Protocol of the Session on March 15, 2000

Darauf komme ich noch, wie das gelaufen ist.

Dass diese Einbeziehung trotz aller geschaffenen Möglichkeiten, wie Infobriefe und Kontakttelefon, die gibt es nämlich, noch nicht ausreicht, dass noch nicht alle Entscheidungen transparent sind, möchte ich dem Minister, dem Staatssekretär und ihren Mitarbeitern von dieser Stelle hier nochmals mit auf den Weg geben.

(Beifall Johann Scheringer, PDS)

Ganz deutlich wurde mir das in Gesprächen mit Betroffenen, in denen ich wiederholt gefragt wurde, ob im Ministerium daran gedacht wird, die Forstverwaltung zu privatisieren, und ob denn wirklich geplant sei, soundso viele Mitarbeiter zu entlassen. Zu Recht, denke ich, haben die Beschäftigten diese Fragen, denn was ein Rechtsformwechsel in der Praxis bedeutet, welche Konsequenzen er haben kann, ist sicherlich auch nicht jedem Forstangestellten und Waldarbeiter klar. Um hier Vorurteile und Ängste abzubauen, muss mit ihnen darüber geredet werden, nicht nur einmal, sondern immer wieder.

Meine Damen und Herren, die Ihnen heute vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen nicht ohne kontroverse Diskussionen erarbeitet. Herr Brick hat dies ja schon ausführlich geschildert und dem ist nur wenig hinzuzufügen, außer: Sie haben Recht. Die Entstehungsgeschichte der Beschlussempfehlung ist nicht rühmlich

(Beifall Friedbert Grams, CDU)

und trotzdem gestatten Sie mir dazu noch einen kleinen Exkurs.

Die Mitglieder der CDU-Fraktion haben sich ja leider im Ausschuss erst gar nicht an der Abstimmung beteiligt, was mich dann doch sehr an die biblischen Worte von den in der Unschuld gewaschenen Händen erinnert.

(Harry Glawe, CDU: Aha.)

Aber dem ist ja beileibe nicht so. Das finanzielle Dilemma, in dem die Landesforst heute steckt, ist ja älter als das Gutachten der GMO.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Die Notbremse, ein zukunftsfähiges Forstkonzept, hätte schon viel eher gezogen werden müssen. Dass der Zuschussbedarf für die Landesforstverwaltung bereits unvertretbar hoch war und weiter steigen würde, ist schon, man höre und staune, in den Unterlagen des Landesforstbeirates, den Sie gefordert haben, von 1996 zu lesen. Bereits damals war gefordert, den Wald und die in ihm zu leistende Arbeit neu zu bewerten und die Forstwirtschaft im Lande zu modernisieren. Bereits 1996 mahnte der Landesforstbeirat den Landwirtschaftsminister,

(Annegrit Koburger, PDS: Wer das wohl ge- wesen sein mag? – Johann Scheringer, PDS: Wer war wohl damals Minister?)

den Wald in seiner Mehrfachfunktion zu betrachten und zu bewirtschaften, das Rohholzaufkommen zu steigern und die holzverarbeitende Industrie im Lande zu unterstützen.

(Ministerin Sigrid Keler: Herr Brick, nun werden Sie vorsichtig!)

Der Beirat wies darauf hin, dass die ökologischen und sozialen Wirkungen und Leistungen des Waldes und der Forstwirtschaft notwendigerweise zu ermitteln seien

(Zuruf von Martin Brick, CDU – Ministerin Sigrid Keler: Ich hab’s gehört.)

und Konsequenzen für die Forstpolitik im Lande besonders für die dort Beschäftigten zu ziehen wären.

(Harry Glawe, CDU: Die Preise für Holz sind doch gestiegen.)

Wenn denn der damals zuständige Landwirtschaftsminister

(Zuruf von Heike Lorenz, PDS)

zu diesem Zeitpunkt nicht nur Entlassungen in Größenordnungen akzeptiert und stattdessen konzeptionell gearbeitet hätte, wäre die Situation, vor der wir heute stehen, sicher eine andere.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Damit komme ich wieder zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, aus der ich Ihnen den Punkt 3, den die CDU-Fraktion ablehnen wird, noch einmal mit aller Deutlichkeit nahe bringen möchte. Hier heißt es, die Landesregierung wird aufgefordert, „das Forstkonzept 2000 mit dem Ziel zu erarbeiten, eine höhere Qualität und Effektivität in der Forstwirtschaft herbeizuführen und dabei folgende Maßgaben zu berücksichtigen“.

Damit bezieht sich die Beschlussempfehlung auf das Waldgesetz und nicht nur auf den Paragraphen 1, sondern auf die danach folgenden Paragraphen, die nach Auffassung der Koalitionsfraktionen bei der Erarbeitung des Forstkonzeptes beachtet werden müssen. So werden beispielsweise im Paragraphen 11 die allgemeinen Grundsätze der Erhaltung, Bewirtschaftung, des Schutzes und der Vermehrung des Waldes eingefordert. Dieses ist aber nach Meinung meiner Fraktion nicht allein durch das Landwirtschaftsministerium zu leisten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Da muss Frau Keler auch mit tun.)

Um wirklich alternative Beschäftigungsfelder zu erschließen – und das halten wir für eine der wichtigsten Forderungen der Beschäftigten –, muss das Landwirtschaftsministerium ganz eng mit dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium zusammenarbeiten.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Und dem Finanzminis- terium. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Nur so können einerseits die wirklichen Kosten erfasst werden und andererseits Synergieeffekte – in diesem Fall Arbeitsplätze – im Wald und rund um den Wald erhalten beziehungsweise neu gestaltet werden und der Wald in allen seinen Funktionen, Frau Monegel hat darauf hingewiesen, genutzt werden. Eine mögliche Verknüpfung ist zum Beispiel mit dem Innovationsprogramm „Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien“ gegeben.

In der Beschlussempfehlung zum Forstkonzept heißt es weiter: „Bei der Erarbeitung des Konzeptes ist davon aus

zugehen, dass der jährliche finanzielle Zuschussbedarf deutlich reduziert wird.“ Dieses war einer der strittigen Punkte in der Diskussion im Ausschuss. Wir, die PDSAbgeordneten, und ich sage es jetzt ganz laut und deutlich, sind insofern mit der Opposition einer Meinung,

(Harry Glawe, CDU: Oh!)

als dass wir die Gefahr sehen, dass dem finanziellen Rahmen, der ja durch den Kabinettsbeschluss vorgegeben ist, die inhaltliche Ausgestaltung des Forstkonzeptes 2000 untergeordnet wird. Gerade deshalb fordern wir die Mitbeteiligung aller Akteure. Wir wollen, dass erst alle Ideen, Einnahmen zu erzielen, geprüft und bedacht werden, und danach sollte nach Einsparmöglichkeiten gesucht werden. Soll das Forstkonzept 2000 in der Praxis nachhaltig und zukunftsfähig umgesetzt werden, muss man notwendigerweise davon ausgehen, dass es auch Geld kosten wird. Wenn zum Beispiel wieder zielstrebig aufgeforstet wird, nicht mit an die 800 ABM wie bisher,

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

sondern indem die vorhandenen qualifizierten Arbeitskräfte aus der Forst dafür eingesetzt werden,

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS, und Torsten Koplin, PDS)

entstehen dem Landwirtschaftsministerium dabei durchaus Kosten. Sparen wird bei dieser Art Forstpolitik der Minister für Arbeit. Diese Gegenrechnung haben wir im Gegensatz zur Opposition mitbedacht.

(Harry Glawe, CDU: Aha! – Zuruf von Bärbel Kleedehn, CDU)

Deshalb sprechen wir uns trotzdem zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen einen finanziellen Rahmen aus, für den das Forstkonzept 2000 passend gestrickt wird.

Abschließend möchte ich feststellen, dass auch heute noch – Monate nach der ersten Debatte um das Forstkonzept – vor den Abgeordneten genau wie vor den betroffenen Beschäftigten noch mehr Fragen als Antworten stehen. Beispielsweise ist immer noch nicht deutlich, wie zukünftig die Bewirtschaftung des privaten Körperschaftswaldes erfolgen soll, damit die Ziele des Waldgesetzes – eine naturnahe und flächendeckende Bewirtschaftung – auch hier umgesetzt werden können. Den Dienstleistungswaldarbeiter, der qualifiziert und motiviert genug ist, dieses zu leisten, muss man sich nicht erst backen oder per Greencard importieren. Die jetzigen Mitarbeiter der Forst können und wollen dieses durchaus leisten.

Offen ist ebenfalls, wie der im Kabinettsbeschluss festgeschriebene Anspruch, keine betriebsbedingten Kündigungen zuzulassen, letztendlich realisiert werden soll. Wo sollen nach Meinung des Landwirtschaftsministeriums die alternativen Arbeitsplätze entstehen, die notwendig gebraucht werden, wenn, wie es das GMO-Gutachten fordert, rationalisiert wird? Welche Qualifizierungen sind dazu notwendig? Welche Strategie hat das Ministerium dazu? Wie viele Arbeitsplätze in welchen Bereichen werden davon betroffen sein? Welches Leitbild wird es für die Forstarbeiter geben? Was muss der Forstarbeiter in der Zukunft alles können?

Die Realisierung dieses Anspruches, keine betriebsbedingten Kündigungen zuzulassen, und nicht die Höhe des Zuschussbedarfes an die Landesforstverwaltung – das

wird die Elle sein, an der wir, die PDS-Fraktion, die Qualität des Forstkonzeptes 2000 messen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Na, dann messen Sie mal!)

Vielen Dank, Frau Schwebs.

Ums Wort gebeten hat der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei. Bitte sehr, Herr Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere aus der Presseerklärung, die uns am 2. März 2000 erreicht hat: „Forstleute müssen jetzt mit Kündigungen rechnen.“ So lautete, und das ist ja hier schon zum Ausdruck gekommen, die Überschrift der Presseerklärung der CDUFraktion. Da hat es mich jedenfalls, auch im Interesse der Forstleute, fast vom Hocker gehauen. Das muss ich Ihnen mal ganz ehrlich sagen, nachdem, was wir auch innerhalb des Agrarausschusses versucht haben.

(Harry Glawe, CDU: Oi, oi, oi!)

Diese Information kommt nach meiner Überzeugung einige Jahre zu spät. Man sollte meinen, in den Jahren 1990 bis 1997 wurde diese Aussage unter der alten Landesregierung für viele Forstleute leider bittere Realität. Das wollen Sie natürlich nicht hören, aber die Zahlen sind ja genannt worden und die 5.246 Forstleute, die in der Zeit rausgeschmissen worden sind, sind bittere Realität.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Volker Schlotmann, SPD – Martin Brick, CDU: Sie sollen nur erklären, wa- rum es zwei Anträge gegeben hat. Weiter nichts!)

Dass die Reaktionszeit von Dinosauriern, sehr geehrter Herr Brick, sehr lang ist, das weiß heute mittlerweile jedes Kind, aber dass die Reizübermittlung fast sieben Jahre bei Ihnen gedauert hat, das finde ich schon bemerkenswert. Das sprengt im Übrigen tatsächlich auch meine eigene Vorstellungskraft.