Ausländer, über Fluchtursachen und gesellschaftliche Verhältnisse in den Herkunftsländern, über andere Kulturen und Traditionen. Auch hier sehen wir einen notwendigen Handlungsbedarf. Es kann doch nur gut sein für unser Land, wenn es uns gelingt, unsere Bürgerinnen und Bürger zu motivieren und zu befähigen, politische und soziale Zusammenhänge zu verstehen, und sie für die aktive Arbeit zu gewinnen.
Dass dieser Anspruch nicht allein durch die Gewährleistung eines Rechtsanspruchs auf Weiterbildung realisiert werden kann, ist selbstverständlich auch unserer Fraktion bewusst. Aber es ist eine Möglichkeit, dies zu befördern, auf die wir in keiner Weise verzichten sollten.
Gleiches gilt für die Gewährleistung einer Freistellung für die Qualifizierung zur Ausübung eines Ehrenamtes. Neben Hamburg, das bereits seit 1991 diesen Anspruch gesetzlich fixiert hat, gibt es diesen Anspruch in den anderen Bundesländern nicht. Warum, wieso und weshalb, das entzieht sich unserer Kenntnis. Wir halten diesen Anspruch für unverzichtbar. Die Stärkung des Ehrenamtes – und wir werden uns ja im Laufe unserer Landtagssitzung damit beschäftigen – ist nicht nur eine Frage der finanziellen Entlastung.
Dabei verkennen wir selbstverständlich nicht die vorhandenen Probleme. Gleichbedeutend ist aus unserer Sicht, dass die Gesellschaft, die Politik, auch die Sozialpartner Rahmenbedingungen schaffen, die eine qualifizierte Ausübung des Ehrenamtes ermöglichen. Nicht umsonst hat der Bundestag zu dieser Frage eine Enquetekommission gebildet, die unter anderem auch politische Handlungsempfehlungen herausarbeiten will für die Verbesserung der Qualifizierung, Fortbildung und Ausbildung ehrenamtlich Engagierter. Es reicht aus unserer Sicht nicht aus, einmal im Jahr, am Tag des Ehrenamtes, danke zu sagen.
Kürzlich las ich in einem Rundbrief des Deutschen Sportbundes: „Seit Menschengedenken sind sie zwar allgegenwärtig, aber eigentlich immer noch um gesellschaftliche Anerkennung bemüht: die Ehrenamtlichen. Man hat sie, wenn nicht gleich ganz ignoriert, viel zu lange als Vereinsmeier bespöttelt und als Provinzkarrieristen diffamiert.“ Ja, meine Damen und Herren, wenn wir den Prozess kritisch betrachten, haben die Verfasser wohl Recht.
Gleichwohl, die beschriebene Situation hat sich in den letzten Jahren verbessert. Niemand in der Gesellschaft bestreitet heute die Notwendigkeit der Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten. Begegnet sie uns doch überall – nicht nur im Sport, nein, auch in den Bereichen Kultur, Soziales, Kirche, in der Pflege, der Altenarbeit bis hin zur Wirtschaft und Politik. Die Liste ließe sich fortführen.
Untersuchungen zufolge leisten die ehrenamtlich Tätigen eine durchschnittliche Arbeitszeit von 1,5 bis 5,5 Stunden pro Woche, und das bei steigenden Anforderungen an die Qualität. Der Deutsche Sportbund geht davon aus, dass rund 12 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig sind, davon im Sportbereich 2,6 Millionen Menschen. Gleichzeitig sagen die Untersuchungen, dass nur ein geringer Teil der ehrenamtlichen Mitarbeiter im eigenen Berufsfeld tätig sind. Das erfordert auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Qualifizierung.
Wer in den letzten Wochen und Monaten an den zahlreich stattgefundenen Veranstaltungen in unserem Land
zum zehnjährigen Bestehen der Vereine und Verbände teilgenommen hat, dem wird auch nicht entgangen sein,...
(Dr. Ulrich Born, CDU: Frau Borchardt, Sie haben die falsche Rede. Die ist für morgen. – Harry Glawe, CDU: Sie haben die Rede von morgen. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Nein, nein, wir wollen im Bildungsfreistellungsgesetz das Ehrenamt, die Qualifizierung dafür. Nein, nein, nicht nur – Sie haben mir nicht zugehört –, wir wollen nicht nur die finanzielle Entlastung.
(Harry Glawe, CDU: Das ist morgen Abend dran, was Sie jetzt vortragen. – Dr. Christian Beckmann, CDU: Sie haben das falsche Konzept mitgebracht. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
... dass viele über Nachwuchssorgen klagen, und zwar nicht nur im Sport, wo dringend notwendige Trainer für den Kinder- und Jugendsportbereich gesucht werden. Auch das erfordert Qualifikation.
Unumstritten ist auch, dass die Bereitschaft der Unternehmen zur Freistellung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit zugenommen hat. Dafür möchten wir uns auch an dieser Stelle recht herzlich bedanken. Längst haben sie erkannt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit diesem Engagement die individuelle Arbeitskraft stärken
(Dr. Ulrich Born, CDU: Deshalb ist unser Antrag morgen auch auf der Tagesordnung. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
und diese aktive Förderung auch ein Imagegewinn für das Unternehmen ist, so der Bund der Freiberufler. In ihrer Zeitschrift schrieb ein Kollege von Ihnen: „Durch das Einbringen eigener Fähigkeiten in eine gemeinschaftliche Aufgabe wird der Engagierte im Übernehmen von Verantwortung geschult.“
„Er erlernt, mit Menschen unterschiedlicher Fähigkeiten und Talente zu agieren und im Team zu arbeiten.“
Aber – und das will ich auch nicht verschweigen – die Bereitschaft ist nicht überall vorhanden und schon gar nicht für alle Bereiche. Nein, wir wollen den Druck auf die Unternehmen nicht erhöhen. Im Gegenteil, mit diesem Gesetz wollen wir den Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, sich für die ehrenamtliche Arbeit zu qualifizieren, und zwar in der Arbeitszeit. Denn machen wir uns nichts vor, bei der von mir dargestellten Belastung durch die Ausübung der jeweiligen Funktion, wie viel Zeit bleibt da noch für die Qualifizierung und – darüber kann man sicherlich nur Vermutungen anstellen – wie konzentriert können sie sich bei den Belastungen noch ihrer eigentlichen Arbeit widmen.
Wir sind fest davon überzeugt, dass mit der von uns vorgeschlagenen Regelung ein konkreter Beitrag zur Stärkung des Ehrenamtes geleistet werden kann. Für das von der UNO vorgeschlagene Jahr des Ehrenamtes ist die Verabschiedung des Gesetzes Anfang Januar 2001 –
Morgen werden wir Ihnen die steuerrechtlichen Sachen erklären. Hören Sie mir richtig zu! Es geht um die Ausübung des Ehrenamtes und die Qualifizierung. Und ich werde Ihnen mal eins sagen: Ihr Kollege Seidel hat sich sehr konkret ausgesprochen in Bezug auf die Unternehmen, was die Wirtschaft betrifft. Er ist überhaupt nicht darauf eingegangen – in einem Nebensatz –, was die Qualifizierung für das Ehrenamt betrifft.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Doch, er hat gesagt, er ist Präsident eines Fußballvereins. – Harry Glawe, CDU: Eines kleinen Fußballvereins.)
Er hat gesagt, dass es notwendig ist. Aber inwieweit das vielleicht positive Auswirkungen haben könnte, dass wir das hier fixiert haben, das hat er nicht gesagt.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Er hat gesagt, er ist Präsident eines kleinen Fußballvereins. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Er hat gesagt, dass es gut ist.)
Und da kommt nämlich genau das zum Ausdruck. Wir alle sind uns darüber einig, wie das Ehrenamt gefördert werden muss. Aber wenn’s ein bisschen ums Geld geht, dann fangen wir an zu grübeln,
und wenn es darum geht, dass die anderen, auch die Unternehmen, ein bisschen dazu leisten müssen. Ich habe es deutlich gesagt, wie viele Fortschritte es hier gibt. Hören Sie mir zu! Das ist einfach Ihre Chance.
Herr Born, Herr Glawe, ich bitte Sie jetzt, Frau Borchardt reden zu lassen. Wenn Sie noch Einzelfragen mit ihr klären wollen,
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gegner dieses Gesetzes meinen nun, und der Baugewerbeverband Mecklenburg-Vorpommern hat ja heute noch einmal darauf verwiesen: „Die Deutschen, ohnehin Weltmeister bei Urlaubsdauer, Feiertagen und unterschiedlich garan
tierten Freistellungsansprüchen, setzen im Land Mecklenburg-Vorpommern noch eins drauf.“ Und an einer anderen Stelle: „Dieses Land braucht Arbeit, Arbeit setzt Investitionen voraus.“ Dem kann man nur entgegnen: Unser Land ist nicht das erste, sondern eines der letzten Länder mit einem solchen Freistellungsanspruch. Und: Bildung und Weiterbildung in allen Bereichen ist keine Privatsache, sondern ein gesamtgesellschaftliches Anliegen und eine Investition.
Und dessen sind wir uns doch auch alle bewusst: Die von uns vorgeschlagenen fünf Tage sind doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein,
und zwar für alle Bereiche. Natürlich muss der oder die Interessierte noch Freizeit opfern, um den Ansprüchen gerecht zu werden.
Ich bin auch der Auffassung, dass die 600.000 DM eine gute Investition sind. Natürlich sind die Mittel begrenzt. Der Haushaltsvorbehalt schränkt den Anspruch auf Freistellung ein. Aber es ist ein Beginn. Wir werden sehen, wie die Mittel in Anspruch genommen werden. Und, meine Damen und Herren, sollten die Mittel nicht ausreichen, liegt es doch wohl an uns, für das Jahr 2002 aufzustocken.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Na, na, na! Die Finanzministerin hört das aber nicht so gern. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)