Protocol of the Session on September 20, 2001

Da muss man in der Tat darüber nachdenken,...

Da geht es um die Frage Regel-Ausnahme-Verhältnis, was ich gesagt habe und was Sie offenbar doch verstanden haben.

(Herbert Helmrich, CDU: Das ist zusätzlich zu unserem.)

Herr Helmrich, wenn Sie das, worum es mir da geht, verstanden haben, dann bitte ich Sie erstens, unterstützen Sie mich in dieser Frage,

(Herbert Helmrich, CDU: Ja.)

und zweitens, tun Sie nicht so, als ob sich Ihr Antrag heute auf diese Fälle beziehen würde, sondern da geht es um etwas völlig anderes.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Herbert Helmrich, CDU: Das habe ich doch aber deutlich gemacht.)

Meine Damen und Herren! Ich werde auch in Zukunft alles unternehmen, um die größtmögliche Sicherheit der Bevölkerung vor verurteilten Straftätern zu gewährleisten, aber ich werde nicht jedem markigen Ruf nach mehr Härte blind folgen,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

sondern genau prüfen, was den Schutz der Bevölkerung wirklich verbessert.

Und, Herr Thomas, ich sage ganz klar auch mit Blick auf die aktuelle Debatte zur Abwehr terroristischer Angriffe: Es gibt keinen Grund, von dem Grundsatz abzuweichen, dass alle staatlichen Maßnahmen rechtsstaatlicher Überprüfung standhalten müssen. Die Regularien unserer wehrhaften Demokratie reichen zur Gefahrenabwehr aus, wir müssen sie nur konsequent anwenden.

Ich komme jetzt zu Ihrem Antrag. Die Unterbringung, also das Einsperren eines potentiellen Straftäters – darum geht es Ihnen – hat aus guten Gründen strenge Voraussetzungen. Der erste Fall: Jemand hat eine oder mehrere Straftaten begangen und diese begangenen Straftaten lassen befürchten, dass es erneut zu solchen Taten kommen wird. Dafür haben wir Regularien. Der andere Fall: Unabhängig von einer Straftat wird die Feststellung getroffen, dass durch krankhaftes Verhalten eines psychisch Kranken eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, die anders nicht abgewendet werden kann.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Das ist etwas vereinfacht der Text des Paragraphen 11 PsychKG. Bei diesen beiden Fallgruppen muss es bleiben. Ihr Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von der CDU, will das durchbrechen und muss deshalb abgelehnt werden.

(Beifall Siegfried Friese, SPD, Bodo Krumbholz, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Das Wegsperren eines Menschen allein deshalb, weil seine Persönlichkeit, so, wie ich sie sehe, eine Straftat befürchten lässt, kann nur an eine krankhafte Gefährlichkeit anknüpfen und das bedeutet, dass wir eine entsprechende psychische Erkrankung feststellen müssen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee.)

Wenn wir das nicht können – da unterscheiden wir uns offenbar –, ist eine Sicherungsverwahrung nur möglich, um eine Wiederholungstat zu verhindern.

(Reinhardt Thomas, CDU: Dann bleibt es, wie es ist.)

Voraussetzung ist also immer, dass eine Straftat begangen worden ist.

(Herbert Helmrich, CDU: Ja. – Dr. Armin Jäger, CDU: Genau.)

Deshalb muss und kann – Sie wollen ja was ganz anderes –

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein. – Wolfgang Riemann, CDU: Das hat er nicht verstanden.)

die Sicherungsverwahrung immer im Zusammenhang mit der Verurteilung für eine verübte Straftat erfolgen. Wenn Sie jemanden haben, der im Gefängnis eine Straftat begeht, ist das überhaupt kein Problem.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das stimmt.)

Ansonsten bleibt es bei diesem System

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein.)

und davon dürfen wir nicht abrücken. Ich halte es nicht für vertretbar, jemanden spekulativ aufgrund von Umständen wegzusperren, die weder ein strafbares Verhalten

sind noch eine krankhafte Gefährlichkeit begründen, sondern die irgendwo spekulativ in der Mitte liegen.

(Herbert Helmrich, CDU: Aber eine Straftat ist natürlich vorausgegangen, sonst würde er ja nicht sitzen.)

Ja, aber bezieht sich da nicht drauf.

Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf entspricht in der Sache zahlreichen gescheiterten Bundesratsinitiativen verschiedener Bundesländer. Mit der letzten davon haben wir uns hier im Landtag noch im Mai ausführlich beschäftigt. Meine damals vorgetragenen Argumente haben ihre Gültigkeit behalten, deshalb möchte ich darauf verweisen. Ich habe mich auf der Rednerliste extra nach hinten setzen lassen, um zu sehen, ob es noch neue Argumente gibt. Das ist nicht der Fall.

(Herbert Helmrich, CDU: Landesrecht! Landesrecht diesmal!)

Meine Damen und Herren, ich bitte, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2265 zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag, da er nur die Stimmen der CDU auf sich vereinigen konnte, abgelehnt. Der Gesetzentwurf wird nach angemessener Zeit zur Zweiten Lesung wieder auf die Tagesordnung gesetzt.

(Herbert Helmrich, CDU: Nicht mal reden im Ausschuss wollen sie drüber. – Reinhardt Thomas, CDU: Arbeiten ist nicht ihr Ding. Sie haben ja auch keine Anträge mehr. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, muss ich mich noch einer unangenehmen Pflicht entledigen. Der Abgeordnete Schoenenburg ist leider jetzt nicht hier, aber er erhält für eine seiner Äußerungen einen Ordnungsruf.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Osterweiterung der Europäischen Union, Drucksache 3/2261.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Osterweiterung der Europäischen Union – Drucksache 3/2261 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart.

Das Wort hat der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit Entsetzen haben wir alle von den abscheulichen und feigen Terroranschlägen am vergangenen Dienstag Kenntnis nehmen müssen. Ich habe es heute schon mal gesagt, die Anschläge zielten auf die Vereinig

ten Staaten, getroffen haben sie die gesamte zivilisierte Welt und das macht uns schonungslos deutlich, Frieden kommt nicht von allein. Er fällt uns nirgendwo in den Schoß, auch nicht in Europa. Deshalb dürfen wir nicht nachlassen, gemeinsam für den Frieden zu arbeiten.

Meine Damen und Herren! Die Osterweiterung der Europäischen Union trägt maßgeblich dazu bei, den Frieden bei uns zu sichern. Sie bringt den Völkern Europas Stabilität. In allen tagespolitischen Debatten um die Chancen und die Probleme der Erweiterung dürfen wir das, meine Damen und Herren, nie aus den Augen verlieren.

Am 13. Dezember des vergangenen Jahres hat der Landtag eine Debatte zur Osterweiterung der Europäischen Union geführt. Einstimmig hat er einen Beschluss verabschiedet, der auch einen Berichtsauftrag zum Stand der EU-Erweiterung enthielt. Dieser Bericht liegt Ihnen nunmehr vor. Es wird nicht der letzte Bericht sein. Das Thema Osterweiterung wird uns noch über längere Zeit beschäftigen. Die Ereignisse der letzten Woche haben die Bedeutung des Themas mit brutaler Gewalt klar gemacht. Die Osterweiterung ist ein Zukunftsthema, sie sichert Europa den Frieden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Meine Damen und Herren! Die Osterweiterung der Europäischen Union bringt uns in Mecklenburg-Vorpommern große Chancen. Diese Chancen wollen wir nutzen und wir werden sie nutzen. Probleme wollen wir lösen und wir werden sie lösen. Schon seit unserer Debatte im Dezember letzten Jahres hat sich viel getan, damit wir unsere Chancen nutzen und unsere Probleme lösen. Lassen Sie mich hier einige Punkte aufzählen:

Der erste und gleichzeitig der wichtigste Bereich ist die immer engere Zusammenarbeit mit den Woiwodschaften Westpommern und Pommern. Wir müssen aufeinander zugehen und voneinander lernen, um miteinander in den Grenzregionen zusammenzuwachsen. So sichern wir das friedliche Miteinander, so schaffen wir Arbeitsplätze. Die derzeit in Stettin stattfindende Präsentation des Landes Mecklenburg-Vorpommern dokumentiert unsere Zusammenarbeit. Über 50 Veranstaltungen mit Wirtschafts- und Kulturthemen sprechen, denke ich, eine deutliche Sprache.

(Unruhe bei Reinhard Dankert, SPD, und Barbara Borchardt, PDS)