Meine Damen und Herren, auf diesem Weg wird kein Abiturniveau erreicht, das den Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen braucht.
In jedem Fall – und auch das ist meines Erachtens unstrittig – muss die Stundentafel in allen Bildungsgängen angehoben werden, wenn in Mecklenburg-Vorpommern der achtjährige gymnasiale Bildungsgang wieder Realität werden soll. Es geht dabei nicht in erster Linie um die Wahrung der Durchlässigkeit, sondern vielmehr darum, die Chancengerechtigkeit zwischen den Bildungsgängen zu wahren.
das heißt, Gymnasiasten haben keinen Anspruch auf mehr Unterricht in Klasse 5 bis 10 als Haupt- und Realschüler. Somit kann man den Beschluss der KMK auch als Chance für alle Schularten werten, da dann in der Sekundarstufe I mehr Unterrichtsstunden zur Verfügung stehen. Aber abgesehen davon würde ich zu gerne doch einmal vom Bildungsminister erfahren, was er denn bisher innerhalb der KMK getan hat – und der Landtagsauftrag besteht ja weiterhin –, um die unsägliche Quantifizierung des gymnasialen Unterrichts zu kippen. In den Protokollen der KMK kann ich bisher keine Initiative von Mecklenburg-Vorpommern erkennen, die dies zum Ziel hatte,
Meine Damen und Herren, unschwer ist ein wesentlicher inhaltlicher Schwerpunkt aus dem Gesetzentwurf abzuleiten.
Tatsächlich erbrachte Leistung wird zum Gradmesser in der Schule und darum endet bei uns jeder Bildungsgang mit einer Abschlussprüfung.
Der Leistungsbegriff lässt sich sowohl auf die Bildung als auch die Erziehung übertragen und ist jeweils durchaus messbar, nicht immer mit Noten, das ist wohl richtig, aber jede Schülerpersönlichkeit ist in ihrem persönlichen Verhalten und in der Verhaltensentwicklung messbar, wenn wir, die Gesellschaft, bestimmte Grundnormen des Zusammenlebens definieren. Viele dieser notwendigen Definitionen und Wertemaßstäbe unterliegen dem Zeitgeist und damit der Beliebigkeit. Das überträgt sich dann auch auf Schule. Diese Erkenntnis ist Maßstab für unser Vorhaben, nach der 6. Klasse aus der Beurteilung des Gesamtbildes des Schülers eine verbindliche Schullaufbahnempfehlung abzuleiten. Und, Herr Bluhm, Sie haben uns darauf aufmerksam gemacht, uns ist da leider ein Druckfehler unterlaufen. Es muss natürlich heißen „vor der 7. Klasse“,
aber in der Begründung sehen Sie, dass wir dort eindeutig sagen „nach der 6. Klasse“. Insofern bitte ich zu verzeihen, dass wir hier einen Druckfehler übersehen haben.
Dabei geht es aber nicht in erster Linie um die Noten. Es geht um das Leistungs- und Persönlichkeitsbild des Schülers, das von der Klassenkonferenz zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden soll. Mit dieser Einschätzung werden wir unserer Ausgangsposition gerecht, in der der allumfassend gebildete Mensch Maßstab unserer Schulpolitik ist. Allein aus diesem Grund ist in dieser Phase der Schullaufbahn eine umfassende Einschätzung des Schülers unabdingbar, letztendlich auch, um der Chancengerechtigkeit Raum zu geben. In diesem Zusammenhang ist auch die Forderung plausibel, das Arbeits- und Sozialverhalten eines Schülers zu bewerten. Noten für Betragen, Fleiß, Pünktlichkeit, Ordnung und Mitarbeit ergänzen das fächerorientierte Leistungsbild eines Schülers. Sicher sind Noten allein nicht aussagefähig,
Es darf aber nicht so sein, dass Lehrer in diesem Bereich jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen, weil die Bewertungskriterien kritische Bemerkungen nahezu ausschließen. Auch junge Menschen müssen mit Kritik konfrontiert werden. Man muss ihnen sagen, was sie falsch machen, wenn man Änderungen bei ihnen erreichen will. Der leistungsdefinierte Zugang zu den Bildungsgängen löst damit den ausschließlichen Elternwillen ab.
Mit den vorliegenden Regelungsvorschlägen haben wir eine sinnvolle Kombination aus Elternwillen und Lehrerkompetenz gewählt. Nach Klasse 4 können noch die Eltern über die Schullaufbahn ihres Kindes entscheiden, nach Klasse 6 entscheidet die Klassenkonferenz über den weiteren Weg eines Schülers. Aber nicht nur das, gegenüber Schülern und ihren Eltern, die aufgrund einer Wechselempfehlung die Schullaufbahn in die eine oder andere Richtung wechseln müssen, hat die Schule eine besondere Beratungspflicht, nämlich über die Konsequenzen eines solchen Beschlusses aufzuklären, aber auch auf die Chancen hinzuweisen, die sich aus so einem Wechsel ergeben können.
Abgesehen von den unterschiedlichen Meinungen zu diesem Prinzip muss ich die gegenwärtigen Regelungen zum Übergang in die Sekundarstufe verfassungsrechtlich in Zweifel ziehen, allein deshalb, weil ich davon ausgehe, dass die Koalition in ihrem Schulgesetz an der gegenwärtigen Praxis festhalten will. In Artikel 15 Absatz 3 unserer Landesverfassung heißt es nämlich, ich zitiere: „Die Durchlässigkeit der Bildungsgänge wird gewährleistet.“
„Für die Aufnahme an weiterführende Schulen sind außer dem Willen der Eltern nur Begabung und Leistung des Schülers maßgebend.“
So weit unsere Verfassung, meine Damen und Herren. Aber heute ist es so, dass nur der Elternwille maßgebend für die Aufnahme an weiterführenden Schulen ist und nicht Begabung und Leistung der Schüler. Das jetzige Schulgesetz erfüllt nicht die Vorgaben der Landesverfassung. Mit unseren Vorschlägen zum Schulgesetz bringen wir dieses wieder auf den Boden der Verfassung zurück.
Aber unabhängig davon, es geht um das Wohl des Kindes. Die Eltern sind somit in ihren Entscheidungen nicht vollkommen frei.
Wir alle kennen nämlich diese Fälle, in denen Eltern ihre Kinder im guten Glauben an das Gymnasium geschickt haben.
Die Kinder hielten den Leistungsanforderungen nicht stand und wurden mit Verhaltensstörungen bis an die Haupt- oder Förderschule durchgereicht.
Die langfristigen Folgen für das Kind sind aber katastrophal. Biografien werden so verzerrt, manchmal so weit, dass sie irreparabel sind. War dann so eine Entscheidung zum Wohle oder zum Nachteil des Kindes? Müssen hier verantwortungsvolle Pädagogen nicht rechtzeitig eingreifen und muss ihnen der Staat nicht Mittel zur Verfügung stellen, um zum Wohle des Kindes rechtzeitig eingreifen zu können? Wir denken, ja.
Zudem sollten wir von Einzelfällen ausgehend nicht Rückschlüsse auf die große Masse ziehen. Die Schullaufbahnempfehlungen nach der 4. Klasse haben nach wie vor eine sehr hohe Treffsicherheit. Einer der anerkanntesten Begabungsforscher Deutschlands, Professor Heller aus München, stellte im vergangenen Jahr wiederholt fest, dass keine der neueren Studien nachweisen konnte, dass spätere Schulprognosen eine höhere Treffsicherheit aufweisen. Meine Damen und Herren, stärken wir die Stellung der Lehrer, indem wir ihnen zutrauen, dass sie ihr Handwerk verstehen.
Aber das ist kein Konzept von vorgestern. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern ist dies ein sehr aktuelles Problem, das zu lösen ist. Mit einer guten Hauptschulabschlussprüfung kann ein Schüler das Fachgymnasium besuchen. Diese Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen wir ihm. Schon nach der 9. Klasse kann der qualifizierte Hauptschulabschluss erreicht werden, wenn die Leistungen in der Prüfung stimmen. Diese sind durch das Gesetz definiert. Und spezielle Fördermöglichkeiten in der 10. Hauptschulklasse, die integriert auch in einer Realschulklasse absolviert werden können, sollen es einem guten und ehrgeizigen Schüler möglich machen, dieses Ziel auch zu erreichen. Ein Hauptschüler mit einem qualifizierten Hauptschulabschluss hat damit nicht nur die Möglichkeit, sondern das Recht zum Besuch einer 10. Hauptschulklasse. Auch das will ich hier ganz deutlich sagen, meine Damen und Herren. Also unabhängig davon, ob eine 10. Hauptschulklasse eingerichtet wird oder nicht, dem betroffenen Schüler muss dieses Schuljahr ermöglicht werden. Leistungsstarken und engagierten Schülern soll damit der Weg eröffnet werden und es soll keine Parkmöglichkeit für Schüler werden, die einfach noch ein Jahr überbrücken wollen. Diese Möglichkeit soll die Hauptschüler anspornen, ihren Ehrgeiz zu wecken, um dieses Ziel zu erreichen. In kleinen, ich betone kleinen, nahezu homogenen Lerngruppen mit einer ausreichenden Zahl an Förderstunden ließe sich dieser Anspruch sehr wohl verwirklichen.
An dieser Stelle muss ich zwangsläufig an die Solidarität der Wirtschaft appellieren. Es reicht nicht, die Vorschläge der CDU an dieser Stelle zu begrüßen.