Ich bin sowohl bei den letzten Beratungen des Deutsch-Polnischen Umweltrates als auch der gemeinsamen Umweltkommission Mecklenburg-Vorpommern in diesem Sinne wirksam geworden und werde es in diesem Jahr wieder tun.
Zum Teilprojekt 5 – Struktur: Um zu verhindern, dass es zukünftig wieder wie bei der Abarbeitung der „Pallas“Havarie zu einem Bruch von Zuständigkeiten bei der Bergung und dann bei der Ölbekämpfung kommt, wird die Bildung eines Havariekommandos, das diese Kompetenzen zusammenführt, unterstützt. Es ist eine Neuorganisation der Führungsstrukturen vorgesehen, die mit der Übertragung von Kompetenzen des Landes auf Bundesbehörden im Havariefall verbunden ist. So ist die Einrichtung eines Havariekommandos mit Durchgriffsrechten auf Landeszuständigkeiten geplant. Infolge dessen ist die bestehende Vereinbarung zwischen dem Bund und den Küstenländern über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen aus dem Jahr 1995 zu ersetzen. Diese Vereinbarung bedarf der Zustimmung des Landtages und ich hoffe sehr, dass Sie sich bald mit dieser Vereinbarung und der Zustimmung beschäftigen können.
Das Havariekommando soll permanent einsatzbereit sein und nicht nur im Ernstfall auf Weisung zusammentreten. Im Havariekommando sollen die Küstenländer durch ständige Präsenz der Wasserschutzpolizei im maritimen Lagezentrum die Länderinteressen vertreten. Die sonstigen Aufgabenfelder der Wasserschutzpolizei dürfen nicht beeinträchtigt werden, sondern die weiteren Aufgaben müssen von ihnen selbständig zu lösen sein. Feuerwehr sowie zuständige Landesbehörden werden im Ernstfall dem Havariekommando unterstellt, üben ansonsten ihren Dienst im Rahmen ihrer Zuständigkeit aus. Die Seewache, eine Einrichtung, bei der alle auf See tätigen Bundesbehörden, nämlich Bundesgrenzschutz, Zoll, Fischereiaufsicht sowie Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, unter ein Kommando gestellt werden sollen,
fällt in die alleinige Kompetenz des Bundes. Sie werden das föderale System in Deutschland nicht auflösen können, Herr Nolte. Deren Bildung wird von uns sehr unterstützt. Maßnahmen zur Strandreinigung sollen in der vollen Zuständigkeit des Landes bleiben.
Zum Teilprojekt 6 – Haftung und Versicherung: Mir scheint dies ein wichtiges Aufgabenfeld zu sein, was wir bisher wenig in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt haben und das hat auch einen Bezug zum vorliegenden Antrag der CDU, denn es kann nicht sein, dass die Behörden bei jeder Havarie am Pranger stehen, obwohl ganz objektiv die Fehler bei Schiffseignern und Schiffsführern liegen.
Es muss dafür Sorge getragen werden, dass nicht die öffentliche Hand und damit der Steuerzahler, sondern die Verursacher für Schäden haften. Da gibt es ganz offensichtlich noch Defizite, die auf internationaler Ebene erkannt sind und an denen gearbeitet wird. Leider kann das Tempo der Bearbeitung durch die Landesregierung nur indirekt beeinflusst werden.
Ein Protokoll von 1996 sieht eine Erhöhung der allgemeinen Haftungssummen in der Seeschifffahrt um das durchschnittlich 2,4fache vor und verbessert damit die Situation von Geschädigten einer Schiffshavarie. Zu seinem völkerrechtlichen In-Kraft-Treten ist jedoch die Ratifikation durch zehn Staaten erforderlich. Bislang haben lediglich die Russische Föderation und Großbritannien diesen Vertrag ratifiziert. In Deutschland wurden im letzten Jahr die verfassungsrechtlich notwendigen Voraussetzungen für die Ratifizierung des Protokolls durch ein Gesetz vom 27. Juni 2000 getroffen. Wegen der vorgesehenen Kündigungsfristen kann allerdings das Änderungsprotokoll nicht vor Mai 2001 – also in diesem Jahr – ratifiziert werden. Die Bundesregierung wirbt energisch darum, dass auch andere Staaten schnellstmöglich die notwendigen Maßnahmen für eine Ratifikation ergreifen. Ermutigend ist für uns, dass in Australien, Dänemark, Finnland, Kanada, Norwegen und Schweden bereits die entsprechenden Gesetzgebungsverfahren eingeleitet oder abgeschlossen wurden.
Nach der Havarie des maltesischen Tankers „Erika“ vor der französischen Atlantikküste im Dezember 1999 und den dadurch verursachten schweren Umweltschäden hat die Bundesregierung zusammen mit Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kanada, Liberia, den Niederlanden, Norwegen, Schweden, der Schweiz und Zypern bei der IMO – Sie wissen, das ist die international zuständige Organisation – beantragt, die Haftungshöchstsummen der internationalen Übereinkommen von 1992 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden sowie über die Errichtung eines internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden um etwa 50 Prozent zu erhöhen. Der Antrag stand zur Entscheidung auf der Tagesordnung des IMO-Rechtsausschusses im Oktober des vergangenen Jahres und er wurde angenommen. Sofern nicht ein Viertel der beteiligten Länder bis zum 01.05.2002 dieser Vereinbarung widerspricht, und dieses ist sehr unwahrscheinlich, treten die erhöhten Haftungssummen am 1. November 2003 in Kraft. Praktisch hätte dies zur Folge, dass unter Zuhilfenahme der Fondsentschädigung bei der durch Öltanker verursachten Verschmutzung statt derzeit rund 385 Millionen DM künftig 577 Millionen DM als Haftungshöchstsumme pro Schadensfall zur Verfügung stehen würden.
Mit einem Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung eines Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungen in europäischen Gewässern sollen die internationalen Haftungsregeln so erweitert werden, dass nach Tankerunfällen in einem Mitgliedsstaat Schäden bis zur Höhe von 1 Milliarde Euro ausgeglichen werden. Gegenwärtig läuft das Zustimmungsverfahren in den Mitgliedsländern der Europäischen Union.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, alle diese Schritte scheinen mir viel hilfreicher zu sein als der vorliegende CDU-Antrag.
Der Vorschlag der CDU-Fraktion zum Bau eines privat finanzierten Hochseeschleppers ist ja nicht neu. Bereits vor acht Monaten warben Sie in diesem Haus um Zustimmung für ein privat finanziertes Schiff. Damals hatten Sie offensichtlich noch die Hoffnung, dass es dafür Investoren gäbe.
Jetzt kommen Sie mit einem anderen Vorschlag. Neu ist bei Ihnen, dass nun die Passagiere und Transportunternehmen, die mit Fähren die deutsche Küste verlassen, dafür zur Kasse gebeten werden sollen.
Das würde zweifellos eine unsere Hafenstandorte belastende Sonderabgabe darstellen und damit auch einen Standortnachteil. Ich bin sehr verunsichert, ob dies nun eine neue Form der Wirtschaftspolitik der CDU ist, die Standorte so zu belasten.
Ich stelle auch mit Verwunderung fest, dass die CDU meint, per Landtagsbeschluss die Landesregierung auffordern zu können, den Bau von Sicherheitsschiffen in Deutschland zu gewährleisten. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie für diese Aufgabe vielleicht ein Paddelboot vorsehen würden, mag es ja angehen, dass es auf diesem Wege zu finanzieren ist. Ansonsten gelten auch die Regularien des europäischen Marktes, das heißt, deutsche Werften erhalten die Aufträge dann und nur dann, wenn sie sich bei europaweiten Ausschreibungen durchsetzen können.
Auch war es sonst ein Markenzeichen der CDU-Politik, dass derjenige, der die Zeche bestellt hat, diese auch zu bezahlen hat und vielleicht auch, um bei diesem Bild zu bleiben, dass der Wirt und nicht der Kunde die Versicherung für die Kneipe zu zahlen hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kann nicht sein, dass von Fährschiffpassagieren eine Sonderabgabe eingetrieben wird, die dazu dient, Havarien, die von Tankern und anderen Frachtschiffen verursacht werden, zu bekämpfen.
Ihr Modell eines gebührenfinanzierten Sondervermögens des Bundes, um daraus ein vielleicht noch privat betriebenes Sicherheitsschiff zu bauen, erscheint mir wie der Versuch, eine Flaschenpost in der Kadet-Rinne auf Kurs zu halten.
Was wir brauchen, sind keine Sonderwege in Form finanzpolitischer Experimente, sondern ein stimmiges Konzept über Art und Umfang der erforderlichen Notschleppkapazitäten. Und auch hier ist es keinesfalls so, dass gewartet wird, bis wieder etwas passiert.
Als wesentliche Erkenntnisse für die Bereitstellung von Schleppern in Nord- und Ostsee lassen sich bereits jetzt festhalten:
Erstens, und das sollten Sie nicht ignorieren, für die Ostsee ist nur ein halb so starker Pfahlzug für Schlepper erforderlich wie in der Nordsee.
Zweitens. Mehrere kleine Schlepper können die erforderlichen Zugkräfte ebenso bereitstellen wie ein großer
Schlepper. Das hat den Vorteil, dass bei Ausfall oder Dritteinsatz eines Schleppschiffes schneller Ersatz beschafft werden kann als nur bei einem Großschiff. Dabei sinkt auch das Risiko des Reißens von Leinen.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Experten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung unter Beteiligung des Germanischen Lloyd, der Bundesanstalt für Seeschifffahrt und Hydrographie sowie des Instituts für Schiffsbetrieb, Seeverkehr und Simulation Hamburg die Empfehlung der nach der „Pallas“-Havarie eingerichteten GrobeckerKommission eingehend geprüft und notwendige Schlussfolgerungen gezogen haben. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird sicherlich schneller als auf dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg die Situation der Notschleppkapazität vor unserer Küste deutlich verbessert werden.
Ich sehe deshalb keinen Bedarf, dem Vorschlag der CDU-Fraktion zu folgen. Vielmehr ist der Bund zu unterstützen, aber auch dringendst aufzufordern, seine Aufgaben zum Schutz der Küstengewässer unseres Bundeslandes wahrzunehmen.
Dass die Landesregierung durch die Mitarbeit bei der Entscheidungsfindung für erforderliche Maßnahmen ständig tätig ist, den Bund aber auch bei Erfordernissen auf allen geeigneten Ebenen zum Handeln auffordert, gewissermaßen Druck von unten macht, kann ich hier nur wiederholen.
Trotz der vielen bereits umgesetzten Schritte sehe ich allerdings noch Reserven im Handeln der Bundesregierung, die mich bewogen haben, mich erneut und damit zum zweiten Mal in einem Schreiben an den für die Problemlösung zuständigen Bundesverkehrsminister zu wenden.
(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS: Da müssen Sie wohl jeden Monat einen neuen Brief schreiben. – Zuruf von Lutz Brauer, CDU)
Ich habe dort – sicherlich auch in Ihrem Namen, so weit möchte ich sogar gehen – kurzfristig zu realisierende Maßnahmen zur Erhöhung der Schiffssicherheit auf der Ostsee vorgeschlagen und um dringende Umsetzung, weil die Zuständigkeit dort liegt, gebeten. Ich darf Ihnen die entscheidenden Passagen aus diesem Schreiben zitieren:
„Die Sicherheit der Küste Mecklenburg-Vorpommerns kann durch eine Reihe von kurzfristig realisierbaren Maßnahmen erhöht werden, die meine Mitarbeiter auch in Zusammenarbeit mit Vertretern der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung erarbeitet haben.“ Übrigens, mit denen, mit denen Sie auch so gut zusammenarbeiten, haben wir
dieses gemeinsam erarbeitet. „Dabei handelt es sich um Lösungsansätze mit relativ geringem Aufwand, die ich für geeignet halte, die Schiffssicherheit vor allem im Bereich der Kadet-Rinne zu verbessern. Sie betreffen insbesondere:
1. die Installation eines Weitbereichradars zur Früherkennung von Gefahrensituationen im Seegebiet KadetRinne Eine ähnliche Überwachung ist in der Nordsee seit langem installiert und hat sich dort bewährt. Parallel dazu wäre eine Meldepflicht für Schiffe im Bereich des Verkehrstrennungsgebietes der Kadet-Rinne anzustreben.
2. die Verpflichtung der Anrainerstaaten der Ostsee, bei den Hafenstaatkontrollen neben den üblichen Inspektionen auch auf aktuelles nautisches Kartenmaterial zu achten Mehrere Schiffe kamen in der Kadet-Rinne fest, weil mit veralteten Karten navigiert wurde.
3. die umgehende Installation eines Empfangsystems in Rostock für die ab dem Jahr 2002 vorliegenden Daten aus der AIS-Überwachung Hierüber wurde bereits bei der Tagung des Bundeskabinetts ,Neue Länder’ am 20.09.2000 Einvernehmen erzielt.