Herr Beckmann, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Gewissheit haben, bezüglich Ihrer Person bisher von BSE verschont geblieben zu sein. Ich möchte nur daran erinnern, die Inkubationszeit beträgt bis zu zehn Jahre.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Zuruf von Dr. Christian Beckmann, CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Recht hat sie. Er soll sich nicht zu sicher sein.)
Meine Damen und Herren, bis zu 276 DM pro Rind beträgt die Belastung für den einzelnen Landwirt durch die Entscheidung der EU-Kommission über die Behandlung des spezifizierten Risikomaterials. Die Europäische Kommission hat hierfür vorerst keinen Ausgleich vorgesehen. Im Zuge einer deutschlandweit einheitlichen Behandlung von Landwirten ist schnell die Forderung an die Bundesregierung aufgekommen, dass sie für den entsprechenden Ausgleich zu sorgen hat. Dies ist bisher nicht geschehen. Gleichwohl wurden die Länder dahin gehend vertröstet, als dass ihnen eine Intervention des Bundes auf europäischer Ebene zwecks Erreichung eines Ausgleichs zugesagt wurde. Mit Luft, zögerlichem Handeln und Versprechungen allein lassen sich die streitigen Mehrkosten jedoch nicht beseitigen. Daher ergeht auch von hier die Forderung an die Bundesregierung, mit Bundesmitteln Kompensationen für die Landwirte Deutschlands bereitzustellen.
Meine Damen und Herren, der Landeshaushalt von Mecklenburg-Vorpommern umfasst knapp 14 Milliarden DM. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, dass er eine Decke zur Befriedigung von Forderungen ist, die vorne und hinten bei weitem nicht reicht. Die Landesregierung sah jedoch bereits im Vorfeld, dass den Landwirten in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund dieser langfristig absehbaren Kommissionsentscheidung geholfen werden musste. Sie stellte dazu in ihrem knappen Haushalt 1 Million DM als Zuschuss zur Beseitigung des spezifizierten Risikomaterials bereit.
Dennoch erklang der Ruf des Bauernverbandes nach einem vollständigen Ausgleich der gesamten Mehrkosten, denn diese 1 Million hätte die Mehrkosten nur zu ungefähr 20 Prozent aufgefangen. Verwiesen wurde dabei auf die anderen Bundesländer, die in Teilen bereits entschieden haben, die Mehrkosten selber zu tragen oder den Ausgleich ihren Kommunen zu überlassen. Aus dem Blickwinkel der Herstellung von Chancengleichheit und Wettbewerbstransparenz erscheint diese Forderung der Verbände auch logisch und nachvollziehbar.
In den Haushaltsverhandlungen mit der Landesregierung und dem Koalitionspartner SPD wurden schnell die konträren Punkte zur gesamten Problematik sichtbar. Auf der einen Seite stand die Forderung nach einem Ausgleich durch den Bund oder durch die EU, natürlich unter gleichzeitigem Hinweis auf den Umstand, dass durch eine Lösung auf Landesebene – beispielsweise durch einen vollständigen Ausgleich der Mehrbelastungen – gegenüber dem Bund respektive der EU die Argumentationsbreite unnötig eingeschränkt werden würde. Der Bund oder die EU – so war die Argumentation – könnten sich mit dem Hinweis auf die bereits erfolgte Kompensation auf Landesebene aus der Verantwortung stehlen. Diesem Ansatz konnte die PDS-Fraktion jedoch nicht folgen.
Im Verlaufe der Diskussion sind dann auch der Koalitionspartner und das Landwirtschaftsministerium der Ansicht der PDS gefolgt. So ist es dem Landwirtschaftsministerium noch gelungen, zur Sitzung des Ausschusses am 09.11.2000 eine Kompensation in Form einer Einnahmeerhöhung anbieten zu können, eine Lösung also, die weitere, immer schmerzliche Einschnitte an anderer Stelle unnötig machte. Mein Dank geht deshalb von dieser Stelle auch an das Landwirtschaftsministerium, ist es ihm doch zu einem maßgeblichen Teil zu verdanken, dass ein einvernehmliches Ergebnis gefunden wurde.
Der Antrag, die Mittel für die Beseitigung des spezifizierten Risikomaterials von 1 Million auf 2 Millionen DM unter Deckung der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen zu erhöhen, wurde im Ausschuss einstimmig angenommen und als Antrag an den Finanzausschuss weitergeleitet.
Meine Anerkennung in diesem Verfahren auch an die CDU-Fraktion, die dieses Anliegen ebenso vertreten hat wie die Koalitionsfraktionen. Manchmal lassen sich eben alle drei Parteien auch von denselben Zielen leiten. Nur wenn es dann um die Leitlinien der Kultur geht, gibt’s natürlich Unterschiede.
Zum Ersten die Forderung nach der sofortigen Einführung von Schnelltesten an jedem Tier, das geschlachtet wird, um eine aus heutiger Sicht größtmögliche Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten.
Es bleibt zum Zweiten die Forderung nach einer Kompensation der Kosten für die Produzenten auf höherer, quasi auf der verursachenden Ebene,
auch wenn das Land sich nicht aus seiner Verantwortung stiehlt, indem es für das nächste Jahr kompensiert.
Und drittens verbleibt abschließend die Forderung an die Landesregierung, mit der SARIA Industries in dem
Sinne zu verhandeln, dass diese ihre Beseitigungspraxis überdenkt und eine Teilverwertung der Tiere vornimmt, denn gerade weil die SARIA Industries eine Monopolstellung hat, weil sie die Einzigen sind, die in diesem Lande eine Tierkörperbeseitigungsanlage betreiben, muss mit SARIA im Interesse der bäuerlichen Produzenten verhandelt werden, auch wenn Sie, Herr Beckmann, darüber Bedenken anmelden über die Verwertung in der TBA. Das wäre dann eine nachhaltige kostensenkende Entscheidung im Interesse der Produzenten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aussage des internationalen Tierseuchenamtes lautet: Deutschland ist frei von BSE. Meine Vorredner sind in verschiedenen Formen darauf eingegangen. Dennoch muss Deutschland als BSE-freies Land spezifiziertes Risikomaterial entsorgen. Dies sind Schädel mit Hirn, Augen und Rachenmandeln sowie Rückenmark und Darm von über zwölf Monate alten Rindern, Schafen und Ziegen. Auf Schlachthöfen ist dieses Material gesondert zu entnehmen, einzufärben und einer Tierkörperbeseitigungsanlage zuzuführen. Gefallene Tiere sind in toto als Risikomaterial zu behandeln und auf einer separaten Linie der Tierkörperbeseitigungsanstalt zu entsorgen.
Herr Scheringer und Herr Beckmann haben sich mit Pro und Kontra zur Kaltschlachtung geäußert. Hier ist sicherlich noch weiter zu diskutieren. Die Entsorgung darf laut EU-Entscheidung in den Tierkörperbeseitigungsanstalten nicht im Interesse des Verbraucherschutzes in die technologische Kette aufgenommen werden, das ist nicht gestattet. Die Behandlung von Risikomaterial mit anerkannten Drucksterilisationsverfahren im Sinne des vorsorglichen Verbraucherschutzes bietet zwar höchste Sicherheit, dennoch muss das zu Tiermehl verarbeitete Risikomaterial aus der Verwertungskette als Futtermittel herausgenommen und verbrannt werden.
Meine Damen und Herren, die Beseitigung von spezifiziertem Risikomaterial kann nur in dafür zugelassenen Tierkörperbeseitigungsanlagen erfolgen. In unserem Land ist damit die Firma SARIA, die zur Rethmann-Gruppe gehört, mit ihrer neuen Anlage in Malchin beliehen worden. Wie Sie alle wissen, hat es um die Tierkörperbeseitigung in unserem Land in den vergangenen Jahren heftige Diskussionen gegeben. Verschiedene Bewerber aus unserem Land oder dem benachbarten Brandenburg traten auf. Kostenverteilungen wurden diskutiert. Nach einem intensiven Meinungsfindungsprozess hat sich Mecklenburg-Vorpommern für die genannte Firma in Malchin, vormals in Sponholz, entschieden und sie mit der Tierkörperbeseitigungspflicht öffentlich beliehen.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich die Äußerungen und auch die Pressemeldung vom 22.08. dieses Jahres nicht, verehrte Frau Schwebs, in der Sie die Monopolstellung und das damit einhergehende Preisdiktat von SARIA kritisieren. Es ist vielleicht als ein erster Schritt der PDS in Richtung Marktwirtschaft zu werten, dass Sie das Konkurrenzprinzip erkennen.
(Zuruf von Peter Ritter, PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Waren Sie da etwa viel schneller als wir?)
Aber Tierseuchenrecht als hoheitliche Aufgabe hat seine besonderen Regelungen. So muss eine im Land funktionierende Tierkörperbeseitigungsanstalt bestehen,
die im Seuchenfall auch die anfallenden Kadaver tierkörpergerecht entsorgen kann. Andererseits fällt in einem Land nur eine ausgehend vom vorhandenen Tierbestand bestimmte Menge an gefallenen Tieren und Schlachtabfällen an, die genaue Rückschlüsse auf Auslastung und Rentabilität einer Anlage zulässt. Eine solche Anlage hat nur die Firma SARIA – anfangs noch in Sponholz, seit nunmehr eineinhalb Jahren mit einem Neubau in Malchin. Als öffentlich beliehenes Unternehmen muss SARIA die Preiskalkulation dem Landwirtschaftsminister vorlegen. Das ist alles nicht neu und Sie wissen dies. Dennoch von Preisdiktat und Monopol zu sprechen halte ich für unseriös. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Das ist völlig richtig, was Frau Schwebs gesagt hat. Das wissen Sie auch.)
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich werde die Redezeit, die Herr Beckmann überschritten hat, dann auch wieder einholen.
Ich will noch einmal betonen, dass ich die Wichtigkeit hier nicht in Zweifel gestellt habe, sondern nur die Aktualität. Was soll ein Landwirt wohl dieser Debatte entnehmen? Um den ging es mir. Er ist der Betroffene. Die Kostenfrage ist aus meiner Sicht nicht hinreichend erörtert worden. Der Einsatzwille des Landes, über den Bund auf die EU einzuwirken, ist für mich nicht erkennbar geworden. Wir zahlen eben einfach – wohlwissend, dass es hinten und vorne nicht reicht.
Herr Minister, die Bundesrepublik hat die Maßnahmen, die 1997 – da haben Sie Recht – festgelegt wurden, natürlich nicht eingeführt aus dem einfachen Grund, weil Deutschland war und ist BSE-frei und kämpfte um die Anerkennung seines Verfahrens. Und das ist, wie sich ja jetzt herausstellt, auch vernünftig gewesen.
Und noch eine Randbemerkung, eine Bemerkung schlechthin: Ich verwahre mich gegen angeblich durch Beleihung entstandene Monopolstellung. Dabei wird immer vergessen, dass es notwendig und auch vernünftig war, über die normale Tierkörperbeseitigung den Bauern je nach Anfall 850.000 bis 1 Million DM jährlich zu erstatten. Mir ging es – unschwer zu erkennen – um die Landwirte. Dazu haben hier sehr viele in diesem Hause zu diesem Thema gesprochen, einige haben zwischengerufen und einigen will ich ins Stammbruch schreiben mit Lenin, 8. Parteitag der KP Russlands: Nichts ist dümmer, als wenn Leute, die die Landwirtschaft und ihre Besonderheiten nicht kennen, sich in allen Dingen als Lehrer der Bauern betrachten. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Können Sie uns das mal erklären? – Caterina Muth, PDS: Das haben wir jetzt nicht verstanden. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ich bin sehr erfreut, dass Sie jetzt die Klassiker studieren. Das ist sehr gut. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, auf Drucksache 3/1486, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses auf Drucksache 3/1556.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 3/1486 –
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Friese von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Friese. Sie gehören der stärksten Fraktion an, insofern haben Sie als Erster Rederecht. Nutzen Sie es!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich auf die Stellungnahmen der Fraktionen dieses Hauses zu diesem Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag reagieren, weil die SPDFraktion ihre Haltung zu diesem Staatsvertrag mit der Unterschrift des Ministerpräsidenten deutlich gemacht hat, die da lautet: Die SPD-Fraktion trägt diesen Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag ohne Wenn und Aber mit.
Gestatten Sie aber doch, dass ich einige grundsätzliche Bemerkungen mache: Ich freue mich, dass alle drei Fraktionen signalisiert haben, dass Sie diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag mittragen. Es zeigt, der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern steht hinter dem öffentlichrechtlichen Rundfunk in Deutschland. Dieses ist nicht wenig. Sie wissen, wir haben durch die Konkurrenz der privaten Rundfunkunternehmer das Bestreben, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinem Bestand zurückzuschneiden.
Europaweit wird anerkannt, dass das duale Rundfunksystem in Deutschland mit den beiden Säulen – auf der einen Seite öffentlich-rechtlicher Rundfunk, bestehend vor allen Dingen aus ARD und ZDF, und auf der anderen Seite die privaten Rundfunkanbieter –, dass Deutschland mit dieser dualen Struktur eine gute Rundfunkordnung
hat, die in der Lage ist, Meinungsvielfalt und Pluralität zu sichern. Wenn wir – wie im Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag nunmehr vorgesehen – einer Erhöhung der Gebühren nicht zustimmen, so wäre dieses eine Tat, die im Land bei weiten Teilen der Bevölkerung auf Gegenliebe stoßen würde. Wir würden aber gleichzeitig damit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in eine finanziell schwierige Lage bringen, denn er könnte, was die Attraktivität seiner Angebote anbelangt, nicht mehr mit den großen privaten Rundfunkanbietern konkurrieren. Er würde, wenn ihm die Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen, in eine Minderheitenposition geraten. Das würde bedeuten, die Angebote der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten würden an Attraktivität verlieren und damit der Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt.