Einkunftsarme Menschen haben Sorgen in vielen Bereichen ihres Lebens, und fehlende Anerkennung kann zu einer Entfremdung in der Gesellschaft führen. Hier muss unbedingt gegengesteuert werden. Das Bürgergeld ist ein Schritt in die richtige Richtung, mit Beratung auf Augenhöhe und Qualifizierung der Arbeitsuchenden. Respekt und Bestätigung hilft Menschen, ihr Leben wertzuschätzen.
Es ist also nötig, Menschen nicht nur auskömmlich zu versorgen, sondern sie auch zu stärken. Die Kolleginnen und Kollegen der LINKEN tun so, als gäbe es keine grundlegenden Erkenntnisse zu den von Armut betroffenen Personenkreisen
und ziehen stattdessen die Armutsgefährdungsquote heran – das haben Sie eben gar nicht gesagt, darauf soll das basieren –, die nur eine begrenzte Aussagekraft hat. Die Armutsgefährdungsquote sagt nur wenig über die Lebenssituation einzelner Bevölkerungsgruppen aus.
Wir wissen, dass Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit geringer Berufsqualifikation besonders stark von Armut betroffen sind.
Hamburg folgt bezüglich der Bekämpfung der Armutsgefährdung dem Lebenslagenansatz. Der Lebenslagenansatz berücksichtigt nicht ausschließlich ökonomische Faktoren, sondern zielt auf umfassende Teilhabe und Chancengerechtigkeit in Bereichen wie Bildung, Wohnen, Gesundheit oder Arbeitsmarktintegration ab. Die Lebenslagenberichte zeigen, wo Handlungsbedarf besteht.
Genau hier setzt der Senat an: Hamburg baut Sozialwohnungen, Hamburg richtet in den Bezirken Gesundheitszentren ein, Hamburg fördert abschlussorientierte Qualifizierungsmaßnahmen und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Mit der Kinderbetreuung von Geburt an wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert. Insbesondere entsteht so auch für kinderreiche Familien und Alleinerziehende eine Möglichkeit zur Erzielung von Einkommen.
Hamburg verfügt über eine umfassende Versorgung mit Bildungsangeboten für alle, von der Kita bis zur Universität. Der gleichberechtigte Zugang aller Bevölkerungsgruppen zu Bildung ist der beste präventive Schutz gegen Armutsgefährdung.
Zur sozialen Lage in den Stadtteilen werden umfangreiche Daten erhoben, und erst Ende 2022 haben wir hier beschlossen, die Sozialberichterstattung weiter auszubauen. Auf Grundlage dieser Daten werden zum Beispiel zusätzliche Ressourcen für Sprachförderung in Kitas und Schulen zur Verfügung gestellt. Auch die Klassenstärken und der Personalschlüssel folgen dem Sozialindex. Mit dem Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung werden in den Stadtteilen die Lebensbedingungen und Entwicklungsperspektiven der Menschen durch Projekte und Beratung verbessert.
Beschlossen haben wir im letzten Jahr unseren Antrag zum Online-Teilhabenavigator als Instrument zur Armutsbekämpfung. Und zu der von Ihnen geforderten Orientierung an den Nachhaltigkeitszielen kann ich nur sagen, dass der Senat
bereits vor fünf Jahren mit der Agenda 2030 genau dies als Grundlage seines Handelns in allen relevanten Politikfeldern festgelegt hat.
Ja, Hamburg hat eine funktionierende Sozialberichterstattung, Hamburg hat eine effiziente Steuerung staatlicher Hilfen, Hamburg setzt auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und Teilhabe. Kurzum, Hamburg hat eine Strategie gegen Armutsgefährdung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, bereits 2021 haben Sie mit der Drucksache 22/5481 eine Antiarmutsstrategie mit vier Forderungen beantragt. In Ihrem jetzigen Antrag wiederholen Sie die vierte Forderung wortgleich.
Eine Überweisung in den Sozialausschuss lehnen wir ab, denn wir haben den Antrag bereits ausführlich beraten und lehnen ihn ab. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, verehrte Kolleg*innen! Schön, diese Debatte schließt gut an die Aktuelle Stunde an, die aktuelle Themen aufgenommen hat, aber dies ist eigentlich die grundsätzlichere Basis der Debatten, die wir gerade zum sozialen Ausgleich in unserer Gesellschaft führen.
DIE LINKE bezieht sich in ihrem Antrag auf eine Studie mit dem Titel "Einkommensungleichheit als Gefahr für die Demokratie". Ich finde es erst mal richtig, dass DIE LINKE auch diesen Zusammenhang zur Debatte herstellt, weil der Erhalt des demokratischen und sozialen Miteinanders eines der sozialen Schlüsselthemen für unsere Zukunft ist. Wir sollten ihn dringend angehen, auch mit mehr sozialer Gerechtigkeit hinsichtlich Einkommen und Vermögen.
Seit den 1990er-Jahren befinden wir uns in einer Phase wachsender ökonomischer Ungleichheit, und wir haben es aktuell mit sich überlagernden Krisen zu tun, die vor allem Menschen mit kleinen Einkommen und ohne eigenes Vermögen besonders hart treffen: Wir haben die Pandemie, wir haben die steigende Inflation seit 2021, und wir haben den Krieg und die Energiekrise ab dem Jahr 2022; das fordert unsere Gesellschaft gerade enorm heraus. Die Krisen fordern eben auch das Gemeinwesen dieser Gesellschaft heraus. Sie
bringen Belastungen für unser alltägliches Leben mit und setzen auch gesellschaftliche Fliehkräfte frei. Die AfD profitiert davon, weil sie Krisen populistisch in Verschwörungen umdeutet, die das demokratische System untergraben, und das ist brandgefährlich.
Als rot-grüne Koalition setzen wir gegen diese krisenbedingten Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt und bei den Preisen auf die Kraft der Solidarität und Handlungsfähigkeit des Staates, um die Lasten für alle erträglich zu halten. In Hamburg haben wir daher umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die sozialen Krisenfolgen abzumildern, wobei der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Wahrung der Teilhabechancen für alle unsere Fixpunkte sind. Ich nenne nur ein paar Beispiele: Hamburgs Vorreiterinnenrolle beim Mindestlohn und beim Sozialwohnungsbau, die umfangreichen Verbesserungen im Hartz-IV-System während der Pandemie, wodurch sozusagen die Lehren mit Druck aus Hamburg heraus im Bürgergeld verankert werden konnten, die Erhöhung und Fortschritte beim Wohngeld und die Einführung des Deutschlandtickets, die wir in Hamburg umfassend sozialpolitisch flankiert haben, und zum Beispiel auch die lokalen Gesundheitszentren. Diese Beispiele zeigen: Es geht nicht nur um Einkommensverteilung, sondern auch um Teilhabegerechtigkeit in Bereichen wie Bildung, Arbeit, Wohnen und Gesundheit, aber eben auch in der Demokratie.
Hamburg hat sich deshalb schon lange die Armutsbekämpfung als gemeinsames Ziel aller Fachbehörden gesetzt, verfügt über eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur und über Instrumente, die Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen zu messen. Mit dem ersten Hamburger Nachhaltigkeitsbericht zum Monitoring der UN-Nachhaltigkeitsziele, also der SDGs, haben wir in Hamburg einen ersten Anlauf für ein Hamburg-spezifisches Monitoringsystem der 17 SDG-Ziele vorgelegt. Daten zur sozialen Situation liegen vor im RISE-Sozialmonitoring, dem Sozialindex der Hamburger Schulen und dem Gleichstellungsmonitor. Vieles wird bereits im Rahmen des Cockpits Städtische Infrastruktur aufbereitet und analysiert.
Eine Weiterentwicklung der Sozialberichterstattung – das ist auch dafür eine relevante Grundlage – haben wir mit einem Bürgerschaftsantrag schon auf den Weg gebracht. Sie ist gerade in der Umsetzung, genauso wie der Online-Teilhabenavigator; das wurde gerade von meiner Kollegin angeführt.
Ob uns der heutige Antrag der LINKEN wiederum dabei weiterhilft, wage ich zu bezweifeln. Zur Ehrlichkeit gehört, dass viele Stellschrauben nicht in landes- oder kommunalpolitischer Verantwortung liegen. Wir können hier abfedern, wir können hier präventiv tätig werden, wir können globale Entwicklungen flankieren und Folgen abmildern, aber die großen Stellschrauben liegen – leider, schön wäre es – nicht hier in unserem Parlament.
Was wir aber stärker brauchen – und das ist wiederum der positive Impuls aus diesem Antrag der LINKEN –, ist die breite Debatte über gesellschaftliche Lösungen, wie wir die hohen Einkommen stärker an den Lasten beteiligen und somit auch Menschen mit mittleren und geringen Einkommen stärken, um Armut effektiv und umfassend zu bekämpfen. Dies wird – da bin ich mir tatsächlich sehr sicher, auch mit vielen hier im Hause, glaube ich – eine zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre sein, der wir uns alle, in Hamburg und im Bund, viel intensiver gemeinsam stellen sollten, trotz aller Fortschritte, die nicht zuletzt bei der Kindergrundsicherung und beim Bürgergeld erzielt werden konnten.
Denn in der Tat – davon bin ich fest überzeugt – wird es für den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm wichtig sein, dass wir diese Herausforderung angehen und ihr noch intensiver begegnen. Ich bin mir aber sicher, dass bereits viele in diesem Hause aktiv daran arbeiten und sich auch in Zukunft engagiert dafür einsetzen wollen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Hamburgerinnen und Hamburger! Die Statistik ist so eine Sache, und wir haben eben gehört, unter welchen Umständen man als armutsgefährdet gilt. Wir haben gehört, welchen Anteil arme Leute in Hamburg haben, und wir haben auch die sozialdemokratischen Plattitüden gehört, was denn alles Tolles …
Wir müssen uns doch mal die Zahlen angucken: In Hamburg steigt die Armut weiter, und zwar gegen den Bundestrend. Das alles kann doch nicht zusammengehören, da stimmt doch eine Seite nicht.