Protocol of the Session on July 13, 2000

Da habe ich mächtigen Gewöhnungsbedarf.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Wenn ich die letzten 16 Jahre sehe und auch das, was Sie an aktueller Politik vertreten, ich meine jetzt hier nicht nur verbal die üblichen populistischen Äußerungen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie sind sehr rückständig.)

da muss ich sagen, hier passt einiges nicht zusammen.

Und das Zweite, Herr Riemann, wir haben ja mit Zahlen zu tun im Finanzausschuss. Wenn Sie sich hier hinstellen und behaupten, Rot-Grün würde Arbeitsplätze vernichten,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja. – Dr. Armin Jäger, CDU: Stimmt doch.)

und daraus ableiten, dass es ganz offensichtlich eine Zunahme der Arbeitslosigkeit gibt, Herr Riemann, dann möchte ich nur einmal daran erinnern,

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Eine Abnahme der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist zu verzeichnen. – Barbara Borchardt, PDS: Das ist doch aber etwas anderes.)

dass unter Ihrer Regierung – bis vor kurzem waren Sie ja noch dabei – die Arbeitslosigkeit bei über vier Millionen lag, 4,2 Millionen. Wir haben jetzt in der Tendenz eine

(Dr. Ulrich Born, CDU:... Abnahme der Sozialversicherungspflichtigen.)

Arbeitslosigkeit von circa 3,7 Millionen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Weil mehr Ältere in Rente gehen. Das ist doch ein Glücksfall. Das ist doch Ihr eigentlicher Glücksfall.)

Und ich sage Ihnen eins: Die Arbeitslosigkeit wird unter Rot-Grün weiter zurückgehen und wird das reparieren, was Sie zu verantworten haben in den letzten 16 Jahren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Jörg Vierkant, CDU: Sie sollten lieber über Arbeit reden.)

Das war keine Polemik, das waren zwei sachliche Feststellungen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist doch ‘ne Märchenstunde. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Jetzt zur ökologischen Steuerreform. Seit April letzten Jahres ist sie ja in Kraft und mit dieser Steuerreform verfolgt die Bundesregierung das Ziel, Sozialabgaben zu senken und die Umwelt zu verbessern. Mit der maßvollen Erhöhung der Energiesteuern ist dazu auch ein wichtiger Schritt eingeleitet worden. Damit sollen ökonomische Anreize geschaffen werden, vor allen Dingen Energiesparpo

tentiale genutzt werden, erneuerbare Energien stärker ausgebaut werden, energiesparende Ressourcen, schonende Produkte entwickelt werden. Ziel ist es dabei natürlich auch, Arbeitsplätze zu schaffen

(Wolfgang Riemann, CDU: Wo?)

und die nachhaltige Modernisierung der Wirtschaft zu fördern. So weit zur Zielsetzung.

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion! Darüber hinaus empfehle ich Ihnen, Ihr eigenes Zukunftsprogramm der Bundespartei oder Ihrer Partei aus dem Jahre 1998 nachzulesen. Da es betitelt war als Zukunftsprogramm, gehe ich mal davon aus, dass es vielleicht auch noch irgendwo für Sie eine Bedeutung hat. Ich zitiere: „Unser Steuer- und Abgabensystem macht gerade das besonders teuer, wovon wir gegenwärtig im Überfluss haben, Arbeit. Dagegen ist das, woran wir sparen müssen, eher zu billig zu haben, nämlich Energie- und Rohstoffeinsatz. Dieses Ungleichgewicht müssen wir wieder stärker ins Lot bringen, wenn wir unseren beiden Hauptzielen, mehr Beschäftigung und weniger Umweltbelastungen, näher kommen wollen.“

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber abgestimmt in der EU und kein Alleingehen.)

Herr Riemann, Originaltext „Zukunftsprogramm CDU“.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das müssen Sie zugeben, das steht da nämlich auch drin, dass das abgestimmt in der EU gemacht werden soll. – Dr. Ulrich Born, CDU: Das hätten Sie auch lesen müssen, Herr Borchert, nicht nur so ein paar Auszüge aus dem „Vorwärts“. – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU)

Dann noch ein kurzes Zitat von Ihrem aktuellen Fraktionsvorsitzenden Herrn Merz dazu vom November 1998.

(Wolfgang Riemann, CDU: Immer das ganze Zitat bringen.)

Hören Sie doch mal zu, was Ihnen Herr Merz damals im November 1998 schon zu sagen hatte:

(Dr. Ulrich Born, CDU: Die Zitate aus dem „Vorwärts“ reichen nicht.)

„Durch die Ökosteuern sollen Steuereinnahmen erzielt werden, um auf der anderen Seite Sozialabgaben zu reduzieren.“ Das ist eine klare Aussage von Herrn Merz. Als Fazit bleibt dann nur noch übrig zu sagen, beim Thema Ökosteuer setzt die CDU wieder einmal auf ein sehr kurzes Gedächtnis bei Wählerinnen und Wählern.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, das verwechseln Sie mit Ihnen.)

Und was Sie heute kritisieren, weil von einer rot-grünen Bundesregierung erfolgreich angefasst,

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Na, ich weiß ja nicht.)

das haben Sie vor nicht allzu langer Zeit selbst auch in Ihre politischen Überlegungen mit einbezogen. Denn als Position macht es sich dann natürlich ganz gut, so etwas zu vergessen und populistische Positionen dazu zu beziehen.

Herr Borchert, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Glawe?

Am Ende meiner Ausführungen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Über 2 DM Benzin, das ist erfolgreich.)

Ein zentraler Baustein der Ökosteuer, meine Damen und Herren, ist es, langfristig berechenbare Rahmenbedingungen zu schaffen. Die ökologischen Lenkungseffekte werden dabei durch eine maßvolle und eine stetige Verteuerung der Energiepreise auch die Verbraucher zu einem sparsamen Umgang bewegen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Stimmt, die kaufen schon Salatöl bei Aldi. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Daher ist die Ökosteuer ein wichtiger Beitrag zur ökologischen Modernisierung. Und im Übrigen haben bereits acht EU-Staaten ökologische Steuerreformen. Hier befindet sich Deutschland also in einer guten Gesellschaft. Es ist also kein deutscher Sonderweg, sondern ein Bestandteil moderner europäischer Politik.

(Wolfgang Riemann, CDU: Da gibt es aber keine Steuerharmonisierung.)

Es wäre ganz gut, wenn Sie sich dieser modernen Entwicklung auch anschließen könnten.

Der Löwenanteil der Steuermehreinnahmen, das haben wir bereits gehört, aus der Ökosteuer oder Mineralölsteuer wird zur Senkung

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Hälfte, die Hälfte.)

der Rentenversicherungsbeiträge verwendet. Damit wird der Faktor Arbeit verbilligt und durch die Senkung der Lohnnebenkosten

(Wolfgang Riemann, CDU: Den Rest kassiert Eichel.)

werden auch Anreize zur Schaffung neuer Arbeitsplätze gegeben. Ich gehe mal davon aus, dass der aktuelle Rückgang der Arbeitslosigkeit unter anderem auch auf diese stabile Politik in der Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge zurückzuführen ist.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Haben Sie sich die Beschäftigtenzahlen denn mal angeguckt? Sind es mehr oder sind es weniger?)

Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform wird zwar Energie verteuert, aber die Rentenversicherungsbeiträge werden gesenkt und demzufolge wird auch der Rationalisierungsdruck vom Faktor Arbeit auf den Faktor Umwelt verlagert.

Ich muss sagen, da ist mir zumindest Herr Riemann die Antwort schuldig geblieben, wo denn letztendlich Ihr Problem dabei liegt. Ganz offensichtlich ziehen Sie sich aber zurück auf das platte Argument, der Verbraucher wird abgezockt und gelinkt durch die Ökosteuer, weil die Verteuerung der Kraftstoffe in erster Linie durch die Mineralölsteuer entstanden wäre.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es sind nicht nur die Kraftstoffe. Es sind die Nebenkosten genauso.)