Zu Punkt 2: Ihre Behauptung, meine Damen und Herren von der CDU, Frauen würden schlechter gestellt, ist in dieser Absolutheit falsch. Im Gegenteil, für Frauen und insbesondere für Frauen mit Kindern bringt die Rentenreform einige Verbesserungen.
Und ich verhehle ja nicht, dass mir diese Verbesserungen persönlich noch nicht weit genug gehen, aber sie bringt Verbesserungen. Alle anderen Behauptungen Ihrerseits spielen wieder einmal mit der Angst der Bürgerinnen und Bürger, speziell der Witwen und Rentnerinnen. Zu Ihrer Information zähle ich die Verbesserungen einmal auf:
die wegen der Erziehung von Kindern nicht durchgehend erwerbstätig waren. Hierfür wird die Hinterbliebenenrente um eine Kinderkomponente erweitert. Frauen erhalten jetzt je nach Kinderzahl einen höheren Prozentsatz von der Rente des verstorbenen Ehemanns. Die Witwenrente einer Mutter, die zum Beispiel drei Kinder erzogen hat, wird um den Rentenertrag für drei Kindererziehungsjahre – monatlich 126 DM – angehoben.
Für Hinterbliebene, die bereits heute Rente beziehen, und für Ehepaare, bei denen der ältere Partner bei InKraft-Treten der Rentenreform mindestens 40 Jahre alt ist, gilt unverändert das derzeitige Hinterbliebenenrecht.
Für Frauen und Männer, die während der ersten zehn Lebensjahre des Kindes erwerbstätig sind oder Erziehungsurlaub nehmen, wird das erzielte Einkommen um 50 Prozent auf maximal 100 Prozent des Durchschnittseinkommens erhöht. Auf die Wartezeit werden nicht nur Beitragszeiten, sondern auch andere rentenrechtliche Zeiten, zum Beispiel Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung, Schwangerschaft, Krankheit oder Arbeitslosigkeit oder Kinderberücksichtigungszeiten, angerechnet. Eine solche Regelung kommt auch Alleinerziehenden zugute, die von den bisherigen Regelungen der Rente nach Mindesteinkommen vielfach nicht begünstigt wurden, weil sie gezwungen sind, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, und daraus ein Einkommen erzielen, das 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes und damit die Obergrenze der Rente nach Mindesteinkommen überschreitet.
Mit Ihrer Aussage, dass besonders Frauen in den neuen Bundesländern hiervon betroffen sind, zeigen Sie einmal mehr, dass Sie keine Ahnung haben. Insofern erstaunt mich dann auch Ihre Aussage nicht, dass Kindererziehungsleistungen völlig unzureichend berücksichtigt werden. Sie haben scheinbar noch nicht mitbekommen, dass die Rentenreform speziell Kindererziehende besser stellt. Die Bundesregierung will besonders die Frauen mehr unterstützen, die Kinderziehung und Teilzeit miteinander verbinden. Auch Mütter beziehungsweise Väter, die mehrere Kinder gleichzeitig erziehen und deshalb nicht erwerbstätig sind, profitieren von den neuen Regelungen.
Auch die Renten von nicht Erwerbstätigen werden angehoben, wenn sie gleichzeitig zwei oder mehr Kinder unter zehn Jahren erziehen. Zusätzlich zu den Kinderziehungszeiten werden die verbleibenden Jahre aus der Kinderberücksichtigungszeit mit 33 Prozent des Durchschnittseinkommens bewertet, also mit 0,33 Entgeltpunkten, wenn eine solche parallele Kindererziehung vorliegt. Die Zahl der Kinder schlägt sich zudem positiv auf die Höhe der staatlichen Zulage zur kapitalgedeckten Eigenvorsorge nieder. Pro Kind werden bis zu 360 DM Zulage gewährt. Außerdem haben auch nicht Erwerbstätige Mütter oder Väter in der Phase der Kindererziehung einen Anspruch auf Förderung.
Meine Damen und Herren, durch die Rentenreform der Bundesregierung leiten sich endlich die Renten für Frauen nicht mehr aus der Rentenversicherung des Mannes ab. Endlich gibt es ein partnerschaftliches Rentenrecht. Endlich werden Kindererziehungszeiten angemessener bei der Rentenberechnung angerechnet.
und ebenso konsequente Höherbewertung der Zeiten, die der Erziehung behinderter Kinder gewidmet werden.
Dies sind sich abzeichnende Fortschritte nach einer jahrelangen Diskussion auch im frauenpolitischen Bereich, die, und das betone ich, Lichtjahre von dem weg sind, was die frühere Bundesregierung durchzusetzen auch nur annähernd bereit war. Mit der Reform wird der gesellschaftlichen Realität Rechnung getragen und die Situation der Frauen, die Beruf und Kindererziehung verbinden wollen, verbessert. Ich weiß, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie es weiterhin lieber gesehen hätten, die Frauen wieder an den Herd zu schicken. Aber mit uns nicht!
Zu Punkt 3: Gerade Pflichtversicherte mit niedrigem und mittlerem Einkommen sowie Bezieher von Lohnersatzleistungen
einschließlich der Berechtigten zur Arbeitslosenhilfe, deren Leistung aufgrund der Anrechnung von Einkommen und Vermögen ruht, Mütter in der Phase der Kindererziehung sowie geringfügig Beschäftigte, die auf die Sozialversicherungsfreiheit verzichtet haben, bekommen eine Zulage für die zusätzliche Altersvorsorge. Sozialhilfe soll künftig nicht von dem Einsatz oder der Verwendung eines Kapitals abhängig gemacht werden, dessen Ansammlung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge staatlich gefördert wurde.
Die Kinderkomponente ist fester Bestandteil der Zulagenförderung. Also, die Förderung der privaten Vorsorge soll gerade für Geringverdiener und Familien mit Kindern erschwinglich gemacht werden, weil die Zulagen mehr als die Hälfte der Aufwendungen ausmachen können. Und, meine Damen und Herren, es ist doch wohl bekannt, dass in den vergangenen Jahrzehnten viele, meist Besserverdienende, bereits früh auf die eine oder andere gewinnbringende Art dafür gesorgt haben, die staatliche Rente im Alter privat deutlich aufzustocken. Ohne staatliche Unterstützung würde dieses weiter ein Privileg für einige bleiben. Und um dies zu verhindern, werden jetzt gerade auch geringverdienende Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer gefördert, wenn sie in private Eigenvorsorge investieren.
Zu Punkt 4: Zur Vermeidung von verschämter Altersarmut wird das Sozialhilferecht fortentwickelt. Unter anderem wird auf den Rückgriff gegenüber unterhaltsverpflichteten Kindern und Eltern von 65-Jährigen und älter sowie von 18-Jährigen und älter verzichtet. Mehrausgaben in
Höhe von 600 Millionen DM, also 307 Millionen Euro, sollen vom Bund übernommen werden. Und ich gebe Ihnen ja Recht, über diese Höhe muss mit Sicherheit noch geredet werden.
Zu Punkt 5: Steigende Rentenanwartschaften und die gezielte Förderung einer zusätzlichen Altersvorsorge von Kindererziehenden sind Beiträge zur Vermeidung von Altersarmut. Und, meine Damen und Herren von der CDU, Sie können doch nicht auf der einen Seite sagen, diese Rentenreform bringt Altersarmut, und auf der anderen Seite es ablehnen, dass Maßnahmen ergriffen werden sollen, um Altersarmut zu verhindern. Das ist ja wohl die Quadratur des Kreises.
(Harry Glawe, CDU: Sie sollen sich dafür einset- zen, dass die Kommunen auskömmlich finanziert werden durch den Bund. Dann ist es in Ordnung.)
Herr Glawe, Sie wissen genau, dass vor allem ältere Menschen Sozialhilfeansprüche nicht geltend machen, weil sie den Unterhaltsrückgriff auf ihre Kinder befürchten.
Dies ist einer der Hauptgründe für verschämte Altersarmut. Deshalb soll im Rahmen der Sozialhilfe auf den Rückgriff gegenüber unterhaltsverpflichteten Kindern verzichtet werden. Durch diese Maßnahmen wird es für ältere Menschen sehr viel leichter, in Würde ihre berechtigten Ansprüche auch geltend zu machen. Außerdem wird die Lebenssituation erwerbsgeminderter Menschen, gerade auch derjenigen, die von Geburt oder früherer Jugend an schwerstbehindert sind, erheblich verbessert. Es bestehen auch Absicherungsdefizite, wenn sich bei jüngeren Versicherten der Eintritt in das Erwerbsleben und damit die erstmalige Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ohne eigenes Verschulden verzögert oder bei Eintritt einer Erwerbsminderung unterdurchschnittliche Pflichtbeiträge in den ersten Jahren erhebliche Auswirkungen auf die Höhe einer Erwerbsminderungsrente haben. Diesen rentenmindernden Auswirkungen soll durch zielgenaue Regelungen zum Ausgleich von Lücken sowie zur Aufbesserung bereits anzurechnender Zeiten bei unsteten Erwerbsverläufen entgegengewirkt werden.
Zu Punkt 6: Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben lange genug versucht, mit Ihnen einen Konsens herbeizuführen. Dass diese Beratungen nicht zu einem gemeinsamen Rentenkonsens geführt haben, haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Die Masche, sich erst zu verweigern und dann zu schreien „Haltet den Dieb!“, meine Damen und Herren von der CDU, wird nicht funktionieren.
Meine Damen und Herren, es ist das Ziel der Rentenreform, die Alterssicherung auch angesichts der demographischen Entwicklung zukunftsfähig zu gestalten. Das bedeutet konkret, die heutigen und künftigen Beitragszahler nicht zu überfordern und das Leistungsniveau auch für die künftigen Rentner auf einem angemessenen
Niveau zu halten. Dabei müssen die jetzigen Rentner und die rentennahen Jahrgänge darauf vertrauen können, dass ihre erworbenen Ansprüche geschützt sind. Konkret heißt dies,
das Rentenniveau bleibt bei mindestens 67 Prozent und nicht, wie die CDU es gefordert hatte, bei 64 Prozent,
Meine Damen und Herren, mit der Rentenreform soll ein stabiles Rentensystem geschaffen werden, auf das sich beide Generationen verlassen können. Wer die Entwicklung im Interesse der Menschen aktiv mitgestalten will, muss bereit sein, Bewährtes zu bewahren und Neues zu unterstützen. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, können und wollen das offensichtlich nicht, wie Ihr vorliegender Antrag, den wir aus vorher genannten Gründen ablehnen, zeigt. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1822. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1822 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der anwesenden CDU-Mitglieder abgelehnt worden.