Protocol of the Session on June 29, 2001

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2124 zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung in der Sache. Wer stimmt für den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2124, den bitte ich ums Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit dem gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin an der Universität Rostock, auf Drucksache 3/2126.

Antrag der Fraktion der CDU: Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin an der Universität Rostock – Drucksache 3/2126 –

Das Wort zur Begründung hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Dieser Landtag befindet sich am vorerst letzten Sitzungstag vor der Sommerpause in einer beschämenden Situation. Lassen Sie es mich so sagen, wie es ist. Mit dem Antrag der CDU-Fraktion wird deutlich, dass wir einiges von unserer Glaubwürdigkeit eingebüßt haben. Es ist umso mehr beschämend, dass die Opposition in diesem Hause die Regierungsfraktionen an ihre eigenen Beschlüsse erinnern muss.

Die Zahnmedizin in Rostock ist ein Beispiel dafür, wie ernst die Regierungsfraktionen ihre Arbeit nehmen, wie

ernst Beschlüsse in diesem Hohen Hause gemeint sein können, welches Selbstverständnis dieses Parlament bei einer SPD/PDS-Landesregierung erreicht hat. Die Opposition will sich nicht aus der Verantwortung stehlen, darum hat sie den vorliegenden Antrag eingebracht und versucht damit, eine für die Betroffenen unsägliche Situation zu heilen.

Der Landtag verabschiedete am 19. Mai 1999 eine Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses, Drucksache 3/383. Diese Beschlussempfehlung kam aufgrund eines Antrages der Volksinitiative „Für die Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin und den Erhalt der Klinik und Polikliniken für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universität Rostock“ zustande, einer Volksinitiative, die mit mehr als 100.000 Unterschriften die bislang umfassendste Willensbekundung von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land war. Diesen gewichtigen Umstand sollten wir bei der heutigen Diskussion immer im Hinterkopf haben.

Meine Damen und Herren, ich will ja kein Prophet sein, aber wenn ich mir die Reden vom Mai 1999 anschaue, dann werden Sie, sehr geehrte Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, und vor allem die damaligen Zwischenrufer wie Herr Bluhm und Frau Bretschneider eingestehen müssen, dass die CDU-Fraktion, leider, muss ich sagen, Recht behalten hat.

Ich will Ihrem Erinnerungsvermögen noch ein wenig nachhelfen. Mit dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 3/391 haben wir Sie aufgefordert, dem Landtag bis zum 7. Juni 1999 ein Konzept vorzulegen, das sicherstellen sollte, dass die Entscheidung zur Wiedereinrichtung tatsächlich autonom erfolgen kann. Sie haben diesen Antrag abgelehnt. Heute zeigt sich, dass der Änderungsantrag der CDU zu Recht gemacht wurde, dass unsere Befürchtungen eingetreten sind.

Die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses selbst sah vor, dass im ersten Quartal geklärt wird, inwieweit im Rahmen der Novelle des Landeshochschulgesetzes die Wiedereinrichtung des Studienganges erfolgen kann. Übrigens, falls Sie etwas Schwierigkeiten haben, ein Quartal abzugrenzen: Das zweite Quartal 2001 läuft am Samstag aus und bisher wurde nichts geklärt. Das ist der Skandal, meine Damen und Herren!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ein solches Vorgehen beschädigt die Glaubwürdigkeit des ganzen Parlamentes so stark, dass Sie mit weiterer Taktiererei noch mehr Schaden anrichten würden.

Ich kann einige Kollegen unter Ihnen nicht verstehen. Was haben Sie denn in den vergangenen zwei Jahren getan, damit der Landtagsbeschluss aus dem Jahre 1999 auch rechtzeitig erfüllt werden kann? Es ist weder ein neues Hochschulgesetz da, noch haben Sie sich um die Zahnmedizin gekümmert. 1999 versprachen Sie, Herr Rißmann, dagegen in der damaligen Debatte: „Die Äußerungen, die im Ausschuß von unserer Fraktion und von der CDU getätigt worden sind, nämlich dergestalt, daß der Ausschuß selber die weitere Entwicklung für die Rostocker Zahnmedizin im Auge behalten muß, daß“ – man höre! – „die Landesregierung gebeten wird, die Möglichkeit, die Rostocker bei diesem Anliegen zu unterstützen, noch weiter zu prüfen, veranlassen mich zu der zumindest leicht optimistischen Variante, daß am Ende dieser Prüfung die Chance nicht verspielt wird.“

Heute müssen wir die Landesregierung fragen, was sie seitdem getan hat.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Schließlich hat sie durch den Landtag einen konkreten Auftrag erhalten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Ich darf an dieser Stelle auch den Herrn Bildungsminister zitieren, der am 19. Mai vor zwei Jahren blumenreich ausführte: „Für mich“, so Herr Minister Kauffold, „sind Volksinitiativen eine hochwillkommene Ergänzung direkter Demokratie in unserer repräsentativen Parlamentsarbeit. … Mit dem Ihnen heute vorliegenden Beschlußentwurf treten wir also gemeinsam noch einmal in eine grundlegende Überprüfung der Beschlüsse der letzten Landesregierung und meiner Vorgänger und Vorgängerinnen in Sachen Zahnmedizin in Rostock ein. Das wird ein schweres Stück Arbeit werden, das ist schon jetzt sicher, aber wir werden uns dieser Aufgabe mit dem gebotenen Ernst stellen.“

Ihre Worte, sehr geehrter Herr Bildungsminister, und Ihr Versprechen an 100.000 Bürgerinnen und Bürger der Region Rostock und darüber hinaus, Ihr Versprechen an die Initiatoren der Volksinitiative, Ihr Versprechen an die Studenten und Mitarbeiter der Klinik und Polikliniken der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, was sind diese Worte und dieses Versprechen wert? Wo ist der gebotene Ernst geblieben? Sagen Sie uns bitte heute, am 29. Juni 2001 – übrigens ist heute Peter und Paul –, was Sie in den vergangenen zwei Jahren unternommen haben, um den Landtagsbeschluss umzusetzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Dass Sie das nicht wissen können, ist klar.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wieso? Ich habe gerade zitiert, was Sache ist. – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Dabei interessiert uns nicht, was Sie nach der …

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber Sie mit Ihren Vorbehalten wissen natürlich überhaupt nicht, was wir wissen und was wir nicht wissen.)

Entschuldigung. Wissen Sie, Herr Schoenenburg, in der Frage der Zahnmedizin hätte ich gehofft, dass Sie mehr getan hätten. Das hätte ich gehofft.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und da ich Sie ja zumindest in einem schätze, und zwar was Ernsthaftigkeit von Parlamentsarbeit betrifft, glaube ich, auch Sie haben diesem Beschluss zugestimmt. Das haben Sie ganz persönlich getan, damit dieser Parlamentsbeschluss umgesetzt wird. Sie sind mit in der Verantwortung, Sie tragen diese Landesregierung.

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

Dabei interessiert uns nicht, was Sie nach der Landtagssitzung im Mai unternommen haben, denn Termin war der 31. März 2001. Ich denke, nicht nur dem Landtag, dem Sie Rechenschaft schuldig sind, sondern auch den Betroffenen sind Sie bis heute eine Antwort schuldig geblieben.

Meine Damen und Herren, ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir heute über diesen Antrag abstimmen

können. Sollten Sie sich dazu nicht entschließen können, dann müssen Sie eine Antwort geben können, wie rechtzeitig zum Wintersemester 2001/02 eine Immatrikulation von Studenten erfolgen kann oder soll. Ich will eine Befürchtung nicht unterschlagen: Wie man aus Äußerungen aus dem Bildungsministerium entnehmen konnte, soll mit den endlosen Fragenkatalogen an die Medizinische Fakultät Zeit geschunden werden, sollen Fakten geschaffen werden, um den Landtagsbeschluss vom 1 9. Mai 1999, der die Weiterführung der Zahnmedizin beinhaltet, nicht umsetzen zu müssen.

Ich will hier nicht weiter auf Details des Antrages, auf das Konzept der Zahnmedizin eingehen, der Antrag ist klar. Die Betroffenen in Rostock sind sich über die Konsequenzen der Wiedereinrichtung im Klaren, das geht aus dem Konzept hervor. Ich will mit dem schließen, was ich am Beginn meiner Ausführungen anmahnte. Meine Damen und Herren, es geht um die Glaubwürdigkeit und das Selbstverständnis dieses Parlamentes.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Wir haben heute die Chance, den durch die Landesregierung und die Regierungskoalition angerichteten Schaden gutzumachen. Meine Damen und Herren, ergreifen wir alle diese Chance! – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und auf der Zuschauertribüne)

In diesem Landtag ist es nicht üblich, dass das Publikum Beifall gibt, sondern das ist der Ort des Parlamentes. Ich bitte, das zu respektieren.

Wir haben zwischen den Fraktionen einvernehmlich eine Dauer von 45 Minuten für die Aussprache vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat der Bildungsminister Herr Kauffold das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Fraktionsvorsitzende der CDU hat aus meiner Landtagsrede zitiert, die den Respekt vor Volksinitiativen wiedergibt. Ich brauche das deswegen nicht erneut zu zitieren und zu wiederholen. Das ist Punkt 1.

Punkt 2: Herr Rehberg hat sich bezogen auf den Landtagsbeschluss von 1999, der den Studiengang Zahnmedizin betrifft. Bei allem Respekt vor dem Hohen Hause erlaube ich mir den Hinweis, dass sich dieser Beschluss ein bisschen wie ein Delphisches Orakel liest, das gewissermaßen der Handlungsauftrag für den Bildungsminister war. Auf jeden Fall, würde ich sagen, weist dieser Beschluss nicht aus, dass im Rahmen der Hochschulautonomie der Studiengang wieder zuzulassen ist, sondern dass das Problem der Zulassung des Studienganges und das die Klinik betreffende Problem zu klären sind im Rahmen der Hochschulautonomie.

Nun bezieht sich der Antrag der CDU auf diesen Beschluss des Landtages von 1999. Ich möchte mich zu diesem Beschluss und zu dem Antrag der CDU in einigen Punkten äußern. Das Erste betrifft das neue Hochschulgesetz. In der Begründung des Antrages der CDU heißt es: „Ein neues Hochschulgesetz liegt bis heute nicht vor.“ Das ist richtig. Und es liegt uns nicht vor in einer Frist und es lag uns nicht vor in einer Frist, die in diesem Antrag genannt ist, nämlich zum Ende des ersten Quartals 2001.

Es ist auch richtig, dass der Antrag des Landtages zur Zahnmedizin gewissermaßen den Termin des Abschlusses des Gesetzgebungsverfahrens präjudiziert. Das ist eine Tatsache. Aber es wird gleichzeitig deutlich, wie problematisch ein solches Präjudiz ist gewissermaßen in einer Sache, die unterhalb des Gesetzes anzusiedeln ist, den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zu präjudizieren, weil bei einem komplizierten Gesetzgebungsverfahren, um das es sich ja nun mal handelt, das ist unstrittig, und das wissen Sie ja auch, die Realitäten anders sind und terminliche Risiken bestehen, die ein solches Präjudiz sehr problematisch machen, umso mehr, wenn bereits bei der Erarbeitung des Entwurfes weitestmögliche Übereinstimmung mit allen Beteiligten gesucht wird. Der Stand ist so, dass bis Mitte Juli dieses Jahres die Verbandsanhörung abgeschlossen sein soll. So viel zu dem Gesetz. Bis 2001 im Rahmen der Hochschulautonomie, also im Rahmen des zu erarbeitenden Gesetzentwurfes, war das nicht zu machen. Wenn Sie das kritisieren, muss ich das auf mich nehmen.

Zweitens wird im Antrag der CDU gesagt, dass hier „vollendete Tatsachen geschaffen“ werden dadurch, dass dieses Gesetzgebungsverfahren nicht bis zum Ende des ersten Quartals 2001 abgeschlossen wurde. Das sehe ich nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil alle zum Betrieb der Einrichtungen der Zahnmedizin erforderlichen personellen und sächlichen Voraussetzungen weiterhin vorgehalten werden. Das sind vier C-4-Professuren, das ist das wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Personal – von dem ich im Gästebereich ja einen erheblichen Teil sehe und begrüßen könnte, wenn ich das dürfte, von hier aus –, es sind auch freie Stellen zur Aufrechterhaltung der Lehre befristet weiter besetzt worden, darunter auch zwei C-3-Professuren. Kürzungen des Landeszuschusses im Zusammenhang mit der Zahnmedizin sind nicht vorgenommen worden. Derzeit studieren 58 Zahnmedizinstudenten in Rostock. Davon wird etwa die Hälfte in 2002 abschließen. Es werden also in 2003, soweit unserem Hause die Daten vorliegen und wenn sie richtig sind, noch Studenten da sein. Es entsteht danach bisher weder eine Haushalts- noch eine Ausbildungslücke, es sei denn, es ist die Kontinuität der Studiengänge gemeint vom ersten bis zum letzten Semester.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja natürlich, wenn Sie die Voraussetzungen dafür nicht schaffen.)

Und drittens …

Nein, nein, Herr Born, nein, nein. Ich komme dazu noch.

Und drittens nun, was das Anliegen betrifft, die Wiedereinrichtung des Studienganges im Rahmen der Hochschulautonomie. Der Entwurf des Landeshochschulgesetzes sieht vor, auch im Ergebnis einer endgültigen Abstimmung zwischen den Koalitionsfraktionen, dass die Hochschulen im Rahmen von Zielvereinbarungen selbst Studiengänge errichten, ändern, aufheben können.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)