der eine solche Infektionskrankheit – als Kinderkrankheit deklariert – erleidet, desto häufiger sind die Komplikationen und desto häufiger muss man auch mit Todesfällen rechnen. Wenn wir nachlässig mit der Möglichkeit umgehen, durch die Impfung einen sicheren Schutz gegen Erkrankungen zu erreichen, dann müssen wir damit rechnen, dass in absehbarer Zeit bei uns auch wieder Todesfälle aufgrund von Masern oder anderen Erkrankungen wie Diphtherie vorkommen können. Kein nachlässiger Umgang mit diesem Thema ist dabei g e f r a g t.
Nächster Aspekt, den ich hier noch anführen muss: Es taucht ganz verschämt im Gesundheitsbericht das Problem Übergewichtigkeit der Kinder bei den Einschulungsuntersuchungen auf. Wir haben uns so langsam von einer Rate von 3, 3,5 auf eine Rate von 4, 4,8, nahe 5 Prozent bei den einzuschulenden Kindern, die zu dick sind, hochgearbeitet.
Ich nenne einmal Beispiele aus den Vereinigten Staaten. Hier ist im Laufe der Jahre 1965 bis 1995, ausgehend von Werten um 4 bis 5 Prozent, eine Verdreifachung bei den Mädchen und eine Vervierfachung bei den Jungen zu verzeichnen gewesen. 1991 hatten in den USA nur vier Bundesstaaten eine Rate von Übergewichtigen von über 14 Prozent in der Gesamtbevölkerung. 1998 sind es inzwischen 37 der US-amerikanischen Bundesstaaten mit einem Anteil von Übergewichtigen von mehr als 14 Prozent. Das ist eine Entwicklung, die sich in 30 Jahren abgespielt hat und die uns deutlich macht, wenn wir diesen Aspekt heute nicht beachten, dann müssen wir wie in den USA schon bei Jugendlichen in stärkerem Maße mit Herzkreislauferkrankungen rechnen und mit der Todesursache Herzkreislauferkrankungen. Die von der Fettleibigkeit abhängigen Erkrankungen wie Diabetes und Schlaganfall werden bei uns bei den Krankheitsursachen und Todesursachen nicht von der Spitzenposition verschwinden, wenn wir diesem Aspekt nicht volle Aufmerksamkeit schenken.
Ein letzter Aspekt noch: In den vergangenen Jahren ist von Pädiatern, von Kinderärzten, immer wieder gesagt worden, eigentlich dürften wir eine Vielzahl der Medikamente bei Kindern überhaupt nicht anwenden, weil bei Kindern keine Untersuchungen über die Wirksamkeit, exakte Untersuchungen über die Nebenwirkungen existieren. Die Anzahl dieser Medikamente, die bei Kindern angewendet werden, liegt bei 80 Prozent. Das ist ein höchst wichtiger Aspekt, dass genau diese Reaktionsweisen der Kinder auf Medikamente genauer untersucht werden müssen, denn es ist vorstellbar, dass eine Krankenkasse daherkommt und sagt, Medikamente bei diesem Patienten bitte schön nur, wenn eine Sicherheit in der Anwendung irgendwo nachgewiesen ist. Der Arzt kann nur sagen, meine Erfahrung und mein Gewissen, nötige Medikamente anzusetzen, rechtfertigen die Behandlung bei Kindern mit den nicht bei Kindern getesteten Medikamenten.
Es ist also von dieser Stelle aus ein Appell, auch in der Gesundheitsberichterstattung darauf abzuheben, dass in unserem Land eine kritische Analyse für die Anwendbarkeit von Medikamenten bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen eingefordert wird,
dass also speziell die Kinder und auch die Frauen, darauf wird Frau Staszak nachher noch eingehen, andere Bedingungen bei den Medikamenten haben. Diejenigen, die Medikamente herstellen, und diejenigen, die in politischer Verantwortung sind, haben die Pflicht, auf diese Belange hinzuweisen und auf ein Abstellen dieser noch unklaren Situation einzuwirken.
Ich bedanke mich an dieser Stelle für die Aufmerksamkeit und noch einmal bei denen, die den Bericht erstellt haben, jedoch nicht ohne den ernsten Hinweis, dass manches in der Verantwortung unseres Ministeriums noch nicht mit der nötigen Konsequenz bedacht worden ist und wir für die nächsten Jahre einen größeren Aktionsradius bei den Aspekten, die mit guten Zahlen unterlegt sind, die bei uns im Lande deutlich sind, in der Arbeit, aufgrund der Verantwortung für die Gesundheit der Patienten, hier im Landtag und im Ministerium gemeinsam wahrzunehmen haben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gesundheit einer Gesellschaft ist Teil der sozialen Kultur des Gemeinwesens. Individuelles und soziales Wohl sind auf das Innigste miteinander verwoben. Ein Bericht über die Gesundheit in unserem Land ist deshalb nicht nur ein Spiegelbild individueller Gesundheitszustände, sondern auch der Kultur des Zusammenlebens der Menschen untereinander.
Erstmals beschäftigt sich der Landtag in einer Parlamentsdebatte mit dem Gesundheitsbericht unseres Landes. In dem elf Kapitel umfassenden Gesundheitsbericht des Jahres 1998 finden sich eine Fülle an Daten und Fakten, die erwähnenswert sind, wieder. Und es wäre ja zu vermuten, dass aus ihm hervorgehen würde, wie gesund die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sind. Dem interessierten Leser wird jedoch schnell klar, dass es sich bei all dem Berichteten um Krankheiten handelt. Und es drängt sich die Frage auf, worin die Ursachen für all diese Krankheiten bestehen. Ursachen können in Veranlagung, in Umwelteinflüssen, aber auch in den gesellschaftlichen Verhältnissen liegen. Robert Koch sagte bei seinem Nobelpreisvortrag: „Das Bakterium ist nichts, der Wirt ist alles.“ Ihm war klar, dass im Wechselverhältnis zwischen bakteriellem Angriff und individueller Lage eines Menschen Krankheit entsteht oder Gesundheit verteidigt wird.
In Ansehung dieser Tatsache ist der Gesundheitszustand von sozial Benachteiligten von erstrangiger Bedeutung. Also steht insbesondere die Frage nach dem Wohlergehen und der Gesundheit der Kinder und jungen Erwachsenen, der Menschen ohne Obdach, der Langzeitarbeitslosen, Alleinerziehenden, Menschen mit Behinderungen und weiterer. Eine solche Betrachtung entspringt nicht allein rechtsstaatlicher Gründe wie dem im Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes fixierten Persönlichkeitsrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Vor allem entspringt diese Betrachtung dem Wissen darum, dass die Kultur des Helfens und Heilens stets mit den Verhältnissen einer Gesellschaft verknüpft ist, in der die Menschen leben.
Aus diesem Grund möchten wir seitens der PDS-Fraktion vier Aspekte herausgreifen, die sich aus der Beschäftigung mit dem Gesundheitsbericht, für den wir auch recht herzlich danken, ergeben:
Sehr geehrte Damen und Herren, in der kommenden Woche wird sich die Landesarmutskonferenz mit dem Thema „Armut und Gesundheit“ beschäftigen. Unweigerlich werden sich die Konferenzteilnehmer auch mit Zahlen und Fakten aus dem aktuellen Gesundheitsbericht auseinander setzen. Bestandteil des Berichts ist unter anderem statistisches Material zu den Sozialhilfeempfängern. In aller üblichen Sachlichkeit und Nüchternheit heißt es dort, dass die Zahl der Sozialhilfeempfänger 1998 drastisch angestiegen ist, und, wörtlich, „Kinder sind besonders betroffen“.
Um Armut zu bestimmen, gibt es unterschiedliche Definitionsansätze. So sagen die einen, dass Armut gegeben ist, wenn die Kriterien zum Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt erfüllt sind. Andere wiederum sprechen dann von Armut, wenn weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Nettoeinkommens zur Verfügung stehen. Für weitere ist die Armut nach dem Lebenslagenkonzept definiert, das heißt, wenn sie sich in mindestens zwei von vier zentralen Lebensbereichen wie Einkommen, Arbeit, Ausbildung und Wohnen wiederfindet. Egal, welcher Definition man zustimmen will, Armut ist immer der größte Risikofaktor für Krankheit. Arme Menschen haben generell ein höheres Risiko zu erkranken und weniger Möglichkeiten, Potentiale und Bedingungen, um Belastungen durch Krankheit, Gewalt und Unfälle zu bewältigen.
Es bedarf keiner besonderen Vorstellungskraft, dass sich dieses Risiko für Kinder und Heranwachsende wesentlich nachhaltiger auswirkt. Kinder und Jugendliche befinden sich in einer sensiblen Lebensphase der Identitätsfindung und Lebensorientierung. Wenn diese Phase durch eine familiäre Situation geprägt ist, die von Sorgen und Zukunftsängsten der Eltern bestimmt wird, wirkt sich das unweigerlich auf die Gesundheit der Menschen aus. Je nach Dauer dieser prägenden Situation kann sich der ausgelöste Stress bei Kindern mit Symptomen wie Nervosität, Verunsicherung und Ängstlichkeit sowie Ess- und Schlafstörungen niederschlagen.
Armut ist häufig mit Fehlernährung und gesundheitlichen Belastungen verbunden und erhöht das Risiko, chronisch zu erkranken. Das heißt, diese Kinder haben in erheblich höherem Umfang gesundheitliche Beeinträchtigungen und in Bezug auf ihre Gesundheit eine ungünstigere Prognose.
Die Beeinträchtigung des Wohlbefindens und des Selbstvertrauens ist eine emotionale Belastung. Diese drückt sich in einem veränderten Umgang mit Problemen aus. Sie schlägt sich in Gefühlen wie Hilflosigkeit, Ängstlichkeit und depressiven Neigungen nieder. Andererseits zeigt sie sich auch in aggressiven Reaktionen und erhöhter Bereitschaft zu Normverstößen.
Armut wird hierzulande meist nicht als äußeres Elend sichtbar. Dafür verliert sie für die Betroffenen jedoch keineswegs an Brisanz. Für Kinder ist sie darüber hinaus um so stärker erlebbar. Ihre Erfahrungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten werden stark beschränkt. Ihre Lebenssituation wirkt auf ihre weitere Entwicklung ein.
Deshalb sollte die sachliche Feststellung im Gesundheitsbericht, dass Kinder besonders stark von Sozialhilfe betroffen sind, uns gerade in Bezug auf ihre körperliche und psychische Unversehrtheit zutiefst berühren. Aus dem Bericht ergeben sich sowohl gesellschaftliche Erfordernisse wie Forderungen an die Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche.
Was den gesellschaftspolitischen Bereich betrifft, ist deshalb aus unserer Sicht die Initiative der Sozialministerin für existenzsicherndes Kindergeld durchaus zu begrüßen.
Man mag über die Höhe des Betrages auch unterschiedlicher Meinung sein, entscheidend ist das Ziel der Verringerung der Einkommensarmut.
In Bezug auf die Forderungen an die Gesundheitsversorgung sei die Stärkung der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Gesundheitswesen genannt. Wie das funktionieren kann, zeigt ein Projekt des Jugendamtes meiner Heimatstadt Neubrandenburg mit 55 Kindern zur speziellen Betreuung von verhaltensauffälligen Kindern in Kitas. Hier arbeiten speziell ausgebildete Erzieherinnen für verhaltensauffällige Kinder mit den betroffenen Eltern daran, die Förderung ihres Kindes optimal zu gestalten. Sie werden dabei von einer Psychologin des Gesundheitsamtes und Mitarbeitern der Kommunalen Beratungsstelle und des Jugendamtes unterstützt. Ein wichtiger Vorteil besteht darin, dass das Kind während dieser Zeit seine Gruppe nicht verlassen muss, sondern im gewohnten Umfeld verbleiben kann und trotzdem eine individuelle Hilfe erfährt.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn wie festgestellt Armut ein Risikofaktor für die Gesundheit des Menschen darstellt, dann betrifft dies auch in besonderem Maße die Situation von Wohnungslosen. Während ich zur Situation von Kindern und Jugendlichen auf eine Quelle im Gesundheitsbericht verweisen konnte, so kann ich dies in Bezug auf Wohnungslose nicht tun. Auch in dieser Frage hat die Landesarmutskonferenz die Öffentlichkeit sensibilisiert. Bedauerlicherweise sind bundesweit die Gesundheitsberichte so strukturiert, dass die gesundheitliche Situation von Wohnungslosen keine Erwähnung findet.
Detaillierte medizinische Untersuchungen zum Gesundheitszustand von wohnungslosen Menschen wurden in der Bundesrepublik bisher kaum durchgeführt. Dies scheint kennzeichnend für die Bedeutungsbeimessung der gesundheitlichen Situation dieser Personengruppe in unserer Gesellschaft innerhalb der Medizin zu sein. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass die Landesregierung in ihrer Unterrichtung über die Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit einen Exkurs über die medizinische Versorgung wohnungsloser Menschen in Mecklenburg-Vorpommern eingearbeitet hat. Ich werte diesen Umstand nicht als Nebensächlichkeit. Schließlich macht er deutlich, dass unsere Landesregierung auch im bundespolitischen Maßstab einen neuen Weg beschreitet, indem sie sich diesem Thema zuwendet.
Die Gesundheitssituation wohnungsloser Menschen kann als exemplarisch für den Komplex Armut und Gesundheit betrachtet werden. Wohnungslose nehmen vergleichsweise seltener medizinische Vorsorgeeinrichtungen und -untersuchungen sowie gesundheitsfördernde Maßnahmen beziehungsweise generell medizinische Hilfe in Anspruch. Als Grund dafür wird oftmals auf die große Hemmschwelle, in eine Praxis zu gehen, verwiesen, die mit der Angst vor Abweisung verbunden ist. Aber auch eine Wertschätzung der eigenen Person zeigt sich in diesem fehlenden Gesundheitsbewusstsein. „Für wen bin ich denn noch wichtig?“ ist die Frage, die jüngst ein Betroffener stellte. Wohnungslose leben direkt auf der Straße oder in entsprechenden Unterkünften, aber fast immer in der Öffentlichkeit. Sie verfügen über keinerlei Privatsphäre, keine Rückzugsmöglichkeit. Deshalb sind psychiatrische Erkrankungen und der Alkoholkonsum hier auffällig häufig anzutreffen.
Neben der Tatsache, dass zukünftig die Gesundheitssituation von Wohnungslosen mehr in den Blickwinkel geraten muss,
sollten interdisziplinäre Handlungskonzepte mit niedrig schwelligen Angeboten sowie aufsuchende ambulante Hilfen …
Es gibt Angst. Ich habe über Ängste gesprochen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! Seien Sie so nett und hören Sie mir zu! Es stört mich schon ein wenig, wenn Sie die ganze Zeit brubbeln.
Neben der Tatsache, dass zukünftig die Gesundheitssituation von Wohnungslosen mehr in den Blickwinkel geraten muss, sollten interdisziplinäre Handlungskonzepte mit niedrig schwelligen Angeboten sowie aufsuchende ambulante Hilfen mehr als bisher verfolgt werden. Somit würden sowohl die Sozialämter und Mitarbeiter von Obdachlosenunterkünften als auch die Gesundheitsämter und Wohnungsloseninitiativen gemeinsam handelnd den Betroffenen zur Seite stehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die bisher angesprochenen Aspekte aus dem Gesundheitsbericht sind eher der Nachsorge zuzuordnen. Die Verhältnisse, die dazu führen, dass Gesundheit verteidigt wird und Krankheiten nicht erst entstehen, lassen sich aber nur durch Prävention herbeiführen.
Nicht von ungefähr sagt der Volksmund, dass Vorbeugen besser sei als Heilen. Nach diesem Motto verfahren AOK und Kassenärztliche Vereinigung mit ihrer optimierten Therapie von Diabetes mellitus. Dem Gesundheitsbericht sind die 40 häufigsten Entlassungsdiagnosen aus den Krankenhäusern Mecklenburg-Vorpommerns zu entnehmen. Mit 7.738 Diagnosen im Jahr ‘98 ist Diabetes dabei die dritthäufigste Diagnose. Eine Vereinbarung zwischen der AOK und der Kassenärztlichen Vereinigung soll zur Verbesserung der Lebensqualität von Diabetikern in Mecklenburg-Vorpommern führen. Etwa 85.000 Menschen unseres Landes leiden derzeit an Diabetes mellitus, der so genannten Zuckerkrankheit. Die zunächst symptomarme Krankheit bedroht Betroffene mit schlimmen Spätfolgen wie Fußamputationen, Erblindung, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Dialysebehandlung.