Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist es für unser Land nötig, dass der noch bestehende Bedarf für ein Sozialpädiatrisches Zentrum gedeckt wird. Diese Auffassung wird unterstützt und getragen auch von dem Geschäftsführer des Sozialpädiatrischen Zentrums in Schwerin und der Leiterin des Sozialpädiatrischen Zentrums Greifswald. In beiden werden keine Auslastungsprobleme gesehen. Es gibt zwei, drei Wochen bis zu einem Monat Voranmeldezeiten, so dass eine Konkurrenzsituation oder Auslastungsprobleme der bestehenden Zentren nicht befürchtet werden. Aufgrund der genannten Fakten bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Stärkung der Frühförderung in Mecklenburg-Vorpommern – ein Thema, das wichtig zu sein scheint, das wichtig ist, das aber auf der anderen Seite auch in unserem Land eigentlich geregelt ist. Ihren Antrag in allen Ehren, aber wollen Sie bei jedem sozialpädagogischen Zentrum
in Mecklenburg-Vorpommern den Landtag bemühen? Wollen Sie bei jeder kleinen konzeptionellen Änderung der Frühförderung in unserem Land das Parlament beschäftigen? Entschließen Sie sich gemäß unseres Änderungsantrages zu einem grundlegenden Gesamtkonzept der Frühförderung! Entschließen Sie sich ein für alle mal zur Notwendigkeit eines qualifizierten Frühförderprogramms für behinderte Kinder mit sozialpädagogischen Zentren als Mittelpunkt
und Ergänzungen des Frühfördernetzes MecklenburgVorpommern. Durch eine rechtzeitige und qualifizierte Förderung der von einer Krankheit oder Behinderung betroffenen oder bedrohten Kinder lassen sich häufig bleibende Folgen mindern oder völlig beseitigen. Früh geförderte Kinder entwickeln sich in späteren Jahren oft völlig unauffällig und normal in ihrem Verhalten.
Dieser Erfolg geht ganz wesentlich auf die speziellen Angebote der Frühförderung zurück. Um derartige Erfolge zu erreichen und langfristig sicherzustellen, müssen wir in Mecklenburg-Vorpommern weitere Netze an Einrichtungen etablieren, vorhalten und nachhaltig in ihrer wichtigen
Arbeit unterstützen, die Säuglinge, Kleinkinder sowie Kinder bis zum Schuleintritt, die in ihrer Entwicklung gefährdet sind beziehungsweise eine Entwicklungsverzögerung aufweisen, betreuen und fördern, und dies vor allem ortsnah und familiengerecht.
Frühförderung heißt immer frühestmögliche Förderung. Ziel der Frühförderung muss einerseits die konkrete und spezielle Förderung des Kindes sein, andererseits aber auch die förderungsbezogene Unterstützung und Einbeziehung der Eltern. Diese zeit- und ortsnahen familienbezogenen Fördermaßnahmen sollen bewirken, dass sich das Kind im Rahmen seiner Möglichkeiten optimal entwickelt und die sekundäre Beeinträchtigung vermieden oder zumindest vermindert wird.
Meine Damen und Herren, die richtige fachgenaue und sorgfältige Diagnostik steht am Anfang einer jeden Frühförderung. Hier können sozialpädagogische Zentren
Ratgeber sein, Informations- und Erfahrungspools anbieten. Die genaue Kenntnis der Entwicklung des Kindes, von Fähigkeiten und Defiziten, Teilleistungsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten ist immer Grundlage für eine auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes abgestimmte und gezielte Förderung. Eine sehr wichtige Aufgabe besteht daher in der psychologisch-therapeutischen Betreuung von Kindern, bei denen eine Integrations- und Verhaltensproblematik vorliegt.
Meine Damen und Herren, bei der Förderung sollen alle für das Kind und die Familie wichtigen Belange mit berücksichtigt werden. Die gezielte Förderung des Kindes heißt, eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern aufzubauen. Die Eltern sollen bei Unsicherheiten in der Erziehung beraten und beim Herstellen einer tragfähigen Beziehung zum Kind unterstützt werden. Die Zusammenführung und fachberatende Unterstützung einer krankengymnastischen, logopädischen, diagnostischen und pädagogischen Frühförderung kann durch Sozialpädiatrische Zentren
besser koordiniert werden. Hier fließen die entscheidenden Fäden zusammen, die eine familienorientierte, ganzheitliche Förderung der Gesamtpersönlichkeit eines Kindes in einem sozialen Umfeld gewährleisten.
Meine Damen und Herren, das Ziel der Frühförderung bezieht sich nicht nur auf Fertigkeiten und Funktionen in Wahrnehmung, Motorik und Sprache, sondern auch die Entwicklung von Selbstwertgefühl, Kreativität, Handlungs- und Kontaktfähigkeit muss gefördert werden. Ausgehend von den jeweiligen individuellen Situationen des Kindes werden alle Bereiche unterschiedlich gewichtet. Zum Beispiel kann Frühförderung, so genannte mobile Frühförderung, integrierend und emanzipatorisch wirken. Die notwendigen Sachmittel und Konzepte können in Sozialpädiatrischen Zentren vorgehalten werden.
Meine Damen und Herren, das Modell der Frühförderung in Mecklenburg-Vorpommern sollte durch folgende Prinzipien und Ziele gekennzeichnet sein:
1. Die freiwillige Zusammenarbeit von Familien und dem Netz der Frühförderung auf der Basis gegenseitigen Respekts ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Betreuung.
2. Die Arbeit der Sozialpädiatrischen Zentren hat sich an praxisleitenden Konzepten verschiedener Disziplinen, wie jenen der Pädagogik, Psychologie, Psychotherapie, Medizin oder Soziologie, zu orientieren. Dieser interdisziplinäre Geist muss einem Sozialpädiatrischen Zentrum innewohnen.
3. Ziel ist es, das Kind und seine Eltern in ihren inneren und äußeren Kompetenzen zu stärken, sie nach innen und außen zu emanzipieren. Nur so können sie sich einen möglichst differenzierten, sicheren und selbständigen Umgang mit ihrer Problemsituation erlauben.
4. Die Frühförderung muss von Anfang an auf Integration angelegt sein. Das heißt, alle Maßnahmen der Frühförderung dienen der Vermeidung von Ausgliederung und Ausgrenzung.
5. Nicht zuletzt ist die Einrichtung Sozialpädiatrischer Zentren und das Vorhalten eines Netzes der Frühförderung Ausdruck eines ganzheitlichen Begriffes der Frühförderung.
So kann und muss Behinderung oder Beeinträchtigung nicht als ein isoliert zu betrachtendes Symptom begriffen werden. Den Arten des Erlebens, des Handelns und des Denkens des Kindes muss nachgespürt werden, die entwicklungsbeeinflussenden Faktoren müssen als Ganzes begriffen und geeignete pädagogische und therapeutische Konzepte ergriffen werden.
Meine Damen und Herren, auch wir sehen ein, dass es im Zeichen ständig knapper werdender finanzieller Ressourcen schwer ist, hohe Standards einzurichten, vorzuhalten und zu bewahren und dabei noch innovative Wege zu beschreiten. Mit unserem Änderungsantrag setzen wir uns für eine optimale Förderung von behinderten und benachteiligten jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ein. Wir Sozialpolitiker dieses Landes sollten uns grundsätzlich zu einem umfassenden Netz der Frühförderung bekennen. Es sollte keine Frage dieses Landtages mehr sein, ob bei Bedarf eines sozialpädagogischen Zentrums Unterstützung gewährt wird oder nicht. Zeitgeist, Politik und Ethik müssen lernen zu integrieren statt zu desintegrieren.
Eine großartige und beispielhafte Arbeit leistet die pädagogische Frühförderung in Rostock. Hier wird unter dem Motto gearbeitet: Uns vereint, dass wir an dem Kind nicht vorrangig die Entwicklungsverzögerung oder Behinderung sehen, sondern dass wir gemeinsam die Eigenkräfte des Kindes suchen, unterstützen und entwickeln helfen wollen. Ich fordere Sie auf, diesem Motto nachzueifern, und ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.
Werter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darf ich bitte die Gelegenheit dazu nutzen, meiner unausweichlichen Freude Ausdruck zu verleihen, dass wir uns mit so einem sozialpolitischen Thema zu dieser Tagesstunde beschäftigen.
Es freut mich, dass wir SozialpolitikerInnen nicht immer als die Nachtschwärmer agieren müssen, sondern auch
Meine Damen und Herren, wir behandeln heute ein Thema mit der Frühförderung von Kindern, welches ein gutes Stück auf dem Wege ist, Ausgrenzung zu vermeiden. Wir haben als Land Mecklenburg-Vorpommern so wie alle anderen Länder auch die Bedingungen zu schaffen, dass Rahmenbedingungen da sind, um alle Ausgrenzungsmöglichkeiten ad acta zu legen. Natürlich sind bei unterschiedlichen Grundvoraussetzungen auch unterschiedliche Rahmenbedingungen zu setzen. Und gerade in dem ganz speziellen Fall, den wir hier heute behandeln, sind die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sie sehr individuell angewandt werden können.
Der Artikel 3 in unserem Grundgesetz, der mir in diesem Hohen Hause schon öfter mal über die Lippen gekommen ist, hat auch für Kinder und Kleinstkinder seine Gültigkeit. Niemand darf wegen seiner Behinderung beeinträchtigt werden. „Niemand“ bedeutet, egal ob klein oder groß.
Das Lernen von bestimmten Dingen sowie Möglichkeiten, Fähigkeiten und Fertigkeiten sind für alle Menschen äußerst wichtige Dinge, um selbstbestimmt leben zu können. Selbstbestimmt leben bedeutet dabei, so, wie es ihren Möglichkeiten entspricht. Die Fähigkeiten und Fertigkeiten sollten wie bei einem Kind ohne Beeinträchtigung – Herr Glawe, ich bitte Sie wirklich noch mal darüber nachzudenken, was die Definition für „normal“ ist,
dass Sie hinausgegangen sind – so früh wie möglich in Gang gebracht werden, also auch bei denen mit Beeinträchtigungen, und demzufolge haben wir die Sozialpädiatrischen Zentren, so heißt das richtig, wirklich und wahrhaftig nötig. Dem ist schon Rechnung getragen worden. Herr Dr. Rißmann hat es auch schon gesagt, dass wir Sozialpädiatrische Zentren haben, aber die Flächendeckung ist noch nicht gewährleistet. Und gerade der Umstand der Wohnortnähe ist noch nicht gegeben, demzufolge auch dieser Antrag, den wir als PDS-Fraktion nur mit aller Kraft unterstützen können.
Meine Damen und Herren, gerade für die pädagogische Entwicklung der Fähigkeiten und Fertigkeiten von Kindern mit Beeinträchtigungen, körperlichen, gesundheitlichen, geistigen oder Sinnesbehinderungen, ist es unwahrscheinlich wichtig, dass im Vorfeld eine fachlich differenzierte, medizinische und therapeutische Grundlage gelegt wird. Ohne diese Grundlage wäre es heute vielen, vielen Einrichtungen auf pädagogischem Gebiet nicht möglich, so effektiv mit Kindern mit Beeinträchtigungen zu arbeiten. Es gilt nicht nur, die Kinder zu einem Selbstbewusstsein zu bringen, sondern es gilt natürlich auch, für jedes Kind das individuelle Medikament beziehungsweise das individuelle technische Hilfsmittel zu finden, mit denen Einschränkungen kompensiert werden können.
Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin auf keinen Fall ein Vertreter des Umstandes, dass man als Mensch mit Beeinträchtigung versuchen sollte, seine Beeinträchtigung vor der Umwelt zu vertuschen. Leider haben wir diese Fälle immer wieder aus psychischen Gründen, aber die Menschen mit Beeinträchtigungen, die auf diese Art und Weise leben, begeben sich eigentlich selbst in psychisches Drangsal, indem sie die Beeinträchtigung a) nicht annehmen und b) ein Vertuschen natürlich immer nur bis zu einem gewissen Grade geht. Und gerade bei Kindern, die ins Jugendlichenalter beziehungsweise ins Erwachsenenalter treten, haben wir dann auch das Problem, dass die Schwierigkeiten, eben nicht den Anforderungen eines Menschen ohne Beeinträchtigung zu entsprechen, immer größer und größer werden und zu den von Herrn Dr. Rißmann schon angesprochenen dann sehr komplizierten Spätschädigungen führen können. Das liegt natürlich auch auf der Hand, wenn medizinische Dinge vorher nicht betrachtet wurden und demzufolge durch Verschlimmerung irgendwann einmal dazu führen, dass wir zur Pflege kommen.
Und damit ist noch ein ganz anderer wichtiger Punkt von mir hier angesprochen. Wir haben einfach die Verpflichtung, die Worte Selbständigkeit, Rehabilitation, Vorpflege als Ganzes zu betrachten. Und wenn wir das als Ganzes betrachten wollen, ist es unumgänglich, dass sozialpädiatrische Betreuung als Grundlage für alle weiteren Lebensentwicklungssituationen gelegt wird.
Wir haben zu vermerken in unserem Land, in unserer Gesellschaft, in unserer Entwicklung, dass die Gesellschaft älter wird. Dieses Älterwerden bedeutet auch eine Zunahme an Pflege, unbestritten, aber eine Zunahme an Pflege bitte nicht aus dem Grund, weil in der Kindes- und Jugendzeit Sünden begangen worden sind, Unterlassungssünden. Wir wollen auch, dass Kinder mit Beeinträchtigungen so gut, wie es ihnen möglich ist und wie sie es können und vermögen, ein selbständiges Leben führen, solange es nur irgend geht.