Protocol of the Session on April 12, 2000

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Muth.

Ums Wort gebeten hat noch einmal der Umweltminister. Bitte sehr, Herr Professor Methling.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mach’s kurz, weil ich denke, in der Sache ist eigentlich alles besprochen.

Ich gebe Ihnen völlig Recht, Herr Thomas, dass in den Behörden zuweilen oder vielleicht im Regelfall zu lange Diskussionen ohne Ergebnis geführt werden. Das ist sicherlich auch keine neue Erkenntnis an diesem Gegenstand. Hier ist es aber besonders dringlich. Ich will auch sagen, dass ich diesen Diskussionsbedarf sehe und dass wir schnell zu Lösungen kommen müssen. Ich muss aber darauf hinweisen, dass wir nicht autark agieren, sondern

dass wir im Bund mit den anderen Küstenländern hier zu handeln haben. Und dieses tun wir. Wie ich ansonsten reagiert habe, habe ich dargestellt. Zumindest werden wir versuchen, unsere Möglichkeiten zu nutzen, dort mehr Bewegung und schnellere Ergebnisse zu erzielen.

Was das nationale Sicherheitskonzept in der Ostsee betrifft, wir sind da völlig d’accord. Ich staune, wie Sie der Öffentlichkeit gegenüber die Auffassung vertreten, dass der Umweltminister ein solches nationales Sicherheitskonzept in der Ostsee ablehnt. Ganz im Gegenteil, allerdings kommt es dann auf die Details an, über die zu sprechen ist. Ihren Gedanken, mit der Küstenwache eine neue Behörde zu schaffen, teilen wir nicht. Wir können uns eher anderen Empfehlungen dieser Kommission, dieser Expertengruppe anschließen und werden das auch in der Diskussion zum Ausdruck bringen.

Dass Sie uns darauf hinweisen, dass wir mit „wahren“ Experten sprechen, das geht schon ziemlich weit in der Unterstellung, dass wir mit Menschen sprechen würden, die keine Experten sind. Ich glaube, da wären diejenigen ganz schön getroffen, mit denen wir in der täglichen Arbeit in den zuständigen Ämtern zusammenarbeiten. Ich bin sehr erstaunt, wie Sie zu anderen Wertungen kommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Diese Gespräche werden fortgeführt werden. Sie führen auch eine Veranstaltung auf dem Wasser durch. Sie werden darüber diskutieren. Ich hätte mir übrigens auch gewünscht, dass das Umweltministerium aus Mecklenburg-Vorpommern zu dieser Veranstaltung eingeladen wird. Ich bin sehr erstaunt, dass Sie bei dieser Veranstaltung das Gespräch mit uns nicht suchen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Umweltminister.

Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/1203. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke sehr. Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke sehr. Damit ist der Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/1203 mit den Stimmen der Abgeordneten aus allen Fraktionen bei zwei Stimmenthaltungen in der PDS-Fraktion angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Milchwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 3/1219.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Milchwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1219 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Monegel von der SPD-Fraktion. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Milchmarktpolitik zieht sich wie ein roter Faden seit der ersten Legislaturperiode durch die parlamentarische Diskussion dieses Hohen Hauses. Wenn man sich die Mühe macht, anhand vorliegender Protokolle die Entwicklung im Zusammenhang mit der Milchproduktion in Mecklenburg-Vorpommern von der Wende an zu verfolgen und die Probleme dieser Zeit mit dem heute erreichten Entwicklungsstand

der Milchwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zu vergleichen, kann man feststellen, dass in einem relativ kurzen Zeitraum auf dem Milchsektor in unserem Bundesland ein enormer Qualitätssprung zu verzeichnen ist. Vergessen darf man dabei allerdings nicht, dass gerade dieser Betriebszweig eine Rosskur hinter sich hat.

Seit dem 1. April 1991 gilt auch für die neuen Bundesländer die Milchgarantiemengenregelung der EU. Der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Kiechle, der auch in den neuen Bundesländern die bäuerliche Kleinwirtschaft einführen wollte, hat sich die Übernahme des Quotensystems wesentlich leichter vorgestellt, als es sich danach in der Praxis herausstellte.

In Mecklenburg-Vorpommern waren die gerade eben umstrukturierten Unternehmen mit einer Milchquote von etwa 1,36 Millionen Tonnen zwar in den europäischen Markt eingebunden, aber sie waren aufgrund schwacher investiver Ausstattung, rapide gesunkener Kuhbestände und geringer Milchleistung je Kuh überhaupt nicht in der Lage, wettbewerbsfähig zu sein. Färsenproduktionsbetriebe auf Grünlandstandorten sollten nach damaliger Bonner Lesart zunächst gar keine Quoten bekommen. Der Milchkuhbestand, der in Mecklenburg-Vorpommern 1989 bei 440.000 Milchkühen lag, sank 1991 auf 248.000 Stück, also zuerst 440.000, dann 248.000. 1995 waren es 221.000 Kühe mit einer weit unter dem Bundesdurchschnitt liegenden Milchleistung je Kuh von 5.032 Kilogramm. Die ohnehin geringe Milchquote damals wurde jahrelang nicht ausgeschöpft. Hinzu kam, dass die Milcherzeuger auf dem prädestinierten Agrarstandort Mecklenburg-Vorpommern das niedrigste Milchgeld in Deutschland erhielten.

Die SPD hat die Sorgen der Milchbauern immer wieder in Anfragen, Anträgen und Anhörungen thematisiert. Ich möchte behaupten, dass der parlamentarische Druck Wirkung auf die Entwicklung von politisch möglichen Rahmenbedingungen für die Milchwirtschaft in diesem Land gezeigt hat. Die Milchproduktion hat dank hervorragender züchterischer Leistungen, geförderter investiver Maßnahmen und eines modernen Systems der Milchleistungsprüfung im Landeskontrollverband, der sich mit seiner Ausstattung im europäischen Maßstab sehen lassen kann, einen enormen Qualitätssprung zu verzeichnen. Mit durchschnittlich 6.317 Kilogramm erreichten die Kühe des Landes bereits 1998 ein Rekordergebnis in der Bundesrepublik Deutschland. 1999 wurde dieses Ergebnis noch überboten und es steigt weiter.

Trotz Saldierung auf Molkereiebene drohten nunmehr erfolgreichen Milchbauern auch aus Mecklenburg-Vorpommern Strafgelder, die so genannte Superabgabe. Es hat unter unserem Ex-Landwirtschaftminister Brick über zehn Änderungen von Richtlinien für die Zuteilung von vorläufigen Milchanlieferungsreferenzmengen aus der Landesreserve gegeben. Als diese ausgeschöpft war, wurde mit der Richtlinie vom 11. August 1997 die Tür für die Handelbarkeit von Milchquoten aufgemacht. Von der SPD wurde diese Praxis mit sehr gemischten Gefühlen gewertet.

Meine Damen und Herren! Summa summarum kann festgestellt werden, dass sich die von der ehemaligen Bundesregierung mit der Garantiemengenregelung Milch in Deutschland angestrebten Ziele in wesentlichen Teilen nicht erfüllt haben. Das heißt, weder die Anpassung der Milcherzeugung an den Verbrauch noch der Abbau beste

hender Überschüsse oder die Stabilisierung der Milchauszahlungspreise zur Einkommenssicherung der Erzeugerbetriebe wurden realisiert. Die Garantiemengenregelung in den neuen Bundesländern mit ihrer vorläufigen Zuteilung von Lieferrechten, der Nichthandelbarkeit der Quoten und ihrer Abkopplung von der Fläche stellte gegenüber den alten Bundesländern zwar eine gewisse Verbesserung dar, hat sich aber nicht als zukunftsfähig bewährt.

Bereits 1996 hatte die SPD vorausschauend die Ziele einer künftigen Milchmarktpolitik formuliert. Diese sind und waren es auch:

Stärkung der aktiven Milcherzeuger

Stabilisierung der Erzeugereinkommen am Markt

Sicherung einer flächendeckenden Landbewirtschaftung durch Erhaltung der Milcherzeugung auf Grünlandstandorten

sowie Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Milcherzeugung auf Erzeuger-, Verarbeitungs- und Vermarktungsebene

Meine Damen und Herren, mit dem Auslaufen der Milchquotenregelung am 31. März 2000, also vor kurzer Zeit, eröffnet sich die Chance, Fehlentwicklungen und Mängel zu korrigieren.

Auf dem Berliner Gipfel zur Agenda 2000 am 24. und 25. März 1999 wurden grundlegende Voraussetzungen für die Verwirklichung neuer Regelungen beschlossen. Einigung wurde darüber erzielt, die Milchquotenregelung bis zum Jahr 2006, spätestens aber bis 2008 zu verlängern. Gleichzeitig wurde dem EU-Agrarministerrat die Verpflichtung auferlegt, im Jahre 2003 eine Zwischenauswertung der bis dahin realisierten Beschlüsse vorzunehmen. Ziel ist es, die Mengenbegrenzung nach dem Jahr 2006 auslaufen zu lassen.

Jedem EU-Land wurde die Option zur flächenungebundenen Übertragung von Milchquoten erteilt. Das ist zweifellos ein Fortschritt. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat seine Hausaufgaben zur Neugestaltung der Milchquotenregelung, der so genannten Zusatzabgabenverordnung, gemacht. Am 17. Dezember 1999 stimmte der Bundesrat dem vorgelegten Entwurf zu. Fazit: Die neue Milchquotenregelung ist am 1. April im Jahre 2000 für das Quotenjahr 2000/2001 in Kraft getreten. Sie erfolgt einheitlich für die Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, die aktiven Milcherzeuger in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Anlieferungsreferenzmengen können in Zukunft deutschlandweit nur noch ohne Flächenanbindung über so genannte Verkaufsstellen oder Börsen an drei Terminen im Jahr von aktiven Milcherzeugern – und nur von diesen – gekauft werden. Eine Verpachtung und ein Verleasen von Quoten von so genannten Sofamelkern in den alten Bundesländern ist damit zukünftig nicht mehr möglich.

Meine Damen und Herren, die Milchproduktion und die Milchverarbeitung sind für die Agrarwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern strukturbestimmender Wirtschaftsfaktor und wichtig für die landwirtschaftliche Einkommenssicherung und Wertschöpfung. Der Ihnen auf Drucksache 3/1219 vorliegende Antrag von SPD und PDS zielt darauf ab, die Landesregierung zu veranlassen, die Auswirkungen der neuen Regelung auf die aktiven Milcherzeuger in Mecklenburg-Vorpommern darzustellen. Die

aktiven Milchproduzenten in unserem Land erwarten, dass die neue Milchmarktpolitik schnell und verlässlich begleitet wird. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Heike Lorenz, PDS)

Vielen Dank, Frau Monegel.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Wenn es dazu keinen Widerspruch gibt, verfahren wir so.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Grams von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat ist die Milchwirtschaft ein wichtiger Zweig unserer heimischen Landwirtschaft, auch wenn dies unter derzeitigen Fördergegebenheiten nicht immer so deutlich wird. Aber von den momentanen Förderbedingungen sollten sich die Milchproduzenten nicht leiten lassen, denn sie erzeugen eines der hochwertigsten Nahrungsmittel.

Trotz der Wichtigkeit der Milchwirtschaft kann ich mit dem vorliegenden Antrag so recht nichts anfangen. Da wird zunächst ein Bericht über das gerade abgelaufene Milchwirtschaftsjahr gefordert. Meines Wissens gibt es dazu einige Ausführungen im Agrarbericht. Wem dies nicht reicht, dem sei die vom Landwirtschaftsministerium erarbeitete „Statistik der Milchwirtschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ empfohlen, wo eine Vielzahl von Daten der Milchwirtschaft zusammengetragen und mit entsprechenden grafischen Darstellungen veranschaulicht wird. Aber damit noch nicht genug – auch der Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung erstellt einen Jahresbericht zur Milcherzeugung in Mecklenburg-Vorpommern. Und es gibt noch die Schriftenreihe der LMS, deren detaillierte Testbetriebsauswertungen Rückschlüsse auf die Milchwirtschaft in unserem Lande ermöglichen. Ich denke, deshalb kann man auf einen weiteren Bericht verzichten.

Gestatten Sie mir, an dieser Stelle zur Milchquote ein Problem des Landkreises Uecker-Randow anzusprechen. Der Landkreis hat einmal über eine Milchquote von 72,4 Millionen Kilogramm verfügt. Bis zum heutigen Tag sind 18,5 Millionen Kilogramm Milch auf andere Milcherzeuger übertragen worden. Davon sind circa 10 Millionen Kilogramm aus dem Kreis gegangen. Die Abwanderung der Quote bedeutet den Verlust von circa 30 Arbeitsplätzen. Für einen Landkreis mit hohem Grünlandanteil ist das schmerzlich. Aus dem Bereich des Landwirtschaftsamtes Ferdinandshof sollen es sogar 25.000 Tonnen Milchquote sein.

Bemühungen des Kreisbauernverbandes, um eine Regionalisierung der Quote zu erreichen, waren erfolglos. Eine weitere Aufstockung der Mutterkuhbestände als Ausgleich ist auch nicht mehr möglich, da die von der EU vorgegebene Quote in Deutschland bereits überschritten wurde. Wie bei dem Erwerb der Milchquote ergibt sich auch hier für die Landwirte ein finanzielles Problem, Mutterkuhquoten zu erwerben. Die Quote soll nach Informationen mit 1,5 TDM gehandelt werden. Die Landwirte erwarten von der Politik die Einflussnahme auf den Verbleib von Quoten in der Region.

Ja, Frau Monegel, Rinderhaltung gehört nun mal zum Grünland. Die Abwanderung der Milchquote hat auch

Auswirkungen auf die Effektivität und Arbeitsplätze der belieferten Molkereien.

Zum Punkt 2 des Antrages, zu den Auswirkungen der Zusatzabgabenverordnung auf die aktiven Milcherzeuger, einige Bemerkungen: Positiv wird gewertet, dass die Referenzmenge im Land verbleiben soll. Wie bereits erwähnt, ist es für bestimmte Kreise notwendig, dass die Quote regionalisiert wird, im Landkreis oder in den Landwirtschaftsämtern verbleibt. Es ist zumindest den Fachleuten bekannt, dass ab dem 1. April dieses Jahres die neue Milchquotenregelung in Kraft getreten ist. Die Flächenbindung der Milchquote ist dann weggefallen. Außerdem sollen die Belastungen der aktiven Milcherzeuger gesenkt und die Quoten wieder stärker in die Hand der aktiven Milcherzeuger gebracht werden. Der An- und Verkauf von Milchquoten erfolgt über regionale Verkaufsstellen zu bestimmten Terminen im Jahr, wobei dieser Börsenansatz mit einer preisdämpfenden Abzugsregelung kombiniert wird. Diese Regelungen gelten für die alten Bundesländer genauso wie für die neuen. In diesen wäre die Sonderregelung der vorläufigen Milchreferenzmengen ohnehin jetzt abgelaufen.

Statt sich nun – wie im Antrag gefordert – von der Landesregierung die Auswirkungen schildern zu lassen, fände ich es wesentlich interessanter, nach einer entsprechenden Laufzeit dieser Regelung von Betroffenen selber, also von Milcherzeugern, zu hören, wie es um die Praktikabilität dieser Quotenregelung bestellt ist. Die Landesregierung ist – wie wir Politiker – in diesem Falle nur Außenstehender, nicht Betroffener. Betroffene haben bekanntlich eine ganz andere Sichtweise und diese sollte mit die Grundlage für unser politisches Handeln sein.

Ich hielte es daher für wesentlich angebrachter, wenn sich zu gegebener Zeit der Landwirtschaftsausschuss – sinnvollerweise in Vor-Ort-Gesprächen – mit aktiven Milcherzeugern und dem Berufsstand über Stärken und Schwächen der Milchquotenregelung unterhalten würde. Bei dieser Vorgehensweise wird gleichzeitig der direkte praktische Bezug hergestellt, den ich für unerlässlich halte. Da der Landwirtschaftsausschuss diese Thematik über das Selbstbefassungsrecht aufgreifen kann, ist der Antrag überflüssig und wir lehnen ihn deshalb ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Grams.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Scheringer von der PDS-Fraktion.