Protocol of the Session on December 13, 2000

Sicher treten jetzt unübersehbare Kosten auf, die niemand übernehmen will. Keiner weiß, wer sie nach dem Verursacherprinzip übernehmen soll, aber die Gesundheit der Bürger und die Sicherheit der Tiere gehen vor. Wenn sich die Wissenschaft nicht einig ist, woher die Krankheit ursächlich kommt, gebietet es das Vorsorgeprinzip, besonders vorsichtig zu sein. Was wir jetzt wieder nur halbherzig machen und aus deutscher und europäischer Geldgier vernachlässigen, wird sich in Zukunft rächen. Wichtig sind jetzt konsequente vertrauensbildende Maßnahmen, zuverlässige Aussagen, sachliche Auseinandersetzungen statt pauschaler Schuldzuweisungen.

Auch wenn gegenwärtig noch vieles im Dunkeln liegt, ist zumindest eines klar: Wir haben es hier keineswegs nur mit einem landwirtschaftlichen, sondern mit einem zutiefst gesellschaftlichen Problem zu tun. Es wäre zu kurz gegriffen, die Bewältigung der BSE-Krise nur auf veterinärmedizinische und technisch-organisatorische Konsequenzen zu beschränken. Was wir brauchen – hier in MecklenburgVorpommern, bundesweit und auch in der EU –, ist eine sachliche Debatte um notwendige Veränderungen in der Art und Weise der Agrarproduktion, damit wir zu einer tatsächlich nachhaltigen Produktions- und Ernährungsweise gelangen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Landwirtschaftsminister Herr Backhaus. Bitte sehr, Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Maßnahmen, die das Land Mecklenburg-Vorpommern untersetzt hat, stehen eindeutig im Vordergrund aller Maßnahmen, nämlich der Verbraucherschutz und der Gesundheitsschutz – das habe ich in der letzten Sitzung schon gesagt –, und wir lassen uns nach wie vor von diesen Maßnahmen leiten.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Bis heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind rund 90 Menschen an einer neuen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verstorben oder erkrankt. Dieses jetzt zu bagatellisieren möchte ich nicht, und ich glaube, auch Sie, Herr Brick, hatten nicht dieses Ziel. Eine Therapie gibt es zurzeit leider nicht. Die Krankheit führt innerhalb von ein bis zwei Jahren tatsächlich zum Tod.

Seit Montag wissen wir – und zwar wissenschaftlich begründet und damit haben wir den Nachweis –, dass es in Deutschland einen, ich betone, einen originären BSEFall gegeben hat. Das sind die Fakten, die man zunächst, denke ich, erst mal nennen sollte.

Wie kommt es nun zu dieser Krankheit? Dieses ist nach wie vor unklar. Sicher ist nur, dass fast alle Opfer auch Rindfleisch konsumiert haben. Niemand weiß, wie viele Menschen daran noch sterben werden. Schätzungen schwanken zwischen mehreren hundert bis zu hunderttausend Opfern. Das sind die Vermutungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

In der Vergangenheit haben das Landwirtschaftsministerium und unser Haus etwas getan. Seit 1994 – das ist hier immer wieder zum Ausdruck gekommen – ist in Deutschland und damit national das Verfütterungsverbot von Tiermehl an Wiederkäuer in Kraft getreten. Im November 1996 wurden Rinder aus Großbritannien und der

Schweiz gekeult. Ich glaube, die meisten von Ihnen können sich an diese Szenen noch erinnern. Alle unmittelbaren Nachkommen von den damaligen Tieren dieser Rinder standen und stehen seitdem tatsächlich unter behördlicher Beobachtung. Seit 1998 gibt es in MecklenburgVorpommern ein BSE-Überwachungsprogramm. Frau Schwebs, das sollten Sie eigentlich auch wissen. 1999 wurde zusätzlich zu den Verdachtsuntersuchungen in Tierbeständen ein Monitoring zum Verfütterungsverbot eingeführt, meine Damen und Herren. Wir haben uns stark gemacht für die Rinderkennzeichnung und für die Etikettierung. Wir haben eine Vielzahl von Gesprächen mit der Landwirtschaft, mit den Schlachtunternehmen und auch mit der Futtermittelindustrie geführt.

Bedeutende Initiativen zum Thema BSE sind in der letzten Zeit auch und insbesondere von Mecklenburg-Vorpommern ausgegangen. Und dennoch, das wissen wir heute, war es zu wenig. Oder reichen diese Maßnahmen aus?

Um die aktuelle Situation zu beurteilen, müssen wir über die Risiken sprechen – ganz nüchtern und möglichst frei von Emotionen. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von BSE liegt in Großbritannien bei 400 Fällen pro einer Million Rinder, die älter als zwei Jahre sind. In Irland liegt dieser Wert bei 26,6, in Frankreich bei 2,7 und in Deutschland bei 0,15, ich betone, bei 0,15. Und dennoch sage ich Ihnen, auch vor dem Hintergrund dieser Zahlen, dass es dabei um ein jedes Menschenleben gehen muss, wenn es gilt, die heimtückische Krankheit wirklich zum Erliegen zu bringen. Das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gebot dieser Stunde.

Verbraucherschutz und Gesundheitsschutz haben also allerhöchste Priorität und alle anderen Belange sind darauf abzustimmen. Ein Beispiel: Zwar gilt unser Sterilisationsverfahren als sicher, aber Deutschland ist eben leider nicht allein auf dieser Welt und Handelswege – wer sich heute die Zeitung anschaut – sind alles andere als transparent. Das gilt nicht nur für Fleischerzeugnisse, das gilt ja im Übrigen auch – leider über Jahre hinweg – insbesondere für die Schlachttiertransporte. Das konsequente Tiermehlverfütterungsverbot für alle Nutztiere macht deshalb als Vorsichtsmaßnahme absoluten Sinn, weil nur so nach jetzigem Kenntnisstand – und da pflichte ich allen Rednern, die bis jetzt gesprochen haben, bei – die Infektionskette unterbrochen werden kann.

Als nach dem 24. November das Thema BSE die Schlagzeilen beherrschte, bestand über alle Partei- und Landesgrenzen hinweg ein großer Konsens über die Notwendigkeit, schnell und konsequent umfassende Maßnahmen einzuleiten, die zu einer optimalen – ich betone, optimalen – Verbrauchergesundheitsförderung in Deutschland führen. So hat bereits der Zentrale Krisenstab am 25. November in Bonn zum Ausdruck gebracht, die Verfütterung von Tiermehl zum frühestmöglichen Zeitpunkt tatsächlich in Deutschland zu verbieten. Bereits eine Woche später war das entsprechende Gesetz in Kraft getreten. Ich glaube, so was hat es in Deutschland auch noch nicht gegeben.

War das alles vorschnell oder hat man alles getan, was im Moment getan werden kann? Auch diese Frage stellen wir uns immer wieder.

Bereits am 27. November, das war der Montag nach der BSE-Meldung vom Freitag aus Schleswig-Holstein, hat die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern einen weitreichenden Maßnahmenkatalog eingeleitet: die

Einrichtung einer Hotline, die Verfügung des Importverbotes von Tiermehl, die Überprüfung der Rinderlieferungen von und nach den BSE-Beständen in Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt – ich darf an dieser Stelle auch mitteilen, dass es keine Kontakte gegeben hat –,

(Dr. Berndt Seite, CDU: Was für Kontakte?)

die Intensivierung, ich betone, die Intensivierung der Futtermittelkontrollen und Untersuchungen in landwirtschaftlichen Betrieben, das heißt...

Wie bitte?

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was für Kontakte hat es nicht gegeben? – Dr. Berndt Seite, CDU: Was für Kontakte?)

Die Kontakte von Tieren in andere Bestände hinein. Also es hat keine Tierkontakte von Beständen aus Mecklenburg-Vorpommern zu den anderen Beständen in Sachsen-Anhalt oder Schleswig-Holstein gegeben.

Und ich darf Ihnen heute vielleicht auch noch mal sagen, wir haben immerhin – und ich glaube, das ist auch ein Beispiel dafür, wie wir Transparenz üben – 285 Unternehmen der Futtermittelindustrie und landwirtschaftliche Unternehmen überprüft und es ist schon eine bestimmte Entwicklung zu verzeichnen, nämlich, von den 285 Proben, die wir haben und deren Analyse vorliegt, waren 65 Proben tatsächlich mit weniger als 0,5 Prozent mit Tiermehl oder Fischmehl behaftet. Das ist nicht gesetzeskonform, das sage ich auch in aller Klarheit, aber ich betone, dass wir hier sofort Maßnahmen eingeleitet haben. Wir gehen davon aus – und da möchte ich wirklich auch an alle in diesem Hohen Hause appellieren –, dass hier nicht vorsätzlich gehandelt worden ist, sondern dass bei den Mischverfahren beziehungsweise bei der Reinigung dieser Anlagen Futterpartikel von Tiermehl oder Fischmehl in diese Rationen mit hineingeraten sind. Dies ist jetzt geahndet worden. Die Futtermischungen sind beschlagnahmt worden und müssen jetzt schadlos beseitigt werden.

Hinzu kommt, dass wir die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Fütterungsalternativen“ unter der Leitung der Landesforschungsanstalt eingesetzt haben. Wir haben die Vorbereitungen für die BSE-Frühuntersuchungen in größerem Maßstab umgesetzt. In den nächsten Tagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die amtlichen Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern einsatzbereit, um täglich bis zu 400 Pflichtproben untersuchen zu können. Ich darf Ihnen heute an dieser Stelle auch mitteilen, dass mittlerweile in Mecklenburg-Vorpommern 965 Rinder-BSEUntersuchungen absolviert wurden und kein, zum Glück – und das ist auch ein Stückchen Vertrauensbeweis an unsere Landwirte –, positiv getestetes Tier aufgefallen ist.

Neben dem Hauptziel, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in deutsches Rindfleisch wiederzugewinnen, stehen für mich drei Fragen zukünftig im Vordergrund:

1. Wohin mit dem Tiermehl? Hier geht es um die Verwertung des noch vorhandenen und des zukünftig anfallenden Tiermehls.

2. Wer soll das eigentlich alles bezahlen? Das ist die spannendste Frage.

3. Wie geht es insgesamt im Agrarbereich und in der Rindfleisch- oder Fleischproduktion in MecklenburgVorpommern, Deutschland und Europa weiter?

Zur ersten Frage. Im Wirtschaftsjahr 1999/2000 wurden in den zehn Mischfutterwerken in Mecklenburg-Vorpommern 13.860 Tonnen Tiermehl verarbeitet. Das einzige Tiermehlherstellungsunternehmen – das Unternehmen SARIA BioIndustries in Malchin – produziert jährlich um die 15.000 Tonnen Tiermehl. Daraus ist leicht zu erkennen, dass auch aus diesen Beständen heraus ein Handel in andere Regionen betrieben worden ist. Für eine sinnvolle Verwertung dieses Rohstoffs – und ich lege großen Wert auf Rohstoff – sind die Weichen noch zu stellen, und zwar dringendst zu stellen. So wäre beispielsweise eine bundeseinheitliche Kategorisierung absolut notwendig. Es ist zu prüfen, ob Tiermehle auf Grundlage der Biomasseverordnung verwertet werden können, und es ist vor allen Dingen zu prüfen, wie Tiermehl durch andere eiweißhaltige Stoffe substituiert werden kann. Das macht natürlich nur Sinn, wenn Tiermehl EU-weit auf Dauer – ich betone, auf Dauer – verboten wird, damit der Verbraucherschutz nicht ins Leere läuft. Das ist die ganz klare Forderung, die auch von den Agrarministern aller Länder – ich betone, aller Länder – gestern in Bonn in den Gesprächen zum Ausdruck gekommen ist. Und ich bin froh darüber, dass auch die CDU-geführten Länder den Antrag, der von uns mit erarbeitet worden ist, unterstützt haben.

Zur zweiten Frage. Die gesicherte Finanzierung dieser Maßnahme ist der Dreh- und Angelpunkt für das Vorhaben, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich wieder zurückzugewinnen. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes hätten überhaupt kein Verständnis, wenn Verbrauchersicherheit tatsächlich am Geld scheitern würde, und es sollte auch klar sein, dass es sich diesbezüglich in der Finanzierungsfrage um ein gemeinsames Problem der Europäischen Union, von Bund und Ländern im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher handelt.

Welche Kostenlawine auf die Industrie, den Handel und insbesondere auf die Landwirtschaft und den Verbraucher zurollt, möchte ich nur an einer Zahl beweisen. Bezogen auf das Land Mecklenburg-Vorpommern entsteht nach den aktuellen Berechnungen ein Kostenvolumen von um die 90 Millionen DM, die daraus resultieren. Vergleichsweise bescheiden wird die Futtermittelindustrie mit einer halben Million D-Mark dabei sein, um Investitionen voranzubringen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat ad hoc, um die Tests durchzuführen, 1,5 Millionen DM investiert. 15 Millionen DM oder knapp 16 Millionen DM wird die EU sofort zur Verfügung stellen.

Aber zu Recht vermissen wir – und Sie sicherlich auch – den Bund. Die Landwirtschaftsminister aller Bundesländer haben deshalb eine Entschließung besonders hinsichtlich der Kostenfrage gefasst. Da beispielsweise die Tierkörperverwertungskosten in den einzelnen Ländern schon jetzt in unterschiedlicher Höhe anfallen und auch unterstützt werden, würde die Wettbewerbsverzerrung noch verschärft, wenn sich nicht auch der Bund an dieser so wichtigen Maßnahme und den Kosten beteiligen würde. Das Gleiche gilt übrigens auch für die BSE-Testkosten. Eine Umlage dieser erheblichen Belastungen auf die Endverbraucherpreise allein ist aus meiner Sicht zurzeit unwahrscheinlich, obwohl es das ganz klare Ziel sein muss. Die Landwirtschaftsminister haben deshalb die Bundesregierung kurzfristig aufgefordert, ein Hilfsprogramm – vergleichbar mit dem französischen Modell und dessen Regelungen – aufzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, dass wir mit der Bewältigung dieser so genannten BSE

Krise erst angefangen haben, ich betone, erst angefangen haben. Viele, die glauben oder geglaubt haben, dieses Thema wird schnell wieder zu den Akten gelegt werden, werden sich aus meiner inneren Überzeugung irren. Die Konsequenzen für die Landesregierung und die Politik werden nachhaltig und umfassend sein müssen. So kommen wir als Exekutive oder vielleicht auch Sie als Legislative oder wir gemeinsam an den umfangreichen Maßnahmen nicht vorbei. Für uns steht fest, Überwachungs- und Kontrollaufgaben sind zu intensivieren und die Politik ist gefordert, Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Europas oder auch der einzelnen Bundesländer zu vermeiden oder gar auch zu verhindern.

Wir können diese Krise aber auch als eine Chance verstehen, und damit bin ich bei der eingangs gestellten dritten und letzten Frage. Die Verbraucherinnen und Verbraucher – und das, meine ich, ist gut so – begreifen immer mehr, dass gesunde Lebensmittel – ich betone, das Mittel zum Leben, eines der wertvollsten Dinge, die wir überhaupt in der Evolution zur Verfügung haben – nicht zu Dumpingpreisen oder zu Dauertiefstpreisen zu haben sind, und verstehen auch, unsere Verbraucherinnen und Verbraucher, dass Qualitätserzeugnisse aus der Region und damit auch aus einer Kulturlandschaft erhalten werden können.

Vor diesem Hintergrund bin ich überzeugt, dass es an der Zeit ist, das bestehende Agrarmodell, das wir ja vorgelegt haben mit dem Agrarkonzept 2000, weiterzuentwickeln, um den künftigen Ansprüchen besser gerecht zu werden. Insofern bedanke ich mich für die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema und ich wünsche mir auch, gerade in der Weihnachtszeit, dass man zur Besinnung kommt

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut, sehr schön.)

und dass man sich dann vielleicht auch auf die gesunden und wertvollen Lebensmittel aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern konzentriert.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und auch Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Brick von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Brick.

Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Fütterungsalternativen konfrontieren entweder mit Gensoja, Genraps, dem Blair-Haus-Abkommen, das stärkere Förderung von Raps, Sonnenblumen und Soja verbietet, oder mit dem Uruguay-Abkommen und damit dem WTO-Abkommen, wonach Zuschüsse für Trockenfutter und Eiweißpflanzen das Niveau von 1992 nicht überschreiten dürfen, wenn die Friedensklausel nicht gefährdet werden soll.

Und jetzt zu dem viel zitierten Schnelltest ein paar Worte. Er kann nicht Sicherheit geben, ist aber besser als nichts. Aber solange ungewiss ist, auf welche Weise sich die Prionen verbreiten, bleibt Fleisch grundsätzlich ein riskantes Nahrungsmittel trotz aller Tests. Der Test gibt 100 Prozent sichere Resultate, aber die Scharfsicht bleibt begrenzt. Er wird durchgeführt an über 30 Monate alten Rindern und ist erst ab 6 Monaten vor dem ersten Auftreten von Symptomen verlässlich. Da ist klar: Medizinisch gesehen ist ein Test eben nur so sicher, wie seine Negativ

ergebnisse sicher sind. Die meisten Rinder, nämlich 80 Prozent, werden im Alter von 20 Monaten geschlachtet. So wiegen wir uns in falscher Sicherheit. Und dennoch fordert zum Beispiel der Umweltminister Müller aus Schleswig-Holstein, Originalton, „die Tests auf junge Tiere auszuweiten“, obwohl das Risiko der Fehlerquote steigt. Schlimmer geht es aus meiner Sicht nicht.

Logisch wäre – aber wo gibt es denn eigentlich noch Logik bei dieser Sache –, Vorsicht bei Geflügel, Schweinefleisch und Fischverzehr aus Teichwirtschaften walten zu lassen. Für diese Produkte kommt das Tiermehlverbot erst jetzt. Bei Rindern ist es seit 1994 – ausgeschlossen kriminelle Energie – verboten. Bei Geflügel, Schwein und Fisch, die in der Regel nie Geburtstag feiern und somit vor Ablauf der Inkubationszeit verwertet sind, ist es unlogisch, vor Rindfleisch zu warnen, auch wenn uns vom Knochen befreites Rindfleisch empfohlen wird und der anliegende Knochen zu Sondermüll wird. Wenn etwas einigermaßen sicher ist, sage ich Ihnen, dann ist es momentan Rindfleisch, gerade weil die Forschung noch immer unsicher ist, ob sich Menschen wirklich über das Fleischessen infizieren. Auch Vegetarier, Herr Minister, erkranken in Großbritannien an BSE mit gleicher Signifikanz, ohne dass sie jemals Rindfleisch gegessen haben. Und Schlamperei in Europa und spontane Mutation sind möglich, somit ist Biofleisch in keiner Weise ausgenommen.

Noch immer ist medizinisch gesehen die Überwindung von Artschranken, Wiederkäuer und Mensch, oder Organschranken, Körper, Euter, Gebärmutter, eingeschränkt zu sehen und gerade hier vermuten wir weiter, damit Milch, Käse und andere Produkte nicht ins Gerede kommen. Fest steht, die Schafkrankheit Scrapie, Auslöser der BSE, ist seit dem Mittelalter bekannt. Ebenso bekannt ist, dass sie nie auf den Menschen übersprang. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Minister Dr. Wolfgang Methling: Kommt die dritte Folge dann?)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Scheringer von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Scheringer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei aufeinander folgende Aktuelle Stunden zum gleichen Thema, das ist etwas Neues, das hatten wir noch nicht. Für mich zeigt das natürlich auch, dass wir dieses Thema BSE als nichttauglich erklären und erkennen müssen für Parteipolitik oder Parteiengezänk, denn hier geht es ganz eindeutig um Verbraucherschutz. Und ich sage hierzu: Wir sind nicht mehr frei in unseren Aktionen und auch nicht mehr frei in der Beurteilung der wirklichen Sachlage. Wir sind mehr oder weniger ausgeliefert.