(Dr. Ulrich Born, CDU: Nur der Bundeskanzler, der gerade opportun ist! – Dr. Armin Jäger, CDU: Der Bundeskanzler. – Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)
Hatte ich Ihnen nicht gerade erklärt, wie der Bundeskanzler sich bewegt hat im Rechtsausschuss des Bundestages? Da ist es auch kein Wunder, dass der Bundeskanzler sich dessen annehmen will.
Und es war nun nicht gerade, ich will hier nicht aus der Schule plaudern, die Art, wie besonders rechtstreue Juristen sich im Rechtsausschuss des Bundestages gewöhnlich geben. Aber da war er noch jung.
Es handelt sich ferner um ein Anliegen, dessen sich der Bund nicht annehmen will. Und nun kommen Sie uns heute mit der fast – fast! – wortgetreuen Abschrift eines Gesetzes aus Baden-Württemberg.
In Ihrem Eifer, das Gesetz schon mit dem ersten Absatz möglichst scharf zu machen, haben Sie durch eine kleine
Weglassung nunmehr gleich zwei Gefährlichkeitstatbestände, die sich beißen. Man kann es sich aussuchen. Und am Ende lautet der Text: Gefährlich ist ein Täter, wenn er gefährlich ist.
Ja, dass die CDU hier in Mecklenburg-Vorpommern ansonsten die Südschiene bedienen will, dagegen haben wir nichts. Nur sollten Sie es dann ehrlich sagen, dass es sich hier tatsächlich, und das haben Sie ja nun getan, um ein Landesgesetz von Baden-Württemberg handelt.
(Herbert Helmrich, CDU: Das habe ich doch gesagt. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ist da was Falsches dran? Das ist doch nicht falsch.)
Früher hieß es in dem Wappen der CDU Ost „Ex oriente pax“ – „Aus dem Osten kommt der Frieden“. Heute heißt die CDU-Devise Ost: „Aus dem Süden, aus Bayern und Baden-Württemberg kommt die sicherheitspolitische Musik“.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. Gucken Sie sich mal die Statistiken an! – Unruhe bei Dr. Ulrich Born, CDU)
Nun lesen wir in dem Entwurf, dass eine Gesetzeslücke, die zudem schrecklich schwerwiegend ist, behoben werden soll. Es heißt dort: Zur Abwehr, ich zitiere, „von nicht psychisch Kranken drohenden Gefahren“. Dazu hat Herr Friese sich schon geäußert. Ich möchte das nicht weiter tun. Wir halten ein solches Landesgesetz für ganz und gar nicht zulässig.
Begründung, Herr Helmrich ist darauf bereits eingegangen: Strafrecht wie das Recht der Sicherungsverwahrung sind Bundeskompetenz. Und der Bund hat von dieser Kompetenz bisher ausgiebig, fast zum Erbrechen ausgiebig Gebrauch gemacht. Die Kompetenz ist damit für das Land gesperrt.
Sicherlich, meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben extrem exzessive Täter im Auge. Aber auch diesen gegenüber ist nun einmal nicht jedes Mittel recht.
Wir können es uns aus ganz elementaren humanitären Gesichtspunkten nicht leisten, und das ist unsere feste Überzeugung, ungestraft in das Zeitalter der Voraufklärung zurückzufallen,
in dem die Unschädlichmachung von Verbrechern das oberste und wahrscheinlich oft die einzige Maxime des Strafens war.
Über diesen Zustand sind wir wohl inzwischen gut 200 Jahre hinaus. „Der Verbrecher hat“, lehrt Hegel, „ein Recht auf Strafe.“ Das bedeutet, so liest man es auch fast überall in der strafrechtlichen Literatur, ein Recht auf eine
Das ist doch wohl die eigentliche Quintessenz des Strafrechts. Und das gilt auch für die Sicherungsverwahrung, die berechenbar sein muss. Und das genau wollen Sie aushebeln.
Sonst könnten wir uns die ganze Rechtssicherheit schenken. Und wie heißt es im Grundgesetz? – „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Und, meine Damen und Herren von der CDU, ob Sie es nun wahrhaben wollen oder nicht, auch der niederträchtigste und extremste Verbrecher hat eine menschliche Würde.
Und gerade auch wegen der Würde des Menschen hat doch wohl das Grundgesetz die Todesstrafe verboten und hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass auch dem zu lebenslänglicher Strafe Verurteilten eine Chance bleiben muss,
irgendwann jedenfalls die Freiheit wiederzuerlangen. Und wenn das schon in Bezug auf die beiden Höchststrafen gilt, muss das erst recht für die Sicherungsverwahrung gelten, die ja nach Ihrer Intention einerseits als polizeiliche, und zwar ganz schlicht, Gefahrenabwehr, gleichzeitig aber auch im Knast als unbefristeter Wegschluss vollstreckt werden soll.
Diese Konstruktion ist ein Systembruch. Und ich frage da mal, meine Damen und Herren von der CDU, bevor Sie anderen wieder solche Dinge zutrauen und vorwerfen: Ist das nicht schließlich ein Weg in eine andere Republik?