Protocol of the Session on January 31, 2001

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

dass die Beratung diesen Verlauf nehmen wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Doch.)

Natürlich messen wir am besten die Leistungen eines Bildungssystems am Ergebnis. Es ist sehr wichtig zu schaun, wie die Realschulprüfungen ausgefallen sind und wie viele Schüler ohne einen Hauptschulabschluss sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist völlig richtig. Wir müssen auch sehen, wie viele Schüler das Gymnasium abgeschlossen haben und wie. Hier können wir sehr zufrieden sein, im gymnasialen Bereich. Da haben wir Durchschnittsergebnisse von 2,4 Prozent. Damit liegen wir gleich hinter Baden-Württemberg

(Heike Polzin, SPD: Ja, das passt gar nicht.)

im Realschulbereich und wir liegen noch vor dem Mittel von Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Bei den Realschulen sieht das anders aus. Die Zahlen sind nicht gut. Und das zeigt ja auch, wo der Schwerpunkt der Bildungspolitik in Zukunft liegen muss,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

nämlich bei den Real- und Hauptschulen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das haben wir von Anfang an gesagt. Wir haben gute Gymnasien, aber wir haben schlechte Real- und Hauptschulen, nicht nach der Leistung der Lehrer, sondern nach den Voraussetzungen, die diesen Schulen eingeräumt worden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und da müssen wir was tun, da müssen wir sehr viel tun! Dieser Flügel lahmt im Bildungssystem.

Das dreigliedrige Schulsystem, so, wie es eingeführt worden ist, hat das Gymnasium zum Maß aller Dinge gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Gymnasium ist gut und die Haupt- und Realschulen müssen besser werden. Dem wird unser aller Fürsorge gelten. Natürlich ist die Unterrichtsversorgung ein entscheidender Parameter für die Leistung des Bildungssystems,

(Heike Polzin, SPD: Aber nur einer!)

ein entscheidender Parameter, also die Erteilung der Stundenvolumina, und zwar die fachgerechte und hochqualifizierte Erteilung des Unterrichts. Die Stabilisierung der Unterrichtsversorgung ist deswegen auch ein wichtiger Bestandteil der Vereinbarungen der Koalitionspartner. Wir tun auch einiges dafür.

Es gibt einige Parameter, die den erreichten Stand kennzeichnen. Frau Schnoor erwähnte diese entscheidenden Parameter, die man auch nennen muss. Diese sind:

1. Wie viel Unterricht ist absolut ausgefallen?

2. Wie viel Unterricht ist fachfremd zur Vertretung angefallen?

(Reinhard Dankert, SPD: Ja.)

Fachfremd zur Vertretung angefallen sind bei uns im Schuljahr 1999/2000 5,3 Prozent des Unterrichts. Absolut ausgefallen sind im Schuljahr 1998/1999 3,0 Prozent und 1999/2000 2,8 Prozent. 8,7 Prozent waren zur Vertretung angefallen im vorletzten Schuljahr – und wir kehren diese Zahlen nicht unter den Tisch – und im letzten Schuljahr 9,2 Prozent.

(Wolfgang Riemann, CDU: Alles wird gut.)

Das ist nicht gut. Jede Ausfallstunde ist eine Stunde zu viel. Aber natürlich muss man vergleichen, wie wir insgesamt in Deutschland liegen und wie wir im Vergleich zu Ländern liegen,

(Wolfgang Riemann, CDU: Sind die Statistiken einheitlich? Sind die Statistiken einheitlich oder hat jedes Land eine andere?)

die keine dramatischen Umbrüche seit 1990 durchmachen mussten und ein stabiles Schulsystem haben.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Nicht alle Länder lassen bereitwillig gucken, wie die Situation ist, weil es ja auch sensible Zahlen sind. Wir haben uns vorgenommen – ich sagte das eingangs und wiederhole das –, immer transparent und offen zu sein.

In Brandenburg sind zur Vertretung angefallen 8,0 Prozent und absolut ausgefallen 2,6 Prozent. Das ist auch ein neues Bundesland.

(Harry Glawe, CDU: Wer ist nun besser?)

Aus Baden-Württemberg ist nur verfügbar, wie viel absolut ausgefallen ist. Das sind 3,3 Prozent. Und in Nordrhein-Westfalen sind absolut ausgefallen in Grundschulen 5,8 Prozent und in Realschulen 7,9 Prozent. Aus Bayern wissen wir, dass absolut ausgefallen sind 1,3 Prozent in der Volksschule und 4 Prozent im Gymnasium. Sie sehen also, es ist eine beachtliche Spannbreite. Wir unterscheiden uns da nicht wesentlich, wir ordnen uns ein in eine Front und liegen dabei gar nicht schlecht.

Aber das macht uns nicht zufrieden. Wir müssen arbeiten an diesem Problem. Dazu müssen wir es natürlich analysieren. Und wenn wir das analysieren, dann müssen wir zwei Dinge sehen. Wir müssen zum einen sehen die Landesweite, nach Schuljahren oder mittelfristig geplante Gesichtspunkte und zum anderen die punktuelle Situation und operative Handlungen, die notwendig sind.

Wenn wir den ersten Gesichtspunkt sehen, also den langfristigen Bereich, den planerischen Bereich, da ist es natürlich richtig zu erwähnen, dass wir seit dieser Legislaturperiode, und zwar seit dem letzten Schuljahr, zum ersten Mal über Stellen eine hundertprozentige rechnerische Unterrichtsversorgung haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das ist natürlich eine wesentliche landespolitische Größe. Zweitens müssen wir sehen, dass wir auskömmliche Ressourcen haben – bisher hatten wir die jedenfalls –, um den Vertretungsunterricht, der ansteht, disponibel, also finanziell abzusichern. Das ist also die eine Seite.

Die zweite Seite, die wir sehen müssen, ist der Personalkörper. Zum Jahresende 1999 waren 16.601 Lehrkräfte in den allgemein bildenden Schulen tätig. Der Beschäf

tigungsumfang wird im Wesentlichen auf der Grundlage von Schüler-Lehrer-Relationen den sinkenden Schülerzahlen angepasst.

Nun wird gelegentlich Unsicherheit dahin gehend verbreitet – ich möchte sagen, gezielt verbreitet, und das ist nicht gut für unser Land, weil es unser Land schlecht redet –,

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja, ja.)

indem gesagt wird, uns kämen die Lehrer abhanden. Das ist nicht verantwortungsbewusst.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Uns kommen nicht die Lehrer abhanden, sondern uns verlassen bedauerlicherweise jüngere Lehrer in Größenordnungen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

die im Vergleich zu den insgesamt im Personalkörper befindlichen Lehrern total vernachlässigt werden können.

(Unruhe bei Eckhardt Rehberg, CDU – Harry Glawe, CDU: Was?)

Uns haben nämlich in dem Zeitraum, den wir mit Sicherheit absehen können, 67 Lehrer verlassen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das kann wirklich nicht wahr sein!)

Das sind 0,4 Prozent der insgesamt im System befindlichen Lehrkräfte.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das sind aber doch 67 Lehrer zu viel! – Dr. Berndt Seite, CDU: Ich glaube es nicht!)

Wir haben also, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht zu wenig Lehrer. Wir haben zu viel Lehrer, leider, in Anbetracht der leider sinkenden Schülerzahlen. Im Grundschulbereich, das wissen Sie, mussten wir Teilzeit einführen. Der Geburtenknick erreicht nun mittlerweile den Sekundarbereich. Wir werden also genug Lehrer haben.

Worin liegt denn nun das Problem? Das erste Problem liegt darin, dass wir Bedarfs- und Mangelfächer haben. Wir haben Disproportionen in diesem Personalkörper. Was die Bedarfs- und Mangelfächer sind, das haben wir Ihnen bei der Beantwortung der Kleinen Anfragen, die allen Abgeordneten vorliegen, mitgeteilt. Und auf diesen Mangelfächern liegen die Schwerpunkte der Weiterbildung. Zum anderen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ergibt sich das Problem einer zunehmenden Überalterung. Der Altersdurchschnitt betrug 1997 44,1 Jahre, 1998 43,8 und 1999 44,3 Jahre. Das ist natürlich für einen gesunden Altersaufbau in einer Berufsgruppe, die sehr hart arbeiten muss und hohe verantwortungsvolle Aufgaben hat, keine gute Zusammensetzung. Nun frage ich mich: Wer trägt denn aber zunächst die Verantwortung? Wer trägt die Verantwortung dafür, dass der Personalkörper altersmäßig so zusammengesetzt ist?