Verehrte Gäste! Ich will versuchen trotz meiner, ich gebe es zu, nach wie vor vorhandenen emotionalen Bindung zum Standort Basepohl und trotz
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den ersten Beruhigungspillen, dass nur kleinere Standorte von der Strukturreform der Bundeswehr betroffen wären, ereilten uns Anfang der Woche andere Aussagen, die vor allem die Standorte Eggesin und Basepohl eiskalt erwischten. Ich kann die Besorgnis, die Enttäuschung und die Entrüstung vieler Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Region verstehen, denn vieles, was in den Regionen in den vergangenen Jahren durch die angestrengte Arbeit gerade der Bürgerinnen und Bürger dieser Region entstanden ist, droht mit einem Handstreich zerstört zu werden.
Dennoch sage ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Strukturreform der Bundeswehr ist für uns keine neue Erkenntnis. Schon Scharpings Amtsvorgänger Rühe leitete die ersten Schritte einer Strukturreform ein. Und selbst die CDU-Landtagsfraktion stellte in ihrem Antrag vom Dezember des vergangenen Jahres fest: „Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern bekennt sich zur Notwendigkeit eines Umstrukturierungsprozesses der drei Teilstreitkräfte im Rahmen einer Bundeswehrreform.“
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Christian Beckmann, CDU: Das hatten wir auch gesagt.)
Wer nun, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, diese Notwendigkeit anerkennt, aber gleichzeitig Glauben machen will, dies könne ohne Standortschließung oder Standortreduzierung passieren, der betreibt eine unehrliche Politik.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Siegfried Friese, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja klar! Na klar!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war doch blauäugig anzunehmen, dass die Strukturreform der Bundeswehr einen Bogen um unser Land machen würde.
So ist auch in den zurückliegenden Jahren von allen Vorgängerregierungen im Bund und im Land zu wenig Vorsorge betrieben worden, um Folgen einer Strukturreform der Bundeswehr begegnen zu können.
Unbestritten, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Konversionsleitlinien des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahre 1992 waren ein Schritt in die richtige Richtung. Längst aber hätten diese Richtlinien fortgeschrieben und den neuen Bedingungen angepasst werden müssen. Längst hätte der Bund stärker in die Verantwortung genommen werden müssen, um jetzigen oder ehemaligen Militärstandorten eine Perspektive zu eröffnen.
Seit Montag allerdings, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dieser Handlungsdruck ins Unermessliche gestiegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit einigen Tagen wissen wir nun konkret, welche Auswirkungen die
Strukturreform der Bundeswehr auf unser Bundesland hat. Aus unserer Sicht, darauf habe ich bereits auf der letzten Landtagssitzung im Dezember verwiesen, ist eine Reform der Bundeswehr unumgänglich. Deshalb begrüßen wir auch jetzt mögliche Verkleinerungen der Bundeswehr, kritisieren aber gleichzeitig den falschen Ansatz dieser Reform, denn die jetzigen Überlegungen führen bei weitem nicht zu einer weiteren Abrüstung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern zu einer Umorientierung der Aufgaben der Bundeswehr. Begründet wird das mit dem nach Ihrer Lesart veränderten sicherheitspolitischen Umfeld. Und daher stimmt auch Ihre Behauptung in Ihrem heutigen Antrag nicht, dass die Vorschläge nicht den militärischen Notwendigkeiten entsprächen.
Gerade, Herr Riemann, die militärischen Notwendigkeiten, denen sich die Bundeswehr jetzt stellen muss, also das Fitmachen für weitere Auslandseinsätze, führten zu dieser Reform, führten dazu, dass Kräfte und Mittel konzentriert werden müssen und eben unnötige Standorte geschlossen werden müssen.
Und das ist natürlich, Herr Jäger, auch nicht zum Nulltarif zu haben. Ich will noch einmal auf die Zahlen verweisen, die ich bereits im Dezember hier genannt habe:
Zusatzkosten im Haushaltsjahr 1999 im Zuge des Kosovo-Einsatzes für Personal 450 Millionen DM, für Liegenschaftsbetrieb, Betriebsstoffe und so weiter 400 Millionen DM, Ersatz für Verbrauchsmittel und so weiter 2 5 0 Millionen DM und so weiter und so fort, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Künftige, von der Mehrheit des Bundestages auch befürwortete internationale Einsätze werden natürlich nicht billiger. Einsparpotentiale müssen also her. Und diese Prämissen führen nun auch zur Schließung des Standortes Basepohl und der Reduzierung in Eggesin.
(Zuruf von Friedbert Grams, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist wirk- lich eine naive Betrachtungsweise.)
Betroffen sind in Basepohl rund 800 Soldaten, rund 2 0 0 Zivilbeschäftigte und rund 50 Lehrstellen, betroffen sind Investitionen der letzten Jahre in Höhe von 40 Millionen DM und betroffen ist natürlich eine ganze Region.
und klar gesagt, Herr Riemann, auch darauf habe ich im Dezember schon verwiesen und klar gesagt, dass eine Schließung des Standortes erhebliche Auswirkungen auf die Region und auf ihre Unternehmen hätte.
Und nun, da es konkret wird, meine sehr verehrten Damen und Herren, frohlocken natürlich einige Kommentatoren, dass den Abgeordneten aus den betroffenen Regionen jetzt die Knie zittern und sie kalte Füße bekommen. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage heute wie im Dezember des letzten Jahres und wie seit Beginn meiner Mitgliedschaft im Landtag 1994: Die Politik ist in einer solchen Situation gefordert. Und dabei geht es mir nicht darum, möglichst viele und möglichst große Standorte zu erhalten, sondern es muss endlich darum gehen, Konversionsprogramme zu erarbeiten und zu starten,
die den Kommunen, den Firmen vor Ort, aber auch den Soldaten und Zivilbeschäftigten eine Perspektive geben. In der jetzt konkret entstandenen Situation erwarte ich daher von der Landesregierung und von uns allen, dass wir uns gegenüber der Bundesregierung für eine umfassende Unterstützung der betroffenen Regionen einsetzen.
Notwendig sind aus unserer Sicht daher vor allem für die Regionen um Stavenhagen und Eggesin Sonderförderprogramme. Ziel dieser Förderung muss sein, die Ausfälle in der Infrastruktur und Wirtschaftsentwicklung der Regionen zu kompensieren.
Für die Beschäftigten, die als Folge der Reduzierung des Personalabbaus ihren Arbeitsplatz verlieren, sind andere vom Bund finanzierte oder geförderte Arbeitsverhältnisse anzubieten.
Allen Überlegungen des Bundes, die frei werdenden Liegenschaften etwa noch gewinnträchtig an die betreffenden Kommunen zu veräußern, ist von vornherein eine Absage zu erteilen.
Die Bundesregierung und auch die Landesregierung und auch das Landesparlament haben gegenüber den Menschen, die direkt oder indirekt für die Bundeswehr tätig waren, eine hohe politische Verantwortung. Und dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren, dürfen wir nicht die Fehler von Anfang der neunziger Jahre wiederholen, als ehemalige NVA-Angehörige oder Zivilbeschäftigte auch am Standort Basepohl in erheblicher Anzahl und meist ohne soziale Absicherung oder Unterstützung entlassen wurden.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Schlimmste ist weiß Gott noch nicht verhindert. Wir können deshalb die Betroffenen und die Kommunen nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellen.
Wir müssen also den Bund in finanzielle und logistische Verantwortung nehmen, damit alle Schließungen oder
(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Der Abgeordnete Herbert Helmrich bittet um das Wort für eine Anfrage.)