Protocol of the Session on January 31, 2001

Fragen Sie Herrn Professor Wagner zum Beispiel, den Leiter des Greifswalder Max-Planck-Institutes, was ihn potentiell wichtige Wissenschaftler, die er benötigt, zuerst fragen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Ja, was soll denn immer diese Bestätigung? Die brauche ich doch nicht. Hören Sie doch mal zu!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Ich ziehe auch noch Schlussfolgerungen daraus, und zwar andere als Sie, Herr Dr. Jäger.

(Steffie Schnoor, CDU: Das haben wir schon gemerkt.)

Das heißt, aus Sicht der PDS-Fraktion gehört die Theater- und Orchesterlandschaft zu den Hauptstandortfaktoren in Mecklenburg-Vorpommern und so müssen wir auch an das Problem herangehen.

(Steffie Schnoor, CDU: Dann fangen Sie doch endlich mal an!)

Von daher finde ich es dann schon etwas verblüffend, Frau Schnoor – wenn ich dann anfangen soll –,

(Heiterkeit bei Siegfried Friese, SPD)

dass in Ihrem Text das Wort „Orchester“ überhaupt nicht vorkommt.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Haben Sie sie schon abgeschrieben oder wie ist das?

(Zuruf von Steffie Schnoor, CDU)

Und dass die Orchester natürlich ein ganz wichtiger Teil dieses Problems sind, das sollten Sie eigentlich wissen. Insofern bin ich dann doch schon ein bisschen überrascht darüber, dass das Wort „Orchester“ dort nicht vorkommt.

In einem Punkt gebe ich dem Antrag der CDU-Fraktion ausdrücklich Recht,

(Harry Glawe, CDU: Ui!)

und das ist die Frage der notwendigen Ressortzusammenarbeit, die auch nicht erst seit 1998 besteht, aber seit 1998 weiterbesteht. Das will ich gerne zugestehen oder

nicht gerne, aber ich gestehe es zu. Natürlich passiert in vielen Ressorts etwas, was auch die Theaterlandschaft betrifft. Im Wirtschaftsministerium gibt es eine Abteilung, die sich zu nicht unwesentlichen Teilen damit beschäftigt. Ich erinnere nur mal an die „Aida“-Aufführung hier in Schwerin. Wie in der Expertise nachzulesen ist – was zugegebenermaßen für mich neu war –, haben wir auch 55 Stellen aus dem so genannten zweiten Arbeitsmarkt an unseren Theatern. Das heißt, auch das Arbeitsministerium ist in dieser oder jener Weise mit diesen Dingen befasst. Ich denke schon, dass in der weiteren Entwicklung und in der weiteren Bearbeitung des Problems die Zusammenarbeit der Ressorts eine ganz wichtige Frage werden sollte und werden muss, um mit den vorhandenen Mitteln besser und zielstrebiger zu arbeiten. So weit vielleicht einiges zu dem Antrag der CDU und zu der Ausgangsposition.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Lassen Sie mich bitte noch etwas sagen zu dem Inhalt der Unterrichtung, die ja auch zur Debatte steht und die wir aus zwei Gründen auf die Tagesordnung haben setzen lassen. Der erste Grund ist, dass in dieser Unterrichtung eines deutlich wird im Gegensatz zu dem, was Herr Dr. Jäger hier mehrfach behauptet hat, und zwar dass diese Regierung tätig geworden ist,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ach!)

dass diese Regierung einen Dialog angefangen hat und erste Schritte eingeleitet hat, um zum Beispiel ein Teilproblem zu lösen, das die vorhergehenden Regierungen auch schon vor sich hatten, aber nicht gelöst haben, nämlich die Fusion der Theaterinstitutionen im Raum Neubrandenburg/Neustrelitz. Das ist ein Ergebnis der Aktivität dieser Regierung. Da können Sie noch so viel sagen, dass nichts getan wurde. Wenn Sie nur Schwerin im Blick haben, Herr Dr. Jäger, dann ist der Blick eben etwas eng. Tut mir Leid!

(Angelika Gramkow, PDS: Das gilt aber nicht für alle Schweriner.)

Ich habe von Herrn Dr. Jäger, nicht von den Schwerinern gesprochen. Also, ich werde mich hüten.

(Angelika Gramkow, PDS: Ich wollte ja nur vorbauen. – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Ich will in diesem Zusammenhang auch etwas sagen zu der von der CDU-Fraktion oft geäußerten Kritik an der Moderatorenrolle des Ministers. Der Minister hat eben deutlich gemacht – das weiß eigentlich auch jeder –, es gibt passive Moderatoren, es gibt aktive Moderatoren und der Minister versteht seine Aufgabe als aktiver Moderator.

(Georg Nolte, CDU: Aber nicht mehr Geld.)

Dass er aber diese Moderatorenrolle hat, liegt an der Rechtskonstruktion, die nicht Professor Kauffold zu verantworten hat. Wenn nämlich die Kompetenz für die Theater bei den Kommunen liegt, dann kann der Minister nur moderieren.

(Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU, und Steffie Schnoor, CDU)

Und er hat es getan, und zwar hat er es aktiv getan, Frau Schnoor. Und wer diese Konstruktion geschaffen hat, das wissen Sie auch.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Na ja!)

Und der zweite Punkt, warum wir diese Unterrichtung aufgesetzt haben, ist der, dass natürlich in dieser Unterrichtung auch eins deutlich wird: Den Schlüssel für eine mittel- und langfristige Lösung des Problems haben wir bislang noch nicht gefunden. Das bestreitet auch niemand. Es hat auch niemand behauptet, dass es so ist, sondern hier müssen wir ansetzen, um auch in unserer Mitwirkung als Landtag dieses Landes unseren Teil zur Lösung der Probleme beizutragen. Dazu lassen Sie mich ein paar Dinge im Zusammenhang mit der Expertise und mit meiner Sicht auf die Problemlage ausführen:

In der Ausgangslage finden sich in der Expertise sehr interessante Zahlen und auf einige will ich eingehen. Natürlich ist es immer so, dass man sich Zahlen aussucht, die den eigenen Intentionen in dem Moment am besten entsprechen, aber eins ist, glaube ich, völlig klar: In der Expertise wird ganz deutlich, dass unsere Theater und vor allen Dingen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Theatern in den vergangenen Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet haben.

(Beifall Gerd Böttger, PDS, und Angelika Gramkow, PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Das stimmt. – Georg Nolte, CDU: Warum nennen Sie denn die Orchester nicht? – Heiterkeit bei Steffie Schnoor, CDU)

Das wird zum Beispiel darin deutlich, dass in Mecklenburg-Vorpommern beim Abbau eines Viertels des Personals zwischen 1990 und 1999 – also 1999 hatten wir nur noch drei Viertel des Personals von 1990 – gleichzeitig eine Steigerung der BesucherInnenzahlen um 66 Prozent erreicht worden ist. Und wenn das kein Qualitätsnachweis ist, dann weiß ich nicht, wo man ihn noch suchen soll.

(Beifall Erhard Bräunig, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Es ist auch eine Leistung, dass es in dem gleichen Zeitraum gelungen ist, die Anzahl der Vorstellungen um 19 Prozent zu steigern. Das sollte man der Ehrlichkeit halber sagen, auch wenn dies der vorletzte Platz innerhalb der neuen Bundesländer ist.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Auch das ist gerade wichtig, da wir immer so viel von Finanzen reden. Die Theater in Mecklenburg-Vorpommern belegen mit 59 Prozent Steigerung der eigenen Einnahmen in diesem Zeitraum den zweiten Platz. Auch das ist eine ganz wesentliche Leistung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Und deshalb verdienen sie Unterstützung.)

Natürlich ist es dann so, dass es in solchen Statistiken auch immer Zahlen gibt, die auf die Problemlagen hinweisen. Denn auf der einen Seite, gerechnet pro Einwohner in unserem Land, ist es richtig, wie der Minister sagte, dass wir dort sehr gut abschneiden in dieser Expertise. Das Problem wird aber deutlich, wenn man eine andere Zahl dagegensetzt und diese dann miteinander in Beziehung setzt, nämlich bei der Zuwendung je Besucher liegt Mecklenburg-Vorpommern unter den neuen Ländern an letzter Stelle. Und das relativiert dann natürlich wieder ein bisschen die positive Sicht, die sich aus der anderen Zahl ergibt. Beide Dinge sollte man zusammen sehen.

Trotzdem zeigt sich an diesen Zahlen eins, wir haben eine Ausgangssituation, auf die sich aufbauen lässt, die

aber nicht – und das Zeichen wird auch deutlich – als Selbstläufer weiterlaufen und sich entwickeln wird. Vielmehr sind eben eine ganze Reihe von Problemen in diesen Zahlen versteckt. Eines dieser Probleme ist zum Beispiel das unheimliche, für mich unheimliche Lohngefälle sowohl zwischen den verschiedenen Sparten an den Theatern als auch zwischen den verschiedenen Regionen. Ich nenne einfach mal nur die Eckwerte von Durchschnittslöhnen. Der niedrigste Eckwert – ich sage jetzt weder die Sparte, das wird alles zu viel – liegt bei rund 45.000 Mark Verdienst im Jahr und der höchste Eckwert liegt bei gut 100.000 Mark Jahreseinkommen. Hier finden wir natürlich einen Teil des ganz großen Problems, mit dem wir an den Theatern zu tun haben.

Auf der anderen Seite ist es so, dass in absoluten Zahlen gesehen die Steigerung der Kosten zwischen 1990 und 1999 nicht auf die Personalkosten zurückzuführen ist. Vielmehr haben sich die Personalkosten in diesem Zeitraum fast nicht verändert. Erreicht worden ist das durch zwei Dinge: zum einen durch den erheblichen Personalabbau, von dem ich schon gesprochen habe, und zum anderen auch über Haustarifverträge, über Lohnverzicht im Interesse des Arbeitsplatzes. Es kann aber auf Dauer nicht ernsthaft Ziel von Politik sein, dass die Ergebnisse, die zwischen Tarifpartnern ausgehandelt werden, unterlaufen werden, um bestimmte Einrichtungen erhalten zu können.

(Harry Glawe, CDU: Das verstehe ich aber nicht. Dann hätten Sie ein bisschen deutlicher werden müssen.)

Ich werde gleich deutlicher, Herr Glawe. Ich zitiere nämlich den Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins, Herrn Jürgen Flimm, der Folgendes zu diesem Problem sagt – Herr Glawe hören Sie bitte zu:

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

„Wieso behandelt Ihr Eure Arbeitnehmer in den Kulturinstituten als Arbeitnehmer 2. Klasse?“

(Harry Glawe, CDU: Und jetzt die Schlussfolgerung daraus.)

„Wieso nehmt Ihr diese Leute, die täglich in den Theatern eine harte Arbeit erbringen, von dem aus, was Ihr verhandelt? Das ist die erste Frage, die nach der ungeheuren Portion Ungerechtigkeit.“