In Rostock gibt es eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die wegen Personalmangels nur eingeschränkt arbeiten kann. Von fünfeinhalb Stellen sind vier besetzt. Wer glaubt, dass diese vier mit Hochdruck im Bereich der Wirtschaftskriminalität ermitteln, der irrt. Abordnungen zur
Landesregierung sowie andere besondere Aufgaben sind an der Tagesordnung. Das ist leider so, Frau Gramkow. Der eigentliche Bedarf zur effektiven Ermittlungsarbeit beträgt in Rostock 8,8 Stellen. Ähnlich sieht es bei Gerichtsvollziehern und Richtern aus. In anderen Dienststellen unseres Landes ist es leider nicht viel besser. Hier kommen wir neben der Besetzung der Planstellen in den Staatsanwaltschaften wohl an Neueinstellungen, wenn auch zeitlich nur begrenzt, von Richtern und Gerichtsvollziehern nicht vorbei. Ich denke, es ist zu wichtig, um …
Das wird kein ÖBS-Projekt sein, aber wir müssen ja erst einmal das abarbeiten, was jetzt da liegt, und das sind Stapel.
(Peter Ritter, PDS: Doch, dafür gibt es öffentlichen Bedarf. Da sollte man ernsthaft drüber nachdenken.)
Nur so kann die beschleunigte Durchführung von Zivilsachen zum Beispiel und von Vollstreckungen im Bereich Bau abgesichert werden und da liegt ja einiges an. Statt 1998 die Verwaltung um 354 Stellen aufzubauen, hätte doch Herr Dr. Ringstorff hier mal für eine positive Änderung sorgen können.
weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität, vorsätzlicher Zahlungsunwilligkeit sowie Korruption erarbeiten und dem Landtag vorlegen. Hier geht es uns vor allem um verstärkte präventive Maßnahmen im Vergaberecht, bei Vergabepraktiken, aber auch um illegale Arbeitnehmerüberlassung und Korruption auf allen Ebenen in der Landes- und Kommunalverwaltung. Hier geht es auch – und darüber müssen wir reden – um einen Kodex für Kommunal- und Landespolitiker, Stichwort: Informationen an so genannte Baulöwen aus den zuständigen Gremien durch Mandatsträger.
Den bisherigen Äußerungen von Justizminister Sellering entnehmen wir, dass es ihm beim Thema Zahlungsmoral vor allem um zivilrechtliche Maßnahmen geht. Ich denke, das ist in Ordnung. Dann könnten Sie ja auch sicherlich unserem neuen CDU/CSU-Gesetzentwurf im Bund zustimmen.
Der alleinige Schwerpunkt auf das Zivilrecht greift aus meiner Sicht aber zu kurz. Bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten muss Polizei und Staatsanwaltschaft mit Hochdruck ermitteln, um die mit dem Gesamtkomplex Zahlungsmoral verbundene Wirtschaftskriminalität und Korruption noch einigermaßen – ich betone, einigermaßen – in den Griff zu bekommen. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die Ehrlichen in unserem Land, vor allem im sensiblen Baubereich, nicht die Dummen sind und die Dummen bleiben. Den Zahlungsunwilligen und den Kriminellen in der Baubranche muss schnellstmöglich das Handwerk gelegt werden. Ich glaube, dass unser Antrag ein Beitrag dazu ist, und bitte um Ihre Zustimmung. – Danke.
bart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Stichwort „Zahlungsmoral“ bezeichnet ein ernstes, akutes Problem. Wir haben in der Tat alarmierende Zustände im Baugewerbe. Dass über möglichst lange Zeiträume hartnäckig Rechnungen nicht bezahlt werden, hat für viele unserer Handwerksbetriebe, die häufig nur eine dünne Kapitaldecke haben, verheerende Wirkung. Das führt oftmals zu Existenzgefährdungen oder sogar zu Existenzvernichtungen. Das ist ein ernstes Problem, dem wir uns aber auch ernst, seriös und ehrlich zuwenden müssen. Ehrlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir nicht den Eindruck erwecken dürfen, als könnten verstärkte Anstrengungen von Polizei und Justiz dieses Problem lösen. Deshalb bitte ich Sie, den Antrag der CDU abzulehnen. Dieser Antrag ist in Wahrheit lediglich eine Unterstützungsmaßnahme für eine populistische Presseaktion eines einzelnen Rechtspolitikers.
Ich finde, das ist keine angemessene Herangehensweise an dieses wichtige Thema. Bitte, Herr Thomas, reden Sie doch mit den Handwerkern und Unternehmern in diesem Lande.
Um zu erfahren, was wirklich los ist, ist das sehr hilfreich. Ich meine nicht, mal eine einzelne Veranstaltung zu besuchen, wo man die Pressemitteilung schon in der Hand hat, sondern ich meine, zuhören und den Dialog suchen.
Hauptursache der Probleme ist die allgemeine Lage der Baubranche in diesem Land. Die Goldgräberstimmung vom Anfang der 90er Jahre ist lange vorbei und wir müssen auch ehrlich sagen, dass sich in den ersten Aufbaujahren in unserem Land ganz erhebliche Überkapazitäten im Baubereich aufgebaut haben. Der Umsatz ist zuletzt laut „Nordkurier“ vom 27. Juni, innerhalb eines Jahres um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Das führt zu einem derart harten Existenzkampf der Firmen, dass sie sich mit zum Teil nicht kostendeckenden Angeboten gegenseitig unterbieten. Wegen der zu dünnen Kapitaldecke sind Firmen häufig leider auch erpressbar. Mir ist vielfach gesagt worden, dass es solche Angebote gibt wie: Natürlich kannst du dein Geld haben, wenn du mit 80 Prozent zufrieden bist, sofort, sonst dauert es.
Genauso wagen es viele Handwerksunternehmen nicht mehr, auf Sicherheitsleistungen oder Abschlagszahlungen zu bestehen, in der Angst, dass sie dann den Auftrag verlieren oder jedenfalls in Zukunft keine Aufträge mehr bekommen.
(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Götz Kreuzer, PDS – Ministerin Sigrid Keler: Ja. – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)
Wenn Hauptursache des Problems Zahlungsmoral ist, dass sich ganz erhebliche Überkapazitäten entwickelt hatten, dann können hier nicht Polizei und Justiz helfen.
Auf die besonders dramatischen Umsatzeinbußen in der Zeit von Januar bis April 2001 hat die Bundesregierung reagiert und rund 1 Milliarde DM für ein Programm zur Stützung der Baubranche in Ostdeutschland zur Verfügung gestellt. Das ist eine sehr gute Sache und ich bin sicher, dieses Programm wird nicht ohne positive Folgen bleiben.
Wenn wir über das Problem Zahlungsmoral sprechen, dürfen wir aber auch nicht verschweigen – ich verschweige das auch nicht in den Versammlungen, die ich mit den Unternehmern selbst durchführe –, dass viele Baubetriebe sich durch schlechtes Baumanagement selbst in so große Schwierigkeiten bringen, dass ihnen am Ende niemand mehr helfen kann, auch kein schnell und gerecht urteilender Richter. Hier müssen, meine ich, die Kammern und Verbände helfen. Sie müssen ihren Mitgliedern klar machen, dass es nicht mehr ausreicht, nur einfach gute handwerkliche Arbeit zu leisten. Unsere Handwerker müssen sich auch davor schützen, mit legalen juristischen Mitteln – ich wiederhole, mit legalen juristischen Mitteln – übervorteilt zu werden. Deshalb müssen viele von Ihnen beraten werden bei der Vertragsgestaltung, der Vertragsabwicklung, auch wie man den Gang zum Gericht beschreitet.
Bei dieser Beratung hilft selbstverständlich auch die Justiz. Das Justizministerium erstellt zurzeit in Zusammenarbeit mit den Kammern und Verbänden einen entsprechenden Ratgeber – wir sind da kurz vor der Fertigstellung – und der kann dann an alle Handwerker herausgegeben werden. Ich muss allerdings sagen – das kann ich vorwegnehmen –, der wichtigste Rat, den wir unseren Bauhandwerkern geben müssen, ist der, dass sie auf Abschlagszahlungen und Sicherheitsleistungen bestehen müssen. Das ist der beste Schutz vor faulen Kunden.
Was die Justiz beitragen kann und natürlich auch beiträgt, ist, in den Zivilgerichten und bei der Strafverfolgung von Wirtschaftsstraftätern gute und schnelle Arbeit zu leisten. Ich kann die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und auch die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz nur ausdrücklich loben und mich öffentlich hier für ihre engagierte Arbeit bedanken.
Übrigens, Herr Thomas, gibt es natürlich längst Fachkommissariate für Wirtschaftskriminalität bei der Polizei,
Schwerpunktdezernate für Wirtschaftskriminalität bei jeder Staatsanwaltschaft und Schwerpunktstaatsan
Längst wird außerdem natürlich, Herr Dr. Jäger, jeder Konkurs automatisch den Staatsanwaltschaften mitgeteilt,
Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass wir uns in diesem Bereich darüber verständigen, was ist denn nun legal und was ist illegal. Vor kurzem war ein Bericht auf „N 3“, in dem der Bauführer – ich glaube, auf den haben Sie angespielt – zu Wort gekommen ist. Der hat gesagt – und das sollte dann der Beweis dafür sein, wie illegal dort vorgegangen wird –, dass seine Firma ihn beauftragt hat, nach Fertigstellung eines großen Werkes über die Baustelle zu gehen und genau zu schauen, ob es Mängel gibt. Zusätzlich ist er noch ermahnt worden, wirklich genau zu schauen, weil es um viel Geld gehe. Das ist in der öffentlichen Wahrnehmung dieses Beitrages so dargestellt worden, als sei das illegal, als sei das rechtswidrig, als sei das verbrecherisches Tun.
Und wenn ich mit Handwerkern rede, muss ich auch ganz offen und ehrlich sagen, ein ganz wichtiger Schutz davor, dass euch durch das Einreden von Mängeln Geld nicht gezahlt wird, ist, mängelfreie Arbeit zu leisten.
Es kann uns doch nicht darum gehen, in diesem Konflikt zwischen Bestellern und Handwerkern völlig einseitig zugunsten der Handwerker Partei zu ergreifen. Jeder von Ihnen wird jemanden kennen, der gebaut hat, oder selbst schon einmal gebaut haben und dabei die Feststellung gemacht haben, dass es häufig Leistungen gibt, die noch zu verbessern sind. Ich habe nicht vor, meine Hand dazu zu reichen, unser Rechtssystem in dieser Weise einseitig zu verändern. Das sage ich auch den Handwerkern, die, jedenfalls dann, wenn wir nicht mehr in großer Runde sind, deutlich zugegeben, dass wir selbstverständlich viele mängelhafte Leistungen im Bau haben.