Protocol of the Session on June 28, 2001

(Wolfgang Riemann, CDU: Können Sie sich nicht mehr daran erinnern, wie die Finanzministerin sich gewehrt hat gegen die Aufstockung der Stundentafel?!)

finde ich nicht. Das hätte finanzielle Auswirkungen von weit über 100 Millionen DM gehabt,

(Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: Setzen Sie sich da vorne hin und reden Sie!)

wahrscheinlich noch mehr, denn damals waren die Schülerzahlen ja noch viel größer.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist die selektive Wahrnehmung der Fraktionen. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und es hat seit den Kürzungen 1991 unter der Richtlinienkompetenz der CDU-Ministerpräsidenten keine Erhöhung der Stundentafeln gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Erst mit der SPD/PDS-Koalition wurde in der Grundschule begonnen, Stunden wieder aufzustocken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Wer hat denn das beschlossen? In der zweiten Legislatur war das doch! – Dr. Ulrich Born, CDU: Frau Marquardt blenden Sie völlig aus. Sie hat wohl keine Verantwortung mehr?!)

Das ist sicher nicht genug, aber mit der Regionalschule wird es weiter zu erheblichen Verbesserungen kommen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das sehen wir ja an der Qualität der Abschlüsse. Das sehen wir! – Sylvia Bretschneider, SPD: Die Schüler, die jetzt Abschluss machen, das sind ja Ihre Schul- abgänger. Nehmen Sie das mal zur Kenntnis!)

Die Schlussfolgerung, die Sie daraus ziehen, heißt: Selektion durch Prüfung.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Unstrittig ist, dass Schule leistungsfördernd sein soll und auch nicht ohne Leistungen und Anstrengungen zu haben ist, doch Prüfungen alleine lösen das Problem nicht.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Es braucht auch immer Kenntnisse, die überhaupt geprüft werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Riemann, ich bitte das Reden quer durch die Bank zu lassen. Wenn Sie sich mit anderen Abgeordneten unterhalten wollen, dann bitte vor der Tür.

Das Konzept der Regionalschule wird deshalb auch die derzeitigen Leistungsanforderungen verstärken, der Minister hat darüber gesprochen, auch die Erhöhung der Stundentafeln in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Sprachen. Es kann wie gesagt nur Leistung geprüft werden, wenn auch Wissen vorhanden ist, aber auch durch eine Versetzungsentscheidung nach Klasse 5 innerhalb der Orientierungsstufe. Und es wird auch künftig keine Honoris-causa-Zuerkennung eines Realschulabschlusses für Gymnasiasten mehr geben, wenn sie denn das Gymnasium nach Klasse 10 verlassen wollen. Sie werden sich in Zukunft einer Prüfung unterziehen müssen.

Drittens. Sie meinen, die Durchlässigkeit im gegliederten Schulsystem sei gewahrt und ein Wechsel des Bildungsganges jederzeit möglich.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Ich frage Sie: Ist ein Wechsel überhaupt möglich? Und wenn ja, wohin? Nach oben oder nach unten? Die Übergangszahlen belegen, dass ein Aufstieg in einen höheren Bildungsgang eine Ausnahme ist. Im Schuljahr 1998/99 zum Beispiel wechselten von Klasse 9 nach Klasse 10 von 1.358 Hauptschülern ganze 33 an eine Realschule – 2,4 Prozent, von 12.665 Realschülern 246 an das Gymnasium – 1,9 Prozent. Interessant auch die Zahl, dass von den 6.611 Gymnasiasten 21 in die Realschule abstiegen, ein Schüler in die Hauptschule.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Und das ist doch überhaupt nicht in Übereinstimmung zu bringen mit der immer erklärten These, dass der Leistungsabfall in den Gymnasien so groß ist. Bei diesen Zahlen kann doch niemand ernsthaft von wirklicher Durchlässigkeit sprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: Sollen noch mehr ans Gymnasium gehen?)

Und es ist auch wissenschaftlich erwiesen: Wenn ein Schüler erst einmal in einem Bildungsgang ist, dann bleibt er auch da.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist nicht wahr, Herr Bluhm. Das wissen Sie besser. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Genau deshalb favorisiert die PDS nach wie vor integrative Schulansätze, insbesondere Gesamtschulen. Und die Regionalschule ist insoweit ein Schritt in diese Richtung – zu mehr Integration,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Also kriegen wir Gesamtschulen. Alles klar! Die Einheitsschule lebe hoch!)

zu mehr gemeinsamem Lernen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Und ein positiver Nebeneffekt ist auch das Problem der Schulwege und der Standorterhaltung.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ihre Forderung nach strikter Gliederung ignoriert eklatant die Realität, dass verbundene Haupt- und Realschu

len in diesem Land die dominierende Schulform sind. Und schon mit dem Schulreformgesetz 1991 wollten Sie genau das verhindern, denn diese gab es damals gar nicht im Gesetz. Und nun wollen Sie das über die jetzige Gesetzesänderung wieder einführen. Nicht mit uns, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Na wenn Sie das verhindern wollen, warum gibt es sie denn, Herr Bluhm?)

Die Realität zeigt, dass die wohnortnahe Schule nur über diesen Weg zu haben ist. Und das bleibt sie auch dann, wenn die rückläufigen Schülerzahlen Standorte in Frage stellen. In diesem Zusammenhang müssen wir – und das will ich betonen – zukünftig auch über die Reduzierung von Klassenstärken nachdenken, aber wir müssen erst einmal den Finanzbedarf der regionalen Schule abdecken. Das erfordert alle Anstrengungen, auch die Solidarität der Ministerien und der Regierungskoalition, wofür ich an dieser Stelle schon einmal allen Beteiligten danken möchte.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In meinem letzten Punkt möchte ich noch auf einige ausgewählte Bestimmungen Ihres Änderungsgesetzes eingehen: Umbenennung von Rahmenplänen in Lehrpläne. Es ist schön, dass Sie nun auf alte Begriffe Bezug nehmen. Hätten wir das getan,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heidemarie Beyer, SPD)

wäre unausweichlich der Vorwurf eines Rückfalls in die DDR-Nostalgie gekommen,

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

aber die äußere Hülle des Begriffs ist ja weniger wichtig.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Sie formulieren in Paragraph 8 Absatz 1 Satz 3, ich zitiere, „sie haben eine erzieherische Aufgabe der Schule und die entsprechend des Bildungsganges angestrebte Vermittlung von Wissen und Kenntnissen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zu berücksichtigen.“ Was ist denn unter einer Erziehungsaufgabe zu verstehen und welche wäre es denn? Ich finde es ja schön, dass die CDU wieder zurückgekehrt ist zu der Auffassung, dass auch Schule Erziehung bedeutet,

(Angelika Gramkow, PDS: Dann könnte sie ja beim Kindergarten auch noch mal darüber nachdenken.)

aber kann Erziehung denn wirklich auf einen Bildungsgang bezogen werden? Und wenn ja, in welcher Weise unterscheiden sich denn die Erziehungsschwerpunkte zwischen einem Hauptschüler und einem Gymnasiasten? Den jetzt vorhandenen Absatz 2 des Gesetzes eliminieren Sie gleich völlig. Er enthält aber die wesentlichen Bestimmungen für die Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsfunktion, die Anwendung auf Gestaltungsmöglichkeiten der Schulen und der Lehrkräfte mit Blick auf die Schüler. Das scheint an der von Ihnen geplanten Schule gar nicht nötig zu sein.

(Unruhe bei Wolfgang Riemann, CDU)

Paragraph 13 „Grundschule“ – Einführung der Fremdsprache ab Klasse 1 zum Schuljahr 2001/2002:

(Reinhard Dankert, SPD: Wir möchten gerne zuhören, und nicht Herrn Riemann hören.)

Über den Ansatz könnte man diskutieren. Es wären aber mehrere Fragen zu beantworten und darauf habe ich mit Ihrem Gesetzentwurf keine Antwort bekommen.

1. Wie soll denn das bis zu diesem inhaltlichen Termin schulorganisatorisch und inhaltlich passieren? Welche Rahmenpläne, welche Stundentafeln sind denn da vorgesehen für die Schüler ab Klassenstufe 1?

2. Woher nehmen Sie die qualifizierten Lehrkräfte im Grundschulbereich für den Fremdsprachenunterricht, zumal Sprachen ja schon ein Mangelfach sind und die Qualität des Fremdsprachenunterrichts im Grundschulbereich die Kritik von Fachleuten erntet?