Sie müssen sich daher die Frage stellen lassen, ob nicht vieles, was wir in diesem Sommer erlebten, vermeidbar gewesen wäre, wenn Sie im Dezember 1999 oder im Mai des Jahres 2000 unseren Anträgen gegen Rechtsextremismus und Gewalt zugestimmt hätten.
(Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: Sie verkennen die Realität, Frau Schnoor. – Peter Ritter, PDS: Wie wär’s denn mit Dezem- ber ‘91 gewesen? Wie wär’s denn mit Dezem- ber ‘91? – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)
Im Übrigen frage ich mich nach wie vor: Wo war eigentlich der Ministerpräsident, als kriminelle Gewalttäter Obdachlose totschlugen? Warum sind Sie, Herr Ministerpräsident, nicht vor Ort gewesen und haben Zeichen gesetzt oder der Innenminister oder der stellvertretende Ministerpräsident?
Und ich stelle mir auch die Frage, wo der Aufschrei der Landesregierung war, als ein Mitglied einer Regierungsfraktion, was hier heute auch geredet hat, die kriminellen Gewaltausbrüche so genannter Linker Autonomer in diesem Sommer in Rostock rechtfertigte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute reden wir im Parlament wieder über extremistische Gewalt. Dabei wäre es doch wohl endlich an der Zeit zu handeln.
Wir brauchen keine immer neuen symbolhaften Handlungen oder Fensterreden. Die Erwartung an die Gesellschaft allein reicht nicht.
Jeder muss sich in seinem engsten Verantwortungsbereich konkret für die Demokratie einsetzen. In unserem ganz persönlichen Einflussbereich gilt es, Nägel mit Köpfen zu machen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir als Abgeordnete an die Schulen und Berufsschulen gehen, dass wir Vereine und Jugendgruppen unterstützen. Projekte wie „Sport statt Gewalt“ und „Kunst statt Gewalt“ sind erforderlich und benötigen weiter eine breite Unterstützung.
Die Initiative der Wirtschaft gegen Gewalt und Extremismus ist ein Weg, wie ganz konkret etwas für die Demokratie getan werden kann. Solche Wege gilt es weiter zu beschreiten. Und deshalb, meine Damen und Herren, ist es notwendig, dass wir hier im Landtag die Grundlage dafür schaffen, dass der Staat endlich tatsächlich eingreifen kann, wo unsere demokratische Grundordnung in Frage gestellt wird. Dazu möchte ich Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten der Regierungsfraktionen, auffordern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schädlich für die Auseinandersetzung mit extremistischen Gewalttätern, wenn nur wohlfeile Reden gehalten werden. Statt zu polemisieren und zu schwadronieren muss der Staat handeln und klare Grenzen aufzeigen.
Genau dies vermisse ich in Ihrem Antrag. Sie ergehen sich in Worthülsen und Selbstverständlichkeiten, sind aber nicht bereit, Gesetze und Verordnungen den Erfordernissen anzupassen.
(Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: Unverschämt! Das ist unverschämt, Frau Schnoor, was Sie hier sagen! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Wer tatsächlich etwas für die Demokratie in unserem Land tun will, muss dies an jeder Stelle deutlich werden lassen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Sehr richtig. – Heidemarie Beyer, SPD: Ja, ist richtig, Frau Schnoor, auch wir, auch wir. – Volker Schlotmann, SPD: Ach, lass sie!)
Aber lassen Sie mich trotzdem schon heute als einen Vorgriff illustrieren, dass bei Ihnen Reden und Tun nicht ineinander greifen. Sie haben zum Beispiel im Haushalt 2000 die Maßnahmen für Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrer halbiert.
(Volker Schlotmann, SPD: Wie weit ist das mit der Union gekommen, dass Sie hier Landesvorsitzende sind?! – Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)
Und dies, Herr Minister, ist sehr konkret. Obwohl jetzt allen ersichtlich wird, dass dies der falsche Weg war, soll sich daran in diesem Jahr nichts ändern. Nötig ist aber – das wissen wir alle – mehr Aus-, Fort- und Weiterbildung, um die Lehrer für die Auseinandersetzung mit extremistischen Ideen und Vorstellungen fit zu machen.
Beim Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung wollen Sie im Jahr 2001 zu Lasten der Unterstützung lokaler Projekte kürzen
und auch in der Landeszentrale für politische Bildung soll der Rotstift angesetzt werden. Meine Damen und Herren, dort fallen im Übrigen mit den Projekten „Gewalt und
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: So ist es. – Angelika Gramkow, PDS: Das habe ich Ihnen heute schon in der Haushaltsrede erzählt, Herr Glawe. – Harry Glawe, CDU: Sie erzählen aber öfter was.)
Meine Damen und Herren, ich frage mich, was Ihr Antrag hier soll, wenn Ihre tatsächliche Politik das Gegenteil bewirkt. Und ich glaube da nicht mehr an ein Versehen, wie Frau Gramkow behauptete.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade wenn es um das Ringen für die Demokratie geht, ist sprachliche Genauigkeit sehr wichtig. Deshalb habe ich darauf hingewiesen, dass der Begriff „rechts“ für die politische Auseinandersetzung zu unscharf und daher ungeeignet ist.
Deshalb habe ich zu einem positiven Engagement für unsere Demokratie aufgerufen. Wir, die wir politische Verantwortung tragen, haben die Aufgabe, die Menschen für ein Engagement in und für die Demokratie zu motivieren und zu begeistern. Und wir haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass nicht der Eindruck entsteht, der Staat verliere in manchen Regionen sein Gewaltmonopol. Das gilt es zu ändern. Der Staat muss die Möglichkeit haben, Grenzen zu ziehen, deren Überschreitung harte Sanktionen nach sich ziehen. Deshalb fordere ich Sie auf: Setzen Sie ein Zeichen und stimmen Sie dem Antrag der CDU-Fraktion zu
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Volker Schlotmann, SPD: Die Aufforderung zum Rechtsbruch. – Angelika Gramkow, PDS: Nee, Ihr Antrag kann nicht beschlossen werden, er ist haushaltsrelevant, Frau Schnoor.)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Innenminister dieses Bundeslandes ist mir das Thema Rechtsextremismus und Gewalt dasjenige, was mich am meisten berührt, auch persönlich am meisten berührt, und zwar nicht nur des Umfangs von Gewaltstraftaten wegen, sondern weil es hier um eine Frage nach den Voraussetzungen unseres demokratischen Gemeinwesens geht, die der demokratische Staat sich selber nicht geben kann.
Artikel 1 Grundgesetz sagt, die Achtung der Menschenwürde steht im Mittelpunkt der demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Angesprochen sind damit Grundwerte wie Humanismus, Toleranz und der Umgang mit Minderheiten wie Schwache und Fremde. Und als Innenminister muss ich sagen, die Polizei verfolgt Straftaten hart und konsequent, aber es ist bereits zu spät, wenn die Polizei einschreiten muss, näm
lich dann, wenn Obdachlose in diesem Land ermordet werden. Das ist das Problem, meine Damen und Herren.
Die CDU sagt, sie wolle eine gemeinsame Erklärung nicht unterschreiben, nicht Worte, sondern Taten seien hier gefordert. Ich sage Ihnen, die Ächtung der demokratiefeindlichen Auffassungen und Bestrebungen muss von allen Demokraten unterschrieben werden können, auch in Mecklenburg-Vorpommern,