Protocol of the Session on June 28, 2001

(Unruhe bei Friedbert Grams, CDU – Heinz Müller, SPD: Aber nur eine Dame.)

wenn Sie sich nicht nur mit Worten für die Rechte der Kinder und Jugendlichen einsetzen wollen, sondern auch mit Taten, zeigen Sie dies hier und heute. Nachdem Sie allerdings schon in diesem Hohen Haus am 31. Januar 2001 auf der 52. Landtagssitzung die Beteiligungskampagne abgelehnt haben, glaube ich allerdings nicht, dass wir Sie bekehren können. Herr Caffier hat das ja auch schon angedeutet. Im Namen unserer Kinder und Jugendlichen bitte ich Sie trotzdem, sich nun endlich zu den Beteiligungsrechten zu bekennen und unserem Antrag zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Bretschneider.

Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/2122. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen. – Danke. Stimmenthaltungen? – Gibt es nicht. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/2122 mit den Stimmen von SPDund PDS-Fraktion bei Gegenstimmen der CDU-Fraktion angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Radarüberwachung der Kadetrinne/westliche Ostsee durch die Bundeswehr, auf Drucksache 3/2125. Hierzu liegt Ihnen noch ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2162 vor.

Antrag der Fraktion der CDU: Radarüberwachung der Kadetrinne/ westliche Ostsee durch die Bundeswehr – Drucksache 3/2125 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/2162 –

Das Wort zur Begründung des Antrages hat der Abgeordnete Herr Thomas von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem heutigen Antrag zur 10. Ostseeparlamentarierkonferenz ist aus meiner Sicht ein guter Schritt vorwärts, aber auch ein immer noch unzureichender Forderungskatalog verabschiedet worden. Die Konferenzteilnehmer haben seitens des Landtages etwas in der Hand. Bewegt wird damit für ein wirksames Sicherheitskonzept Ostsee aber noch lange nicht so viel und so schnell, wie wir uns das erhofft haben.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Ich hoffe, dass es auch bei dieser Konferenz nicht bei Sonntagsreden für die Verbesserung der Sicherheit für unsere Küste und insgesamt im Ostseeraum bleibt. Wer glaubt, mit diesem Papier praktisch und zeitnah einen Durchbruch erreicht zu haben, der irrt. Wir müssen uns hier um unsere Küste und um unsere Dinge selbst kümmern, und zwar möglichst zeitnah.

Vor dem Hintergrund der Zeitschiene nach der „Pallas“Katastrophe, glaube ich, ist es ganz wichtig, dass wir trotz des gemeinsamen Antrages noch einmal eine Bilanz ziehen. Ich glaube, wir müssen mehr denn je Druck machen auf die Verantwortlichen – und das ist das Positive, jetzt gemeinsam –, die nach ihren Absichtserklärungen in Berlin doch wieder mit einiger Tatenlosigkeit auffallen. Dass wir uns mit dem heutigen Antrag beziehungsweise mit den Anhörungen in unserer Arbeit bestätigt fühlen, wurde schon gesagt, und dass wir letztendlich das auch positiv sehen, denke ich, ist ein gutes Ergebnis heute. Für das aber, was praktisch und zeitnah zur Verbesserung der Sicherheit vor unserer Küste getan werden muss, müssen wir uns weiter engagieren und ich hoffe, wir können das gemeinsamer machen als in den letzten anderthalb Jahren.

Der Bund hätte sich schon eher um eine vernünftige Standortentscheidung, um eine Küstenwache oder um ein Havariekommando, um Weitbereichsradar und vor allen Dingen um die Schließung der immer noch bestehenden Notschleppkapazitätslücke kümmern müssen. Wir fordern mit unserem Antrag nur das, was wir aus unserer Sicht möglichst zeitnah machen müssen und was der Bund hätte schon längst erledigen müssen.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen und einige andere Forderungen der Experten können – und das ist ganz entscheidend – auch ohne Zustimmung internationaler Gremien angepackt werden. Es genügt eben nicht, wie nach der „Pallas“-Katastrophe üblich, sich die Verantwortung zwischen Bund, Land und internationalen Gremien wie mit einem Pingpongball zuzuspielen, wie wir das leider öfter erleben mussten. Wir müssen schneller handeln, vor allem die präventiven Maßnahmen und die wichtigsten hierbei vorantreiben.

Nach der „Pallas“-Katastrophe erkannte auch die Bundesregierung die Verhinderung von Schiffsunfällen als

vorrangige Aufgabe. Aber diese Erkenntnis ist leider schon wieder zwei Jahre alt. Die Greenpeace-Aktion in der Kadet-Rinne, mit der innerhalb von vier Wochen 192 Regelverstöße festgestellt wurden, zeigt, dass wir vielleicht schon wieder vor einer Havarie stehen. Spätestens diese Regelverstöße, von denen jeder einzelne zu einer Havarie oder Katastrophe hätte führen können, hätten die Verantwortlichen im Bund aufrütteln müssen.

Nach der Ölkatastrophe vor der Insel Møn Ende März gab es immer wieder unzureichende und, ich glaube, auch unsinnige Absichtserklärungen des Bundes und zum Teil des Landes, aber da sind wir ja jetzt schon auf einem vernünftigen Weg. Bundes- und Landesregierung – und ich sage, Schwerpunkt Bundesregierung – haben zum Teil noch nicht begriffen, dass wir unausweichlich auf die nächste Katastrophe zusteuern, wenn wir nicht schneller handeln. Mit dem Reden in Arbeitsgruppen verlieren wir immer noch kostbare Zeit. Nur durch zeitnahe klare politische und fachlich versierte Entscheidungen können wir mehr Sicherheit für unsere Küste erreichen. An der Küste nennt man das eigentlich knapp: handeln statt palavern. Und ich denke, dafür wollen wir uns engagieren.

Mit der Umsetzung unseres Antrages können wir zwei der gefährlichsten Sicherheitslücken ohne wesentliche Zusatzkosten für Bund und Land schließen, und zwar in kürzester Zeit, wenn es denn politisch gewollt ist. Die Bundesmarine überwacht die eigene Schiffsbewegung in der Ostsee und wäre technisch in der Lage, als Übergangs- beziehungsweise unter Umständen Dauerlösung die Radarüberwachung des Schiffsverkehrs in den gefährdeten Seegebieten zu übernehmen. Technisch ist zum Beispiel mit 3-D-Geräten, mit denen gleichzeitig Luftund Schiffsbewegungen überwacht werden können, so gut wie alles möglich. Die Entscheidung, von wo aus mit welchen Geräten diese Schiffsbewegungen überwacht werden können, kann aber nur die Bundeswehr treffen – deswegen auch unsere Änderung in Punkt 1 in einen Prüfantrag. Und ich sage das sehr selbstkritisch: Da war der Wunsch, das von dem bekanntesten Punkt der größten und schönsten Insel Deutschlands aus zu machen, doch wohl eher der Vater des Gedankens.

(Wolfgang Riemann, CDU: Größte, größte! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Größte kann man vielleicht sagen, aber schönste?! – Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Ach so, Entschuldigung. Da muss ich mich jetzt bei denen von den Inseln entschuldigen. Ich sage mal, beides sind wohl die schönsten Inseln Deutschlands.

Der derzeitige technische Stand ermöglicht es nicht, das heute von dort aus zu machen. Diese Entscheidung bleibt, wie gesagt, allein bei der Bundeswehr, die nach dem Begehren der Landesregierung entscheiden muss, welche Radarstationen dafür geeignet sind und welche dann letztendlich eingesetzt werden.

Aus unserer Sicht sollten die zusätzlichen Leistungen der Bundeswehr dann auch vom Verkehrsministerium getragen werden. In Anlehnung an das Luftüberwachungssystem zur Erkennung von Meeresverschmutzungen könnte eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bundesverkehrs- und dem Bundesverteidigungsministerium abgeschlossen werden. Rechtlich sehen wir auch keine Probleme, da die Bundeswehr im Rahmen des Katastrophenschutzes eingesetzt werden kann in der Ostsee. Vor allem im Bereich der Kadet-Rinne fehlt ein Ver

kehrssicherungssystem mit Weitbereichsradar wie in der Deutschen Bucht. Die vorhandenen akuten Gefahrenpotentiale rechtfertigen aus unserer Sicht einen derartigen Einsatz der Bundeswehr.

Nun zu unserem zweiten Teilantrag. Mit Punkt 2 greifen wir erneut – und ich muss sagen, leider immer noch aktuell – eine unserer Forderungen seit Ende 1999 auf. Nach der „Pallas“-Havarie wurde nur in der Nordsee gehandelt und die bestehende Notschleppkapazitätslücke geschlossen. Die „Pallas“-Katastrophe hat deutlich gemacht, dass die im Rahmen des überholten Nachsorgekonzeptes des Bundes konzipierten und gebauten Mehrzweckschiffe den Anforderungen an ein modernes Sicherheitskonzept Nord- und Ostsee nicht mehr genügen. Die hochgelobten und angeblich technisch ausgereiften Schiffe waren beide zusammen nicht in der Lage, den 10.000-Tonner „Pallas“ bei Sturm auf den Haken zu nehmen und wie vorgesehen nach Helgoland zu schleppen.

Zur Schließung dieser Sicherheitslücke wurde der 30 Jahre alte Hochseeschlepper „Oceanic“ vor Helgoland stationiert. Schon Ende 1999 stellte die „Oceanic“ ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis, als sie die „Lucky Fortune“ bei Sturm auf den Haken nahm und damit eine verheerende Katastrophe vor Sylt verhinderte. In der Nordsee sind derzeitig also – ich würde das mal so sagen – ein Sicherheitsschlepper mit 180 Tonnen Pfahlzug und die beiden Mehrzweckschiffe „Neuwerk“ und „Mellum“ stationiert. In der Ostsee wird zweieinhalb Jahre nach der „Pallas“-Katastrophe immer noch keine staatliche Notschleppkapazität vorgehalten. Wir meinen, das ist nicht mehr zu akzeptieren und das kann insbesondere von unserem Land nicht mehr hingenommen werden.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Damit besteht eine Sicherheitslücke, die vor dem Hintergrund der „Pallas“-Katastrophe und der Ölkatastrophe vor Møn sofort geschlossen werden sollte.

Die jetzige Situation im Vergleich von Nord- und Ostsee ist vergleichbar mit der Feuerwehr. Man stelle sich vor, Rostock und die Regionen habe keine Feuerwehr. Rostock brennt und die Feuerwehr muss aus Hamburg anrücken.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Gesine Skrzepski, CDU: Genau so ist das.)

Genau das ist die Situation bei einer Havarie, die wir vor unserer Küste haben. Es genügt nicht, zwei Jahre zu spät Notschleppkapazitätslücken zu erkennen. Das hat der Bund gemacht, das haben wir vom Land gemacht. Sie müssen geschlossen werden, das heißt, es muss endlich praktisch und konkret in diesem Fall gehandelt werden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Nicht erst 2004.)

In der Nordsee gibt es ein Verkehrssicherungssystem mit Weitbereichsradar. Mit der Stationierung der „Oceanic“ vor Helgoland und dem Verbleiben des Mehrzweckschiffes „Neuwerk“ und vor dem Hintergrund, dass der Schiffsverkehr im Bereich der Kadet-Rinne größer ist als in der Deutschen Bucht, ist die Verlegung des Mehrzweckschiffes „Mellum“ in die Ostsee gerechtfertigt und zu verantworten. Und wenn es sein muss, kann man als Kompensation auch immer noch die „Scharhörn“ anbieten, die dann unter Umständen zeitweise mit in die Nordsee verlegt werden könnte.

(Wolfgang Riemann, CDU: Da wohnen mehr Wähler.)

Aber ich glaube, das ist nicht notwendig, denn wir haben ja die Hoffnung, in Kürze ein entsprechendes Schiff, auch wenn das noch alles strittig ist, ein Mehrzweckschiff oder ein Sicherheitsschiff, in der Ostsee zu haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU, und Gesine Skrzepski, CDU)

Vielen Dank, Herr Thomas.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Es gibt offenbar keinen Widerspruch, dann eröffne ich die Aussprache.

Als Erster hat das Wort der Umweltminister Herr Professor Dr. Methling. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Antrag der CDU Stellung nehmen, zu den beiden Punkten, was das Weitbereichsradarsystem betrifft und was die Notschleppkapazität betrifft. Ich beginne mal bei dem letzten Punkt, der hier auch von Herrn Thomas behandelt worden ist.

Ich kann zumindest feststellen, dass die Forderungen, die wir erhoben haben, die Sie erhoben haben, aufgenommen worden sind und dass die Bundesregierung entsprechende Festlegungen getroffen hat. Allerdings dauert die Umsetzung noch etwas. Wenn man Schiffe neu baut, dauert das eben eine gewisse Zeit.

Auf jeden Fall will ich an dieser Stelle noch einmal sagen, dass zur Frage der Notwendigkeit der Notschleppkapazitäten beziehungsweise der Stationierung eines hochseetauglichen Mehrzweckschiffes zum Teil unterschiedliche fachliche Auffassungen existieren. Das kann man auch aus den Gutachten entnehmen, aus der Wertung der Grobecker-Kommission und von anderen Fachleuten. Gleichwohl steht völlig außer Frage, dass der Bund umfangreiche Schritte eingeleitet hat, um die Notschleppkapazitäten in der Ostsee in Kürze zu verbessern und die Einsatzzeiten zu verkürzen. Herr Thomas hat darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, gerade diese Zeiten zu verkürzen. Da die Verlegung der „Mellum“ nach Warnemünde, wie Sie es gefordert haben, die entsprechenden Kapazitäten der Nordsee schwächen würde, muss man wohl dafür Verständnis haben, dass das Bundesministerium einen solchen Weg nicht favorisiert.

Der UMK Nord wird dazu ein Bericht vorgelegt werden, der zu folgenden Aussagen kommt. Morgen werden wir also in der UMK diesen Bericht zu hören und auch vorgelegt bekommen. In diesem Bericht ist Folgendes formuliert: Die Ostsee hat ausweislich des Verkehrsgutachtens ein etwas höheres Gefährdungspotential und eine viel längere Küstenlinie und damit weitere Wege zu möglichen Einsatzorten als die Nordsee. Die Experten vertreten die Auffassung, dass die Ostsee Anspruch auf gleiches Schutzniveau wie die Nordseeküste hat und auch dort Eingreifzeiten von maximal zwei Stunden ermöglicht werden müssen. Das macht ein Stationierungskonzept mit insgesamt fünf Notschleppern erforderlich, das sich wie folgt darstellt:

1. Ein seegängiger Hafenschlepper mit Stationierung in Kiel wird vertraglich in die Konzeption eingebunden.

2. Das Schadstoffbekämpfungsschiff „Scharhörn“ wird mit einer zusätzlichen Notschleppkapazität von 40 Tonnen ausgestattet.

3. Das in Planung befindliche neue Schadstoffunfallbekämpfungsschiff wird mit einer Notschleppkapazität von 40 Tonnen ausgestattet. Dieses Schiff wird in Stralsund stationiert werden.

4. Zwei weitere Schlepper, ein schneller 80-TonnenSchlepper und ein 40-Tonnen-Hafenschlepper, werden langfristig gechartert. Die Stationierung soll in Warnemünde und auf Usedom erfolgen.

Diese Vorschläge entsprechen der Empfehlung der Grobecker-Kommission nach mehreren kleinen Schleppern als flexible Lösung mit möglichst kurzen Eingriffszeiten und unterscheiden sich insofern von den Forderungen der CDU, die diese auch in ihrem Antrag dargestellt hat. Aber an der Ausweitung der Notschleppkapazitäten wird, wie Sie meinen Worten entnehmen konnten, zielstrebig gearbeitet.

Das Konzept des Bundes, dass Sicherheitsaspekte höher gewichtet werden als Kostengesichtspunkte, wird mit jährlichen Kosten von insgesamt 20 Millionen DM verbunden sein. Dies sind doppelt so hohe Kosten wie gegenwärtig für die Charterung der „Oceanic“ aufgewandt werden. Diese Mittel werden jedoch erforderlich und dadurch gut begründet, dass bisher für die Ostsee keine Vorhaltung von staatlicher Notschleppkapazität erfolgte.