Herr Caffier, weder eine Krankheit noch schlechtes Benehmen, noch Ausdruck krimineller Gesinnung oder gar kriminelles Verhalten sind. Bis 1969 war Homosexualität in der Bundesrepublik Deutschland strafbar.
Noch Mitte der 80er Jahre galt gleichgeschlechtliches Zusammenleben vor bundesdeutschen Gerichten als sittenwidrig.
In der DDR wurde Homosexualität als Verstoß gegen die sozialistische Moral gewertet und entsprechend geahndet. Jetzt sollen homosexuelle Lebensgemeinschaften in Deutschland erstmals familienrechtlich anerkannt werden. Das ist aus meiner Sicht ein historischer Wendepunkt. Der erbitterte Widerstand vieler konservativer Kräfte gegen diese Normalisierung zeigt aber: Von selbst geschieht nichts. Jeder Schritt musste in der Vergangenheit und muss in der Gegenwart hartnäckig erkämpft werden. Immer mehr Menschen gelingt es, sich im Alltag als Schwuler oder als Lesbe Respekt zu verschaffen.
Der Normalfall ist das aber nicht. Diskriminierung und Ausgrenzung sind nicht verschwunden. Vieles ist erreicht, aber am Ziel sind wir noch nicht. Gleiche Bürgerrechte sind längst nicht überall durchgesetzt. Im Alltag reagieren auch wohlmeinende Zeitgenossen auf Lesben und Schwule oft peinlich berührt und unsicher. Ängste, Vorurteile und Ignoranz sind noch weit verbreitet.
Das muss sich ändern. Wir wollen erreichen, dass Homosexualität nicht mehr als Problemfall angesehen wird, sondern vielmehr als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität.
Dazu soll das Aktionsprogramm dienen, das sich mit der Verbesserung der Teilhabe von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften in Mecklenburg-Vorpom
mern beschäftigt. Dabei geht es insbesondere um die gleichberechtigte Darstellung von Homo- und Heterosexualität in der Schule, denn in der Schule ist die beste Möglichkeit, um Vorurteile erst gar nicht entstehen zu lassen. Die Berücksichtigung bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung im öffentlichen Dienst soll dazu dienen, Vorurteile abzubauen und Diskriminierung im Arbeitsleben zu verhindern und die Arbeitssituation Homosexueller zu verbessern. Dieses Aktionsprogramm soll die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften in allen gesellschaftlichen Bereichen Mecklenburg-Vorpommerns erreichen. Deshalb ist es unseres Erachtens notwendig, die betroffenen Vereine in die Erarbeitung des Aktionsprogrammes mit einzubeziehen. Auf einzelne Teile gehe ich jetzt nicht noch genauer ein. Das hat Frau Koburger, denke ich, ausführlich getan.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Sozialausschuss, der auf seiner Informationsfahrt in Amsterdam sich unter anderem der Gleichstellungspolitik der Lesben und Schwulen angenommen hat, war es sehr interessant zu sehen, wie weit die Niederlande schon sind. Dies beginnt bei themengerechten Kinderbüchern, die übrigens eine lange Tradition haben, über Aufklärungsunterricht in den Schulen – übrigens auch in konfessionellen Schulen – bis hin zu Offenheit und Öffentlichkeit in den Medien, die zu einem großen Teil dazu beigetragen hat, die niederländische Gesellschaft als tolerante Gesellschaft zu prägen.
Übrigens haben wissenschaftliche Untersuchungen eine wichtige Rolle bei den politischen Diskussionen gespielt. Ich stelle Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, gern die Unterlagen zur Verfügung, wenn es gewünscht ist. Vielleicht können diejenigen, denen die Kenntnisse über die Toleranz in den Niederlanden nicht ausreichen, sich aber auch in anderen europäischen Ländern, wie Frankreich, Belgien, Schweden, Norwegen, Dänemark oder Teilen Spaniens, umhören. Allerdings weiß ich mittlerweile von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie die Diskriminierung von Homosexuellen fortsetzen wollen. Ich denke, Herr Caffier hat dieses auch noch mal deutlich gemacht.
Das hat Ihre Partei insbesondere durch das Torpedieren des Lebenspartnerschaftsgesetzes von Anfang an bewiesen.
(Reinhardt Thomas, CDU: Sie machen, was Sie wollen, wir haben andere Probleme. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)
Dies haben Sie auch bewiesen, indem Sie dem Gesetz zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze nicht zugestimmt haben. Sie haben sich ja nicht einmal überwinden können, der Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundestag zuzustimmen.
Auf Ihrem kleinen Parteitag hatte Ihre Partei erklärt, die CDU sei zwar im Prinzip gegen das familienrechtliche Institut, aber für Lebenserleichterungen. Das, glaube ich, hatte Herr Caffier so ungefähr auch gesagt. Nun geht es in diesem zustimmungspflichtigen Gesetz eben gerade um Lebenserleichterungen. Die Verfassungsklagen von Sach
sen und Thüringen sowie der Antrag von Sachsen und Bayern auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht, um das In-Kraft-Treten des Gesetzes zur eingetragenen Lebenspartnerschaft von homosexuellen Paaren zu verhindern, ist nichts anderes als die Fortsetzung der konservativen Diskriminierungspolitik à la Stoibers Stammtischniveau. Mit dieser Klage gegen den bereits verabschiedeten Teil des Gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht stellen Sie sich nach meiner Auffassung ein Armutszeugnis hinsichtlich Ihrer Toleranzfähigkeit aus.
Dies zeigt auch, dass Sie von Anfang an auf einen Rechtsstreit orientiert haben, anstatt im Vermittlungsverfahren konstruktiv mitzuarbeiten. Für Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sage ich es hier zum wiederholten Male und vielleicht auch mal zum Mitschreiben:
(Reinhardt Thomas, CDU: Wir lassen uns das mit den Schwulen und Lesben doch nicht auf- drängeln. Wir haben noch eine eigene Meinung.)
Ehe ist und bleibt eine rechtlich und auch nach der Anschauung unserer Gesellschaft klar definierte Institution.
(Reinhardt Thomas, CDU: Das lohnt sich nicht bei Ihnen, absolut nicht. – Irene Müller, PDS: Dann lassen Sie es doch einfach. Halten Sie sich zurück!)
Nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz können gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften eben gerade nicht heiraten. Das Gesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen eingetragener Lebensgemeinschaft und Ehe.
beeinträchtige den Grundrechtsschutz der heterosexuellen Ehe, ist abwegig. Sagen Sie mir doch endlich, was sich an der Stellung der Ehe ändert, wenn die Diskriminierung derer unterbleibt, die keine Ehe eingehen wollen beziehungsweise können! Oder sollen sie Scheinehen eingehen, meine Damen und Herren?
Sagen Sie mir endlich, Herr Thomas, was anderen genommen wird, wenn die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren unterbleibt!
Solange Sie mir diese Fragen nicht beantworten können, ist Ihre Haltung für mich nicht nachvollziehbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir fordern mit diesem Antrag die Landesregierung zudem auf, das Gesetz auf Bundesebene zu unterstützen
Um in Mecklenburg-Vorpommern und in ganz Deutschland die Situation der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften voranzutreiben, bitte ich im Namen der SPDFraktion...
Herr Thomas, ich bitte, mit dem Brüllen aufzuhören. Das zeigt nicht, dass hier Qualität in der Diskussion ist.
Herr Thomas, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Ich warne Sie. Wenn Sie sich hier nicht weiter vernünftig einfügen,