Darum verwundert es auch nicht, dass am Rande der Ostseeparlamentarierkonferenz über eine effektivere

Struktur dieser Konferenz diskutiert wurde. Dazu gehört eine feste Besetzung der Mitglieder zum Beispiel für den Zeitraum, für den sie in ihr regionales oder nationales Parlament gewählt wurden. Bisher werden die Mitglieder wie bei uns jährlich neu benannt. Kontinuierliche Arbeit ist dabei schwer möglich. Dazu gehört auch, dass die Anzahl der Delegierten sich nach der Bevölkerungszahl richtet. Und einige hoffen in Zukunft darauf, dass die Konferenz einmal ein demokratisch legitimiertes Ostseeparlament wird.

Stark beeinflusst wurde diese Diskussion durch unsere eigene Konferenzvorbereitung. Während der 9. Konferenz im Jahr 2000 in Malmö hatten wir gegen den Widerstand aus Skandinavien und mit Unterstützung der russischen Delegierten den Weg für das Thema „Die Sicherheit von Schiffen und Seewegen“ auf der Konferenz in Greifswald geebnet. Wie auf den Drucksachen 3/2111 und 3/2148 nachzulesen ist, haben wir dieses gründlich getan. Das ist besonders das Verdienst unseres Umweltausschusses.

Insbesondere das vom Landtag in Auftrag gegebene Gutachten der Juristischen Fakultät der Universität Rostock zur Bestandsaufnahme der Grundlagen des internationalen, europäischen und nationalen Seerechts unter Berücksichtigung der Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Ergebnisse der internationalen Anhörung am 25. April diesen Jahres haben dazu geführt, dass es zu einem sachlichen internationalen Austausch zu diesen wichtigen Fragen im Vorfeld der Konferenz kam.

Diese gründliche Vorarbeit hat sich ausgezahlt. Darin sind sich alle Beobachter der Konferenz in Greifswald einig. Stellvertretend für viele Kommentare darf ich aus den „Kieler Nachrichten“ vom 5. September 2001 zitieren: „Neun Jahre lang endeten die Konferenzen mit unverbindlichen Absichtserklärungen darüber, wie sich Abgeordnete der nationalen und regionalen Parlamente die Zukunft rund um das mare balticum vorstellen. Vom Konsensprinzip geprägt, waren die Ergebnisse meist wenig anschaulich und beeindruckten die jeweiligen Regierungen nur wenig. Mit dieser Unverbindlichkeit machte die 10. Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifswald Schluss. Mit ihrer einstimmig verabschiedeten Resolution zur Schiffssicherheit wurde die Konferenz präzise wie nie.“ So weit das Zitat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

So konnten konkrete Handlungsempfehlungen definiert werden, die für die Umsetzung im gesamten Ostseeraum für mehr Sicherheit von Schiffen und Seewegen notwendig sind. Ich will die Maßnahmen hier nicht alle aufzählen. Sie sind in der Entschließung Teil II nachzulesen.

Als besonderen Erfolg können wir den Umstand werten, dass Ergebnisse der Ostseeparlamentarierkonferenz erstmals und zeitnah im großen Umfang internationale Berücksichtigung gefunden haben. Bereits am 10. September wurden die Handlungsempfehlungen durch eine außerordentliche Fachministertagung der HELCOM 2001 in Kopenhagen erörtert und in deren Abschlusserklärung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beschlüsse von Greifswald berücksichtigt.

In der Diskussion auf der Greifswalder Konferenz gab es keinen Vertreter, der die Grundsätze der Entschließung in Frage stellte. In der Diskussion ging es nur um Präzisie

rungen und Ergänzungen. Es war das beherrschende Thema auf der Konferenz. Und es wurde mit der Greifswalder Konferenz nicht zu den Akten gelegt, sondern die Konferenz will die Umsetzung und Weiterentwicklung der Beschlüsse begleiten. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, in der unser Landtag mit dem Vorsitz beauftragt wurde. Auch dies ist ein neues Arbeitsinstrument der Konferenz und zeigt, dass sich künftig die Parlamente in die Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen im Ostseeraum stärker einbringen wollen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

In diesem Zusammenhang möchte ich dem Landtag in Schleswig-Holstein, besonders dem Landtagspräsidenten Herrn Arens für die konstruktive Zusammenarbeit in diesem Jahr danken. Herr Arens war in diesem Jahr der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses. Er hat einen wichtigen Anteil daran, dass dieses Thema auf der Konferenz die notwendige Aufmerksamkeit und Wertigkeit bekam.

Auch hat sich im Laufe der Vorbereitung die Haltung der skandinavischen Staaten geändert. Sie gaben ihre Zurückhaltung gegenüber dem Thema völlig auf. Dänemark hat im Gegenteil an der Ausgestaltung der Entschließung einen wesentlichen Anteil. In diese Zeit fiel der Zusammenstoß des Zuckerfrachters „Tern“ und des Ölfrachters „Baltic Carrier“ vor der dänischen Küste. Auf einer Besprechung, an der ich als Vertreter des Landestourismusverbandes in Dänemark teilnahm, wurde deutlich, welche wirtschaftlichen Folgen solche Umweltverschmutzungen der Ostsee nach sich ziehen können, denn die Touristenzahlen gingen sofort zurück. Besonders deutsche Touristen, die in Süddänemark rund 30 Prozent ausmachen, wandten sich eher anderen Zielen zu.

Dieses Jahr aktiver politischer internationaler Arbeit hat gezeigt, dass wir so für uns etwas erreichen können. Da für uns touristisch und wirtschaftlich überhaupt der Ostseeraum die Region ist, die unsere Entwicklung bestimmen wird, war dies ein wichtiger Schritt. Wir brauchen die Ostsee als Verkehrsweg und wir brauchen die Ostsee als sauberes Meer zur weiteren Entwicklung unseres Tourismus.

Die Greifswalder Konferenz hatte noch einen zweiten Themenschwerpunkt: „Politische und rechtliche Grundlagen einer zivilen Gesellschaft“. Diesen Teil finden Sie in der Entschließung Teil I. Ich will hier auch nicht auf alle einzelnen Punkte eingehen.

Das Anliegen der Konferenz ist es vor allem, in allen Staaten im Ostseeraum die Entwicklung einer stabilen zivilen Gesellschaft zu unterstützen und Bürgersinn und Demokratieverständnis zu stärken. Das geht von der Gewährung von Grundrechten, der Förderung des Schutzes von Menschenrechten bis zur besseren Zusammenarbeit der Menschen, Unternehmen und Institutionen. Diesen Prozess des Zusammenwachsens und Ausgestaltens demokratischer Strukturen zu befördern ist seit Beginn der Konferenz das wichtige Anliegen.

Dazu ist eine regionale Zusammenarbeit von besonderer Bedeutung, so, wie wir sie mit unseren Partnern in der Woiwodschaft Westpommern in Polen durchführen. Vertreter des Sejmik Westpommern und auch von Pommern mit Sitz in Danzig nahmen zum ersten Mal als Beobachter an der Konferenz teil.

Beeindruckend war für mich das Auftreten von Jugendvertretern aus Deutschland und den baltischen Republiken. Sie machten sehr deutlich, dass sie wissen, wie sie die Zusammenarbeit im Ostseeraum mit Menschen ihrer Generation verbessern können. Sie brauchen von uns aber Rahmenbedingungen, die es auch den jungen Menschen aus Polen, den baltischen Republiken und Russland ermöglichen, an diesem Austausch teilzunehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

In der Entschließung haben ihre Ausführungen breiten Raum gefunden. Hier werden unter anderem die Einrichtung einer Ostsee-Jugendversammlung oder ein Jugendticket für Ostseefähren, das heißt eine Ermäßigung für Jugendgruppen, angesprochen.

Viele junge Leute haben in der internationalen Zusammenarbeit manche Probleme der älteren Generation nicht. Sie beherrschen Englisch oder sind in der Lage, dies schnell zu lernen. Sie müssen keine Vorbehalte abbauen. Sie sind neugierig und gehen aufeinander zu. Wir sollten alles dafür tun, dass junge Menschen aus MecklenburgVorpommern sich an der internationalen Zusammenarbeit und dem Austausch junger Menschen im Ostseeraum beteiligen, denn sie sind die Führungskräfte von morgen. Sie gestalten künftig den politischen Prozess im Ostseeraum. Internationale Erfahrungen, die sie jetzt machen, und Kontakte, die sie jetzt schließen, können morgen viel erleichtern und Mecklenburg-Vorpommern zu einem aktiven Teil des Ostseeraumes werden lassen.

Hier müssen wir einige Schularbeiten machen. Mit dem, was wir bisher auf diesem Gebiet ermöglichen, können wir nicht zufrieden sein. Wir brauchen mehr Jugendbegegnungen. Das gilt auch besonders für alle unsere Ausbildungsstätten. Es gibt nur 30 Schulpartnerschaften mit Schulen in Polen und den baltischen Republiken. Das ist ganz sicher zu wenig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Auf dem Gebiet der Unterstützung einer Entwicklung, die zu einer stabilen zivilen Gesellschaft im Ostseeraum führt, gibt es auch für uns noch einiges zu tun. Mir scheint es wichtig, dass wir unser Engagement innerhalb der Ostseeparlamentarierkonferenz weiterführen. Wir können so unsere internationalen Kontakte verstärken. Und das halte ich für die Entwicklung unseres Landes, unserer Wirtschaft, aber auch unserer Kultur und Bildung für äußerst wichtig.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Die 10. Ostseeparlamentarierkonferenz hatte noch eine Besonderheit. Wir konnten zum ersten Mal parlamentarische Vertreter aus Italien, Griechenland und Kroatien begrüßen. Sie gehören der Adriatisch-Ionischen Initiative an, deren Mitglieder die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit anderen parlamentarischen Initiativen in Europa suchen.

Wir hatten die Ostseeparlamentarierkonferenz nicht, wie viele erwartet hatten, in unseren schönen Landtag eingeladen, sondern in das Max-Planck-Institut nach Greifswald. Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen als erfolgreiches Tourismusland bekannt. Dass wir auch interessante Forschungsanlagen zu bieten haben, war für viele eine Überraschung. Für unsere internationale Zusammenarbeit ist es, denke ich, wichtig, dass wir unsere Gäste öfter überraschen, weil sich daraus neue für uns interes

sante Möglichkeiten einer Zusammenarbeit entwickeln können.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Die Mitarbeiter des Max-Planck-Institutes haben uns bei der Durchführung der Tagung hervorragend unterstützt. Dem Direktor Herrn Professor Wagner und seinen Mitarbeitern möchte ich darum auch von hier aus noch einmal unseren herzlichen Dank sagen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Ministerin Sigrid Keler)

Auch für die Mitarbeiter unserer Landtagsverwaltung war die Tagung eine große Herausforderung, die alle mit großem Einsatz hervorragend bewältigt haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Angelika Gramkow, PDS)

Wir haben für die Durchführung der Konferenz viel Lob geerntet. Dafür möchte ich allen Beteiligten meinen herzlichen Dank sagen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Die nächste, die 11. Ostseeparlamentarierkonferenz wird in Sankt Petersburg und damit in Russland stattfinden. Russland hat in diesem Jahr auch den Vorsitz im Ostseerat. Der Beitrag der Russen auf der Greifswalder Konferenz hat gezeigt, dass sie sich hier aktiv einbringen wollen und den Ostseerat und die Ostseeparlamentarierkonferenz als Chance betrachten. Russland ist nicht Mitglied der Europäischen Union und hat bisher auch nicht vor, dies zu werden. Aber auch gerade die Rede von Präsident Putin im Deutschen Bundestag, denke ich, hat gezeigt, dass Russland eine enge Zusammenarbeit zu den westlichen Demokratien sucht. Durch die Terroranschläge am 11. September hat sich dieser Prozess ganz sicher noch verstärkt. Ein Baustein für diese gute Zusammenarbeit kann die Ostseeparlamentarierkonferenz sein.

Ihnen liegt die gemeinsame Entschließung aller Fraktionen zur Umsetzung von Beschlüssen der 10. Ostseepar

lamentarierkonferenz in Greifswald vor. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Danke schön, Herr Landtagspräsident.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 3/2316. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 3/2316 einstimmig angenommen.

Liebe Kollegen, auch ich möchte noch mal herzlich danke schön sagen für die erfolgreiche Parlamentarierkonferenz in Greifswald und möchte ganz besonders dem Landtagspräsidenten danken, allen Abgeordneten und den Mitarbeitern, die sich in besonderer Art und Weise hier engagiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Diese Konferenz hat neue Maßstäbe gesetzt und ich hoffe, dass die nächsten Konferenzen sich daran anschließen werden.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluss

der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages auf Donnerstag, den 18. Oktober 2001, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen eine kurze intensive Erholung.