Wenn ich zum Beispiel unter „Rechts“ mehr als eine Körperhälfte oder eine Körperseite verstehe und diesen Begriff zum Beispiel als wertkonservativ deute, was durchaus legitim ist, dann wäre zum Beispiel jeder Sozial
Dann wäre Herr Stoiber, seines Zeichens CSU, mit seinen Gedanken zur Wirtschaftsentwicklung in der globalisierten Welt schon lange nicht mehr Rechts.
(Heiterkeit und Unruhe bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Volker Schlotmann, SPD: Wo ist denn der dann abgeblieben?)
Dann wäre, überspitzt gesagt, Herr Holter mit seiner Trauerrede für den DDR-Spitzenpolitiker Bernhard Quandt durchaus als Rechts einzustufen,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der PDS – Peter Ritter, PDS: Der Herr Quandt hat bei den Nazis im KZ gesessen. Vergessen Sie das nicht! Vergessen Sie das nicht!)
Ja, Herr Ritter, das müssen Sie sich mal durch den Kopf gehen lassen, wie gefährlich das ist, mit Schlagworten zu operieren!
(Volker Schlotmann, SPD: Das müssen gerade Sie sagen! – Peter Ritter, PDS: Ein Opfer des Faschismus! Ein Opfer des Faschismus, Herr Nolte!)
Ich bin vielmehr der Auffassung, dass gerade bei der Versuchung des politischen Alltagsgeschäftes, zu vereinfachen und zu pauschalisieren, es darauf ankommt,
(Volker Schlotmann, SPD: Sie sollen nicht über etwas reden, das Sie nicht kennen. – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)
Genau aus diesem Grunde habe ich meine Probleme, wenn ein Programm der Landeszentrale für politische Bildung unter Arbeitstiteln steht wie – ich zitiere, Frau Lorenz hat das ja auch schon getan – „Pro Zivilcourage – Strategien gegen Rechts“ oder „Rhetorik gegen Rechts“. Trotz eindeutig formulierten Widerspruchs im Kuratorium der Landeszentrale hat sich in der Begriffswahl nichts geändert.
Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn in jedem der erwähnten Beispiele der Begriff „Rechtsextrem“ gestanden hätte, weil das eine klare Positionsbestimmung gewesen wäre. Das hieße also: „Bunt gegen Rechtsextrem“ oder „Pro Zivilcourage – Strategien gegen Rechtsextrem“
oder „Rhetorik gegen Rechtsextrem“. Insofern habe ich die angesprochene und ausdrückliche Forderung an die Landeszentrale für politische Bildung, dass sie dieser Aufgabe mit dem gebotenen Ernst auch nachkommt.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also es wäre ja ganz hübsch, weniger zu mäkeln und mehr gegen Rechtextremismus zu tun.)
Ich bin der festen Überzeugung, dass über klare politische begriffliche Definitionen viele Probleme im politischen Alltagsgeschäft gelöst werden können. Ich glaube, dass es unverzichtbar ist, bei sachlich orientierter Arbeit der politischen Bildung zunächst ausgehend vom Problem des Extremismus sich den dann anschließenden Problemen des Rechtsextremismus zu widmen. Ich verweise hier wieder auf die explizite Definition, die nicht ich, sondern das niedersächsische Innenministerium geliefert hat.
Nein, das ist endlich mal ein Ministerium, was sich mit der Begrifflichkeit auseinander gesetzt hat.
Ich zitiere: „Als Positivdefinition des Extremismusbegriffes können folgende Strukturmerkmale... genannt werden: Absolutheitsansprüche,“ – ich habe es gesehen –
(Peter Ritter, PDS: Heißt es eigentlich „Zur aktuellen Entwicklung im rechten Spektrum“ oder „im rechtsextremistischen Spektrum“?)
„Dogmatismus, Utopismus, Freund-Feind-Stereotype, Verschwörungstheorien, Autoritarismus und antipluralistisches Politikverständnis.“ Sie sehen hieraus, dass dies weiter verbreitet ist, als man allgemein annimmt. – Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat eines Forschers auf diesem Gebiet beginnen, der gesagt hat: „Die Entstehung subkultureller Jugendgewalt ist immer dann wahrscheinlich, wenn sich als machtlos und sozial randständig empfindende männliche Jugendliche sich als Beschützer ihrer Eigengruppe vor einer Bedrohung darstellen und dabei auf gesellschaftlich verfügbare Rechtfertigungsnormen zurückgreifen können.“
Wenn wir heute über dieses Thema debattieren, dann reden wir zwar vordergründig über die Altersgruppe der unter Dreißigjährigen, weil sich hier die Tendenzen nach außen äußern, aber ich denke auch, dass das eigentlich zu kurz gegriffen ist. Wir reden darüber, wie sich rechtsextremes Gedankengut in der letzten Zeit in diesem Land in Köpfen festgesetzt und mit Fäusten geäußert hat, Köpfen und Fäusten einer Generation, die in den europäischen Einigungsprozess hineinwächst und diesen eigentlich aktiv gestalten soll. Wenn dieser Prozess gelingen
soll, dann geht das eigentlich nur im Geiste von Solidarität, Völkerverständigung, Toleranz und multikultureller Offenheit.
Wenn wir geistige Räume so ausfüllen, nur dann wird kein Platz sein für rechtsextreme fremdenfeindliche Orientierungen, denn Kinder werden nicht als Täter mit rechtsextremen Gedanken im Kopf geboren. Die Gesellschaft, das heißt Eltern und Verwandte, Lehrer, Erzieher, Ausbilder und Kontaktpersonen im Freizeitbereich, Vereine und Verbände, Institutionen, Gewerkschaften, Kirchen, Parteien und Mitarbeiter jedweder öffentlicher Einrichtungen haben die Pflicht und die verantwortungsvolle Aufgabe, die junge Generation so zu bilden und zu erziehen, dass kein Raum in den Köpfen und Herzen bleibt für Neid, für Frust und Hass, der sich insbesondere gegen fremde Andersdenkende und vermeintlich Minderwertige richten kann. Kinder und Jugendliche werden anfällig für rechte Ideologien, wenn wir sie nicht befähigen, Konflikte vernünftig auszutragen.
Konflikte resultieren aus mangelnder Orientierung, aus mangelnder Unterstützung und fehlender Zuwendung nicht nur der Familien. Wir müssen die Probleme der Wende, die immer noch da sind – berufliche Veränderung der Eltern, Arbeitslosigkeit, Demotivation in Schule und Freizeit –, wir müssen diese Probleme bewältigen und wir müssen rechtsextreme Verhaltensweisen öffentlich machen. Wir müssen die Täter aus der Anonymität holen.
Natürlich existiert ein Zusammenhang zwischen fremdenfeindlicher rechtsextremistischer Einstellung und Gewaltakzeptanz. Gewalt ist oft die Reaktion auf Erfahrung eigener Ohnmacht. Sie wird genutzt als Mittel der Selbstbehauptung und Durchsetzung, sie wird oft gesehen als einzige Alternative zur Resignation. Und Gewalt wird genutzt als Mittel zur Sicherung von Respekt und Anerkennung, die auf anderen Feldern nicht möglich scheinen. Sie richtet sich auf Objekte und Subjekte, bei denen man davon ausgeht, dass deren Bekämpfung erlaubt und geboten ist, und da bin ich wieder bei meinem Eingangszitat.
Die Ursachen für Gewalt liegen nicht immer in sozialen Verhältnissen, wenn in Familie, Schule und Freizeit in Konfliktsituationen Gewalt angewandt wird. Rechtsextreme Täter sind wie die der übrigen Gewaltdelikte meist unter 30 und männlich. So waren 1998 von insgesamt 426 Tatverdächtigen nur 17 älter als 29 Jahre und 411 waren männlich. Auch wenn die Zahl der rechtsextremen Straftaten im Vergleich von 1998 zu 1999 leicht rückläufig ist, gibt es keinen Anlass für Entwarnung. Es wurde schon gesagt, die stillen Dulder und die Anhänger, die werden nirgends erfasst.
Bedenklich ist, dass mehr als die Hälfte der erfassten Delikte mit rechtsextremem Hintergrund im östlichen Landesteil erfolgt. Alarmierend sind beispielsweise Ergebnisse einer Schülerbefragung in Greifswald 1998, wonach – und das betone ich – nur etwa 38 Prozent der Befragten 15-jährigen Schüler rechtsextremen, fremdenfeindlichen Orientierungen ablehnend gegenüberstanden.
Albert Scheer, von dem auch dieser erste Ausspruch stammt – ich komme zum Ende – hat in seinem Artikel „Forschungsbefunde zum Rechtsextremismus“ Rechtsextremismus als Zuspitzung und Radikalisierung einer gesellschaftlich verbreiteten und weit akzeptierten Frem
denfeindlichkeit analysiert und dieses als Resultat eines Prozesses dargestellt, in dem Jugendlichen Flüchtlinge und Einwanderer als Bedrohung und illegitime Konkurrenten um Arbeitsplätze und Sozialleistungen angeboten werden, und zwar von der Gesellschaft, von den Erwachsenen dieser Gesellschaft. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die zwei Minuten, die mir zur Verfügung stehen, nutzen, um über zwei Erkenntnisse zu sprechen, die ich gewinnen konnte aus den Kirchengesprächen nach den Eggesiner Ereignissen. Wenn ich an die Gespräche in der Kirche denke in Eggesin, dann denke ich an die mutige Frau mit den so oft gebrochenen Gliedmaßen aufgrund rechtsextremer Gewalt und ich denke an die Frau, die besorgt ist um ihre Kinder, weil sie schon vor Monaten die Versammlungsorte und die Aufenthaltsorte Rechtsextremer benannte, die erst jüngst so viel Furore in der Öffentlichkeit erzeugten, also damals schon bekannt waren. Zwei Erkenntnisse:
Die erste, Rechtsradikalismus ist alltäglich. Deshalb bedarf es einer alltäglich wirkenden Gegenstrategie. Und wir brauchen, meine ich, a) eine intensive politische Bildung, die dem Schwinden demokratischen Gestaltungswillens, der Gleichgültigkeit gegenüber der Gesellschaft und einer Destruktion des Selbstbewusstseins entgegenwirkt. Wir brauchen b) eine Politik der sozialen Verantwortung. Und ich möchte unsere Landesregierung ermuntern, weiterhin diese Politik der sozialen Verantwortung zu praktizieren, so wie bisher, denn sie ist hier auf einem guten Weg.
Die soziale Situation im Uecker-Randow-Kreis lässt sich ganz kurz charakterisieren. Sie ist dramatisch – die zweithöchste Arbeitslosigkeit, die höchste Sozialhilfequote,