Protocol of the Session on February 3, 2000

Sehr geehrte Frau Holznagel, ich habe diesen Entwurf an fast hundert Träger öffentlicher Belange mit der Bitte um Stellungnahme versandt. Über 50, exakt 59 von ihnen haben schriftlich ihre Hinweise gegeben und dabei im ganz überwiegenden Maße meine Planungen begrüßt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Somit waren die Pläne keinesfalls geheim und zudem zugänglich für diejenigen, die sich dafür interessierten.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Jürgen Seidel, CDU)

Da Sie ganz persönlich und mehr als einmal diese Planungen in Pressemitteilungen heftig kritisiert haben, konnte ich sicher davon ausgehen, dass Sie diese Pläne vor Ihren Verlautbarungen gelesen haben, zumal Sie in diesbezüglichen Informations- und Diskussionsveranstaltungen, an denen ich auch teilgenommen hatte, die Gelegenheit hatten, sich zu informieren, und übrigens auch diskutiert haben. Selbstverständlich hätte ich Ihnen auch ganz persönlich ein Exemplar zur Verfügung gestellt. Allerdings ist eine solche Anfrage in meinem Büro nicht eingegangen. Die CDU-Fraktion hat den Entwurf bekommen. Generell, meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition, habe ich keinerlei Probleme damit, Ihnen Unterlagen meines Hauses zur Verfügung zu stellen, die sich ohnehin in der öffentlichen Anhörung befinden. Auch den, Frau Holznagel, gerade gedruckten beschlossenen Abfallwirtschaftsplan werden Sie selbstverständlich erhalten.

(Renate Holznagel, CDU: Jetzt habe ich ihn. – Dr. Armin Jäger, CDU: Den haben wir schon.)

Ja, das ist Ihre Eingebung hier, die ich auch nur damit beantworten kann, dass eine Drucklegung eine Zeit dauert. Wir wollten einen beschlossenen Abfallwirtschaftsplan ausreichen und dieses tun wir. Ich kann Ihnen erneut versichern, dass ich wie bisher entsprechende Anfragen und Wünsche der Opposition stets positiv bescheiden werde. So viel, Frau Holznagel, zum Thema Demokratieverständnis. Ich bin sehr erstaunt, dass Sie hier einen anderen Eindruck erwecken wollen, was das Zur-Verfügung-Stellen von Unterlagen aus dem Umweltministerium betrifft.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Caterina Muth, PDS: Jo. – Zuruf von Georg Nolte, CDU)

Durch den Antrag bin ich aufgefordert, den Landtag über den am 11. Januar vom Kabinett bestätigten Abfallwirtschaftsplan und die entsprechende Verordnung zu unterrichten. Da ich meine Pläne in diesem Hohen Hause und auf mehreren öffentlichen Veranstaltungen bereits diskutiert habe, will ich darauf verzichten, Ihnen erneut die acht Grundsätze der Abfallwirtschaft zu erläutern. Ich will Ihnen aber gerne noch einmal verdeutlichen, warum wir einen radikalen Bruch in der Abfallpolitik des Landes vorgenommen haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das würde mich auch mal interessieren.)

Zunächst will ich der Forderung der Ziffer 1 des Antrages nachkommen und die Auswirkungen des Planes auf laufende Planungsverfahren zur Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen und zur Auslastung der Deponien des Landes verdeutlichen.

Die Vorgängerregierung hatte alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger des Landes im Ergebnis mehrerer kostenintensiver Gutachten dazu zwangsverpflichtet, im Land zwei, eigentlich nur eineinhalb Müllverbrennungsanlagen zu errichten und sich diesen dann anzudienen. Demzufolge hat es im Land auch nur zwei entsprechende Planungen gegeben, eine in Neubrandenburg und eine in Rostock.

Der damalige Abfallentsorgungsplan wurde mit der Hochtemperaturverbrennung, ohne gesetzliche Ermächtigungsgrundlage übrigens, verbunden und damit wurden auch noch die technologischen Varianten minimiert. Deswegen entschloss man sich, in Neubrandenburg eine Anlage nach der Schwelbrenntechnik zu errichten. Diese Planungen wurden weit vor der Amtsübernahme des Umweltministers Methling abgebrochen, weil technische Schwierigkeiten der Pilotanlage in Fürth die Firma Siemens zur Aufgabe ihres Projektes veranlassten. Die verlorenen Planungskosten hat Siemens an den Auftraggeber OVVD zurückgezahlt.

Somit gibt es nur eine einzige Planung, auf die der neue Abfallwirtschaftsplan Auswirkungen haben kann. Das ist die Planung der EVG in Rostock, die eine Kombianlage errichten will. Diese soll aus einer mechanisch-biologischen Vorbehandlung für 210.000 Tonnen Müll im Jahr und einer nachgeschalteten Müllverbrennungsanlage mit wassergekühltem Rost für etwa 150.000 Tonnen bestehen. Die Anlage wurde konzipiert, ohne zu wissen, wie der Input der Anlage gesichert werden kann. Das gilt nicht erst, seit ich mit dem neuen Plan die Entsorgungsregionen aufgehoben habe. Rostock selbst verfügt über maximal 90.000 Tonnen fester Siedlungsabfälle. Die vormalige Entsorgungsregion hatte in summa lediglich 150.000 Tonnen der erforderlichen 210.000 Tonnen. Die benachbarten Kreise Güstrow und Bad Doberan haben frühzeitig signalisiert, dass sie, obwohl eigentlich nach der alten Planung in der Rostocker Entsorgungsregion liegend, ihre Abfälle nicht nach Rostock liefern würden. Sie haben die Entsorgung ihrer Abfälle inzwischen öffentlich ausgeschrieben.

(Zuruf von Georg Nolte, CDU)

Die Rostocker Abfallbehandlungsanlage ist wie alle diese Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durch das Staatliche Amt für Umwelt und Natur in Rostock zu genehmigen. Eine Bedarfsprüfung sieht dieses Genehmigungsverfahren nicht vor. Da vergleichbare Anlagen bereits jetzt gebaut sind, ist davon auszugehen, dass die Rostocker Anlage genehmigungsfähig ist. In diesem Fall wird sie auch genehmigt werden, alles andere wäre Rechtsbruch.

Es verbleibt allerdings die Frage, wie diese Anlage auszulasten ist. Darauf habe ich vielfach hingewiesen und ich bin nicht bereit, politische Verantwortung für überhöhte Abfallbehandlungskosten in Rostock zu übernehmen, wenn diese Anlage mangels Partner nicht ausgelastet werden kann. Das, also die Auslastung dieser Anlagen, war zu jeder Zeit Aufgabe des Betreibers.

(Caterina Muth, PDS: Richtig.)

Das war vor dem neuen Abfallwirtschaftsplan so und das wird auch in Zukunft so sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch zu jeder Zeit eine Illusion gewesen zu glauben, man könne

Landräte durch Landesverordnung dazu verpflichten, Abfall einer zentralen Anlage anzuliefern, wo ein Monopolist möglicherweise noch überhöhte Preise vorgibt. Deshalb hat der neue Abfallwirtschaftsplan auch keine Auswirkungen auf die Rostocker Planungen. Sie können genehmigt werden. Ohne Partner für den Müllbunker werden aber die Verantwortlichen, die diese Entscheidung zu treffen haben, wohl politisch darin verschwinden. Die einzige Auswirkung, die ich hier erkennen kann, ist die, dass der neue Abfallwirtschaftsplan den Planungsträgern offensichtlich deutlich gemacht hat, in welchem Dilemma sie sich in Rostock befinden.

Die neue Abfallpolitik hat Auswirkungen ganz anderer Art auf Planungen von Abfallbehandlungsanlagen. Sie hat nämlich – im Gegensatz zu den fatalistischen Prophezeiungen des Landesrechnungshofes – vielfältige Aktivitäten ausgelöst, sich über regional zugeschnittene Planungen Gedanken zu machen, und das ganz im Gegenteil zu der Darstellung, die Sie gewählt haben, Frau Holznagel.

Das betrifft vor allem auch unsere landeseigene Ihlenberger Abfallgesellschaft IAG. Diese war bei den CDUPlanungen sozusagen im Müllschlucker verschwunden, denn Müllverbrennung war obligatorisch vorgeschrieben und diese hatte in Rostock und Neubrandenburg zu erfolgen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Damit war die IAG hier völlig blockiert, jeder Entwicklungschance beraubt und infolge dieser Perspektive in puncto Abfallbehandlung in einen relativen Dornröschenschlaf gefallen. Konzepte, die die Abfallwirtschaft entwickeln sollten, bestehen seit 1997, wurden aber nicht umgesetzt. Eine Fortsetzung dieser Abfallpolitik hätte zur Folge gehabt, dass 2005 auf dem Ihlenberg keinerlei nicht behandelter Hausmüll mehr angeliefert worden wäre, weil es das Land selbst mit seiner Verordnung untersagt hatte, eine Abfallbehandlungsanlage zu errichten. Paradox, meine Damen und Herren, aber wahr! In diesem Fall wäre genau das eingetreten, was jetzt der Landesrechnungshof der neuen Abfallwirtschaftspolitik unterstellt, die IAG wäre wirtschaftlich extrem gefährdet gewesen.

Der Abfallwirtschaftsplan vom 11. Januar hat dazu geführt, dass Aufsichtsrat und Geschäftsführung der IAG die neue Chance nutzen werden und zügig ein Konzept für die Abfallbehandlung auf dem Ihlenberg entwickeln. Nach meiner Kenntnis sind die notwendigen Festlegungen getroffen. Die Voraussetzungen dafür sind vergleichsweise gut, denn Synergien mit der Konditionierung von Sonderabfällen der Industrie liegen sowohl technologisch als auch betriebswirtschaftlich auf der Hand. Ich habe keine Zweifel, dass mit einem vernünftigen Konzept marktverträgliche Preise für die Annahme von Hausmüll erzielt werden können, die für die umliegenden Landkreise und auch für die Landeshauptstadt ein interessantes Angebot ermöglichen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Erhard Bräunig, SPD)

Die neue Abfallwirtschaftspolitik gefährdet also nicht, wie der Landesrechnungshof behauptet, den Ihlenberg, sondern, im Gegenteil, erst diese neue Abfallwirtschaftspolitik sichert ihm eine Zukunft über das Jahr 2005 hinaus.

Im Bereich der OVVD hat der neue Abfallwirtschaftsplan dazu geführt, dass die Geschäftsführung sich von den Plänen einer Müllverbrennung sehr weit entfernt hat

und auf Stoffstrommanagement setzt. Sie hat erkannt, dass es in Anbetracht erheblicher Restkapazitäten der Deponie Rosenow betriebswirtschaftlich vorteilhaft sein könnte, auf dem Deponiestandort eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage zu errichten und die Restabfälle auf der eigenen Deponie endzulagern.

In anderen Gebieten entwickeln die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und mehrere Abfallwirtschaftsunternehmen zahlreiche Aktivitäten, um die ab 01.07.2005 obligatorische Vorbehandlung der Abfälle zur Beseitigung zu sichern. Niemand, ich betone, niemand steckt den Kopf in den Sand, sondern man stellt sich der Verantwortung und will bisher verwehrte wirtschaftliche Chancen nutzen. Das Umweltministerium wird diesen Prozess beratend und moderierend führen.

Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, obwohl der Abfallwirtschaftsplan kaum in Kraft ist, kann ich mit den Auswirkungen auf die Planungen von Abfallbehandlungsanlagen mehr als zufrieden sein, im Unterschied zu Ihnen.

Ich will Ihnen auch gern die Auswirkungen auf die Auslastung der Deponien im Lande erläutern. Zur Zeit gibt es in Mecklenburg-Vorpommern neun Deponien, die beschickt werden. Alle diese Deponien nehmen Abfälle der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf der Basis geschlossener Verträge an.

(Zuruf von Bärbel Kleedehn, CDU)

Die Mehrzahl der Landkreise hat sich bis Mitte 2005 vertraglich gebunden. Diese Verträge haben Bestand und werden durch den neuen Abfallwirtschaftsplan keinesfalls in Frage gestellt. Insofern ist es völlig absurd zu behaupten, der Abfallwirtschaftsplan würde einen ruinösen Preiskampf der Deponiebetreiber auslösen. Weder der Deponie Ihlenberg noch der Deponie Rosenow oder SternDennin werden die vertraglich gebundenen Partner abhanden kommen. Die anderen sechs Deponien haben zeitlich befristete Betriebsgenehmigungen und Deponiekapazitäten. Auch dort werden die Deponien wie geplant verfüllt werden. Sie sind zum Teil kreiseigen und vergleichsweise kostengünstig.

Ein Wettbewerb im Deponiesektor wird damit nur dort stattfinden und dann stattfinden, wo und wenn die Deponien auslaufen und die Kreise sich neu orientieren müssen. Hier wird es dann mehrere Anbieter geben, was die Angebote drückt und damit den Kommunen die Chance zu günstigen Abfallgebühren bietet. Das ist aus unserer Sicht dringend notwendig, da die vorgeschriebene Vorbehandlung die Entsorgungskosten erhöhen wird. Das habe ich des Öfteren betont und will es heute noch einmal tun. Durch die vorgeschriebene Behandlung der Abfälle ab 01.07.2005 gibt es erhöhte Abfallbehandlungskosten und wir haben alles dafür zu tun, dass diese Effekte möglichst gering sind,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

unter anderem indem wir dazu beitragen, dass in anderen Bereichen Kosten sinken. Ich bin der Überzeugung, dass in den Fällen die betroffenen Kreise frühzeitig über die Abfallbehandlung nachdenken, um sich für das Jahr 2005 zu rüsten. Ich kann Ihnen sagen, dass mir kein Deponiebetreiber mitgeteilt hat, dass er im Ergebnis der Abfallwirtschaftsplanung mit deutlich anderen Kapazitäten kalkulieren müsse. Die Behauptung, es gäbe infolge des neuen Abfallwirtschaftsplanes einen ruinösen Preiskampf der

Deponien, ist unverantwortliche Panikmache. Bisher gab es überhaupt keinen Wettbewerb. Es ist schon erstaunlich, dass einige glühende Anhänger der Marktwirtschaft in der Abfallwirtschaft keinen Wettbewerb zulassen wollen,

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Dr. Henning Klostermann, SPD)

sondern auf dirigistische Planwirtschaft setzen. Scheinbar haben Sie den Schock darüber, dass ein PDS-Minister die Chancen des Wettbewerbs nutzen will, immer noch nicht ganz verdaut.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vom Landesrechnungshof verfasste Beratung des Landtages zum Entwurf des Abfallwirtschaftsplanes führte, wie nicht anders zu erwarten, zu dem Antrag der Opposition, den Plan zu novellieren. Der Landesrechnungshof hat in den vergangenen Monaten mit großem Eifer versucht, die neue Abfallwirtschaftspolitik der Landesregierung zu Fall zu bringen. Am 3. September verfasste er eine Stellungnahme an das Umweltministerium, am 19. November folgten Bemerkungen an den Finanzausschuss, vom 17.Dezember datiert die Beratung des Landtages, auf die der vorliegende CDU-Antrag Bezug nimmt. Alles fand seinen Höhepunkt am 21.12., als der Präsident des Landesrechnungshofes Herr Tanneberg auf einer Landespressekonferenz meinen Abfallwirtschaftsplan als „Tollhausplanung“ titulierte.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist er.)

Daraus mögen Sie ersehen, aus den Stellungnahmen, die bei uns eingegangen sind, dass der Landesregierung die Kritikpunkte des Landesrechnungshofes lange bekannt sind, diese vielfach abgewogen und letztlich nicht berücksichtigt worden sind. Ich sehe mich durch die vorliegende Drucksache auch keinesfalls in einer Art und Weise beraten, die mich veranlassen könnte, den Plan zu novellieren, bevor er eine Chance hatte, sich in der Praxis zu bewähren.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Dr. Henning Klostermann, SPD)

Ich will Ihnen gern zur Kenntnis geben, warum ich dazu keinerlei Anlass sehe. Der Behauptung des Landesrechnungshofes, der Verordnung fehle es an einer Rechtsgrundlage, folgen weder das Justizministerium noch die Juristen meines Hauses. Einem laut Auffassung des Landesrechnungshofes möglichen Normenkontrollverfahren sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen, denn ich weiß aus dem Beteiligungsverfahren, dass die Entsorgungsträger mit meiner Planung keinerlei Probleme haben und damit auch nicht klagen werden, ganz im Gegensatz zu dem alten Abfallentsorgungsplan, gegen den die Landeshauptstadt Rechtsmittel eingelegt hatte und den übrigens der Landesrechnungshof ebenfalls abgelehnt hatte.

Nach Auffassung des Landesrechnungshofes wird von mir auf eine überörtliche Fachplanung verzichtet, die das Gesetz fordere. Gefordert werden zusätzliche Planangaben zu den Standorten, Transportkosten, Behandlungskosten für Anlagen jeder Couleur, Prognosen zum Technologiestand im Jahr 2005 und anderes mehr. Gefordert wird de facto ein Papier, das der Landrat aufschlägt, um zu sehen, welche Anlage er wo zusammen mit welchem Partner zu welchen Kosten errichten sollte. Das setzt eine

Behörde voraus, die allwissend für alle Landkreise des Landes eine Planung vorlegen könnte, die technologisch, ökologisch und kostenseitig optimal ist und der alle Landräte mit fliegenden Fahnen folgen würden. Leider gibt es, muss ich bekennen, solche Wundertäter im Umweltministerium nicht